Auch heute steht hierzulande die Wirtschaftlichkeit der Be-triebe an erster Stelle, gefolgt vom Fahrspaß. Vor 31 Jahren zahlte man ca. 670 Mark pro PS, heute sind es tatsächlich bis zu 1 500 Euro (!) pro PS. Eine beeindruckende und zugleich erschreckende Entwicklung!
Er ist 3,80 m hoch, 7,10 m lang und mit Doppelbereifung 4,20 m breit. Bei einem Leistungsgewicht von knapp 65 kg/kW bringt er ein maximales Betriebsgewicht von 18 144 kg auf die Waage. Für gut 250 000 Mark (brutto ohne Mehrwertsteuer) erhalten Sie das Flaggschiff von Case-IH in den USA: den 9280 mit 280 kW/375 PS.
Der schwarz-rote Großschlepper hat alles, was zu einem Knicklenker gehört: Übergröße, mächtig breite Reifen, eine fast spartanisch einfache Serienausstattung, und eine luxuriöse Kabine für lange Arbeitstage. Die Philosophie der amerikanischen Landwirte beim Maschinenkauf lässt sich an den Argumenten ablesen, die Case im neuen Prospekt als Pluspunkte für den 9280 aufführt:
- 5 Jahre oder 5 000 Betriebsstunden Garantie
- ein neues Getriebe mit teilautomatischer Schaltung
- ein zusätzlicher dritter (!) Rückwärtsgang
Zunächst einmal müssen die US-Farmer nämlich rechnen, bevor sie sich einen neuen Schlepper kaufen. Die Wirtschaftlichkeit spielt beim Schlepperkauf in den USA eine mindestens ebenso große Rolle wie in Europa, und da ist eine lange Garantiezeit ein wichtiges Argument. "Ich verbringe bei Verkaufsgesprächen etwa zwei Drittel der Zeit mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu den möglichen Kosteneinsparungen und zu Finanzierungsfragen! ", erklärt uns Case-Händler Lee Prunty seine Kontakte mit den Farmern im Maisgürtel Nordamerikas.
Dabei legen auch die Praktiker in den USA mehr und mehr Wert auf eine bessere Ausstattung ihres neuen großen Schleppers. 10 Jahre soll der neue Knicklenker nämlich schon auf der Farm arbeiten. Und der Großschlepper wird nicht nur für die schwere Bodenbearbeitung, sondern auch zum Düngen und zur Saat eingesetzt. Umso besser ist es, wenn das Getriebe beim Beschleunigen auf Knopfdruck innerhalb von drei Sekunden in den achten Gang schaltet und so schneller auf Touren ist.
Viele Ausstattungs-Details werden auf den großen landwirtschaftlichen Flächen Nordamerikas nicht gebraucht. Ein Fußgaspedal ist hier überflüssig, Differentialsperren in den Achsen gehören wie Hubwerk und Zapfwelle in die Liste der Wunschausstattungen, und rückwärts fährt man nur zum An- und Abbau der schweren Geräte. Ein dritter Rückwärtsgang mit 13,8 km/h ist deshalb eher ein zeitsparender Komfort: Für die normale Arbeit reichen die beiden bisherigen Gänge mit 4,4 und 7,7 km/h aus.
So war denn auch unser 9280 mit dem komfortablen, vollständig lastschaltbaren 12/3-Skipshift-Getriebe ausgestattet, ansonsten aber im Heck nur mit dem Zugpendel und acht Ölanschlüssen für die vier Steuergeräte der Hydraulik versehen. Hubwerk und Zapfwelle sind überflüssiger Luxus.
Beim Fahren merkt man dann sehr schnell, dass diese Ausstattung für die meisten Arbeiten völlig ausreicht: Am Vorgewende wird der gut 6 m breite Schwergrubber per Steuergerät ausgehoben, er folgt während des Wendevorganges auf seinen eigenen Transporträdern dem Knicklenker. Nach dem Wiedereinsetzen wird über den Joystick die Arbeitsgeschwindigkeit nachreguliert, und dann geht es in der staubgeschützten und vollklimatisierten Kabine mit getönten Scheiben wieder 20 Minuten geradeaus auf der nächsten Bahn.
Der kurze Schalthebel des 9280 auf der rechten seitlichen Konsole hat keine Schaltkulisse, er lässt sich nur nach vorn oder hinten kippen. Der Schlepper beschleunigt, wenn der Hebel nach vorn gedrückt wird, und zum Abbremsen zieht man den Schalthebel nach hinten. Ein Display im Armaturenbrett zeigt den gewählten Gang und die Fahrgeschwindigkeit an. Wenn Sie den kleinen Druckschalter oben auf dem Ganghebel beim Hochschalten eindrücken, schaltet das elektrohydraulisch gesteuerte Getriebe innerhalb von drei Sekunden automatisch die Gangfolge 1-4-6-8. Diese Skipshift-Funktion ist vor allem gut beim Anfahren auf der Straße, aber auch beim Spritzen und Düngen kommt der 9280 so schneller auf sein Arbeitstempo.
Etwas enttäuscht waren wir dennoch vom Schaltkomfort: Die Gangwechsel sind - ob nun einzeln oder automatisch geschaltet - gut spürbar. Gut gefiel uns dafür die Wendeschaltung; lediglich ein kleiner Kippschalter ist zu drücken, die drei Rückwärtsgänge werden dann über den gleichen Schalthebel betätigt wie die Vorwärtsgänge.
