OptiScan von Hölscher und Leuschner im profi-Praxistest: Funktioniert, aber…
Die 3D-Kamera OptiScan von Hölscher und Leuschner verspricht eine einfache Bestimmung von Tiergewichten. Was für und was gegen die Technik spricht, verrät unser Praxistest.
Die gute Nachricht zuerst: Das Wiegen per 3D-Kamera funktioniert, und unter optimalen Voraussetzungen sind die mit OptiScan optisch bestimmten Gewichte erstaunlich exakt. Allerdings ist die Handhabung anspruchsvoll, so dass die Technik nicht für jeden Schweinemäster eine Empfehlung ist. Doch dazu gleich mehr.
Wiegen ist ein Muss
Beim Vermarkten von Schweinen kommt es auf das richtige Schlachtgewicht an. Schließlich gibt es für zu leichte oder zu schwere Tiere nicht nur weniger Geld je kg Schlachtgewicht. Oft genug verhängt der Abnehmer auch einen Strafbonus, sofern die Vorgaben der hauseigenen Schlachtmaske nicht erfüllt wurden.
Was hilft, ist das Wiegen der Tiere vor der Vermarktung. Um dem Landwirt das Bestimmen der Gewichte zu erleichtern, entwickelte Hölscher und Leuschner aus Emsbüren 2002 das optische, stationär zu betreibende Wiegesystem OptiSort. 2016 kündigte das Unternehmen mit OptiScan eine mobil einsetzbare Version der optischen Wiegeeinrichtung an. Die Technik erlangte passend zur EuroTier im Herbst 2022 ihre Serienreife. Im Sommer 2023 stellte uns der Hersteller ein System für das Wiegen von Schweinen im Gewichtsbereich von 50 bis 125 kg für einen dreimonatigen Praxistest zur Verfügung.
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Die gute Nachricht zuerst: Das Wiegen per 3D-Kamera funktioniert, und unter optimalen Voraussetzungen sind die mit OptiScan optisch bestimmten Gewichte erstaunlich exakt. Allerdings ist die Handhabung anspruchsvoll, so dass die Technik nicht für jeden Schweinemäster eine Empfehlung ist. Doch dazu gleich mehr.
Wiegen ist ein Muss
Beim Vermarkten von Schweinen kommt es auf das richtige Schlachtgewicht an. Schließlich gibt es für zu leichte oder zu schwere Tiere nicht nur weniger Geld je kg Schlachtgewicht. Oft genug verhängt der Abnehmer auch einen Strafbonus, sofern die Vorgaben der hauseigenen Schlachtmaske nicht erfüllt wurden.
Was hilft, ist das Wiegen der Tiere vor der Vermarktung. Um dem Landwirt das Bestimmen der Gewichte zu erleichtern, entwickelte Hölscher und Leuschner aus Emsbüren 2002 das optische, stationär zu betreibende Wiegesystem OptiSort. 2016 kündigte das Unternehmen mit OptiScan eine mobil einsetzbare Version der optischen Wiegeeinrichtung an. Die Technik erlangte passend zur EuroTier im Herbst 2022 ihre Serienreife. Im Sommer 2023 stellte uns der Hersteller ein System für das Wiegen von Schweinen im Gewichtsbereich von 50 bis 125 kg für einen dreimonatigen Praxistest zur Verfügung.
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Das System besteht aus einem, in einem Kunststoffgehäuse eingebundenen, Laser (Klasse 1) und einer 3D-Kamera, welches für die Messungen möglichst waagerecht über dem Tier zu halten ist. Die Aufnahmen der Kamera gelangen per Kabel zu einem Tablet (Windows Surface Pro 8 Business), welches der Landwirt an einer Spezialweste befestigt vor seinem Oberkörper trägt.
Nach dem Anschließen der Kamera und dem Start der App OptiScan auf dem Tablet ist das System nach 30 Sekunden startklar. Die Bedienoberfläche von OptiScan ist während des Betriebs ständig aktiv und verbraucht entsprechend Strom. Zusätzlich versorgt der Akku vom Tablet die 3D-Kamera mit Strom, so dass — wie vom Hersteller in der verständlichen Betriebsanleitung beschrieben — der Akku nach zwei, spätestens drei Stunden leer ist. Das reicht zum Zusammenstellen eines ganzen Lastzugs voll mit Mastschweinen für den Schlachthof.
Was der Hersteller in seiner Anleitung jedoch nicht verrät: Bereits bei einem Ladezustand von unter 60 % dauern die Messungen länger als mit einem voll aufgeladenen Akku. Was helfen würde, ist der Einsatz einer Powerbank, diese liegt aber serienmäßig dem System nicht bei.
