Chameleon RTK Guidance von Agra-GPS: Die weiße Alternative
Agra-GPS hat seine JD-Bridge um einen eigenen GNSS-Empfänger erweitert. Die Messlatte für die Anforderungen liegt sehr hoch. Ein Prototyp hat sie gemeistert.
Werfen wir kurz einen Blick zurück. Die Firmen Agra-GPS und Reichhardt haben Systeme entwickelt, mit denen sich die StarFire-Empfänger und Terminals von John Deere auch auf anderen Fabrikaten voll in die Elektronik integrieren lassen. Dabei geht es zum einen darum, die John Deere-Technik zum automatischen Lenken anderer vorgerüsteter Traktoren und Selbstfahrer zu nutzen. Zum anderen lassen sich diese Fremdfabrikate dann auch über ein John Deere-Terminal überwachen und bedienen.
Auf die Weise können die Landwirte die relativ teure Technik zum Beispiel wechselweise auf dem Mähdrescher und dem Traktor nutzen. Und geht es um einen Neukauf, sind sie nicht mehr an John Deere gebunden, wenn sie den Satellitenempfänger und das Terminal behalten möchten.
Chameleon RTK Guidance von Agra-GPS: Alte iTC hinterlassen Lücke
Nicht um die Landwirte und Lohnunternehmer zu ärgern, sondern weil sich die Sendefrequenzen der Satellitenbetreiber geändert haben, können ältere StarFire iTC-Empfänger von John Deere seit Januar 2021 nicht mehr mit den Korrekturdiensten SF1 und SF2 eingesetzt werden. Den Besitzern bleibt nur, mit der iTC Extend-Box von Agar-GPS das weniger genaue Egnos-Korrektursignal zu nutzen oder mit einem GSM-Modem und einem Software-Update auf RTK umzurüsten. Oder sie kaufen gleich einen neuen Empfänger von John Deere.
Um eine weitere Alternative zu bieten, begann Agra-GPS (siehe Kasten auf der nächsten Seite) 2019 mit der Entwicklung eines eigenen GNSS-Empfängers. Der ist zusammen mit der JD-Bridge in einem Gehäuse untergebracht und trägt den Namen CRG (Chameleon RTK Guidance). Der Empfänger hat denselben Haltemechanismus wie die John Deere-Lösung und ist somit austauschbar.
Für Traktoren und Selbstfahrer von Claas und Fendt wird das CRG ab diesem Frühjahr verfügbar sein. Die Einbindung weiterer Fabrikate soll im Sommer über ein Software-Update folgen.
Eine Gemeinsamkeit mit dem gelben Original ist der ins Gehäuse integrierte elektronische Hangausgleich. Auf die Weise ist es möglich, dasselbe Datenprotokoll wie John Deere auszugeben. Nicht zu vergessen ist, dass das CRG denselben Stecker hat. Dadurch lässt es sich ohne Werkzeug z. B. gegen einen StarFire iTC oder jeden anderen John Deere-Empfänger austauschen.
Das CRG ist deutlich kleiner als das StarFire-Gehäuse, die Adapter passen zusammen.
(Bildquelle: Tovornik)
Das AutoTrac auf einem John Deere 8370R mit einem CRG von Agra-GPS lief bei einem Probeeinsatz einwandfrei.
(Bildquelle: Tovornik)
GreenStar-Terminal nötig
Wie bei einem John Deere-Empfänger ist ein John Deere-Terminal nötig, um den CRG zu bedienen. Das geht ab der Version GreenStar 1800, das ISO-Bus-tauglich ist. Denn zum einen hat Agra-GPS die Bedienoberfläche nach ISO-Bus-Standards programmiert. Und zum anderen stellt der Agra-GPS-Empfänger das Ortungssignal im NMEA 2000-Format auch auf dem ISO-Bus zum Beispiel für Section-Control zur Verfügung. Das machen selbst die bisherigen John Deere-Empfänger noch nicht.
Das weiße Chameleon kostet für John Deere-Maschinen 4 500 Euro. Damit tritt es in Konkurrenz zum StarFire 6000, der zunächst deutlich preiswerter ist. Doch im Preis der weißen Alternative sind bereits alle Freischaltungen enthalten. Ein GSM-Modem für den Empfang eines RTK-Signals kostet weitere 500 Euro (Preise jeweils plus MwSt.). Wenn das freie Korrektursignal Sapos genutzt wird, fallen nur noch die Gebühren des Mobilfunkanbieters für die Datenübertragung an. Alternativ kann der Agra-GPS-Empfänger auch mit dem freien Egnos eingesetzt werden.
Für andere Fabrikate als John Deere kostet das CRG weitere 800 Euro (plus MwSt.) für einen Kabelsatz. Das Gerät kann dann wechselweise auf grün-gelben und anderen Maschinen eingesetzt werden.
Ein weiterer Zusatzpunkt im Vergleich zum gelben Original ist eine Bluetooth-Schnittstelle. Wer überwiegend mit Egnos und ohne eine SIM-Karte im Empfänger ackern möchte, kann z. B. zum Drillen mit seinem Smartphone eine Verbindung zu einem RTK-Dienst für den Empfänger einrichten. Dazu hat Agra-GPS eine Smartphone-App programmiert, die im Frühjahr auch in einer Version für Apple-Geräte verfügbar sein soll. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass der Agra-GPS-Empfänger die Satelliten aller vier großen Dienste GPS, Glonass, Galileo und Beidou nutzt.
Die letzte Besonderheit des Chameleons aus Kanada sind ein SD-Laufwerk und eine USB-Schnittstelle im bzw. am Gehäuse. Das Laufwerk dient zusammen mit einer 128-GB-Karte als Fehlerspeicher.
