Auch wenn das Grundfahrzeug mit Achsen, Getriebe usw. gleich geblieben ist, hat sich bei dem neuen 200er Vario nicht nur das Styling der Motorhaube geändert (profi 11/2020). Auch unter der Haube hat sich einiges getan, damit der Dreizylinder von Agco Power mit seinen 3,3 l Hubraum die Abgasstufe V erfüllt.
Dazu gibt es neben dem DOC jetzt zusätzlich einen SCR-Kat. plus Partikelfilter (DPF), während man auf die Abgasrückführung verzichten konnte. Zudem hat der Motor jetzt Hydrostößel, da aufgrund des immer enger werdenden Bauraumes ein Nachstellen der Ventile sehr aufwändig wäre.
Traktor Fendt 211 Vario: Dynamic Performance
Gespannt waren wir, welchen Einfluss die verschärfte Abgasnorm auf die Leistungs- und Verbrauchswerte des 211 Vario hat. Der 211er ist mit seinen 77 kW/105 PS Nennleistung übrigens das größte von fünf Modellen ab 53 kW/72 PS (207 Vario). Und bevor wir zu den Ergebnissen des DLG-Testzentrums kommen, müssen wir kurz die Leistungsangaben erklären.
Das Luftfilter ist gut zugänglich, der Kühler weniger...
(Bildquelle: Tovornik)
...dafür sollte man ohnehin den Umkehrlüfter ordern.
(Bildquelle: Tovornik)
Schließlich hat der neue 211er dank des „Dynamic Performance“ (DP) von 10 PS eine Maximalleistung von 91 kW/124 PS. Das DP ist ein Boost, der nicht — wie sonst oft üblich — nur bei Zapfwellenarbeiten oder ab einer Mindestgeschwindigkeit genutzt werden kann. Das System wird für jeden Nebenverbraucher (z. B. Klima-/Druckluftkompressor, Hydraulikpumpe oder Lüfter) aktiv, wenn der Schlepper unter Voll-Last arbeitet.
Apropos Kühlerlüfter: Optional bietet Fendt für den 200er ab Werk den Umkehrlüfter von Hägele an. Auch wenn der mit mehr als 3 000 Euro in der Liste steht, lohnt sich der Kauf alleine aufgrund der Dieselersparnis (profi 4/2021) — wobei der Spar-Effekt durch die Kühlerreinigung auf Knopfdruck hier noch gar nicht berücksichtigt ist.
Viel Leistung, wenig Verbrauch
Aber zu den Ergebnissen auf dem Zapfwellenprüfstand: Bei Nenndrehzahl kamen knapp 98 der 105 PS hinten am Stummel an, maximal waren es bei 1 700 Touren sogar 110 PS Zapfwellenleistung von 124 PS Motorleistung. Im Vergleich zum Vorgänger profitiert man hier vom bereits beschriebenen „Dynamic Performance“. Und das hat auch der Leistungscharakteristik keinen Abbruch getan: Ein Drehmomentanstieg von fast 43 % bei nur 29 % Drehzahlabfall sowie 125 % Anfahrmoment sind top.
Bleibt die Frage nach dem Verbrauch. Und siehe da: Mit 265 g/kWh bei Nenndrehzahl und nur 243 g/kWh bei Maximalleistung (zu 287 bzw. 268 g/kWh vorher) ist der neue 211er ein ganzes Stück besser geworden. Berücksichtigt man allerdings den zusätzlichen AdBlue-Verbrauch von immerhin 31,1 bzw. 22,6 g/kWh, schmilzt der Vorsprung ein gutes Stück dahin.
Fendt 211 Vario mit Fendt One: 285 g/kWh Powermix
Vor allem die Powermix-Messungen bescheinigen dem neuen 211 Vario trotzdem seine Sparsamkeit. Er liegt bei allen Arbeiten rund um den Mittelwert der bisher getesteten Traktoren — ein sehr gutes Ergebnis für einen Traktor in dieser Leistungsklasse. Summa summarum liegt folglich auch der Gesamt-Powermixwert mit 285 g/kWh (+27 g/kWh AdBlue) nur zwei Prozent über dem Mittel aller Traktoren.
Auch beim Transport hat sich der Verbrauch verbessert: Die 416 statt der 487 g/kWh werden nur durch die 38 g/kWh AdBlue relativiert. Mit einer gemessenen maximalen Zugleistung von 71,7 kW/97,5 PS bei einem Verbrauch von nur 276 g/kWh ist auch der Wirkungsgrad des Vario-Getriebes über jeden Zweifel erhaben. Und das, obwohl es im Unterschied zu den großen Varios bei dem ML 75 nur einen Fahrbereich gibt und das lästige Umschalten entfällt. Allerdings gibt es den 200er auch nur mit 40 km/h (bei 1 550 Touren).
