Eines der ersten Anwendungsfelder von TIM: Der Ladewagen regelt die Geschwindigkeit des Traktors. Ungleichmäßige Schwade werden optimal ausgeregelt — morgens um acht genauso gut und gleichmäßig wie abends um zehn. Eine erhebliche Entlastung für den Fahrer und ein Plus in Sachen Produktivität.
Langer Weg in die Praxis
Seit diesen ersten Ansätzen hat sich einiges getan. Mittlerweile ist TIM in der Lage, auf verschiedenste Funktionen des Traktors zuzugreifen:
Anhalten — Das Anbaugerät kann den Schlepper stoppen, zum Beispiel, um eine Verstopfung zu verhindern oder wenn es im Rahmen des Arbeitsprozesses sein muss.
Fahrgeschwindigkeit — Anhand der Auslastung gibt das Anbaugerät die Geschwindigkeit vor. Der Fahrer kann einen Regelbereich definieren, um zum Beispiel nicht zu schnell zu werden.
Hydraulikfunktionen — Das Ansteuern von mehreren Steuergeräten ist möglich, um Funktionen des Anbaugeräts auszuführen.
Hubwerk — Befehle wie Heben und Senken oder eine bestimmte Hubwerkposition werden vom Anbaugerät vorgegeben.
Zapfwelle — Auch hier sind mehrere Befehle möglich, etwa um die Zapfwelle ein- und auszuschalten oder die Drehzahl (über die Motordrehzahl) zu regeln.
Auch Lenkbefehle können vom Anbau gerät gegeben und von einigen Traktoren bereits umgesetzt werden.
Nicht jedes Gerät oder Traktor muss diesen Funktionsumfang vollständig bieten. Gerade auf der Anbaugeräteseite ist der volle Umfang oft nicht nötig. Wenn ein Grubber seine Arbeitstiefe per TIM regeln will, braucht es dazu zum Beispiel keinen Zugriff auf die Zapfwelle.
Anders sieht es bei den Traktoren aus. Je größer hier der Funktionsumfang, desto vielseitiger sind die Zugmaschinen mit verschiedenen TIM-Geräten einsetzbar. Einen Überblick über alle in der AEF-Isobus-Datenbank gelisteten Maschinen mit TIM-Funktionalität gibt unsere Tabelle. Dort finden Sie auch den aktuellen Funktionsumfang. Vor allem bei aktuellen Maschinen und Traktoren kann dieser durch Softwareupdates gegebenenfalls noch steigen. Bei einer Neuanschaffung kann sich ein Blick in die Datenbank lohnen. Für Landwirte ist dies kostenlos.
Weil es sich bei TIM um eine produkt- und herstellerübergreifende Lösung handelt, profitieren sowohl die Hersteller von Traktoren als auch von Landmaschinen von diesem Standard. In der ISO 11783 ist genau definiert, wie die Maschinen zu programmieren sind, um miteinander zu kommunizieren. Wie bei kaum einem anderen Aspekt in der aktuellen Landtechnik spielt die Sicherheit bei TIM eine Rolle. Denn es darf nicht sein, dass sich z. B. ein Traktor bereits in Bewegung setzt, sobald ein Anbaugerät über den ISO-Bus-Stecker gekoppelt wird.
Deshalb hat die AEF das Projektteam „Isobus-Automation“ eingerichtet, welche die Standards definiert und in standardisierten Zertifizierungsverfahren überprüft. Bleiben die Verfahren ohne Beanstandungen, erfolgt ein Eintrag in die AEF-Isobus-Datenbank.
Um die Sicherheit zu gewährleisten, sind vor dem Start der Arbeit mit TIM einige Einstellungen nötig. Am Beispiel eines Deutz-Fahr-Traktors mit einer Krone-Rundballenpresse sieht das so aus: Im Traktor-Terminal wird das Steuergerät bestimmt, das die Heckklappe öffnet. Anschließend wird dieser Vorgang einmal durchgeführt, um das System anzulernen. Diese Kalibrierung ist dann nötig, wenn der Traktor und die Presse neu zusammengekoppelt wurden. Auf dem Feld angekommen, wird die Zapfwelle eingeschaltet und per Drehzahlspeicher oder Handgas die richtige Drehzahl eingestellt.
Ebenfalls noch im Stand wird dann die TIM-Taste mit dem Steckersymbol in der Seitenkonsole über vier Sekunden lang gedrückt. Jetzt ist das TIM aktiviert. Und erst jetzt kann die Taste mit dem Steckersymbol und dem Häkchen zum Scharfstellen gedrückt werden, so geht es TIM-gesteuert in das Schwad.
