Miniaturen aus Holz- und Blech: Modelle aus der DDR
Kurt Berger? — Bei den meisten Modellfreunden löst dieser Name nur Achselzucken aus. Wenn Sie den folgenden Beitrag gelesen haben, dürfen Sie sich zu den Insidern zählen.
Karsten Rudloff (64) aus Adendorf in Niedersachsen hat einen ganz besonderen Bezug zur DDR. Der Berufskraftfahrer arbeitete viele Jahre für eine internationale Spedition und belieferte unter anderem Betriebe in der DDR. Auf diese Weise waren ihm das Land und die Leute vertraut.
In seiner Freizeit sammelte Rudloff schon früh Modelle des Herstellers Steiff. Dieser produzierte neben den berühmten Bären auch Nutzfahrzeuge und Traktoren im Maßstab von etwa 1 : 10. Auf Oldtimerveranstaltungen und Flohmärkten durchstöberte er die Stände nach solchen Modellen.
Im Jahr 1990 stieß er auf dem großen Bulldogtreffen in Brokstedt (Schleswig-Holstein) auf einen Spielzeugbulldog, der ihm aus zwei Gründen die Sprache verschlug. Zum einen war er Bulldog-Fan durch und durch, auch wenn er das Schlepperfahren als Junge auf einem Hanomag gelernt hatte. Zum anderen war es die einmalige Anmut des Modells, die er von anderen Bulldog-Miniaturen nicht kannte.
Karsten Rudloff fand heraus, dass seine Neuerwerbung aus der DDR stammte, und dass ein gewisser Kurt Berger der Hersteller war. Wie es der Zufall wollte, konnte er innerhalb kurzer Zeit weitere Berger-
Modelle kaufen. Mit Hilfe seines großen Bekanntenkreises in der Oldtimer- und Modellszene wuchs seine Berger-Sammlung stetig weiter. Die sperrigsten Modelle von Steiff verkaufte er nach und nach, um Platz für Exponate von Berger zu bekommen.
Als besonderer Glücksfall erwies sich für Karsten Rudloff das Kennenlernen der Brüder Ulrich und Matthias Knebel, die in Sachsen aufgewachsen waren. Ihr Vater hatte sich einige Jahre um die Witwe von Kurt Berger gekümmert, der 1985 im Alter von 67 Jahren verstorben war. Die Brüder verwalteten den Nachlass, hatten aber keine wirkliche Idee, was sie mit den Restposten an Teilen, Unterlagen und Dokumenten machen sollten.
Anders Karsten Rudloff. Er einigte sich mit Ulrich und Matthias Knebel, übernahm das Berger-Erbe und holte es zu sich nach Hause. Manche Modelle im Teilstadium stellte er noch fertig. Und er begann, die Geschichte von Kurt Berger mit Hilfe der Unterlagen zu recherchieren und aufzuarbeiten.
Dieser rastlose Erfinder war von Jahrgang 1918 und hatte sich in Wölpern, heute Landkreis Nordsachsen, ein kleines Unternehmen aufgebaut. Ab 1947 produzierte er mit teils selbst hergestellten Werkzeugen Spielzeug und Lehrmodelle für die Landwirtschaft.
Als Material verwendete er hauptsächlich Buchenholz, Blech und Draht. Nur Reifen und Felgen seiner Modellfahrzeuge kaufte er zu. Die Führung der DDR ließ Kurt Berger im Großen und Ganzen gewähren, zwang aber den Maschinenbauingenieur dazu, seine Meisterprüfungen im Holz- und Metallbau abzulegen.
Zeitweise beschäftigte Berger in seinem Betrieb bis zu 14 Mitarbeiter. Bis zum Ende der 1960er Jahre lief das Geschäft sehr gut. Berger exportierte hauptsächlich in die Länder des Ostblocks und sogar bis nach China.
Doch hatte die Kollektivierung der Landwirtschaft in den sozialistischen Ländern ihre Spuren hinterlassen, so dass sich immer weniger Menschen in ihrer Freizeit für die Berger-Modelle interessierten. Deshalb stellte Kurt Berger die Modellproduktion im Jahr 1973 ein und betätigte sich fortan als freiberuflicher Konstrukteur und Erfinder.
Karsten Rudloff hatte eigentlich vor, ein Buch über die Modelle und das Leben von Kurt Berger zu schreiben. Doch hat er stattdessen die Internetseite „berger-archiv.de“ eingerichtet. Dort sind die wichtigsten Unterlagen, Informationen und Fotos zu finden. Anders als in einem Buch kann er im Internet jederzeit etwas nachfügen. Denn auch wenn seine Sammlung schon groß ist, könnte es ja sein, dass Väterchen Zufall ihm noch das eine oder andere Exponat beschert? Sein Sammlerfeuer für die Modelle von Kurt Berger brennt noch wie am ersten Tag.