Organische Düngung bleibt ein interessantes Thema. Hier sind sich die mehr als 200 Besucher auf dem alljährlichen Treffen „Land.Technik für Profis“ mit stets wechselnden Themen einig. Gastgeber Stefan Kotte machte die Entwicklung der Technik seit Beginn der Firmengründung deutlich. Der Prallteller wurde vom Schleppschlauch, danach vom Schleppschuh abgelöst. Die Fassvolumina stiegen von 8 bis heute auf über 30 m³. Kürzere Ausbringperioden zwingen Unternehmer zu mehr Schlagkraft.
Kotte sieht die Zukunft in der Digitalisierung, sowohl was ein Flottenmanagement für die Gülleausbringung angeht als auch für neue Techniken wie dem NIRS-Sensor, wenn dieser zukünftig genauer arbeiten kann. Auch das Gülledesign wirft Kotte in den Raum. Gülle je nach Pflanzenart und Nährstoffnotwendigkeit zu mischen ist eines dieser Designs, aber auch Zusätze wie Inhibitoren, Säuren oder andere Additive kann sich der Unternehmer vorstellen.
Stefan Kotte spricht von Gülledesign. Beimischungen verändern die Nährstoffkonzentration oder verhindern Emissionen.
(Bildquelle: Bensing)
(Bildquelle: Bensing)
(Bildquelle: Bensing)
Fünfmal R
Frank Lorenz von der Lufa in Oldenburg referierte über den Nutzen organischer Dünger für die Pflanzen. Bei sinkendem Mineraldüngereinsatz, aber auch sinkenden Zahlen der Nutztiere ist der effektive Einsatz von Gülle bzw. organischer Dünger unbedingt nötig. Lorenz appellierte an die 5 R-Regel bei der Düngung zu achten: der richtige Dünger, die richtige Menge, der richtige Zeitpunkt, die richtige Platzierung und die richtigen Voraussetzungen. Die richtige Platzierung ist mit heutiger Technik möglich. Die effektivste Variante in Bezug auf die Nährstoffausnutzung sei die Depotdüngung mit Nitrifikationshemmern wie z. B. beim Strip-Till-Verfahren.
Christoph Felgentreu von der Interessengemeinschaft gesunder Boden referierte über die Zusammenhänge von Pflanzenernährung und Gülleapplikation. Es gelte die Bodenbalance einzuhalten. Einfluss darauf haben die Nährstoffbalance, die biologische Balance und die Bodenstruktur. Alle Parameter müssen im Einklang auf die Bodenbalance einwirken, um einen gesunden Boden erhalten zu können. Felgentreu ging auf die Fäulnisprozesse in Güllebecken ein. Regelmäßiges Rühren und die Zufuhr von Sauerstoff verhindere Fäulnisprozesse und sorge für eine weniger riechende Gülle. Der Geruch ist dabei vornehmlich den Schwefelwasserstoffen und den flüchtigen organischen Substanzen sowie Ammoniak zuzuschreiben.
„Gesunde Güllen“ müssen daher das Ziel sein. Zusammen mit Praktikern wird daher seit einigen Jahren ein
Gülletreffen organisiert, bei dem die Teilnehmer mitgebrachte Gülleproben mit denen der anderen Teilnehmer vergleichen. Danach gibt es einen Sieger in puncto Geruch und Fließfähigkeit. Rückschlüsse auf die Tierhaltung und das Güllemanagement des jeweiligen Betriebes runden solche Arbeitskreise ab. Insbesondere Güllezusatzstoffe wie Quarze können laut Felgentreu die Fließfähigkeit und die schnelle Infiltration in den Boden verbessern. Gesteinsmehle und effektive Mikroorganismen in der Fütterung erzielen ähnliche Effekte, ohne dass die Gülle zur Fäulnisgülle wird.
Stephan Jung von der Landwirtschaftskammer NRW referierte über organische Dünger im Allgemeinen und deren gesetzliche Rahmenbedingungen. Trotz bereits sinkender Ammoniak-Emissionen bei der Gülleausbringung muss in den nächsten Jahren eine weitere Reduzierung erfolgen, wenn die NEC-Richtlinie von 2016 eingehalten werden soll. Diese schreibt eine Reduzierung der Ammoniak-Emissionen um 5 % ab 2020 bzw. 29 % ab 2030 zum Referenzjahr 2005 vor. Etwa 95 % der Ammoniak-Emissionen stammen dabei aus der Landwirtschaft, so Jung. Daher begrüßt er die Technik zur bodennahen und streifenförmigen Ausbringung von Gülle.
Interessant für die jeweilige Technik, die Praktiker zukünftig einsetzen möchten: Streifenförmig ist die Ausbringung von Gülle, wenn maximal 50 % der Fläche mit organischen Düngemitteln benetzt werden. Zudem darf dieser Streifen nicht breiter als 25 cm sein. Bodennah ist dagegen eine Ausbringung mit z. B. Schleppschläuchen, die nicht weiter als 20 cm vom Boden entfernt sein dürfen.
Über 40 Additive erhältlich
Im Zusammenhang mit der Freisetzung von Ammoniak referierte Susanne Höcherl von der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft über Gülleadditive. Die Absenkung des pH-Werts in der Gülle vermeidet effektiv die Freisetzung von Ammoniak, was die Dänen mittels Säurezugabe bereits seit einigen Jahren durchführen. Ziel des Projekts „EmiAdditiv“ war es, eine Anlage zu entwickeln, die die Wirkung von Zusatzstoffen nach einem standardisierten Verfahren misst. Über 20 Additive hat man analysiert.
