Der Luxxum von Case IH hat mit der Umstellung auf die Abgasstufe V ein Motor-Update erhalten. Wir haben den kleinen Roten auf Herz und Nieren getestet.
Ob er nun besser im Kleid des Steyr Multi daherkommt (wie im letzten Test, profi 8/2017), oder seinen Auftritt als Luxxum von Case IH hat, ist sicher Geschmackssache. Dieses Mal hatten wir den knallroten Luxxum in der größten der drei Motorisierungen mit 86 kW/117 PS Nennleistung unter der Testlupe. Dabei ist eine der wesentlichen Änderungen tatsächlich der neue Vierzylinder von FPT (Fiat Powertrain Technologies), der mit seinen 3,6 l Hubraum (vorher 3,4 l) jetzt dank DOC, DPF und SCR-Kat die Abgasstufe V erfüllt. Gleichzeitig soll das Aggregat gerade im unteren Drehzahlbereich ein bis zu 5 % höheres Drehmoment haben und so mehr Leistung abgeben.
Case IH Luxxum 120: „Untenrum“ mehr draufstehen
Wie immer, haben wir das natürlich von den Ingenieuren beim DLG Testzentrum checken lassen. Auf dem Zapfwellenprüfstand kamen dabei 75,1 kW bei Nenndrehzahl (2 200 min-1) sowie 78,9 kW bei maximaler Leistung (1 900 min-1) hinten am Stummel an — das ist ein Tick weniger als beim letzten Test vom Multi 120.
Das gilt auch für das maximale Drehmoment: Statt der 461 Nm beim letzten Mal stemmte das neue Aggregat maximal 455 Nm auf die Kurbelwelle. Auf den ersten Blick passt das nicht zu dem Versprechen in der Pressemitteilung: „…sorgt der neue Motor mit zahlreichen Vorteilen, wie einer höheren Leistungsabgabe im unteren Drehzahlbereich und einem bis zu 5 % höheren Drehmoment, für Produktivitätssteigerungen und verbessertes Fahrverhalten.“
Tatsächlich haben wir den neuen Luxxum aber seltener abgewürgt — insbesondere bei Frontladerarbeiten — als seinerzeit den Steyr Multi. Und der Grund dafür findet sich bei der Drehmomentkurve unterhalb von 1 200 Touren: Hier liegt das Drehmoment bis zu 13 % höher als noch bei dem 3,4 l Motor. Der Schlepper hat hier bis zu 5 kW mehr Leistung zur Verfügung — prima!
Sehr gespannt waren wir auf den Dieselverbrauch, schließlich erfüllt das neue Aggregat die strenge Abgasstufe V und sein Vorgänger war schließlich extrem sparsam. Und tatsächlich fordern die noch saubereren Abgase ihren Tribut und der Luxxum kann die (sehr guten) Werte seines Vorgängers nicht ganz erreichen: Mit 250 g/kWh (+11,2 g/kWh AdBlue) bei Maximalleistung sowie 274 g/kWh (+14,2 g/kWh AdBlue) bei Nenndrehzahl liegt der Verbrauch höher. Bestätigt wird das auch von den praxisnäheren Powermix-Messungen: Mit 296 g/kWh (+10,8 g/kWh AdBlue) liegt auch hier der Dieselverbrauch über den Werten im letzten Test. Somit liegt der Luxxum jetzt zwar fast 7 % über dem Mittelwert aller Testkandidaten, in seiner Leistungsklasse steht der kleine Rote aber nach wie vor gut da.
Die Messungen beim Transport sind nicht vergleichbar, da damals noch auf der Straße statt auf dem Rollenprüfstand gemessen wurde. Mit 441 g/kWh schlägt der Luxxum sich hier aber wacker — nicht zuletzt ein Verdienst der Drehzahlreduzierung auf weniger als 1 700 Touren bei 40 km/h.
