Test des Aufsattelpflugs Amazone Tyrok 400 6+1 V: Richtig gute Arbeit…
…und etwas Grund zur Kritik. Der noch junge Tyrok mit den neuen STW 35-Streifenkörpern kam nur einmal an seine Grenzen. Und auch die Handhabung konnte sich sehen lassen.
Zum Aufbau des 2021 neu vorgestellten Aufsattelpfluges müssen wir hier nicht mehr ganz so viele Worte verlieren. Hierzu stehen die meisten Punkte bereits im Fahrbericht des achtfurchigen Tyrok. Neu ist, dass neben den sieben- bis neunfurchigen Typen auch sechsfurchige Varianten verkauft werden.
Als Testkandidat stand uns für die gesamte Herbstbestellung 2022 ein Tyrok 400 6+1 V mit hydraulischer Schnittbreitenverstellung, angeflanschtem siebten Körperpaar und STW 35-Streifenkörper zur Verfügung.
Dieser laut Amazone neu entwickelte Körper ist vor allem für mittelschwere bis schwere Bodenverhältnisse gedacht, soll aber auch auf leichteren Böden gut arbeiten — doch dazu später mehr.
Aufsattelpflug Amazone Tyrok 400: Platzsparend
Mit vier Klappstützen lässt sich der Pflug in Transportstellung platzsparend und komfortabel abstellen — allerdings nur auf befestigter und ebener Fläche. Andernfalls muss man zum Abstellen in Arbeitsposition die entsprechende Neigungsspindel zurückdrehen, um Verspannungen zwischen Traktorhubwerk und Pflugturm zu vermeiden.
Ob man den Drehpunkt des Kat. III-Dreipunktbocks vor oder hinter den Unterlenker-Koppelpunkten positioniert, ist Geschmackssache bzw. hängt von der Schleppergröße ab: Drehpunkt vorne bedeutet eine bessere Zuglinie, Drehpunkt hinten eine bessere Wendigkeit. Mit unseren Schleppern zwischen 240 und 300 PS haben wir die bessere Wendigkeit gewählt. Sogar mit einem Fendt 916 Vario — mit 180 PS sicher die untere Grenze für den siebenfurchigen Tyrok — war das kein großes Problem.
Alle Leitungen werden über einen schönen Galgen zum Schlepper geführt, der sogar in der Länge verschiebbar ist. Für die langen Schläuche hätten wir uns zusätzlich eine Neigungsverstellung gewünscht. Beschriftete Griffe an den Hydrauliksteckern und die verständliche Zuordnungstabelle lassen kaum Wünsche offen. Die dicken Griffe stören nur, wenn die Kupplungen am Schlepper sehr eng montiert sind. Zum Drehen, Verstellen von Schnittbreite und Vorderfurchenbreite sowie für das Aufsattelrad/den Traktionsverstärker sind vier dw-Steuergeräte nötig. Empfehlenswert ist ein fünftes für den hydraulischen Oberlenker.
Für leichtere Schlepper empfiehlt sich der Traktionsverstärker, den Amazone für knapp 2.000 Euro Aufpreis anbietet. Bei maximal 180 bar belastet er nach unseren statischen Messungen die Hinterachse des Schleppers mit zusätzlich 870 kg. Davon stammen rund 70 % von der Vorderachse und nur 30 % vom Pflug — einordentliches Frontgewicht ist also Pflicht.
Eingestellt wird der Öldruck nach Öffnen des Absperrhahns am Schlauchgalgen, die Dämpfung des Systems erfolgt über drei Stickstoffblasen, die ebenfalls am Galgen platziert sind. Ein positiver Nebeneffekt des Traktionsverstärkers: Beim Abstellen des Pfluges ist es nicht erforderlich, die Zugdeichsel mit dem Oberlenkerbolzen zu arretieren.
Der Traktionsverstärker reduziert Schlupf und Verbrauch. Mit einem Claas Axion 830 und 1,8 t Frontballast lag der Dieselverbrauch auf trockenem, mittelschwerem Boden zwischen 16 und 18 l/ha (Arbeitsbreite: 4,20 m, -tiefe: 25 cm, -geschwindigkeit: 7,5 km/h, leichtes Hügelland).