Die Presse stoppt den Traktor automatisch, sobald der Ballen seine eingestellte Größe erreicht hat. Dann starten der Wickelvorgang und der anschließende Auswurf des Ballens. Wenn der Ballen ausgeworfen und die Heckklappe wieder geschlossen ist, betätigt er zum Anfahren das Fahrpedal. Sobald die Presskammer wieder voll ist, wiederholen sich diese Vorgänge automatisch.
TIM ist jederzeit übersteuerbar
...es sei denn, der Fahrer möchte den Ballen woanders ablegen. Dann kann er den Auswurf über das Terminal oder über die TIM-Starttaste in der Seitenkonsole stoppen. Wenn er den Ballen dann von Hand ausgeworfen sowie die Klappe geschlossen hat und das TIM weiter nutzen möchte, ist wieder die Aktivierung über die TIM-Aktivierungstaste nötig. Das gilt auch, wenn er rückwärts gesetzt, länger als fünf Minuten gestanden oder die Zapfwelle ausgeschaltet hat.
Diese Sicherheitsfunktionen sind in der Tat eher nervig, aber nicht den Herstellern anzukreiden. Und bereits nach kurzer Zeit gehen die Betätigungen in Fleisch und Blut über. Vor allem aber kommt man dann in den vollen Genuss der TIM-Funktion. Anders als ohne TIM sind die Kupplung, die Bremse und der Hydraulikhebel überflüssig. Man braucht nicht mehr über die richtige Abfolge der Betätigungen nachzudenken, kann deutlich entspannter arbeiten und macht weniger Fehler.
Im Fall der Rundballenpresse sorgt TIM außerdem dafür, dass die Ballen alle exakt gleich groß sind. Wie Messungen der Innovation Farm Wieselburg (Österreich) 2020 ergaben, kann TIM die Zeit für das Binden und Ablegen der Ballen um 15 % verkürzen. Daraus resultiert eine Leistungssteigerung von etwa 7 %.
In dieser Anwendung steuert die Presse nicht die Geschwindigkeit des Traktors. Das Drehmoment an der Zapfwelle ist dafür als Parameter nicht geeignet. Diese Automatik würde einen Ultraschallscanner im Fronthubwerk voraussetzen, der die Masse des Schwads bestimmt und damit die Grundlage für eine Regelung liefert.
Ein anderes Beispiel mit Geschwindigkeitsregelung: der Fendt-Ladewagen Tigo. Hier ist die Grundlage für die Geschwindigkeitsregelung die Auslastung der Pickup, die per Drehzahlsensor erfasst wird. Fällt die Drehzahl ab, signalisiert der Ladewagen dem Traktor eine geringere Fahrgeschwindigkeit und umgekehrt. Neben einem ähnlichen Aktivierungsprozess im Vario-Terminal ist das Setzen von Parametern, zum Beispiel der maximalen Fahrgeschwindigkeit, möglich. Nach dem Absenken der Pickup und dem Aktivieren des Tempomaten arbeitet TIM. Eine Einbindung in das Vorgewende-Management ist bisher nicht möglich.
Der Fahrer kann dem System Grenzen setzen.
(Bildquelle: Berning)
Der Ladewagen regelt die Geschwindigkeit des Traktors.
(Bildquelle: Berning)
Intelligenz nachrüsten
Ein Pflug ist nicht so komplex wie eine Ballenpresse oder ein Ladewagen. Dennoch könnte er mit Hilfe von Elektronik mehr leisten als ein Standardpflug. Vor allem beim Pflügen von keilförmigen Stücken ist eine GPS-gesteuerte Arbeitsbreitenverstellung hilfreich, oder auch dann, wenn es auf eine exakt gerade Furche ankommt.
Eine solche Lösung gibt es nun mit dem iQblue connect von Lemken, Basis sind ebenfalls TIM-Funktionen. Das System besteht aus einem Jobrechner, einem Sensor-Kit und der für die jeweilige Anwendung nötigen Software. Bei der automatischen Steuerung mit iQblue connect kommen die Befehle vom Grundmodul am Gerät. Damit aber die TECU des Traktors solche Befehle überhaupt entgegennimmt, muss der Traktor mit dem Tractor-Implement-Management (TIM) ausgestattet sein. Umgekehrt muss auch der Geräte-Jobrechner — in diesem Fall das Grundmodul von iQblue connect nach dem ISO-Bus-Standard zertifiziert sein. Lemken hat dieses Zertifikat im Oktober erhalten und ist nun in der Kompatibilitätsdatenbank der AEF gelistet.