Der Messvorgang
Beim Wiegen ist der Bildschirm in drei Segmente unterteilt: Die Spalte ganz links zeigt das nach einem manuellen Drücken des Kameraknopfs ermittelte Gewicht in kg mit einer Kommastelle an. In der Spalte links befindet sich auch eine Art Zähler. Mit diesem kann man per Knopfdruck festhalten, wie viele Tiere man bereits mit Farbspray markiert hat.
Eine Hand oben, und die Augen auf dem Tablet: Das Wiegen per Kamera unterscheidet sich grundsätzlich von bislang bekannten Wiegesystemen.
(Bildquelle: Tovornik)
Das Tablet zeigt neben der Perspektive aus Sicht der Kamera das optisch ermittelte Tiergewicht in Echtzeit an.
(Bildquelle: Tovornik)
Eine Art Libelle am rechten Bildschirmrand verrät, ob die Kamera falsch gehalten wird.
(Bildquelle: Tovornik)
Ist eine Messung ungültig, ist das mittlere Bildsegment rot umrandet.
(Bildquelle: Tovornik)
Mit ausreichend Routine und Gelassenheit lässt sich das Tiergewicht binnen Sekunden bestimmen und das Tier entsprechend von Hand markieren.
(Bildquelle: Tovornik)
In der Mitte des Bildschirms ist die Liveaufnahme der 3D-Kamera zu sehen. Nachdem das System ein Tier erfasst hat, leuchtet über diesem ein grünes Häkchen auf. Gleichzeitig erscheint um das Tier herum ein blauer Rahmen, welcher die von der Kamera erfassten Umrisse erkennen lässt. Ist die blaue Umrandung nicht ringsum geschlossen, z. B. durch einen Kontakt mit einem anderen Tier oder durch ein Anlehnen des Schweins an die Stallwand, ist das angezeigte Messergebnis ungültig.
Ob eine Messung gültig ist, verrät auch ein Blick auf die dritte Bildschirmspalte. Konkret wird rechts oben der Messfortschritt während einer Wiegung angezeigt. Darunter wird anhand einer Art Wasserwaage die korrekte Ausrichtung der Kamera veranschaulicht: Wird die Kamera nicht gerade gehalten, befindet sich die Libelle außerhalb des Mittelkreises — statt grün leuchtet die Anzeige dann rot. Das untere Symbol veranschaulicht die aktuelle Ausrichtung der Kamera bei Aufnahmen des Tierkopfs.
Lauf, Schweinchen lauf
Tatsächlich wirkt sich die Position des Kopfs entscheidend auf das Messergebnis aus. Denn der im Wiegesystem hinterlegte Algorithmus bewertet den Kopf des Tiers anders als seinen Schinken. Doch vermag das System nicht, von sich aus zwischen Kopf und Schinken zu unterscheiden. Vor Messbeginn muss deshalb die Kopfposition von Hand eingestellt werden. Dazu kippt man die Kamera entweder nach vorne oder nach hinten — je nachdem, wohin der Kopf gerade zeigt. Ein Symbol auf dem Display signalisiert die aktuelle Ausrichtung.
Um ehrlich zu sein: Es braucht viel Routine, denn oft genug ist man bei den Messungen mit anderen Dingen beschäftigt als mit dem Einstellen der Kopfposition. Dass die Kopfposition falsch eingestellt war, ist uns somit mehr als ein Mal passiert.
Für exakte Messungen muss die Kopfposition des Tiers richtig eingestellt sein. Ein Umstellen der Position erfolgt durch ein Kippen der Kamera — wahlweise nach vorne oder nach hinten.
(Bildquelle: Tovornik)
(Bildquelle: Tovornik)
Tipp: In dem Moment, in dem Sie feststellen, dass die Kamera falsch ausgerichtet ist, brechen Sie besser die Messung ab, statt ungehalten mit der Kamera auf- und abzuschwenken. Sonst beginnen die Tiere zu registrieren, dass sie im Fokus des Landwirts stehen. Fluchtartig suchen sie dann das Weite — und verwehren sich einer zweiten und dritten Verwiegung.
Bei unserem Testbetrieb mit Gastarbeitern aus Osteuropa stieß das gesonderte Einstellen der Kopfposition auf Kritik: Durch die Notwendigkeit einer korrekten Kameraeinstellung bezüglich der Kopfposition kam es im Testbetrieb zu vielen Verwiegungen mit falschen Messergebnissen. So hätte beinahe der Testbetrieb einmal zu leichte Schweine abgeliefert — weil ein nicht deutschsprachiger Mitarbeiter die Kontrolle der Kopfposition trotz intensiver Erklärung nicht auf die Reihe bekam. Dass es ihm nicht möglich war, den Bildschirm auf eine Fremdsprache umzustellen, kam erschwerend hinzu. Als Ergebnis musste ab diesem Zeitpunkt der Vorarbeiter das berührungslose Wiegen wieder selbst übernehmen…
Unser Wunsch, dass das System automatisch die Kopfposition erkennt, stößt bei Hölscher und Leuschner auf Verständnis. Und tatsächlich arbeitet man bereits an einer Lösung. Wie es sich anhört, ist aber das Umstricken des Programms nicht so einfach, weshalb wir uns in dieser Sache wohl noch in Geduld üben müssen.
