Spot Spraying in der Praxis: Einsparpotenziale nutzen
In der Theorie kann moderne Pflanzenschutztechnik eine ganze Menge. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Oliver Hahnenkamm sammelt seit dem Frühjahr 2022 Erfahrungen mit dem Spot Spraying.
Der 47-jährige Oliver Hahnenkamm stammt aus Deutschland und managt in Ungarn einen Betrieb südlich des Balaton. Neben einer großen Rinderhaltung werden hier auf 5.000 ha Marktfrüchte wie Mais, Sonnenblumen, Raps, Weizen und ein wenig Soja angebaut.
Seit Frühjahr 2022 setzt der Betriebsleiter einen UX Smart Sprayer von Amazone ein. Er möchte sehen, inwieweit diese Technik auf seinem Betrieb unter Praxisbedingungen eine Lösung für den Pflanzenschutz der Zukunft darstellen kann.
Funktion des Smart Sprayers
Grundsätzlich gibt es für die Umsetzung des Spot Spraying — also für die gezielte Teilflächenbehandlung — unterschiedliche Herangehensweisen. Eine Möglichkeit ist das Überfliegen der zu behandelnden Flächen mit einer Drohne vor der Anwendung. Die Bilder werden genutzt, um offline eine Spot-Applikationskarte zu erstellen. Eine Spritze mit Einzeldüsen-Ansteuerung arbeitet dann auf dem Feld die Karte ab.
Auf dem Betrieb von Oliver Hahnenkamm kommt hingegen eine kamera-gestützte Spot-Applikation zum Einsatz. Dazu ist vorne am Spritzgestänge pro Meter Arbeitsbreite eine Kamera mit Lichtmodulen installiert. Die Kameras erkennen bei Tag und Nacht — in Echtzeit — die Unkräuter und lösen die Behandlung an den jeweiligen Stellen aus.
Bosch/BASF als Hersteller der Kameras geben an, dass Unkräuter bereits ab einer Größe von lediglich 6 x 6 mm erkannt werden können. Eine Präzision, die Amazone aus der Praxis bestätigen kann. Aktuell funktioniert die Erkennung von Unkräutern „Grün auf Braun“ sowie in Reihenkulturen auch „Grün auf Grün“. Man arbeitet zudem an einer „Grün auf Grün“-Erkennung, zum Beispiel für den Einsatz in Getreide.
Verzicht auf Bodenherbizide
Ein Standard ist in Ungarn laut Hahnenkamm neben einem Bodenherbizid eine zweite Behandlung mit blattaktiven Mitteln in Reihenkulturen wie Soja, Sonnenblumen und Mais. Diese sind gerade für die zweikeimblättrigen Kulturen vergleichsweise teuer. Und da Unkräuter wie z. B. Ambrosia oft nur auf etwa 10 bis 15 % der Fläche vorhanden sind, sieht der Praktiker hier eine hohes Einsparpotenzial durch eine teilflächenspezifische Behandlung.
In den ersten Versuchen in 2022 wurde das Bodenherbizid in den Reihenkulturen deshalb teilweise komplett weggelassen. Anschließend behandelte Hahnenkamm diese Flächen zweimal mit dem Smart Sprayer. Bei der ersten Überfahrt konnte aufgrund der großflächig auftretenden Verunkrautung wegen des fehlenden Bodenherbizids kaum Mittel eingespart werden.
Bei der zweiten Behandlung waren es laut Hahnenkamm dann aber 30 bis 60 % weniger Mittelaufwand im Vergleich zu der vollflächigen Behandlung. Und die hätte er als Betriebsleiter normalerweise durchgeführt.
Bei einer Gesamtfläche des Großversuchs von mehr als 1.000 ha und Mittelkosten von bis zu 50 Euro pro Hektar ergibt das auch eine erhebliche finanzielle Einsparung.
Gerade aufgrund der Parzellengrößen von 30 bis 100 ha sieht Oliver Hahnenkamm einen weiteren Vorteil in der Dokumentation durch den Smart Sprayer: „Die Problemstellen auf den Flächen lassen sich vor weiteren Behandlungen gut lokalisieren und gegebenenfalls noch mal visuell bewerten.“
Zuverlässige Technik beim Spot Spraying
Damit das Spot Spraying gelingt, müssen einige technische Voraussetzungen erfüllt sein. Für die bestmögliche Auflösung der Spots gehört ein Düsenabstand von nur 25 cm genauso dazu, wie eine exakte Gestängeführung. Außerdem sorgt im Smart Sprayer eine Pulsweitenmodulation für die schnellstmögliche Schaltung der Düsen, während die „Spot Fan“-Düsen von Agrotop eine gleichmäßige Querverteilung und eine hohe Tropfengeschwindigkeit sicherstellen.
Nach den Erfahrungen von Oliver Hahnenkamm haben sowohl die Hard- als auch die Software zuverlässig funktioniert. Hinzu kommt die Erleichterung des Managements durch die „Agronomic Decision Engine“. Das von Bosch und BASF unter dem Namen Xarvio entwickelte Online-Expertensystem trifft Applikationsentscheidungen nach flexiblen Sensivitätswerten.
Und nicht zuletzt sieht Hahnenkamm durch die kontinuierliche Dokumentation auch Vorteile im Zusammenhang mit dem Green Deal: „Es wird sehr klar, wie viel Mittel man einsparen kann. Während der Landwirt in der Regel die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung für eine gesamte Parzelle trifft, entscheidet das System auf jedem einzelnen Feld hunderttausende Male, ob behandelt wird oder nicht.“