Für die Bedienung der GPS-gesteuerten Arbeitsbreitenverstellung mit iQblue connect wird ein CCI ISO-Bus-Terminal benötigt, auf dem die Parallelfahrhilfe „Command PT“ installiert ist. Dieses System verwaltet Spuren und legt Informationen über Spurabweichungen auf den ISO-Bus. Die automatische Pflugsteuerung braucht diese Daten für das Anpassen der Schnittbreite.
Zusätzlich benötigt die automatische Regelung hochgenaue Positionsdaten. Da der einfache GPS-Empfänger im Grundmodul diese nicht liefert, muss der Schlepper mit einem RTK-Lenksystem ausgestattet sein, dessen Empfänger die RTK-korrigierten Signale ebenfalls über den ISO-Bus bereitstellt.
iQblue connect kann nachgerüstet und mit verschiedenen Geräten genutzt werden.
(Bildquelle: Lemken)
Für die automatische Regelung der Arbeitstiefe muss der Traktor die Hubwerksteuerung über TIM zur Verfügung stellen.
(Bildquelle: Schulz)
CCI 1200 mit Lemken im EInsatz.
(Bildquelle: Schulz)
Der Traktor entscheidet
Der Jobrechner von iQ blue connect ist umsetzbar — und zwar nicht nur von Pflug zu Pflug, sondern auch vom Pflug auf einen Grubber. Lediglich die Sensoren und die Verkabelung sind fest installiert und verbleiben auf den jeweiligen Maschinen.
Beim Einsatz an einem Grubber mit Aufsattelachse zum Beispiel wird die Arbeitstiefe über vordere Stützräder, die Walze und die Deichsel eingestellt. Zur Höheneinstellung der Deichsel muss man das Hubwerk individuell anpassen. Um die Ist-Werte an der Maschine abzugreifen, ist ein Winkelsensor an der Walze notwendig und im Feld zu kalibrieren. Nach dieser Kalibrierung gleicht iQblue connect permanent die Soll-Werte der Applikationskarte mit den Ist-Werten an der Maschine ab. Die Steuerung über TIM benötigt in diesem Fall Zugriff auf das Hubwerk — den längst noch nicht jeder TIM-zertifizierte Traktor bietet.
Den gemeinsamen TIM-Funktionsumfang von Anbaugerät und Traktor bestimmt der kleinste gemeinsame Nenner der Funktionen. Eine Pflugsteuerung der Arbeitsbreite kann deshalb mit einem Traktor, der zum Beispiel nur Hydraulikventile über TIM freigibt, funktionieren. Die automatische Tiefenregelung am Grubber arbeitet mit demselben Traktor nicht.
Aktuelle Konzepte autonom arbeitender Fahrzeuge setzen oft auf die Kombination aus Trägerfahrzeug und Anbaugerät. Vorteil: Das Trägerfahrzeug lässt sich wie der Traktor variabel für unterschiedliche Aufgaben einsetzen. TIM spielt hier für die Zusammenarbeit von Maschinen unterschiedlicher Hersteller eine entscheidende Rolle.
Der Mensch als Schnittstelle zwischen Traktor- und Anbaugerätebedienung ist nicht mehr vorhanden. Sensoren auf den Maschinen werden seine Überwachungsfunktionen übernehmen. Damit wird eine definierte Schnittstelle für Traktorfunktionen, die das Anbaugerät steuern kann, unerlässlich. Lemken und Krone haben bei ihrem Konzept VTE bereits autonome Anwendungen gezeigt, bei denen die Zusammenarbeit zwischen Anbaugerät und Zugfahrzeug auf TIM beruht.
Die Steuerung von Traktorfunktionen durch das Anbaugerät findet immer mehr Anwendung in der Praxis. Der hohe Sicherheitsanspruch führt zu teils aufwendigen Aktivierungsprozeduren, die Fahrerentlastung ist aber spür- und messbar. Es werden neue Anwendungen, wie die GPS-gesteuerte Tiefenregulierung eines Aufsattelgrubbers möglich. Darüber hinaus kann TIM Grundlage für die Einbindung von Anbaugeräten in autonome Fahrzeugkonzepte sein.