Wird am Vorgewende der Pflug über das Stützrad angehoben, entspannt sich gleichzeitig der Traktionsverstärker, wenn beide ew-Zylinder an einem Steuergerät gekuppelt sind. So kommt es nicht zu unvorhergesehenen Verspannungen zwischen Pflug und Schlepper. Beim Einsetzen des Pfluges gelangt wieder Öl bis zum eingestellten Druck in den Traktionsverstärker.
Äußerst entspannt arbeitet auch das Drehwerk. Der Pflug dreht sehr gleichmäßig über OT. Außerdem sind die beiden Drehzylinder in dreifacher Abstufung endlagengedämpft, so dass es nicht zu unerwünscht ruckartigen Belastungen kommt — prima. Dass dabei der Pflug in 12 Sekunden gedreht ist, passt ebenfalls in die Welt. So lässt sich entspannt mit der typischen Wendebirne ohne Zurücksetzen bei einem 24 m breiten Vorgewende die nächste Furche ansteuern.
Apropos Drehzylinder: Sie verfügen über je ein Absperrventil für die Straßenfahrt. Mit 2 m Transportbreite und weil das Stützrad bei etwas angehobenem Pflug über eine Stickstoffblase gedämpft ist, fühlt man sich mit dem Tyrok auch auf der Straße wohl. Den Verfechtern großer Anbaupflüge sei noch gesagt, dass
durch das zeitversetzte Ausheben des Aufsattelpfluges die Bearbeitungskante schön gleichmäßig ist,
man natürlich auch mit dem Aufsattelpflug am Vorgewende vor- und zurücksetzen und dabei über die Drehstellung des Pfluges mit dem Aufsattelrad das Wenden unterstützen kann. Dann reichen auch etwa 15 m breite Vorgewende aus.
Sauberes Pflugbild des Aufsattelpflugs Amazone Tyrok 400
Begeistert hat das Pflugbild des Tyrok. Die neuen Streifenkörper STW 35 leisten mit den mittelgroßen Dungeinlegern M 2 (gut 2.800 Euro Aufpreis) auf den mittleren bis schweren Böden eine top Arbeitsqualität. Ernterückstände — auch Maisstroh — werden ohne Verstopfungen sehr gut eingearbeitet. Selbst das im Durchmesser 50 cm große Scheibensech (mit langem Halter knapp 1.000 Euro Aufpreis) musste auf den CCM-Flächen dank nach vorne gezogener Position nicht demontiert werden — das erleben wir eher selten.
Nur auf Maisstrohflächen mit leichterem Boden kamen wir an die Einsatzgrenze des Pflugkörpers. Zwar konnte auch hier die Arbeitsqualität überzeugen, doch baute sich von den Abstrebungen hinter den Streifen ausgehend ein Maisstroh-Boden-Gemisch auf. Relativ schnell war dann der komplette Körper dicht.
Lob gibt es für den Einzug mit den aufgepanzerten Scharspitzen (gut 900 Euro Aufpreis) und für die Furchenräumung. Selbst 710er Reifen fahren hier nicht zu viel umgepflügten Boden fest. Auch die Körperfüllung hatte bei 27 cm Arbeitstiefe noch Luft, so dass die Herstellerangabe mit maximal 30 cm passen dürfte.
Der STW 35 arbeitete auf mittelschweren bis schweren Böden unter allen Bedingungen gut...
(Bildquelle: Tovornik)
...nur auf leichteren Flächen mit Maisstroh baute sich Erde auf, bis die Körper verstopften.
(Bildquelle: Eikel)
Einfache Einstellung
Mit zwei Spindeln für die Neigung, Clips für den Zylinder zur Tiefenbegrenzung am Stützrad und hydraulischer Vorderfurchen- sowie Schnittbreiten-Einstellung inklusive dauerhafter und gut lesbarer Skalen ist hier fast alles perfekt. Fast, weil die Skala hinten am Rad leider schnell verdreckt. Ein Aufkleber sorgt laut Amazone inzwischen für Orientierung bei der Clipauswahl. Statt der manuellen Clipverstellung steht auch ein Memoryzylinder auf der Optionsliste, mit dem die Tiefe nach Öffnen eines Absperrhahns eingestellt wird.
Die Vario-Verstellung bietet Körperschnittbreiten von 30 bis 61 cm, was beim siebenfurchigen Tyrok 2,10 bis 4,27 m Arbeitsbreite bedeutet. Wir haben meist zwischen 3,50 und 4 m breit gepflügt und waren — wie gesagt — sehr angetan von der Arbeitsqualität.
