Drohnen in der Landwirtschaft: Spezialeinsätze für kleine Fluggeräte
Rehkitzrettung, Maiszünsler-Bekämpfung, Pflanzenschutz im Wein, Untersaatausbringung… — die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen in der Landwirtschaft sind vielfältig.
Kameradrohnen ermöglichen einen Blick von oben — auch auf Flächen, die nur schwer erreichbar sind. Landwirte können zumindest die kleinen Multikopter selbst fliegen und aus den Bildern nützliche Informationen für die Bewirtschaftung ihrer Schläge gewinnen. Aber Achtung: In der Regel ist dazu der kleine Drohnenführerschein erforderlich. Das gilt auch für Bestandsdrohnen, die noch nicht nach der neuen EU-Verordnung klassifiziert sind. Mehr darüber erfahren Sie im Kasten „Wissenswertes für Drohnenpiloten“.
Ein weiterer Pluspunkt: Bei Drohnenbefliegungen muss der Himmel für die Ermittlung pflanzenbaulich relevanter Daten anders als bei Satellitenaufnahmen nicht unbedingt wolkenlos sein.
Flächenflügler sind schneller
Beim Begriff Drohnen denken sicherlich die allermeisten an die kleinen Multikopter mit vier oder mehr Rotoren, die wie Hubschrauber senkrecht starten. Daneben gibt es Flächenflügler wie die eBee Ag von senseFly. Das kleine Flugzeug hat eine Spannweite von 1,16 m. Sein Abfluggewicht darf maximal 1,6 kg betragen. Ausgestattet mit einem RTK-Empfänger liefert die eBee Ag positionsgenaue Bilddaten. Dabei kombiniert das integrierte Kamerasystem Duet M eine RGB- und eine 4-Band-Multispektralkamera. Auf Basis der Multispektralaufnahmen lassen sich verschiedene Vegetationsindices berechnen und darstellen.
Flächenflügler haben aufgrund ihrer Bauweise einen eigenen Auftrieb, müssen aber im Vergleich zu Multikoptern schneller fliegen, damit sie nicht abstürzen. Sie erreichen eine größere Flächenleistung, und dank geringerer Antriebsenergie hält eine Batterieladung für eine längere Flugzeit. Andererseits brauchen sie vergleichsweise viel Platz beim Landen. Und damit bei der Bauchlandung des Flächenflüglers sowohl das Fluggerät selbst als auch die Kamera keinen Schaden nehmen, sollte der Untergrund weich sein.
Die Vorteile des senkrechten Startens und Landens von Multikoptern sowie des Gleitfliegens von Flächenflüglern hat Quantum Systems bei seiner Trinity F90+ vereint. Zum Starten und Landen klappen die drei Rotoren in die horizontal drehende Position, so dass die Trinity F90+ wie ein Multikopter senkrecht abheben und landen kann. Nach dem Erreichen der vorgesehenen Flughöhe schwenken die Rotoren in den vertikalen Rotorbetrieb, um den Vorwärtstrieb für das Gleiten zu erzeugen.
Die Trinity F90+ hat eine Spannweite von rund 2,40 m. Ihr maximales Abfluggewicht beträgt 5 kg. Bis zu 500 g Gewicht kann sie zuladen. Für landwirtschaftliche Inspektionsflüge lassen sich im Bug verschiedene Kamerasensoren anbringen. Mit einer Akkuladung können bei Fluggeschwindigkeiten bis 80 km/h maximal 550 ha Fläche beflogen werden. geo-konzept bietet das Flugsystem von Quantum Systems einschließlich einer dreitägigen Schulung ab 22 000 Euro ohne MwSt. an. Aus den bei der Befliegung mit der Trinity F90+ gewonnen Daten lassen sich teilflächenspezifische Applikationskarten für Aussaat, Düngung oder Pflanzenschutz erstellen und z. B. im ISOXML-Format direkt an die Maschine übergeben.
Die Beagle M startet senkrecht und scannt mit Kameras pro Flug bis zu 1 600 ha.
(Bildquelle: Beagle Systems GmbH)
Das Fluggerät eBee Ag ist ein Flächenflügler mit 1,16 m Spannweite.
(Bildquelle: senseFly)
Fliege wie mit dem Heli
In der Praxis am weitesten verbreitet sind die Multikopter. Es gibt sie von ganz klein mit weniger als 250 g Abfluggewicht bis groß mit mehr als 25 kg. Sie haben vier, sechs oder acht Rotoren. Entsprechend heißen sie Quadro-, Hexa- oder Oktokopter.
Kleine Kameradrohnen, die durchaus für die Inspektion von Ackerflächen geeignet sind, gibt es inzwischen ab etwa 500 Euro. Die Kamera ist hier fest über einen Gimbal an der Unterseite installiert. Ihr Einsatzspektrum beschränkt sich auf das Fotografieren und Filmen von oben. Das allein kann Landwirten schon viele nützliche Hinweise geben: Wo sind Lücken im Bestand, wo brauchen die Pflanzen vielleicht mehr Dünger, oder wie verläuft die Abreife?
