Parrot Anafi Thermal Drohne mit Wärmebildkamera: Leicht, aber oho
Wer sich Zeit nimmt, kann mit einer Wärmebildkamera Kitze im Gras finden und so vor dem Mähtod retten. Die kleine Drohne von Parrot ist dafür gut geeignet.
Am frühen Morgen sind im Gras liegende Tiere wärmer als die Umgebung. Dann können sie mit einer Wärmebildkamera entdeckt werden. Für die systematische Absuche von Grünlandflächen eignen sich kleine Kameradrohnen, die zusätzlich mit einem Langwellen-Infrarotsensor ausgestattet sind.
Der französische Hersteller Parrot bietet mit der Anafi Thermal eine solche Drohne an. Diese ist handlich klein und mit nur 315 g ein Leichtgewicht. Entfaltet hat der Quadrokopter mit seinen vier Rotorarmen eine Spannweite von rund 24 mal 32 cm. Sind die Rotorarme eingeklappt, passt das Fluggerät in den Deckel der zum Lieferumfang gehörenden Umhängetasche.
Darin sind alle notwendigen Teile inklusive zwei Zusatzakkus und Ersatzrotorblätter gut verstaut. Einzig beim Zuklappen des Deckels ist darauf zu achten, dass nicht einer der Joysticks der Bedienkonsole den Einschaltknopf der Drohne im Deckel drückt. Zum Lieferumfang der Parrot Anafi Thermal in der Umhängetasche gehören
die Drohne mit vorinstalliertem Akku,
zwei zusätzliche Akkus,
eine Schutzkappe für das Objektiv,
acht Austauschpropellerblätter inklusive Montagewerkzeug,
eine vorinstallierte MicroSD-Karte mit 16 GB Speicher plus SD-Kartenadapter,
zwei USB-Kabel und ein Ladeadapter,
die Bedienkonsole Skycontroller 3 sowie
ein Halter für ein Tablet oder Handy.
In dieser Ausstattung bietet Parrot die Anafi Thermal für 2 280 Euro inklusive MwSt. an. Nicht im Preis inbegriffen ist ein Display. Hierfür kann der Pilot ein Tablet oder ein Smartphone mit Android oder iOS Betriebssystem nutzen.
Drohne Parrot Anafi Thermal: Startklar für den Abflug
Per USB-Kabel koppelt der Pilot das mobile Gerät mit der Bedienkonsole. Zuvor sollte er die kostenlose App FreeFlight 6 installiert haben. Die App zeigt die Live-Bilder der Kameras und die Menüs für das Fliegen und die Kameraeinstellungen an.
Nachdem die Drohne eingeschaltet ist, beginnt sie mit einem Selbstcheck. Die vier Rotorarme sind schnell ausgeklappt und fest in ihrer Flugposition eingerastet. Das Ausklappen des Arms in der Mitte der Bedienkonsole schaltet die Fernbedienung ein. Im breiten Ende des Arms ist die WLAN-Antenne untergebracht. Sie stellt den Funkkontakt zur Drohne her.
Das WiFi-Netz hat laut Hersteller eine Reichweite von bis zu 4 km. Jedoch sollte der Pilot die Drohne nicht soweit wegfliegen lassen. Denn nach EU-Drohnenverordnung ist das Fliegen solcher Kameradrohnen nur in Sichtweite erlaubt. Eine farbige LED am Skycontroller zeigt dessen Betriebsstatus an, z. B. lädt Update, mit Drohne verbunden oder autonomer Flug. Wenn allerdings ein Tablet als Display für die Flugüberwachung montiert ist, verdeckt es die LED.
Starten der Drohne
Für das Starten der Drohne gibt es zwei Optionen: das automatische Abfliegen und den Handstart. In beiden Fällen stabilisiert sich die Drohne nach dem Abheben zunächst in der Luft und wartet dort auf weitere Flugbefehle.
Der automatische Start ist kinderleicht. Einzige Bedingung hierfür ist eine ebene Fläche ohne Bewuchs, weil das Landegestell der kleinen Parrot-Drohne wenig Bodenfreiheit hat. Tipp: Wenn Sie auf einer Wiese mit hohem Bewuchs starten und landen müssen, schneiden Sie vorher einen Landeplatz frei, oder legen Sie eine Matte auf dem Boden aus.