Ruhiges Arbeiten
Um noch mal auf das Arbeiten mit OptiScan zu erwähnen: Es ist ein anderes und eher lautloses Wiegen, das entsprechend Ruhe und Gelassenheit seitens des Landwirts verlangt. Wer sich mit Hektik und unter Zeitdruck in die Tiergruppe begibt, wird folglich enttäuscht sein, wie schnell nach dem Heben des Arms die Tiere aus dem Sichtfeld der Kamera verschwinden. Auch sollte man sich nicht vornehmen, ein bestimmtes Tier auf Gedeih und Verderb zu verwiegen. Denn bekanntermaßen haben Schweine ein Gespür für drohende Gefahren, weshalb sie bei geringsten Anzeichen einer Verfolgung fliehen.
Übrigens: Versteckt sich ein Tier in einer Ecke, kann das System bei einem Abstand von weniger als 20 cm zur Mauer nicht messen. Gleiches gilt, wenn das Tier beim Fressen nicht frei steht. Liegen, sitzen oder mit den Vorderbeinen auf einem Podest stehen darf das Tier währenddessen auch nicht. Und, wenn wir schon über mögliche Einschränkungen sprechen: Die Lichtverhältnisse in der Bucht sollten gut sein, damit die Kamera die Umrisse der Tiere schnell und umfassend erkennen kann.
Unterschätzte Gewichte
Zur Kontrolle der Wiegegenauigkeit haben wir stichprobenartig Tiere mit einer Plattformwaage verwogen. Unsere Auswertung ergab, dass unter optimalen Voraussetzungen OptiScan sehr exakte Ergebnisse liefert. So lagen bei einem durchschnittlichen Lebendgewicht von 120 kg in 35 % der Messungen die Ergebnisse in einem vom Hersteller ausgewiesenen Toleranzbereich von 2 % — sehr gut.
In 8 % der Fälle waren die Schweine in Wirklichkeit schwerer als von OptiScan ermittelt. Bei 58 % der gewogenen Tiere zeigte das System weniger Gewicht als die Plattformwaage — in 6 % der Fälle sogar um mehr als 10 % zu wenig. So ermittelte in einem konkreten Fall OptiScan ein Lebendgewicht von 106 kg, während die Anzeige der Plattformwaage auf 119 kg hochschnellte. Gut möglich, dass es sich hier um einen Bedienfehler handelte. Diesen einzugrenzen und abzustellen fällt einem Ungeübten schwer, da er nicht unmittelbar erkennen kann, ob und weshalb er gerade bei der aktuellen Messung daneben liegt.
Sonstiges und Preise
In der Seitentasche der Weste ist Platz für bis zu drei Farbspraydosen.
Beim Selektieren von Vorläufern empfiehlt sich für ein freieres Stehen das Öffnen der Bucht zum Laufgang.
Messungen in Fensternähe lieferten im Testbetrieb andere Ergebnisse als Verwiegungen in der Mitte der Bucht.
Das Streuen von Futter auf den Boden zum Beruhigen der Tiere verfälscht durch gesenkte Köpfe die Messergebnisse.
Für einen ausreichenden Abstand der Kamera zum Tier muss die 3D-Kamera hochgehalten werden. So hoch, dass unter einer Körpergröße von 170 cm das Wiegen anstrengend werden kann.
Für Menschen mit Arthrose im Schultergelenk ist OptiScan keine Empfehlung.
Die zum Wiegen umzuhängende Weste ist (bis jetzt) nicht atmungsaktiv.
Der Preis eines OptiScan-Wiegesystems mit Koffer und Tablet liegt laut Hersteller bei 12.000 Euro ohne Mehrwertsteuer.
Fazit
Die optische Wiegeeinrichtung OptiScan von Hölscher und Leuscher erlaubt das Wiegen, ohne die Schweine dafür berühren oder auf eine Plattformwaage treiben zu müssen. Tatsächlich liefert die Technik teils sehr exakte Ergebnisse. In weiten Teilen unserer Vergleichsmessungen lag das System aber auch um mehr als 2 % daneben. Um Messfehler durch den Bediener gering zu halten, lohnt die Durchführung der Messungen durch eine geübte Fachkraft. Am Problem, dass die Kopfposition des Tiers manuell vom Bediener zu korrigieren ist, arbeitet der Hersteller bereits.