Als Einstiegsmodelle infrage kommen z. B. die Mavic Mini, die Mavic Air oder die Mavic Pro sowie die Phantom 4 von DJI. Aber auch Parrot bietet mit der Anafi ein kostengünstiges System mit guter Kameratechnik an.
Soll die Drohne Wildtiere finden, muss sie mehr können als das Übertragen hochauflösender, farbiger Live-Bilder. Mit Hilfe einer zusätzlich installierten Thermalkamera spürt sie im Gras versteckte Kitze auf. Die Flächenleistung bei der Kitzsuche per Drohne hängt von der Auflösung und der Güte des Objektivs der Wärmebildkamera ab. Je geringer die Auflösung, desto niedriger muss der Pilot die Drohne fliegen lassen und desto geringer ist die Flächenleistung.
Unschlagbar kostengünstig ist die Drohne mit Wärmebildkamera Anafi Thermal von Parrot für nur 2 280 Euro inklusive MwSt. (profi 1/2022). Außerdem eignen sich für die Rehkitzsuche z. B. der Hexakopter Yuneek H520 oder die DJI-Drohnen Inspire und Mavic 2 Enterprise Advanced.
Die Propeller des kleinen Flugzeugs klappen nach dem Senkrechtstart nach vorne um.
(Bildquelle: Quantum Systems )
Der Oktopus 2+ von der CiS GmbH hat acht Rotoren. Er kann bis zu 1,5 kg transportieren.
(Bildquelle: CiS GmbH)
Trichogramma-Drohnen
Darüber hinaus gibt es für Multikopter weitere sinnvolle Aufgaben in der Landwirtschaft, wie das Abwerfen von Eiern der Trichogramma-Schlupfwespe zur biologischen Bekämpfung des Maiszünslers. Verschiedene Anbieter bieten den Service als Dienstleistung an (z. B. hexapilots.de, plantivo.de, baywa.de, rangerotors.de).
Die Abwurfvorrichtungen dieser Trichogramma-Drohnen sind so konstruiert, dass sie zum einen eine ausreichende Menge transportieren und zum anderen die Trichogramma-Kugeln vereinzeln und im vorgegebenen Takt auswerfen können. Voraussetzung ist eine vorab geplante Flugroute, die der Multikopter in 5 bis 10 m Flughöhe automatisch abfliegt.
Für das automatische Abfliegen einer Flugroute nutzt die Drohne einen GNSS-Empfänger, einen barometrischen Höhenmesser und einen Kompass. Darüber hinaus sollte bei dieser Anwendung z. B. ein Laserscanner oder ein Radarsensor den Untergrund abtasten, so dass der Kopter für das Abwerfen der Trichogramma-Kugeln immer die optimale Flughöhe einhält. Des Weiteren sind Sensoren hilfreich, die Hindernisse erkennen, so dass die Drohne diesen automatisch ausweichen kann.
Diese Drohne kann mit einer Abwurfvorrichtung Trichogramma-Kugeln ausbringen.
(Bildquelle: Böhrnsen)
Die hochauflösende 20-MP-Kamera Zenmuse H20 ist hier an einem Dreiachsen-Gimbal aufgehängt.
(Bildquelle: Tovornik)
Die Sprühdrohne Agras T16 ist mit einem Radarsensor ausgestattet.
(Bildquelle: Böhrnsen)
Diese Agras T16 sprüht nicht, sondern streut Grassamen.
(Bildquelle: Böhrnsen)
Sprüh- und Streudrohnen
Eine spezielle Agrardrohne hat DJI mit der Agras T entwickelt. Es gibt sie mit 8, 16, 30 oder 40 l Sprühtank. Alternativ lässt sich ein Streuguttank mit elektrisch angetriebenem Streuteller einbauen. Laut dem Magazin Future Farming hat DJI weltweit bereits 50 000 Stück seiner Agrardrohnen verkauft. In Deutschland beschränken sich ihre Einsätze auf wenige Pilotprojekte. So sollte beispielsweise ein gemeinsames Projekt der Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO) und des Drohnenhändlers droneparts zur Einführung von Spritzdrohnen im Steillagenweinbau beitragen. Zum Einsatz kam hier unter anderem die Agras T16 (profi 4/2020).
Zwei RTK-Antennen ermöglichen bei dieser Drohne zentimetergenaues Fliegen. Ausgestattet mit Injektordüsen ließ sich bei 3 m Arbeitsbreite eine gute Applikationsqualität bei geringer Abdrift erzielen. Ein Radarsensor sorgt dafür, dass die Drohne ihre Flughöhe einhält. Eine Abschaltautomatik verhindert Doppelapplikationen beim Wenden.
Ein ganz spezielles Aufgabengebiet für die Agras T16 hat Jan Schmidt von Schmidt solutions erschlossen. Er ist mit der Streu- und Sprühdrohne auf biologisch-dynamisch wirtschaftenden Betrieben unterwegs. Die Drohne sprüht dort Hornmistpräparate auf die Flächen, sät auf unwegsamen Wiesen Gras nach oder bringt Untersaaten aus. Ein großer Vorteil hierbei ist: Die Drohne hinterlässt keine Fahrspuren im Bestand, und bei der Präparatausbringung sind geringe Mengen von nur 5 l/ha möglich.