Amazone verspricht, dass sich bei Änderung der Schnittbreite die Vorderfurchenbreite automatisch anpasst. Das können wir nicht ganz bestätigen, hier ist meist noch Spielraum zur Optimierung. Außerdem kam es „tagesformabhängig“ dazu, dass die Einstellung vom Abend am nächsten Morgen nicht mehr passte. Daher sollte der Hydraulikzylinder mit schöner Skala (900 Euro Aufpreis) zur Serienausstattung gehören. Ohnehin nutzt man die Verstellung gerne — nicht nur in hügeligem Gelände.
Neben dem Scheibensech war unser Testpflug mit den mittelgroßen Dungeinlegern M 2 (gut 2 200 Euro Aufpreis) ausgestattet, die eine gute Arbeit verrichteten. Auch Maisstroh wurde zuverlässig eingearbeitet. Die Einstellung in der Tiefe per Bolzen im Lochraster ist einfach und auch feinstufig genug. Unser Testkandidat war mit dem Prototyp einer Schnittwinkelverstellung ausgestattet. Auch wegen der umständlichen Handhabung hat Amazone diese aber wieder auf Eis gelegt.
Drei hydraulische Verstellmöglichkeiten mit prima Skalen für guten Komfort: Vorderfurchenbreite (oben), Arbeitstiefe (rechts oben) und Schnittbreite (rechts unten).
(Bildquelle: Tovornik)
Neben der Tiefe kann beim Dungeinleger auch der Über-/Unterschnitt durch Umsetzen der Platte verstellt werden (links). Das weit vorgesetzte Scheibensech verstopfte nie.
(Bildquelle: Tovornik)
In die große und stabile Box passen Werkzeug — ein 24/30er Maulschlüssel wird mitgeliefert — und vieles mehr (links). Nicht alle Schmiernippel sind gut erreichbar.
(Bildquelle: Tovornik)
Groß, breit und gut profiliert
Sehr gut hat uns das mit 500/60-22.5 bereifte Aufsattelrad gefallen (500 Euro Aufpreis gegenüber 400/55-22.5). Es ist mit 1,25 m Höhe groß dimensioniert und verfügt über ein AS-Profil — für beste Spurtreue und Steigfähigkeit auch unter schwierigen Bedingungen.
Beim 6+1-Pflug mit angeflanschtem siebten Körper läuft das Rad neben dem fünften Körper. Mit maximaler Arbeitsbreite kann exakt bis an jede Feldgrenze gearbeitet werden, mit minimaler Breite steht das Rad knapp 60 cm über. Beim 7+0-Pflug sitzt das Rad neben dem sechsten Körper — schwierig beim Grenzpflügen, aber der achte Körper ist nachrüstbar.
Nach Angaben von Amazone konstruktiv verbessert wurde die Anlenkung des Aufsattelrades am Hilfsrahmen des Tyrok. Hier kam es dazu, dass die 16 mm starke Bolzensicherung abscherte.
In 2 m breiter Transportstellung ist der Tyrok auch dank des gefederten Aufsattelrads gut zu fahren.
(Bildquelle: Eikel)
Hier sind die Warntafeln und Leuchten hinten montiert, die es für 550 Euro Aufpreis gibt.
(Bildquelle: Tovornik)
Der Testpflug hatte 52 Schmiernippel, die alle 50 Stunden zu warten sind. Das bedeutet Aufwand und häufige Positionswechsel des Pfluges. Einige Schmiernippel waren zum Teil schlecht eingesetzt, hier trat das Fett am Einschraubgewinde aus. Andere waren wegen der 45-Grad-Ausführung oder verdeckten Position nicht gut erreichbar. An den Hauptdrehpunkten setzt Amazone auf Gelenklager mit jeweils drei Schmiernippeln.
Der Aufpreis von 550 Euro für die gute Kenntlichmachung und Beleuchtung des Pfluges geht in Ordnung. Der stabile Leuchtenträger ist am Feldrand zu parken. Schön, dass das Kabel im Pflugrahmen fest verlegt ist. Weiter vorne sind zwei ausklappbare Arme mit Katzenaugen vor dem Drehen des Pfluges einzuklappen, sonst gibt es Bruch.
