Stammtisch des Fortschritts: Das falsche Pferd gesattelt
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Maring: Was ist denn nun passiert?
Lohner: Einer unserer wirklichen Premiumkunden hat sich jetzt geoutet. Er ist ein cooler Rechner, ein Pflanzenbaukönner ersten Grades. Dank unserer Schlagkraft, RTK-Lenkung, Section-Control und unserer Präzision säen, düngen und spritzen wir bei ihm. Allein das ist ein Ritterschlag. Aber nun hat er mich wirklich sehr enttäuscht.
Bauer: Was hat er dir getan?
Lohner: Das Dreschen mochte er nicht an uns abgeben. Am vorigen Wochenende fiel sein Fahrer aus, und er meinte, dass ich ihm helfen könnte.
Bauer: Er kann doch fragen.
Fahrer: Das ist etwa so, als würdest du einen Bettler anpumpen. Wir sind gerade jetzt im Sommer extrem knapp mit Personal.
Maring: Es hat gute Gründe, weshalb wir uns aus diesem Geschäft heraushalten.
Bauer: Das Drama deutete sich doch an. Der Senior auf dem Betrieb hat die 70 hinter sich, und der ehemalige Mitarbeiter, der sonst gedroschen hat, ist auch nicht viel jünger. Jetzt liegt er mit einem Hörsturz im Krankenhaus und fällt für diese Ernte aus.
Lohner: Der gebeutelte Betriebsleiter bestand darauf, dass unser Werkstattmeister oder der neue Landmaschinenmechaniker-Azubi bei ihm einspringt. Die würden eh nur in der Werkstatt abhängen. Ich dachte, ich höre nicht richtig.
Bauer: Ich habe bei euch noch keine Müßiggänger angetroffen, ganz im Gegenteil.
Lohner: Meine Mitarbeiter in der Werkstatt dürfen jetzt in der heißen Saison gerne den ganzen Tag Däumchen drehen oder Karten spielen, es ist mir egal. Hauptsache ist, dass die Maschinen laufen. Und ich weiß, dass sie die halbe Nacht durchschrauben, wenn es drauf ankommt. Ich habe meinem Kunden geraten, sich an den Maschinenring zu wenden.
Maring: Das hat er dann auch getan. Ich habe einen ganzen Vormittag telefoniert, um am Ende festzustellen, dass wir inzwischen auch in der Landwirtschaft einen krassen Fachkräftemangel haben. Weder die Landwirte in unserer eigenen Kartei noch die Geschäftsführerkollegen aus den Nachbarringen konnten mir helfen.
Bauer: Wie wäre es mit studentischen Erntehelfern?
Maring: Mitten in in der Ernte kriegst du an den Hochschulen niemanden mehr. Im Übrigen wollen die jungen Leute Stunden machen und Geld verdienen — und nicht an Regentagen in ihrer Bude hocken oder Saatgutsäcke stapeln.
Bauer: Weshalb setzt sich der Landwirt nicht selbst auf die Maschine und beauftragt einen Spediteur, das Getreide abzufahren? Er hat doch eine riesige Halle und einen Teleskoplader.
Maring: Den Vorschlag habe ich ihm auch gemacht, aber das geht nach seinen Aussagen gar nicht. Denn er vermehrt Saatgut, und er sagt, dass er jedes Jahr ein Vermögen in Form von Vorstufen- und Basissaatgut in den Boden steckt. Wenn dann beim Lagern oder Trocknen etwas schief geht, könne er einpacken, deshalb sei er dort selbst unentbehrlich.
Bauer: Wie kriegt er jetzt sein Getreide gemäht?
Lohner: Ich habe ihm gesagt, dass wir ihn nicht hängen lassen, notfalls würde ich über den Lohnunternehmerverband bei anderen Kollegen anfragen.
Fahrer: Wenn du einen findest.
Bauer: An solchen Fällen ist doch erkennbar, dass die Industrie und die Wissenschaft das falsche Pferd gesattelt haben. Nicht der autonome Traktor wird gebraucht, sondern der autonome Drescher!
Fahrer: Das war gestern beim Feierabendbier das große Thema. Wir haben dieses Jahr teils heftiges Lagergetreide. Dort möchte ich mal einen Roboter sehen. Und wer kratzt die Maschine frei, wenn sie sich einen Stein gefangen hat?
Maring: Dagegen gibt es bestimmt Sensoren.
Bauer: Mag sein, dass die Forschung einen Steinsensor schon in Arbeit hat. Ich sehe beim autonomen Mähdrescher eine ganz andere Baustelle. Telegrafenmasten und Beregnungsschächte kannst du in die Elektronik einprogrammieren. Aber planvoll drum herum kurven kann meines Erachtens nur ein Mensch.
Lohner: Unser 9-m-Mähdrescher hat den Wert eines Einfamilienhauses. Eine Technik zum vollautonomen Einsatz würde den Preis wahrscheinlich nur noch unwesentlich beeinflussen. Dennoch würde ich solch eine Maschine niemals allein einer künstlichen Intelligenz anvertrauen.
Maring: In unseren Strukturen brauchen wir darüber nicht zu diskutieren. Denn über allem steht immer noch die Sicherheit. Aber in Australien, Osteuropa oder Amerika könnte ich mir einen Mähroboter fürs Getreide schon vorstellen.
Bauer: Solche Visionen helfen unserem Saatgutspezialisten jetzt auch nicht weiter. Ich sah aber, dass sein Mähdrescher sehr wohl wieder fuhr.
Lohner: Bei allem Eifer, dem Kollegen aus der Patsche zu helfen, hatten weder er, noch ich, noch der Maschinenring die zündende Idee. Wohl aber meine Frau. Sie meinte, beim Landmaschinenhändler stünden doch ständig Mähdrescher herum.
Bauer: Aber doch nicht in der Ernte, und uns fehlen Fahrer.
Lohner: Allein das Stichwort Händler war entscheidend. Sie brauchte keine halbe Stunde, um einen jungen Verkäufer zu finden, der kurzfristig Urlaub in seinem Betrieb beantragte, um dem Landwirt aus der Patsche zu helfen. So geht berufsständische Solidarität.
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