Darüber hinaus gibt es Entwicklungen für noch größere Agrardrohnen. Ein Beispiel dafür ist der Agronator. Der Prototyp, den wir in profi 7/2017 vorstellten, konnte in einem 60-l-Tank bis zu 35 kg Streugut transportieren. Und auf der Agritechnica 2017 stellte Drone4Agro seine 2,50 mal 2,50 m große Drohne mit bis zu 150 kg Traglast vor. Aktuell hat das niederländische Start-up-Unternehmen Sprühdrohnen mit bis zu 9 m Breite und bis zu 80 kg Nutzlast im Produktprogramm.
Die DJI-Drohne M300 RTK kann bis zu 2,7 kg zuladen. Sumiagro nutzt diesen Quadrokopter zusammen mit einer hochauflösenden RGB-Kamera, die an einem Dreiachsen-Gimbal aufgehängt ist. Die Fotos der Zoomkamera sind so gestochen scharf, dass das von Sumiagro entwickelte Bildverarbeitungssystem Pflanzenkrankheiten, Schädlinge und Unkräuter erkennt (profi 5/2022). Durch die Georeferenzierung der Drohnenfotos mit RTK-GNSS lassen sich Hotspots im Bestand positionsgenau identifizieren.
Wissenswertes für Drohnenpiloten
Abhängig vom Risiko, das von den Drohneneinsätzen ausgeht, unterscheidet die seit 1. Januar 2021 geltende EU-Drohnenverordnung die drei Kategorien: offen, spezifisch und zertifiziert. Die offene Kategorie betrifft den Betrieb von Drohnen, die eine Startmasse von weniger als 25 kg haben, innerhalb der Sichtweite bis maximal 120 m Höhe fliegen und keine gefährlichen Güter transportieren oder Gegenstände abwerfen. Also fallen die meisten landwirtschaftlichen Drohnenflüge in die offene Kategorie. Für Streu- und Spritzdrohnenflüge sind zusätzliche Genehmigungen erforderlich.
Die offene Kategorie ist noch einmal in drei Klassen unterteilt. Je nachdem, ob in der Nähe oder weit weg von Menschen geflogen wird, gelten verschiedene Auflagen. Und neue Drohnen werden Gewichtsklassen zugeordnet. Für das Fliegen von kleinen Drohnen ab 250 g bis 900 g Startgewicht braucht der Pilot den sogenannten kleinen Drohnenführerschein. Der Kompetenznachweis ist als Online-Test beim Luftfahrtbundesamt möglich. Für größere, schwerere Drohnen wird der EU-Drohnenführerschein mit dem Fernpilotenzeugnis A2 benötigt — so auch für die Drohnenklasse C2 über 900 g bis 4 kg Startgewicht.
Für Bestandsdrohnen gilt eine dauerhafte Regelung: Drohnen unter 250 g Abfluggewicht dürfen auch ohne Drohnenführerschein in der Nähe von Menschen geflogen werden. Alle anderen Drohnen bis 2 kg dürfen ausschließlich weit weg von Menschen fliegen, und der Pilot muss den kleinen Drohnenführerschein haben. Außerdem gelten zeitlich beschränkte Übergangsregelungen für Drohnen, die vor dem 1. Januar 2024 auf den Markt gebracht wurden bzw. werden. Und für die gewerbliche Nutzung von Drohnen über 2 kg und unter 25 kg gibt es eine befristete Ausnahmegenehmigung. Weitere Infos finden Sie beim Luftfahrt-Bundesamt unter lba.de.
Fazit
Wer eine kleine Kameradrohne für die Inspektion seiner Flächen anschaffen möchte, sollte mindestens rund 500 Euro investieren. Größere Drohnen können mit hochauflösenden Kameras auch die kleinsten Details sehen oder mit Hilfe von Multispektralkameras Vegetationindices ermitteln. Dank einer RTK-genauen Positionsbestimmung können auf Basis der Drohnenfotos dann Applikationskarten erstellt werden.
KTBL-Schrift: Drohnen in der Landwirtschaft
In der neuen KTBL-Schrift 527 „Drohnen in der Landwirtschaft“ erfahren Landwirte und potenzielle Dienstleister gut verständlich, wie landwirtschaftliche Fernerkundung funktioniert und welche Drohnentechnik zur Verfügung steht. Die Schrift stellt praktische Anwendungen vor wie das Erfassen von ertragsmindernden Einflüssen, das Erkennen von Unkräutern oder auch die Wildtierrettung, die Maiszünslerbekämpfung und den Einsatz von Sprühdrohnen. Darüber erklärt die Schrift kurz und bündig die für den Drohnenpiloten wichtigen rechtlichen Vorgaben durch die EU-Drohnenverordnung und die Luftverkehrsordnung. Weitere Infos unter ktbl.de.