In der Grundausstattung kostet der Tyrok 400 6+1 ohne hydraulische Schnittbreitenverstellung knapp 46.000 Euro laut Preisliste. Für die knapp 4,6 t schwere Testversion sind knapp 59.000 Euro zu bezahlen (alle Preise ohne MwSt.).
Tyrok jetzt auch als Onland-Version
Vor allem bei Aufsattelpflügen ist das Onland-Pflügen inzwischen weit verbreitet. Denn die großen Pflüge werden häufig von Schleppern gezogen, deren breite Bereifung nicht mehr in die Furche passt. Das Gleiche trifft für Raupentraktoren zu. Und mit automatischen Lenksystemen ist das Geradeausfahren neben der Furche schon lange kein Problem mehr. Ein weiteres Argument für das Onland-Pflügen ist die bessere Zuglinie.
Für Schlepper mit maximal 4 m Außenbreite bietet Amazone den Tyrok 400 OL 100 als Onland-Pflug an:
– mit Scherbolzen und manueller Breitenverstellung sechs- bis neunfurchig,
– mit hydraulischer Steinsicherung und/oder Breitenverstellung bis maximal acht Furchen.
Mit der verlängerten Schwinge inklusive zwei vorderen Stützrädern kommen zwei Hydraulikzylinder zum Einsatz: ein verlängerter Zylinder zur Einstellung der Vorderfurchenbreite bis 3,50 m Traktoraußenbreite sowie ein kleiner Zusatzzylinder für den Onland-Betrieb mit 3,50 bis 4 m breiten Schleppern. Ein Verstellen zwischen Onland-Betrieb und Fahren in der Furche ist problemlos möglich.
Unser Testpflug kostet in der Onland-Version als Tyrok 400 OL V 100 laut Liste rund 66.500 Euro ohne MwSt.
Unser Praxistest des siebenfurchigen Tyrok 400 6+1 V bestätigt den guten Eindruck, den wir bereits beim Fahrbericht des neuen Aufsattelpfluges von Amazone 2021 gewinnen konnten. Mit den Streifenkörpern STW 35 war die Arbeitsqualität auf unseren mittelschweren bis schweren Böden top — nur auf leichteren Flächen mit Maisstroh setzten sich die Körper mit Erde zu.
Angetan waren wir auch von der Stabilität und Verarbeitung des Pfluges — die Schwachstelle an der Anlenkung des Aufsattelrads hat Amazone nach eigenen Angaben inzwischen beseitigt. Die Handhabung gefällt unterm Strich genauso wie das große Aufsattelrad — wenn man von der Wartung der vielen Schmierstellen absieht.
Positiv überrascht hat uns der Listenpreis des Testpfluges von knapp 59.000 Euro ohne MwSt. Denn der fünffurchige, angebaute Testkandidat eines Wettbewerbs-Fabrikats aus dem vergangenen Jahr sollte fast genau so viel kosten.
...so bezeichnet Chris Kühne aus Liebschützberg in Sachsen den achtfurchigen Tyrok 400 VS 7+1, den er seit August 2022 auf seinem Marktfruchtbaubetrieb im Einsatz hat. „Ob sich dies bewahrheitet, werden die nächsten Jahre zeigen“, so Kühne, der im Rahmen der ökologischen Bewirtschaftung wieder stärker auf den Pflug setzt.
Der Tyrok hat auf bisher 300 ha prima gearbeitet: „Auch lange Maisstoppeln und hoher Ausfallraps werden bestens eingearbeitet.“ Der Landwirt ließ den Pflug für sandige Lehmböden mit dem Vollblech-Universalkörper U40 und großen Dungeinlegern ausstatten.
Nicht ideal sind laut Kühne die 710er Reifen des Fendt 930 Vario, „aber die Furchenausräumung kommt damit klar“. Auf sandigen Lehmböden mit rund 55 Punkten passt der Schlepper in leicht hügeligem Gelände gut zum Pflug: „Bei 25 cm tiefer und 3,20 m breiter Arbeit schaffe ich 2 bis 2,5 ha/h bei rund 30 l/h Dieselverbrauch.“
Die Handhabung hält Chris Kühne für komfortabel, in der kompletten Ausstattung sind aber sechs Steuergeräte nötig. Das Absperrventil des Memoryzylinders am Aufsattelrad hat keine Arretierung, es löst sich hin und wieder.