N2-Applied Gülleaufbereitung: Gülle rein — Stickstoffdünger raus
Es klingt zu schön: Gülle rein, mehr Stickstoff, besser pflanzenverfügbar wieder raus. N2-Applied verspricht dieses Ergebnis mit ihrer Gülleaufbereitung. Doch es gibt einen Haken.
Das norwegische Start-up Unternehmen N2-Applied forscht seit mehr als zehn Jahren an einer neuen Technologie zur Gülleaufarbeitung. N2-Applied steht sinnbildlich für das Ziel einer solchen Gülleaufbereitung: Luftstickstoff (N2) wird dem Medium Gülle zugegeben bzw. appliziert. Die chemische Grundlagenlehre besagt, dass Luftstickstoff mit bis zu 78 % zwar häufig vorkommt, aber auch sehr träge reagiert.
Will heißen: Es bedarf enormer Energie, um den Luftstickstoff dazu zu bringen, mit anderen Atomen zu reagieren. Genau das haben die Norweger mit dem Plasmareaktor geschafft und werten mit diesem System vorhandene Gülle weiter auf. Das Ergebnis betitelt N2-Applied futuristisch mit NEO (nitrogen enriched organic fertiliser): stickstoffangereichte Gülle eben.
N2-Applied Gülleaufbereitung: Baukastenprinzip
Dazu liefern die Norweger einen fertigen, 6 m langen Container, in dem die dafür nötige Technik vorinstalliert ist — Plug and Play ist das Stichwort. Bedingung für die Funktion sind neben einem Stromanschluss eine möglichst störstofffreie Gülle (Partikelgröße kleiner 3 mm und weniger als 8 % TS). Daher empfiehlt das Unternehmen, die Gülle zuvor zu separieren. Das Effluent wird dann weiter in den Container gepumpt. Die
Technik darin besteht vornehmlich aus einem großen Reaktionstank, einem Plasma-Reaktor sowie der dafür nötigen Steuerung und Überwachung.
Das Prinzip der Aufwertung ist genial, aber energieaufwändig wie ein Haber-Bosch-Verfahren auch. In einem semi-batch-Verfahren werden diskontinuierlich 100 l Gülle in den 2 m³ großen Reaktionstank gepumpt. In dem Reaktor (Kasten: „So funktioniert der Plasma-Reaktor“) wird der Gülle mit Hilfe von Umgebungsluft und elektrischer Energie Stickstoff zugefügt. In der Regel wird der Stickstoffgehalt der Gülle von z. B. 4 kg N je Kubikmeter auf 8 kg erhöht. Die bei der Reaktion entstehende Salpetersäure, senkt den pH-Wert der behandelten Gülle. Somit verschiebt sich das Ammoniak-Ammonium-Verhältnis in Richtung Ammonium — weniger Gasverluste und mehr Pflanzenverfügbarkeit sind die Folge.
So verlockend die Aufwertung in Zeiten von teuren Mineraldüngerpreisen auch klingt: Die Physik lässt sich nicht überlisten. Für die Aufwertung der Gülle rechnet N2-Applied mit etwa 10-15 kWh elektrischer Energie pro Kilogramm zusätzlichem Stickstoff. Pro Kubikmeter Gülle sind also bereits mehr als 40 kWh für die Plasma-Reaktion zu kalkulieren. Die Tagesleistung eines solchen Containers liegt derzeit bei etwa 15 bis 20 m³ je nachdem, wie viel Stickstoff zugefügt werden soll — noch ist Mineraldünger günstiger. N2-Applied setzt daher auf erneuerbare Energien oder Stromspitzen. Zudem ist der Landwirt damit unabhängig und spart Methan- sowie Ammoniakemissionen ein.
Die Gülle muss vor der Aufbereitung im Plasmareaktor separiert werden. Störstoffe mag das System nicht.
(Bildquelle: Tovornik)
Unscheinbar: In diesem Reaktor wird die Gülle mit Hilfe von Elektrizität und Umgebungsluft mit Stickstoff aufgewertet.
(Bildquelle: N2)
NEO für Kartoffeln
Wir haben uns eine solche Anlage in den Niederlanden bei Jacob van den Borne anschauen können. Der Betrieb baut auf mehr als 600 ha Kartoffeln an. Der Süden der Niederlande ist eine Veredlungshochburg, so dass van den Borne günstig Gülle aufnehmen kann.
Pflanzenbaulich ist die Rohgülle aber nur bedingt auf den Punkt einzusetzen. Daher hat sich van den Borne als Versuchsbetrieb für die N2-Applied-Anlage entschieden. Zwar laufen die Auswertungen noch, aber der Ansatz mit der besseren Pflanzenverfügbarkeit der aufgearbeiteten Gülle scheint zu stimmen. Auf die Frage nach den Anschaffungskosten für einen solchen Container wollte man uns keine Auskunft geben. Es sei aber geplant Leasingverträge mit N2-Applied abzuschießen.
Man darf gespannt sein, wie sich die Technologie zur eigenen Mineraldüngerproduktion entwickelt. Die Anlagen sollen im nächsten Jahr in die Serienproduktion gehen.
So funktioniert der Plasma-Reaktor
Der Plasma-Reaktor nutzt elektrische Energie und die Umgebungsluft, um NOx-Gase (Stickstoffoxide) aus Stickstoff-(N) und Sauerstoff-(O) Atomen zu produzieren. Gülle oder Biogassubstrat absorbieren diese Gase. Dort verbinden sich die Stickoxide mit freiem Ammoniak (NH3) und bilden Ammoniumnitrat (NH4NO3). Am Ende sieht das Gemisch weiterhin aus wie Gülle, ist aber ein stabiler Ammonium-Nitrat-Dünger — unterm Strich mit einem höheren Gehalt an Stickstoff.
Die Stickoxide bilden zudem die Basis für Salpetersäure. Die Säure senkt den pH-Wert der Gülle auf 5 bis 6 ab, je nach Ausgangssubstrat. Die pH-Wert Absenkung hat dabei den gleichen Effekt wie beim Syre-N-Verfahren. Das Gleichgewicht von Ammoniak und Ammonium verschiebt sich mit sinkendem pH-Wert in Richtung Ammonium-(Salz). Damit wird bei der Ausbringung weniger Ammoniakgas flüchtig, das wiederum reduziert die Geruchsbelästigung und erhöht die Pflanzenverfügbarkeit.