Gute Dienste leistet auch das "Fußgas": Wie bei Baumaschinen verlangsamt sich die Motordrehzahl beim Durchtreten des Pedals und beschleunigt umgekehrt, wenn der Fuß wieder vom Pedal genommen wird. Die Vorteile dieser ungewöhnlichen Lösung lernten wir beim Wenden des Knicklenkers schnell schätzen: Er wird schließlich mit Handgas gefahren. Und da die rechte Hand des Fahrers zum Ausheben des Anhängegerätes und die linke Hand zum Lenken benötigt wird, übernimmt der rechte Fuß die Aufgabe, über das Pedal die Fahrgeschwindigkeit beim Wenden zu verringern.
Für seine Größe und sein Gewicht ist der 9280 erstaunlich wendig: 40° Lenkeinschlag und einen Wendekreis von 7,20 m (gemessen am Zapfwellenstummel) gibt Case an. Bei Vollgas reagiert der 9280 recht deutlich auf Lenkbewegungen, die große Haube vor der Kabine lässt sich jedoch sehr genau und problemlos in die gewünschte Richtung steuern.
Unter der Haube arbeitet ein Cummins-Motor mit 6 Zylindern, Turbolader und Ladeluftkühler. Die 280 kW Motorleistung werden bei einer Nenndrehzahl von nur 2100 Umdrehungen aus einem Hubraum von 14 l erzeugt. Das maximale Drehmoment von 1717 Nm erreicht der Motor bei 1400 Umdrehungen (35 % Drehmomentanstieg, 33 % Drehzahlabfall). Der 9280 hat außenliegende Planentenachsen von Raba, vorne und hinten baugleich und auf Wunsch mit elektrohydraulisch bedienten Differentialsperren versehen.
Bei trockenem Wetter - unser Fahrbericht fand bei 40o C statt – staubt es bei der Bodenbearbeitung natürlich sehr. Um die Kabinenluft zu reinigen, entwickelten die Case-Konstrukteure für den Knicklenker eine besondere Lösung: Die Ansaugluft wird zunächst in einen Vorreiniger geleitet, hier saugt der Ventilator der Motorkühlung über eine Vakuumleitung 95 % des Staubes ab und verteilt ihn in die Kühlluft des Motors. Erst dann wird die so vorgereinigte Luft durch das Luftfilter in die Kabine geführt.
Mit seinen 375 PS Motorleistung ist der 9280 der größte Typ einer Familie, die aus insgesamt 7 Schleppern besteht und bei 149 kW/200 PS beginnt. Der kleinste Typ 9210 konkurriert als Knicklenker im Case-Programm aber schon mit den großen Magnum-Traktoren, die von 114 kW/155 PS bis 169 kW/230 PS in Standard-Bauweise gefertigt werden.
Die beiden Typen 9240 und 9260 aus der Knicklenker-Familie von Case-IH verdienen noch besondere Erwähnung. Denn sie sehen aus wie Knicklenker, sind aber keine! Der Hinterwagen dieser Schlepper ist fest mit dem Vorderteil verbunden, ein Knickgelenk fehlt. Stattdessen haben diese Schlepper zwei lenkbare Achsen, mit einem Hebel in der Kabine lassen sich vier verschiedene Lenk-Arten wählen:
- Frontlenkung, wie wir sie von unseren Traktoren kennen
- Kombi-Lenkung: Vorder- und Hinterräder steuern entgegengesetzt und verringern so den Wendekreis
- Krebs- oder Hundeganglenkung: Vorder- und Hinterräder steuern in die gleiche Richtung, der Schlepper bewegt sich schräg seitlich
- Hecklenkung: Nur die Hinterräder werden gesteuert.
Der 9240 mit 175 kW/232 PS und der 9260 mit 224 kW /300 PS bieten damit eine Alternative zum größten Problem der Knicklenker: Die exakte Führung des Schleppers in Reihenkulturen. Wenn Sie mit dem Knicklenker in der Maisreihe eine Lenkkorrektur vornehmen, steuert der Vorderwagen nach innen, der Hinterwagen nach außen, und das Arbeitsgerät im Heck läuft aus der Reihe.
Hier schaffen die beiden Groß-Schlepper mit vier Lenkarten Abhilfe, ganz nach Wunsch des Farmers. 250 000 Mark Bruttopreis sind ein stolzer Betrag für einen Schlepper.
Bei ähnlichen Rabatten wie in unserem Markt liegt der tatsächliche Verkaufspreis etwa 20 % unter dem Listenpreis, das sind dann ungefähr 700 DM pro kW. Den Wertverlust eines Knicklenkers beschreibt Lee Prunty so: "Vor 10 Jahren habe ich einen Steiger-Knicklenker für 60 000 Dollar verkauft. Diesen Schlepper habe ich kürzlich für 30 000 Dollar zurückgenommen!" - 50 % Wertverlust in 10 Jahren sind nicht viel.
Wer sich nun für einen Knicklenker begeistert und auch auf die fünf Jahre Garantie spekuliert, sollte allerdings auch das Kleingedruckte lesen. Im Prospekt heißt es:
"Ausgenommen sind Reifen, deren Garantieleistung von den jeweiligen Herstellern abgedeckt wird. 200 Dollar Pauschale sind für jede Reparatur nach dem ersten Jahr zu zahlen. Der Cummins-Motor ist nicht in die Garantie-Leistung eingeschlossen, ein ergänzender Garantievertrag ist jedoch lieferbar. Bei kommerziellem Einsatz ist die Garantie auf zwei Jahre oder 2 000 Stunden begrenzt mit 200 Dollar Pauschale für jede Reparatur nach dem ersten Jahr. "