Hochfranken Agrardienstleistungen GbR: Im Lohn für Lohnunternehmer
Vor rund zehn Jahren machten sich die beiden Freunde Sven Bauer und Dominik Müller als Dienstleister selbstständig — gestartet aus dem Nichts haben sie ihre Lücke gefunden.
Eine Baustelle direkt neben dem Leipziger Flughafen: Zwischen den anderen Baumaschinen sticht der mächtig bereifte, vierachsige Kipper der HAD (Hochfranken Agrardienstleistungen) sofort heraus. Nur wenige Kilometer entfernt ist ein weiterer Lkw der HAD mit dem Gülletransport beschäftigt. Fahrer ist Dominik Müller, einer der beiden Gründer und Eigentümer der Hochfranken Agrardienstleistungen GbR.
Rund 100 km weiter westlich ist Sven Bauer mit einem dritten Lkw ebenfalls als Güllezubringer unterwegs. Wir haben beide einen Tag lang begleitet und werfen einen Blick auf die Entstehung des jungen Unternehmens, das vor allem Logistik-Dienstleistungen für Lohnunternehmer anbietet.
„Wir haben bei Null angefangen“, erzählt Dominik Müller während der Fahrt zum Ausbringfass. Wir sitzen mit ihm in der ersten Maschine des Unternehmens, einem rund 15 Jahre alten, vierachsigen Lkw der niederländischen Marke Ginaf. „Wir wollten nicht im Preiskampf bei den Standard-Dienstleistungen mitmischen“, erklärt der 32-Jährige die Startinvestition in eine relativ spezielle Maschine.
Aber von vorn: Sowohl Dominik Müller als auch sein Kompagnon Sven Bauer stammen nicht aus der Landwirtschaft. „Unsere fränkische Heimat ist eher kleinstrukturiert, als Landwirt ohne Hof ist es schwierig, eine gute Anstellung zu finden“, erklärt Müller. „Wir haben uns daher schon früh Gedanken über mögliche Alternativen gemacht.“ Sven Bauer, der zu der Zeit die Techniker-Schule in Triesdorf besuchte, beschäftigte sich bei einer Projektarbeit mit Agro-Trucks. Daraus entwickelte er die Idee, sich mit einem Spezial-Lkw selbstständig zu machen.
„Logistik war mit dem Biogas-Boom wichtiger geworden, und wir wollten auf eine Technik mit Alleinstellungsmerkmalen setzen“, erklärt Sven Bauer, der Dominik Müller als Partner mit ins Boot holte. Mit der Idee in der Tasche sprach das Duo bei der Bank vor. „Wir hatten das Glück, von einem Finanzberater mit landwirtschaftlichem Verständnis und Interesse am Thema betreut zu werden“, ist Sven Bauer noch heute froh. Fast wider Erwarten gab es eine Kreditzusage der Bank, die in einer kraftstoffeffizienten Agrarlogistik ein Zukunftsthema sah. Mit der Zusage in der Hand machten sich die Anfang-Zwanzigjährigen auf die Suche nach einem geeigneten Fahrzeug.
Durch das hydraulische Fahrwerk können die Ginaf-Lkw beim Kippen waagerecht ausgerichtet werden.
(Bildquelle: Colsman)
Den Zubringer-Aufbau des ersten Lkw konstruierten Bauer und Müller aus einem gebrauchten Bulk-Container.
(Bildquelle: Colsman)
Hochzeit mit dem neuen Aufbau, der auf einem BDF-Rahmen aufgesattelt wird.
(Bildquelle: Babinger, Bauer)
Niederländische Lösung
Über einen Händler fanden die beiden Partner einen Umbauer, der sich unter anderem auf den niederländischen Lkw-Hersteller Ginaf spezialisiert hatte. „Das Fahrzeug auf DAF-Basis mit verstärktem, hydraulischen Fahrwerk mit drei gelenkten Achsen und Hangausgleich hat uns überzeugt.“
Also machte sich das Duo auf die Suche nach einem gebrauchten Basisfahrzeug. Noch während Dominik Müllers letztem Ausbildungsjahres zur Fachkraft Agrarservice wurde im Frühjahr 2012 mit dem Umbau des ersten vierachsigen Lkw begonnen.
„Von Haus aus haben die Ginaf-Lkw durch ihre Ausstattung ein etwas erhöhtes Leergewicht“, erklärt Müller. „In den Niederlanden ist das dank eines höheren zulässigen Gesamtgewichts kein Problem.“
Eine Gesetzeslücke, die mittlerweile geschlossen ist, ermöglichte es mit verschiedenen Umbaumaßnahmen, den Lkw in Deutschland mit einem höheren zulässigen Gesamtgewicht aufzulasten und als LOF-Fahrzeug zuzulassen. Ganz reibungslos lief der Start dann leider nicht: „Wir mussten in einer Nacht- und Nebelaktion den Lkw beim Umbauer abholen, da dort die Insolvenz drohte“, erinnert sich Sven Bauer an den unschönen Teil der Anfangszeit.
„Wir haben den Lkw dann in der Werkstatt einer befreundeten Familie selbst umgebaut — was natürlich Zeit gekostet hat. Ohne den Einsatz unserer Freunde hätten wir es vermutlich nicht geschafft.“ Neben einem Silagetransport-Aufbau mit 45 m³ Volumen entstand aus einem Bulk-Container ein Aufbau für den Gülletransport.