Die Zugabe von Kohlenstoffquellen (Glucose, Melasse) in Rindergülle führt demnach signifikant zur biologischen Ansäuerung, damit zur pH-Wert-Absenkung und Reduktion von Ammoniak-Emissionen bei der Lagerung und Ausbringung. Aufgrund hoher Zugabemengen sind diese aber praktisch nicht umsetzbar, so Höcherl. Zusätzlich beginnt die Gülle zu schäumen oder gar zu riechen über die Bildung von Buttersäure. Physikalische Zusätze wie z. B. die Gesteinsmehle Leonardit und Zeolith sowie Kalziumkarbonat senken die Ammoniak-Emission signifikant.
Gerd Dettmer vom Lohnunternehmen Dettmer sprach von seinen Erfahrungen mit der Gülleansäuerung. Der mehrmalige Einsatz im Jahr auf einer Fläche macht aufgrund der hohen Schwefelmengen kaum Sinn. In wachsenden Beständen sei die Gülleansäuerung aber das Mittel der Wahl, um Ammoniak-Emissionen wirkungsvoll zu reduzieren. Ebenso erläutert der Praktiker die Logistikorganisation und das Preisgefüge bei Wirtschaftsdüngern in einer Veredlungsregion für seinen Lohnbetrieb.
Wissen, was drin ist
Yves Reckleben von der Fachhochschule Kiel referierte über das Wirtschaftsdünger-Management mit NIRS-Technik. Nach seinen Erfahrungen kann die kontinuierliche Messung der Inhaltsstoffe helfen und in Verbindung mit der richtigen Ausbringtechnik weiter dazu beitragen, den Einsatz von Mineraldünger zu verringern.
So ist die permanente Anpassung der Ausbringmenge je nach N, P oder K in der Gülle ein Schlüssel, die Pflanzen bedarfsgerechter, bzw. teilflächenspezifisch zu ernähren. Ebenfalls kann der Sensor dabei die Lücke für eine nachvollziehbare Stoffstrombilanz für den jeweiligen Betrieb schließen und Daten für eine Optimierung z. B. bei der Pflanzenernährung und der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung liefern.
Wer etwaige Dokumentationen fürchtet, den verweist Reckleben auf unsere dänischen Nachbarn, die bereits seit 2019 verpflichtet sind, über die Gülleausbringung digital Buch zu führen. Dabei werden neben der Fahrspur auch die Gülle- und Säuremenge pro Hektar digital erfasst und nach Bearbeitung des Schlags automatisch als digitales Dokument bzw. als PDF an die jeweilige Behörde verschickt — sicher nicht die Wunschvorstellung der örtlichen oder hiesigen Betriebe.
Fazit
Die organische Düngung ist und bleibt wertvoll. Der Nutzen für den Ackerbau ist groß. Additive und Digitalisierung lassen die Emissionen mit Bezug auf die NEC-Richtlinie sinken — und das müssen Sie auch mit Blick auf 2030.
Zum Durchbruch in der Praxis hat er es bisher nicht geschafft und führt seit Jahren ein Schattendasein in der Güllebranche. Ich rede vom NIRS-Sensor. Er erfasst mit Hilfe der Nahinfrarot-Spektroskopie durch seine Linse über 100 mal pro Sekunde eine Art Fingerabdruck der Gülle. Er ist also nicht in der Lage, direkt den Gehalt von N, P oder K oder den TS-Gehalt zu messen, sondern anhand des Fingerabdrucks vergleicht die Software die Daten mit einer Datenbank. Dieser Fingerabdruck der Gülle kann aber vom tatsächlichen Wert abweichen und das in Teilen auch erheblich. Das wird er auch in Zukunft tun, wenn die Datenbank der Gülle-Fingerabdrücke nicht wächst — zumal die Vielfalt der Güllen unendlich erscheint, wenn man auch noch mögliche Mischgüllen und unterschiedlichste Gärreste mit diversen Inputstoffen hinzuzieht.
Es gibt aber bis auf das NMR-System (Samson SlurryLab) keine Möglichkeit, online die Inhaltsstoffe zu bestimmen. Und beim „MRT für Gülle“ wird nur eine kleine Menge diskontinuierlich gemessen, von der noch höheren Investition einmal abgesehen.
Ackerbauern, die organisch düngen, bezahlen diese Technik gerne. Sie erhalten eine Dokumentation der gelieferten Ware und müssen sich im Zweifel nicht auf eine nasschemische Analyse verlassen, die erst Tage nach der Ausbringung ein Ergebnis liefert.
Einer muss die Zeche zahlen. Hier ist die Nachfrage für ein System aktuell gering, das bis zu 35.000 Euro und mehr kostet. Ein Unternehmer kann diese Dienstleistung nicht gratis anbieten. Die Bereitstellung der Daten und die Dokumentation ist kein Service wie der Zollstock zu Weihnachten! 30 bis 50 Cent je ausgebrachtem Kubikmeter sind einzukalkulieren.
Weiterer wichtiger Punkt: Welcher Fahrer soll all das beherrschen? In Zeiten von Spurführung, Gestängebreiten über 30 m Arbeitsbreite, kürzer werdenden Ausbringfenstern und womöglich noch der Koordination der Zubringer kann ich von keinem Fahrer verlangen, auch noch die Sensorwerte der Gülle als richtig oder falsch zu identifizieren. Hier sind zuverlässige Automatismen seitens der Hersteller gefragt. Damit ist nicht die manuelle Auswahl der jeweiligen Gülleart vor der Ausbringung gemeint.
Die Technik muss einfach sein. Ampelfarben schnellen mir da in den Kopf. Wenn es rot blinkt und der Sensor überdurchschnittliche Abweichungen erfasst, muss der Chef informiert werden. Nur dann kann die empfindliche Güllekette das tun, wozu sie berufen wurde: die Gülle ausbringen.