Getriebe: Einfach funktional
Das Getriebe „ActiveDrive4“ des Luxxum bezieht CNH nach wie vor von ZF. Mit vier Gängen und vier LS-Stufen bietet es zusammen mit einer mechanischen Gruppenschaltung (die wir so gut wie nie genutzt haben) 32/32 Übersetzungen.
Das passt genauso in die Welt, wie die 13 Übersetzungen im Hauptarbeitsbereich von 4 bis 12 km/h. Auch das Schalten geht bequem per Tastendruck auf dem Joystick in der rechten Bedienarmlehne. Genauso wie die Wendeschaltung links unter dem Lenkrad oder rechts auf dem Joystick bedient werden kann — vorbildlich.
Das Prädikat „vorbildlich“ können wir auch bei der Schaltautomatik vergeben: ob die Verstellung der Schaltzeitpunkte mit dem geteilten Handgasschieber oder die Eingrenzung der Schaltfenster — das funktioniert.
Auch die automatische Kuppelfunktion über das Bremspedal kommt meistens sehr gut an. „Meistens“, da der Schlepper mit Kipper am Hang nach Lösen der Fußbremse doch erst ein paar Meter zurückrollt, bevor das Getriebe einkuppelt. Deshalb sollte die Funktion einfacher zu (de-)aktivieren sein.
Zeitgemäß ist die Ausstattung mit vier Zapfwellendrehzahlen sowie die Möglichkeit eine Wegzapfwelle für den Luxxum zu bestellen. Einziges Haar in der Suppe ist eine fehlende Kriechgruppe (jetzt min. 1,8 km/h) sowie die fehlende 50-km/h-Option. Außerdem fehlt nach wie vor die Möglichkeit, die Wendeschaltung auf dem Frontladerkreuzhebel bedienen zu können. Hier soll aber laut Case IH etwas in Planung sein….
Hydraulik und Hubwerk
Ein getrennter Ölhaushalt von Getriebe und Hydraulik (mit 36 l entnehmbarer Menge) sowie eine serienmäßige Axialkolbenpumpe sind in dieser Klasse zwei Highlights. Bei einer gemessenen Ölfördermenge von 110 l/min geht der von MX zugelieferte Frontlader Case IH L4020T super-flott. Stichwort Frontlader: Der war nicht nur sehr aufgeräumt, sondern ist (dank absenkbarer Vorderachsfederung) auch mit nur einmal absteigen ab- bzw. angebaut — super.
Die mechanischen Ventile gehen gut, lediglich die Rasten zur Schwimmstellung sollten etwas deutlicher sein. Eine sehr gute Ergänzung sind bis zu zwei elektrische Ventile samt Zeit- und Mengensteuerung sowie der Kreuzhebel auf der Armlehne, der sich auch super für die Frontladerbedienung eignet. Statt Sicherung per Sitzkontakt wäre allerdings ein Sensor im Griff besser.
Was das Heckhubwerk angeht, sind die von der DLG gemessenen knapp 4 400 daN durchgehende Hubkraft gerade genug, um auch eine 3 t schwere Bestellkombination zu stemmen. Beim einfachen Fronthubwerk schließt das Umstecken der nach hinten verlegten Ölschläuche eine Doppelbedienung aus. Es ist auf Dauer aber nicht nur wegen der fehlenden Absperrhähne lästig.
Kurz machen können wir es bei der Kabine. In Sachen Sicht und Platzangebot gibt es nichts zu meckern. Gewundert haben uns allerdings die 80 dB(A), die die DLG bei Vollgas in der Kabine am Fahrerohr gemessen hat. Das ist deutlich mehr als beim 3,4 l Motor vorher. Dafür gibt es jetzt neben dem 200° Wischfeld und dem per Pedal schwenkbaren Lenkrad auch einen praxisgerechten Blinkerrücksteller.
Wer mag, kann den Luxxum sogar mit Lederlenkrad und Teppichboden ordern (macht einen sehr wertigen Eindruck), hinzu kommen auf Wunsch bis zu 10 LED-Scheinwerfer.