Richtig punktet der 211er auch bei der sehr gut abgestimmten Motor-Getriebe-Steuerung sowie der Bedienung des Getriebes, die jetzt wie bei den Großen mit Fendt One aufgebaut ist. Umso weniger verstehen wir, dass die Schieber für Handgas und Pedalspreizung beim 200er unter einer Klappe in der Armlehne versteckt sind.
Stichwort Armlehne: Hier fällt tatsächlich nur wenigen auf, dass diese nicht am Sitz, sondern an der Seitenkonsole befestigt ist. Noch einmal zur Diskussion stellen wir aber das Thema, warum Fendt an einer aktiven Umschaltung zwischen Fahrpedal- und Fahrhebel-Modus festhält.
Bevor wir zur neuen Kabine kommen, erst noch ein paar Sätze zur Hydraulik und zum Hubwerk. Erste Empfehlung ist hier, die optionale Axialkolbenpumpe (für 1 500 Euro Aufpreis) zu ordern. Dann ist der 211er nicht nur für „Loadsensing“ startklar, sondern die DLG hat auch eine maximale Ölfördermenge von 101,6 l/min sowie fast 30 kW nutzbare Hydraulikleistung gemessen.
Das gefällt uns genauso, wie der vom Getriebe getrennte Hydraulikkreislauf und 35 l entnehmbare Ölmenge. Leider gibt es nur maximal vier Steuergeräte, von denen eins jetzt auch nach vorne gelegt werden kann. Wenn dann gelb und blau noch für den Frontlader genutzt werden, bleibt nur die Lösung mit Absperrhähnen.
Ein echter Fortschritt ist dagegen die Einstellmöglichkeit der Ventile: Jetzt kann man z. B. wählen, ob die Zeitsteuerung sofort aktiv wird oder bis zur Raste eine Proportionalbedienung möglich ist.
Keine Änderung gibt es bei dem Hubwerk: Wie schon beim letzten Test bemängelt, sind weniger als 3 500 daN durchgehende Hubkraft knapp für schwerste Anbaugeräte. Ansonsten ist auch beim Hubwerk nur positives zu vermelden: Egal, ob die bewährten Seitenstabilisatoren, die Möglichkeit, das Hubgestänge in jeder Position ganz einfach per Absperrhahn zu fixieren oder eben die komplett neue Bedienung — auch wenn man sich daran erst gewöhnen muss.
Damit wären wir in der neuen Kabine. Neu schon deshalb, weil das Dach des Fahrerhauses jetzt baugleich mit dem der Valtra G-Serie ist (profi 1/2022). Vor allem aber, weil der 200er jetzt — wie seine großen Geschwister — das Fendt One-Bedienkonzept mit der neuen Armlehne samt großem Multifunktionsgriff hat. Vorbei ist die Zeit der — im letzten Test noch so gelobten — einfachen EHR-Bedienung oder die Möglichkeit, mechanische Ventile zu ordern.
Anders herum betrachtet, übertragen jetzt keine mechanischen Gestänge mehr Lärm und Vibrationen in die Kabine (was sich in nur noch 73,5 dB(A) bemerkbar macht). Und es gibt serienmäßig die schon angesprochene und weiter verbesserte Zeit- und Mengensteuerung für jedes Ventil. Was die Hubwerksbedienung angeht, muss man das System einmal verstanden haben, dann bietet es, z. B. mit dem Speichern von zwei Arbeitstiefen, neue Einsatzvielfalt.
Die neue Kabine ist leiser und hat das neue Bedienkonzept Fendt One.
(Bildquelle: Tovornik )
...„unendlichen“ Möglichkeiten
Zum neuen 200er gehört auch immer das neue „Armaturenbrett“: ein in die schwenkbare Lenkkonsole integriertes 10-Zoll-Display mit brillanter Anzeige und logischem Aufbau. Da es aber nach wie vor hinter dem Lenkrad sitzt, wird es immer etwas verdeckt und erlaubt keine Touch-Bedienung. Wer allerdings die Profi-Ausstattung ordert, bekommt zusätzlich das 12-Zoll-Touch-Terminal an der Bedienarmlehne.
