In Südafrika wurde ein neuer Aco-Knicklenker vorgestellt. Marcus Pasveer vom niederländischen Trekker-Magazin hatte die Gelegenheit, den Giganten selbst zu fahren.
Was macht man als Flugzeughersteller auf der Suche nach einem Abenteuer? Justus Venter stürzte sich mit seinem Vater Nic ohne Erfahrung im Traktorenbau in eine ganz eigene Herausforderung. Die Mission: den südafrikanischen Bauern mit einer Upgrade-Option ihrer vorhandenen Aco-Traktoren zu helfen.
Nic war seit 2017 Eigentümer der Marke Aco und verfügt über die Konstruktionspläne der Aco-Großtraktoren aus den 90er-Jahren. Die Traktoren wurden auf dem Hof von Alph Coetzer im südafrikanischen Freistaat gebaut, bis das Unternehmen 1998 Konkurs anmelden musste. Leider verstarb Nic Venter kürzlich. Der schwere Verlust war für Justus Venter allerdings kein Grund, die Idee seines Vaters nicht weiter zu verfolgen. Im Gegenteil — er trieb das Projekt mit noch größerem Ehrgeiz voran.
Aco 460: Einfach – als Pluspunkt
Justus Venter merkte schnell, dass es eine Menge zu lernen gab. Er sammelte alle Informationen und das Wissen über Aco-Traktoren, das ihm in den letzten Jahren in die Finger kam.
Außerdem hat der ehemalige Flugzeugbauer den südafrikanischen Landwirten und vor allem seinen früheren Kunden zugehört: „Die meisten davon haben sehr große Betriebe“, erklärt Venter. „Diese Farmer bewirtschaften mehrere tausend Hektar und benutzen Flugzeuge oder Helikopter, um sich fortzubewegen.“ Viele dieser Ackerbauern bemängelten vor allem den eingeschränkten Service ihrer Händler.
Insbesondere Elektronik- und Softwareprobleme sorgen für teils unnötig lange Standzeiten, da sich diese nicht mit einfachen Bordmitteln lösen lassen und extra ein Mechaniker eingeflogen werden muss oder andernfalls die Garantie riskiert wird. „Kurz gesagt: Der ideale Schlepper für Südafrika ist stark, einfach zu bedienen und — wie die Farmer hier sagen — mit Draht und Zange zu reparieren“, hält Justus Venter fest.
Ein weiterer Aspekt sind die Einsatzbedingungen. „In Südafrika arbeitet man oft mit Beton“, scherzt der Unternehmer. Der Boden kann extrem hart werden. Grund ist eine harte, tiefere Bodenschicht, die das Wasser zurückhält. Diese Schicht muss einmal im Jahr mit schweren Tiefenmeißeln aufgelockert werden — die einen enormen Zugkraftbedarf mitbringen. Das geht auf das Material: Achsen und Getriebe leiden — vor allem bei den großen Arbeitsbreiten, die für die entsprechende Flächenleistung gefordert sind.
Ursprünglich war keine Entwicklung neuer Traktoren geplant. Die neuen Aco-Eigner planten vor allem, den vielen alten Aco-Traktoren ein zweites Leben einzuhauchen. Insgesamt wurden bis heute 420 Schlepper gebaut, ein Großteil davon ist nach wie vor im Einsatz unterwegs. Venter erklärt, dass die Planung eines neuen Großschleppers auf einem leeren Blatt Papier aber viele Vorteile mit sich bringt — ohne Grenzen oder Regeln. „Mit unserem ganzen neuen Wissen musste aber zwangsläufig ein neuer Traktor entstehen“, blickt Justus Venter zurück. „Das ist auch der Wunsch unserer Kunden. Unser Ziel ist es daher, den idealen Schlepper für die südafrikanischen Betriebe mit ihren Anforderungen zu bauen.“
Zwar hat Aco noch keinen Zeitrahmen genannt, es sollen aber zwischen zehn und dreißig neue Traktoren in verschiedenen Leistungsklassen aufgebaut werden. Laut Venter liegen dazu schon einige Aufträge aus dem In- und Ausland vor.
Selbstversorger
Die neuen Aco-Traktoren sollen überwiegend aus Komponenten aus dem Inland bestehen. Der Grund: Ein Boykott aufgrund der Apartheidpolitik Südafrikas führte dazu, dass das Land teilweise autark werden musste. Der Wille, auf eigenen Beinen zu stehen, ist auch heute noch stark.