Aber auch der Handstart ist nicht schwer. Nachdem dieser aktiviert ist, bringt die Steuerung die vier Propeller der Parrot Anafi auf Touren. Dann kann der Pilot die kleine Drohne mit einem Stoß in die Luft werfen.
Bei starkem Wind
Mit Hilfe von zwei Joysticks fliegt der Pilot die Drohne. Deutlich leiser als andere Kameradrohnen dieser Größenklasse bewegt sie sich in die gewünschte Richtung. Dabei toleriert die Anafi locker auch starken Wind bis zu 50 km/h Windgeschwindigkeit. Das ist ein großer Vorteil gegenüber anderen, die meist nur bis 35 km/h Windgeschwindigkeit stabil fliegen. Ihre Flughöhe hält die Drohne mit Hilfe eines Ultraschallsensors und einer Vertikalkamera, die an ihrer Unterseite montiert sind. Außerdem ist die kleine Drohne mit einem GNSS-Empfänger, zwei 3-Achsen-Beschleunigungssensoren und zwei 3-Achsen-Gyroskopen sowie mit einem Barometer und einem Magnetometer ausgestattet. Jede Kursabweichung bemerkt die elektronische Steuerung sofort und korrigiert sie.
Eine Hinderniserkennung fehlt der Anafi jedoch. Das heißt, der Pilot muss selbst aufpassen, dass die Drohne nicht mit Bäumen oder anderen Hindernissen kollidiert. Das kann in der Morgendämmerung an Waldrändern schon mal schwierig sein, weil die Drohne schwarz und damit vor dunklem Hintergrund schlecht zu sehen ist.
Für das Fliegen gibt es in FreeFlight 6 neben dem manuellen Modus mehrere Automatikmodi. Interessant für die Kitzsuche sind die kostenpflichtigen Zusatzfunktionen „Flight Plan“ und „Touch & Fly“. Diese lassen sich über die App freischalten und kosten jeweils einmalig nur 0,99 Euro. Mit Flight Plan kann der Pilot vorab Flugrouten planen und im Modus Touch & Fly während des Flugs Wegpunkte markieren.
Zum Lieferumfang gehören die Funkfernbedienung mit Tablet-Halter, zwei Ersatzakkus, ein Ladegerät und Kabel sowie ein Set mit Ersatz-
propellern.
(Bildquelle: Tovornik)
Die zusammengefaltete Drohne ist nur 218 x 69 x 64 mm groß.
(Bildquelle: Tovornik)
Geliefert wird die Parrot Anafi in einer Tasche. Die zusammengefaltete Drohne findet im Deckel Platz.
(Bildquelle: Tovornik)
Diverse Sensoren erlauben das autonome Starten und Landen.
(Bildquelle: Tovornik)
Per Wärmebild suchen
Für die Kitzsuche stellt der Drohnenpilot das Live-Bild idealerweise auf die Thermalkamera, wobei im Wärmebild das sichtbare Videobild der RGB-Kamera hinterlegt sein kann. Über einen Schieberegler lässt es sich mehr oder weniger stark ein- oder ausblenden. Ein Pointer zeigt die Temperatur im Wärmebild an. Die Position des Pointers ist mit dem Finger verschiebbar.
Das Langwellen-Infrarot-Kameramodul Lepton 3.5 von Flir hat mit 160 x 120 Pixel für das Finden von Wildtieren eine ausreichend hohe Auflösung. Das horizontale Sichtfeld beträgt 57°. Somit empfiehlt es sich, bei der Suche nicht höher als 20 m zu fliegen. Und um die Fläche komplett abscannen zu können, sollten die parallelen Flugbahnen nicht weiter als 20 m auseinander liegen.
Wichtig ist zudem, dass das Wärmebild die vorgefundenen Temperaturunterschiede kontrastreich darstellt. Der Wärmesensor kann ein Temperaturspektrum von -10 °C bis +400 °C erfassen. Während der Kitzsuche wird der Temperaturbereich deutlich kleiner sein. Kitze haben im Wärmebild höchstens eine Temperatur von 24 °C. Die Umgebungstemperatur wird je nach Uhrzeit vielleicht bei 10 °C liegen.
