AgraCheck liefert die bisher größte Marktübersicht digitaler Angebote für die Landwirtschaft. Wir haben das Portal bereits im Detail vorgestellt, es bietet für die Suche nach der passenden Software umfangreiche Vergleichs- und Filtermöglichkeiten. In profi LIVE beantworteten Florian Stark und Sebastian Lieder Zuschauerfragen rund um die Wahl der richtigen Schlagkartei. Hier für Sie die interessantesten Fragen & Antworten.
Ich kenne Ackerschlagkarteien, ist Farm-Management-System nur ein neumodischer Begriff dafür?
Viele Ackerschlagkarteien haben sich mittlerweile zu Farm-Management-Systemen entwickelt. Nach unserer Definition ist der Funktionsumfang der Management-Systeme höher. Sie bieten eine Schlagkarteifunktion, aber noch vieles mehr. Das fängt beim Auftrags- und Mitarbeitermanagement an und reicht über die Fuhrparkverwaltung bis hin zu Applikationskartenerstellung und Kostenrechnung — bieten also deutlich mehr Unterstützung in den Betriebsabläufen und Entscheidungen. Zusätzlich unterscheiden wir den Bereich Software für den Pflanzenbau. Diese Systeme setzen sich intensiv mit den Anbaubedingungen und der Analyse von Krankheiten und Schädlingen auseinander.
Warum sollte ich überhaupt ein Farm-Management-System einsetzen?
Die Ziele beim Einsatz spezieller Agrarsoftware sind vielfältig und sollten betrieblich individuell definiert werden. Sie reichen zum Beispiel von Einsparungen bei Zeit und Kosten über Arbeitserleichterungen und Entscheidungsunterstützung bis hin zur Steigerung der Erträge. Die zentrale Dokumentation ist ein Nebenziel, das quasi fast automatisch mit erreicht wird. Dass diese Ziele durch den Einsatz digitaler Lösungen erreicht werden können, dafür gibt es mittlerweile ausreichend wissenschaftliche Evidenz. Digitalisierung macht aber nicht automatisch alles besser. Gerade am Anfang steht oft ein erheblicher Mehraufwand. Deshalb sollte man sehr viel Wert auf die Wahl der richtigen Technologie für den eigenen Betrieb legen.
Wie bewerten Sie die Einstiegshürde, wenn ein Betrieb bisher kaum digital unterwegs ist und zum Beispiel eine Applikationskarte aus Satellitendaten testen will? Was würde es kosten?
Die Einstiegshürde ist tatsächlich relativ niedrig. Technisch reicht ein PC im Büro zum Start aus, ein Smartphone kann eine gute Ergänzung sein. Viele Farm-Management-Systeme sind intuitiv zu bedienen, zum Beispiel bei der Anlage der Schlaggrenzen. Auch das Erstellen einer Applikationskarte ist meist kein großer Aufwand, für einen Test muss man etwa eine halbe Stunde investieren. Ein Test ist bei einigen Anbietern kostenlos. Auch für kleine Betriebe lohnt sich das Thema, denn die Abrechnung pro Hektar macht es grade bei wenig Fläche interessant, über die Satellitendaten in die Applikationskarten einzusteigen. Im Vergleich zu anderen Lösungen fallen kaum Fixkosten an, die bei kleiner Fläche den Preis pro ha hochtreiben.
Wie läuft die Erstellung einer Applikationskarte in einem Farm-Management-System ab?
Zunächst sind die Feldgrenzen festzulegen. Diese können entweder hochgeladen oder eingezeichnet werden. Im Hintergrund wird dann anhand von Daten der Sentinel 2- Satelliten eine Biomassekarte erstellt. Die Auflösung beträgt durch die Rohdaten bedingt 10 mal 10 m. Auf der Grundlage der durchschnittlichen Ausbringmenge eines Düngemittels errechnet die Software einen Vorschlag anhand des Ertragspotenzials, das sich aus der Biomassekarte ableitet. Zum Beispiel in Hochertragszonen 130 % und in Bereichen mit niedrigem Ertrag 70 % Ausbringmenge. Der Landwirt kann Einfluss nehmen, zum Beispiel bei der Auswahl der Satellitendaten für die Biomassekarte oder bei der Anzahl der Zonen. Die Applikationskarte selbst wird drahtlos oder per USB-Stick auf das Terminal übertragen und von der Maschine abgearbeitet. Im Detail unterscheiden sich die verschiedenen Anbieter in den Zusatzfunktionen. So gibt es zum Beispiel Wachstumsstadienmodelle und Düngeempfehlungen, um die Ausbringung weiter zu optimieren.
Ich setze bereits ein Farm-Management-System ein, die Funktionen passen aber nicht mehr zu meinem Betrieb bzw. ich möchte Funktionen ausprobieren, die das aktuelle System nicht anbietet. Wie hoch schätzen Sie den Aufwand eines Wechsels ein?
Es kommt sehr darauf an, wie intensiv Sie mit dem vorherigen System schon gearbeitet haben. Wenn es „nur“ eine Ackerschlagkartei war, kann man sicher einige Informationen in das neue System übernehmen, zum Beispiel die Schlaggrenzen. Nutzen Sie bereits ein Farm-Management-System mit Finanzdaten, Inventar, Zeiterfassung und vielen weiteren Informationen, steigt der Aufwand aufgrund der viel höheren Datenmenge an. Dann kommt es sehr darauf an, von welchem Anbieter man kommt und zu welchem man wechselt. Die Frage, welche Daten einfach mitgenommen werden können, muss dann individuell geklärt werden. Man muss sich dann die Frage stellen, ob sich der Aufwand für die neue Funktion lohnt. Dabei sollten Sie auch das Preismodell der Anbieter vergleichen. Ergeben sich hier Einsparpotenziale zusätzlich zum besseren Funktionsumfang, lohnt sich der Aufwand eines Wechsels vielleicht doppelt.
Gibt es beim Thema Fuhrparkmanagement etwas, was herstellerübergreifend funktioniert?
Leider ist dieses Thema nicht so einfach zu beantworten, eine universelle Kompatibilität gibt es nicht. Es kommt darauf an, welche Technik der Betrieb einsetzt. Hersteller-individuell klappt es schon sehr gut, gerade bei den größeren Marken, aber auch hier gibt es Unterschiede. Die Ansätze für herstellerübergreifende Lösungen sind da, zum Beispiel beim agrirouter. Auch die Praxis fordert Lösungen. Bis ein breiter, herstellerübergreifender Datenaustausch auf dem Niveau einer herstellereigenen Plattform stattfindet, wird es wohl noch dauern.
Inwieweit bieten Farm-Management-Systeme Schnittstellen zu Finanzsoftware und Steuerberater?
Es gibt einige Anbieter, die sich darauf spezialisiert haben, Schnittstellen zu DATEV etc. zu schaffen und so Belege automatisch online übermitteln können. Hierfür kann in Kürze der Filter „Schnittstellen zu Finanzsoftware“ auf AgraCheck genutzt werden.