Mehr als 10 Knöpfe finden sich auf dem Multifunktionsgriff des Luxxum. Hier hat sich Case IH ohne Frage sichtlich Mühe gegeben, alle Funktionen, wie z. B. Wende- und Lastschaltung sowie Hubwerks- und Steuergerätebedienung, möglichst unterscheidbar zu machen. Trotzdem liegen diese Knöpfe alle in einer Ebene, was die Sache wirklich schwierig macht.
Schwierig ist auch das Stichwort für die Bedienungsanleitung: Zum einen ist das Buch zu dick für das Fach hinter dem Sitz. Zum anderen wird man bei der Suche im Stichwortverzeichnis häufiger keinen Erfolg haben, da z. B. Angaben zur Zapfwelle nur unter „F“ zu finden sind („Funktion der Zapfwelle“).
Kabinen- und Vorderachsfederung (die wir immer in soft gefahren haben) sorgen für einen sehr guten Fahrkomfort. Beim Wendekreis haben wir allerdings 11,80 m gemessen (480/65 R 24 mit 1,82 m Spur). Das geht besser.
Gleiches gilt für die Nutzlast: Bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 8 t sowie immerhin 5 360 kg Leergewicht bleiben schon ohne Frontladerschwinge lediglich 2 640 kg Nutzlast — das wird oft knapp. Dabei würden die Bremsen, bei denen das DLG Testzentrum nicht zuletzt dank der gebremsten Vorderachse eine Verzögerung von stolzen 5,6 m/s2 gemessen hat, sicher mehr hergeben.
Noch kurz zur Wartung: Ölwechselintervalle von 600 Stunden für den Motor und 1 200 Stunden für das Getriebe- und Hydrauliköl sind super. „Drecklöcher“ sind dagegen die Gehäuse in den Hinterradkotflügeln für die Kabinenfilter. Und wenn es ab Werk einen Umkehrlüfter gäbe, wäre das sicher gerade für Grünlandbetriebe eine feine Ergänzung.
Case IH Luxxum 120: Wir fassen zusammen
Der Luxxum von Case IH kommt für die Abgasstufe V mit einem neuen Herzen daher. Das Aggregat überzeugt mit mehr Durchzugsvermögen beim Rangieren, hat aber keineswegs bessere Leistungs- und Verbrauchswerte als sein Vorgänger. Ob es ebenfalls am Motor liegt, dass das DLG Testzentrum am Ohr des Fahrers 80 dB(A) gemessen hat, wissen wir nicht.
Das Getriebe wird nicht nur einfach per Knopfdruck geschaltet, sondern geht auch von der Abstufung und den Automatikfunktionen auf jeden Fall klar — wenn man keine Kriechgeschwindigkeit oder 50 km/h benötigt. Ansonsten runden vier Zapfwellendrehzahlen und die auf Wunsch lieferbare Wegzapfwelle das Angebot ab.
Eine runde Sache ist auch die Hydraulikausstattung mit der leistungsfähigen Axialkolbenpumpe sowie bis zu zwei mechanischen und zwei elektrischen Ventilen. Die Hubkraft reicht wohl auch bei den meisten Betrieben locker aus und es gibt selbst eine ISO-Bus-Vorbereitung ab Werk. Knapp wird da eher die Nutzlast.
Ansonsten gibt die Aufpreisliste ordentlich was her, wie die ziemlich komplette Ausstattung unseres Testkandidaten zeigt. So werden aus dem Grundpreis von bereits 116 500 Euro unter anderem durch die gefederte Vorderachse (6 000 Euro), das Fronthubwerk (3 800 Euro), die zwei elektrischen und zwei mechanischen Ventile (5 000 Euro), die Frontladervorbereitung (5 000 Euro) sowie die gefederte Kabine mit Advanced-Ausstattung (4 000 Euro) etc. gewaltige 143 000 Euro plus MwSt.
Details aus unserem Praxiseinsatz des Case IH Luxxum 120.
(Bildquelle: Wilmer)
Jürgen Tarner und Uwe Ramforth fahren einen Case IH Luxxum 120.
(Bildquelle: Wilmer)