Mit sechs konfigurierbaren Kacheln sowie der Kopf- und Fußzeile mit Schnellzugriff über die Symbole z. B. auf die Bedienung von Telefon, Radio, Klima etc. ein Umsteiger vom alten 200er von den Möglichkeiten des neuen erst mal erschlagen werden. Das gilt genauso für den neuen Joystick mit mehr als 15 Tastern, Scrollrad usw.
Damit gehört auch die kleinste Serie aus Marktoberdorf jetzt endgültig in die Kategorie „Hightech“, auch wenn die „Offboard“-Möglichkeiten von Fendt One (also die Planung von Aufträgen/Einstellungen usw. für den Schlepper am Büro-PC oder Tablet) aktuell noch sehr begrenzt sind.
Auch wenn der Fahrersitz laut Fendt verbessert wurde: Die kurze, nicht verstellbare Sitzfläche ist eines Schleppers in dieser Preisliga nicht würdig. Freuen kann sich der professionelle Anwender aber über die jetzt verfügbare Anzeige der GPS-Navigation im Armaturenbrett sowie den optionalen 3L- Joystick, der neben der Frontladerbedienung jetzt in allen Ebenen mit ISO-Bus-Funktionen belegt werden kann. Und wer einen Frontlader hat, freut sich auch über das große Glasdach der neuen Kabine. Bei der Bestellung nicht vergessen dürfen Sie allerdings das Häkchen bei der Klimaanlage, die beim 200er nach wie vor Sonderausstattung ist. Heute ebenfalls als (genauso teure) Sonderausstattung verfügbar (und schon deshalb sicher nicht für jeden so relevant) ist das TI Headland zum GPS-gesteuerten Ausheben und Drehen am Vorgewende.
Für den ein oder anderen ein K. o.-Kriterium könnte die Höhe des neuen 211 Vario sein (egal, ob mit oder ohne Kabinenfederung): Mit 264 cm (540/65 R 34) sind es +9 cm (und sogar +14 cm mit GPS-Antenne) gegenüber dem Vorgänger. Auch den Radstand hat Fendt um 5 cm vergrößert, was allerdings der Wendigkeit keineswegs geschadet hat: 8,75 m (440/65 R 24 mit 173 cm Spur) sind super. Mit einem Leergewicht von 4 720 kg bei der Testmaschine sowie dem auf 7,5 t erhöhten zulässigen Gesamtgewicht bietet der Neue zudem fast 2,8 t Nutzlast. Das passt ebenso in die Welt, wie die Bremsverzögerung von 4,5 m/s2.
Bleiben noch die Preise für den 211 Vario: In der Grundausstattung stehen hier knapp 115 000 Euro in der Liste (alle Preise ohne MwSt.). Hinzu kommen z. B. rund 3 000 Euro für das „Profi Setting 2“ mit dem 3L-Joystick sowie weitere 3 000 Euro für das Touch-Terminal. Gut 3 600 Euro kostet das Fronthubwerk, ca. 5 000 Euro die Vorderachsfederung. Summa summarum kommen so mit weiteren Extras wie Klima- und Druckluftanlage etc. fast 142 000 Euro zusammen.
Fazit
Auch die kleinste Serie von Fendt ist endgültig im Hightech-Zeitalter angekommen. Zwar hatte schon das Vorgängermodell ein stufenloses Getriebe, aber jetzt ist auch der 200er nur noch mit elektrohydraulischen Ventilen sowie der neuen Fendt One-Bedienung samt großem Joystick zu haben. Für alle, die den Kleinen universell einsetzen wollen, eine tolle Sache. Hier sollte nur noch die ISO-Bus-Verkabelung ordentlich integriert werden.
Für die, die dagegen einen einfachen (Frontlader-)Schlepper für den Hof suchen, bietet selbst die Power-Ausstattung vielleicht etwas zu viel des Guten. Außerdem ist der Schlepper fast 10 cm höher als sein Vorgänger, während er bei der Hubkraft leider nicht zugelegt hat. Fahrkomfort, Leistungs- und Verbrauchswerte sind dagegen über jeden Zweifel erhaben, ausgereift eben.
Allerdings hat das ganze auch seinen Preis: Fast 142 000 Euro in der Testausstattung (Ohne Frontlader, Lenksystem oder Ähnliches) sind eine Ansage für einen Schlepper mit maximal 125 PS.
Details aus unserem Praxiseinsatz des Fendt 211 Vario
(Bildquelle: Wilmer)
Christian Sitzberger und Jonathan Kraul fahren einen Fendt 211 Vario
(Bildquelle: Wilmer)