Traditionell kommen V-Motoren von Mercedes zum Einsatz, die unter Lizenz von ADE in Südafrika gebaut werden. Die Abgasstufe IV oder V spielt dabei noch keine Rolle. Anstelle des im abgebildeten „Rebuild“ verbauten Twin-Disc-Getriebes soll auch das Getriebe in Zukunft aus Südafrika kommen. Für die Hydrauliksysteme und auch den Fahrhebel wird Aco mit Danfoss zusammenarbeiten. Darüber hinaus wurden viele Teile wie etwa die Armlehne im 3D-Druckverfahren hergestellt.
Obwohl die neuen Schlepper noch nicht fertig konstruiert sind, gibt es für den Rebuild bereits eine neue Kabine und Motorhaube: „Wir wollten, dass der Umbau auch optisch ansprechend ist“, erklärt Justus Venter.
Die Haube stammt vom Designer Jullio Accosta und wurde von Hand perfekt an den Schlepper angepasst. Aco hatte bereits in den 1990er Jahren eine große Kabine und einen angenehmen Fahrerplatz. Aus Venters Sicht gab es daher keine Gründe, die Grundabmessungen der Kabine zu ändern: „Wir wollten erst eine Kabine, die ohne seitliche Holme in der Windschutzscheibe auskommt. Das wäre allerdings zu Lasten der Sicherheit gegangen.“
Die Haube lässt sich leicht öffnen, im Motorraum lässt sich dann bequem stehen.
(Bildquelle: Pasveer)
Ein mächtiger V10-Motor mit 626 PS und Twin-Turbo von ADE sorgt für den Vortrieb.
(Bildquelle: Pasveer)
Die hydraulischen Komponenten auf dem Hinterwagen kommen von Danfoss.
(Bildquelle: Pasveer)
Oberstes Ziel ist eine simple Bedienung, die ohne viel Training verständlich ist: „Einfachheit ist der Schlüssel für uns“, ist sich Venter sicher. Die meisten Funktionen werden über den Hauptbildschirm gesteuert, statt wie in den früheren Aco-Traktoren über viele Instrumente und Taster im Armaturenbrett direkt vor dem Fahrer.
Der steile Aufstieg zur Kabine wird mit einer hervorragenden Sitzposition belohnt, der Sitz lässt sich um 90° drehen. Trotz der riesigen Haube ist die Sicht gut. Die Kabine ist groß, ein Beifahrer findet bequem Platz. In der Kabine ist es überraschend leise — so lässt sich auch die Stereo-Anlage mit vier Lautsprechern genießen.
Der Fahrer findet ein Bremspedal und zwei Fußrasten — ein Kupplungspedal gibt es nicht. Gekuppelt wird entweder per Knopfdruck, oder über die getretene Fußbremse: Gang wählen, Fahrhebel nach vorne und los geht es. Das Schalten der Gänge sowie der Richtungswechsel werden über einen Schalter am Fahrhebel bedient. Trotz der etwas ungewöhnlichen Schaltung ohne Fußkupplung schaltet der gelbe Riese erstaunlich sanft. Venter berichtet, dass sehr viel Energie in die Entwicklung eines sanften Schaltvorgangs in Verbindung mit einem Drehmomentwandler investiert wurde. Dieser soll die Kraftflussunterbrechnung während des Schaltens minimieren.
Für einen Knicklenker ist der Einsatz eines Spurführungssystems immer eine Herausforderung. Im Aco Rebuild kann man in das Spurführungssystem manuell eingreifen und es anschließend wieder aktivieren, ohne dass sich der Schlepper aufschaukelt. Schnell ist der Aco allerdings nicht: Bei maximal 27 km/h ist Schluss.
Der neue Eigentümer von Aco hat große Pläne — nicht nur im Bereich der schweren Großtraktoren, auch ein kleineres Trägerfahrzeug ist darunter.
Mehrere Investoren sind für das ambitionierte Projekt bereits an Bord. Der größte davon, KH-Plant, unterstützt das Projekt mit der Bereitstellung von einem Teil der Produktionshallen. Wir sind gespannt, wie sich Aco in Südafrika weiterentwickelt und welche Maschinen als nächstes aus der Fabrikhalle rollen.