Einen Überblick über die aktuellen Temperaturen gibt das Wärmebild im relativen Modus. Dieser stellt alle vorgefundenen Temperaturen farblich abgestuft dar. Im Wärmebild-Modus „absolut“ lässt sich der Temperaturbereich mit einem Schieberegler einschränken, so dass kalte und warme Bereiche kontrastreicher hervorstechen. Und für die Kitzsuche hilfreich ist der Modus Spot. Hier zeigt das Wärmebild nur besonders warme oder besonders kalte Bereiche farbig an. Der Rest ist dann in schwarz-weiß.
Kamera schwenken und zoomen
Sowohl mit der RGB-Kamera als auch mit der Wärmebildkamera lassen sich Fotos und Videos aufnehmen. Die Drohne speichert sie auf der MicroSD-Karte, die unter dem Akku eingebaut ist.
Für die Bedienung der Kameras gibt es an der Rückseite des Skycontrollers von Parrot zwei Taster, einer ist der Auslöser für Fotos, und mit dem zweiten lässt sich das Gimbal per Knopfdruck in die Nullstellung zurückfahren. Zusätzlich kann der Pilot das Kamerabild mit einem kleinen Hebel zoomen und mit einem zweiten das Gimbal nach oben und unten schwenken. Der Schwenkbereich ist mit insgesamt 180° groß. Die Kameras sind somit in der Lage, 90° nach oben und 90° nach unten zu schauen. Das ist mehr, als andere vergleichbare Kameradrohnen können.
Für die Bildstabilisierung ist die Anafi mit einem 2-Achsen-Gimbal ausgestattet, das Nickbewegungen und seitliches Rollen der Drohne mechanisch ausgleicht. Wackler in der dritten Bewegungsachse glättet die Kamerasoftware digital.
Was uns sonst noch auffiel:
Eine Akkuladung reicht für 20 bis 30 Minuten Flugzeit. Je nach Windverhältnissen kann das Entladen auch schneller gehen.
Sollen an einem Morgen mehrere Hektar Fläche beflogen werden, sollte der Drohnenpilot weitere geladene Akkus dabeihaben. Ein Akku für die Anafi kostet rund 100 Euro inklusive MwSt.
Sobald ein Kitz entdeckt wurde, muss der Pilot die Drohne an der Position solange schweben lassen, bis die Helfer das Kitz gefunden und herausgetragen haben. Das verbraucht auch Akkuladung.
Bei der Suche nach Wildtieren muss der Pilot langsam fliegen, also nicht schneller als etwa 2 km/h. Andernfalls besteht die Gefahr, Kitze zu übersehen.
Der CMOS-Sensor der RGB-Videokamera hat mit 21 Megapixeln eine hohe Auflösung. Die Kamera kann Fotos im jpg- und raw-Format speichern sowie Videos als mp4 in 4K Cinema-Qualität aufnehmen.
Das Kameramodul mit RGB- und Wärmebildkamera ist an einem 2-Achsen-Gimbal aufgehängt.
(Bildquelle: Tovornik)
Hier haben wir an einem Sommertag mit der Wärmebildkamera eine Straßenszene aufgenommen. Gelb: Der Asphalt ist von der Sonne aufgeheizt. Violett: Die Bäume sind kühler.
(Bildquelle: Tovornik)
Die MicroSD-Karte zum Speichern von Fotos und Videos ist unter dem Akku eingebaut.
(Bildquelle: Tovornik)
Datenkompass der Drohne Parrot Anafi Thermal und der dazugehörigen Kameras
(Bildquelle: Böhrnsen)
(Bildquelle: Böhrnsen)
Fazit
Im vergangenen Jahr retteten während der Mähsaison durchgeführte Drohnenflüge mehrere Tausend Rehkitze. Die Drohne muss dafür mit einer Wärmebildkamera ausgerüstet sein. Deren Infrarotsensor sollte wie bei der Parrot Anafi Thermal eine Auflösung von mindestens 160 mal 120 Pixel haben. Dann kann ein geübter Drohnenpilot mit ihrer Hilfe Kitze im Gras finden. Die kleine, leichte Drohne von Parrot hält auch bei Wind exakt ihren Kurs. Somit ist sie in der Ausstattung mit Infrarotsensor gut für die Kitzsuche geeignet.