Sven Bauer hatte bereits Verträge zum Miststreuen unterschrieben, und auch die Bank saß dem Team im Nacken. Kurzerhand wurde ein Schlepper-Miststreuer-Gespann gemietet, um die Aufträge abarbeiten zu können. Im Juni war der Lkw dann endlich fertig, und es folgten statt im Mist die ersten Einsätze in der Grassilage.
„Hier zeigte sich recht deutlich, dass ein 8x8-Lkw für mehr Traktion auf dem Silo die bessere Wahl gewesen wäre“, blickt Dominik Müller zurück. „Richtig in Fahrt sind wir erst bei den ersten Gülleeinsätzen in Mecklenburg-Vorpommern gekommen. Da haben wir gemerkt, das System und Richtung stimmen, wir aber mit einer Allrad-Maschine noch besser unterwegs wären.“ Das junge Team ließ sich trotz der Rückschläge aber nicht entmutigen.
Im zweiten Jahr wuchs die Flotte der Hochfranken Agrardienstleistungen GbR bereits um einen weiteren Ginaf-Lkw: Von einem Berufskollegen konnte ein Vierachser mit Allradantrieb und verschiedenen Aufbauten übernommen werden. „Der dritte Lkw war für uns dann gleichzeitig der Sprung zum ersten Mitarbeiter“, hält Sven Bauer den nächsten Wachstumsschritt fest. „Heute haben wir drei Festangestellte und der Fuhrpark ist auf fünf Ginaf-Lkw angewachsen.“
Fuhrpark
3 x Ginaf Allrad-Vierachser
1 x Ginaf-Vierachser 8x4
1 x Ginaf Allrad-Dreiachser
2 x Gülletankaufbau
3 x Silageaufbau
5 x Erdbaumulde
1 x Fendt 942 Vario
1 x Beco Tridem-Erdbaumulde
1 x angehängte BDF-Lafette
Lkw im Vorteil
Heute, mit zehn Jahren Erfahrung, sind Bauer und Müller noch immer von ihrer Lkw-Philosophie überzeugt: „Wenn es der Kunde will, fahren wir bei langen Schlägen als Gülletaxi im Bestand vor dem Ausbringgespann und verursachen durch den wendigen Lkw mit drei gelenkten Achsen wenig Schäden am Vorgewende“, hält Sven Bauer fest. „In der Silage sind wir beim Anhäckseln durch die kompakten Maße ebenfalls im Vorteil.“
Auch um für den Einsatz der eigenen Ginaf-Flotte besser aufgestellt zu sein, ist die HAD GbR seit 2017 die bisher einzige offizielle Ginaf-Vertretung in Deutschland. Das Team hat Schulungen und ein Diagnosegerät erhalten und hält die wichtigsten Ersatzteile am Standort Arzberg (Oberfranken) vor.
Mit dem Kauf des zweiten Lkw erstand die Hochfranken Agrardienstleistungen GbR auch einen 24 m³-Kippaufbau: „Wir haben gedacht, damit können wir nie etwas anfangen“, blickt Dominik Müller zurück. „Für Mais oder Getreide ist der Aufbau zu klein, für den Erdtransport zu groß.“ Eine Fehleinschätzung: Im dritten Jahr des Bestehens der HAD GbR brach plötzlich ein wichtiger Gülle-Auftrag weg. Um den Ausfall abzufedern, wurde der Lkw kurzerhand für den Baustellen-internen Verkehr angeboten.
„Wir nehmen im innerbetrieblichen Verkehr 10 bis 12 m³ mehr mit als Schleppergespanne mit Tandem-Muldenkippern“, erklärt er einen Vorteil seiner Lkw. „Außerdem tragen wir die Last direkt auf den Antriebsachsen, in Verbindung mit der breiten Bereifung sorgt das für gute Traktion.“ Im Vergleich zu den knickgelenkten Dumpern können die Ginaf dank Straßenzulassung aber auch gelegentliche Transportarbeiten außerhalb der Baustelle übernehmen und es wird zum Umsetzen kein Tieflader benötigt. Heute macht der baustelleninterne Transport einen Großteil der Aufträge aus.
Ausblick
Inzwischen arbeitet die Hochfranken Agrardienstleistungen GbR als Subunternehmer für rund zehn Lohnunternehmen. „Wir arbeiten immer noch viel auf Zuruf, langfristige Verträge wären an der ein oder anderen Stelle schöner“, äußert Sven Bauer einen Wunsch für die Zukunft.
Seit vergangenem Herbst zählt auch ein Fendt 942 Vario samt Beco-Tridemmuldenkipper zum Fuhrpark. Der Schlepper soll auch zum Siloschieben angeboten werden. „Die Logistik und das System Lkw ist und bleibt aber unser Steckenpferd“, ist sich Dominik Müller sicher. So sollen die Lkw auch wieder verstärkt im Silagetransport eingesetzt werden.
Noch keine Antwort haben die beiden Kompagnons auf die Gewichtsfrage, da eine neue Zulassung von aufgelasteten Vierachsern nicht mehr möglich ist: „Beim internen Verkehr ist das aber auch in Zukunft kein Problem“, ist sich Müller sicher. „Unsere Lkw sind rund 15 Jahre alt, fünf bis zehn Jahre sollen die noch laufen. 1 000 000 km sind für so einen Lkw eigentlich kein Problem.“