Anders als das gelbe Original passt das CRG aufgrund seiner flachen Bauweise bei Fendt-Traktoren unter die Abdeckung des Sonnendachs. Und wichtig zu erwähnen ist noch, dass das CRG auch einen vollständigen Lenkcontroller enthält und alle vorgerüsteten Traktoren und Selbstfahrer steuern kann.
Allerdings funktioniert das Gerät tatsächlich nur zusammen mit den Terminals aus der grün-gelben Linie. Ab der Version GreenStar 1800 ist dieses dann als vollwertiges Maschinen- und ISO-Bus-Terminal nutzbar. Die Terminals anderer Hersteller sind nicht geeignet.
Wir haben das CRG im vergangenen Dezember mit dem Korrekturdienst Sapos auf einem Fendt 936 und einem John Deere 8370R ausprobiert. Beide Traktoren waren mit der Halteplatte von John Deere vorne am Kabinendach ausgerüstet. Auch Agra-GPS verkauft diese Konsolen, dann in weiß statt grün. Den Fendt hatte Agra-GPS zusätzlich mit einem Kabelbaum ausgerüstet. Beide Traktoren waren mit einem Terminal des Typs GreenStar 2630 bestückt.
Das Umstecken des weißen Empfängergehäuses von Fendt auf John Deere ging werkzeuglos vonstatten. Die Schlepperelektronik erkannte das Gerät sofort. Beim umgekehrten Tausch von John Deere zu Fendt oder anderen ist es zusätzlich nötig, in einem Menü den Schleppertyp auszuwählen, damit der Empfänger weiß, auf welcher Maschine er sich befindet.
Zur Sicherheit haben wir dann beim John Deere 8370R noch kontrolliert, ob die richtige Höhe für die Antenne im System eingegeben war. Alle weitere Eingabemöglichkeiten im CRG-Menü beziehen sich allein auf die Satellitenortung und sind für den Fahrer nicht von Belang. Die Einstellungen im Menü der Lenkung berührte der Tausch des gelben gegen den weißen Empfänger nicht. Agra-GPS hat es als einziger externer Hersteller geschafft, das Protokoll der StarFire-Empfänger so zu emulieren, dass der Traktor gar nicht merkt, dass er von einem anderen Empfänger gelenkt wird.
Gleiches gilt für den Fahrer. Denn in den Menüs der Lenkung des John Deere 8370R tauchen weder Logos noch Schaltflächen von Agra-GPS auf. Bei der Arbeit mit einer Scheibenegge verhielten sich der Traktor wie auch die Bedienmasken der Lenkung absolut unspektakulär. Beim Wechsel ins CRG-Menü waren unter guten Bedingungen bis zu 35 Ortungssatelliten aktiv. Bereits vor der Fahrt zum Feld konnte der Empfänger in einer 180°-Abschattung durch eine Scheune 26 Satelliten nutzen.
Kurzum: Die Genauigkeit und die Stabilität des Empfangs überzeugten bei unserem Einsatz. Agra-GPS setzt in seinem GNSS-Empfänger auf Bauteile von namhaften Herstellern wie u-blox und Talisman. Diese sind meist auch in den sehr preiswerten Lenksystemen von Cerea und AGOpenGPS eingebaut.
Nur in einem Punkt dürften die originalen John Deere-Empfänger die Nase vorn haben, und das ist die Ausfallüberbrückung der RTK-Korrektur. Das John Deere RTK-Extend ist sowohl nach Praktikererfahrungen als auch nach einem profi-Test (profi 8/2013) in dieser Disziplin mit bis zu 20 Minuten Ausfallüberbrückung überragend. Bei unserem Einsatz des Agra-GPS-Gerätes unter günstigen Satelliten- und Mobilfunkbedingungen konnten wir keinen RTK-Ausfall simulieren. Wenn das RTK-Signal ausfällt oder die Satellitenkonstellation schlecht ist, erreicht das CRG nach Firmenangaben derzeit eine Überbrückung von bis zu vier Minuten.
Fazit
Agra-GPS hat eine Alternative zu den StarFire-Empfängern von John Deere entwickelt. Die Konsole und die Stecker sind so wie beim Original. Die Ausstattung und die Funktionen sind umfangreicher. Unter guten Bedingungen erreicht die weiße Alternative die Präzision und Zuverlässigkeit des Originals. Doch jetzt zu gelb oder zu weiß zu raten, fällt schwer. Aktuell wird womöglich die Lieferfähigkeit in Einzelfällen darüber entscheiden, ob John Deere oder Agra-GPS die Nase vorne hat.
Agra-GPS kommt aus Kanada
Der Gründer und Geschäftsführer der Firma Agra-GPS mit Sitz im kanadischen Stony Plain in der Provinz Alberta ist Johannes Heupel. Er und seine Familie betreiben dort einen 3 000 Hektar großen Ackerbaubetrieb.
Der studierte Elektroingenieur hat vor zehn Jahren begonnen, die GNSS-Empfänger und Terminals seiner John Deere-Traktoren in die Elektronik seiner Claas-Mähdrescher zu integrieren. Daraus entstand die JD-Bridge, die inzwischen für alle aktuellen Traktor- und Selbstfahrerfabrikate geeignet ist (profi 9/2019, Seite 88). Agra-GPS beschäftigt zurzeit 15 Mitarbeiter und produziert hauptsächlich für den nordamerikanischen und kanadischen Markt sowie Australien.
Verkauft wird die Technik vorwiegend über den Landmaschinenhandel. Neu ist ein Onlineshop (agra-gps.com). Im deutschsprachigen Raum und Osteuropa vertreibt und betreut die Firma Nicolai Pukowski GPS Technik aus Springe (Niedersachsen) die Technik von Agra-GPS.