Agrogreen bietet ein neues Membranverfahren zur Aufbereitung von Gülle- und Gärresten an, das ohne Flockungsmittel auskommt und weniger Energie benötigt als andere.
Gülle ist ein wertvolles Produkt. Es enthält Pflanzennährstoffe, Energie und Wasser. Das hat Peter Witt, Geschäftsführer und Mitgründer der Firma Agrogreen aus Krefeld bei Düsseldorf, erkannt und entwickelte zusammen mit der Firma MionTec ein neues Verfahren zur Gülle- und Gärrestaufbereitung, das Farmfluxx-Verfahren.
MionTec ist ein unabhängiger Dienstleister für Ionenaustausch- und Membrantechnologie, der Forschung und Entwicklung anbietet und Pilotanlagen baut, vertreibt und vermietet.
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Gülle ist ein wertvolles Produkt. Es enthält Pflanzennährstoffe, Energie und Wasser. Das hat Peter Witt, Geschäftsführer und Mitgründer der Firma Agrogreen aus Krefeld bei Düsseldorf, erkannt und entwickelte zusammen mit der Firma MionTec ein neues Verfahren zur Gülle- und Gärrestaufbereitung, das Farmfluxx-Verfahren.
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„Da Gülle ein sehr heterogenes Substrat ist, ist für eine Auftrennung von Gülle in ein partikelfreies, nährstoffreiches Konzentrat und Wasser eine besonders trickreiche und anspruchsvolle Verfahrenskombination nötig“. erklärt Joachim Alt, Verfahrenstechniker bei MionTec.
So funktioniert das Farmfluxx-Verfahren von Agrogreen
Im ersten Schritt behandelt das Farmluxx-Verfahren die Gülle oder den Gärrest durch eine Sterilfiltration, um ein klares Permeat zu erzeugen. Die sterile Flüssigkeit enthält dann keine Feststoffe und keine Bakterien oder andere Mikroorganismen mehr. Dafür enthält dieses Permeat neben Wasser noch alle gelösten Mineralsalze sowie kleinmolekulare, organische Substanzen.
Agrogreen verwendet für die Sterilfiltration einen Rotationsquerstromfilter, der sonst in der Lebensmittelindustrie z. B. zur Filtration von Wein, Essig oder Milch eingesetzt wird. Im Inneren des Filters rotieren keramische Scheiben mit einer Porenweite von kleiner als 0,23 µm. Der Schlamm strömt mit hoher Überstromgeschwindigkeit auf der Scheibe entlang. Dabei wandert das partikellose Permeat von außen nach innen, und die Rotation verhindert eine Kuchenbildung auf dem Filter, wie die Entwickler berichten.
Die Sterilfiltration ist der erste wichtige Schritt, weil für die folgende Vorwärtsosmose und die zweistufige Umkehrosmose die zu filternde Flüssigkeit partikelfrei sein muss, damit sich die feinen Membranen der Osmosemodule nicht zusetzten.
Die Vorwärtsosmose funktioniert im Gegensatz zur Umkehrosmose ohne hydraulischen Druck. Wassermoleküle aus dem nährstoffhaltigen und damit salzhaltigen Gülle-Permeat wandern allein aufgrund des osmotischen Drucks durch die semipermeable Membran. Eine Lösung (auch Zuglösung genannt), deren Salzgehalt höher ist als der des aus dem Vorfilter ablaufenden Filtrats, zieht das Wasser aus diesem durch die Membran hindurch.
So erzeugt die Vorwärtsosmose auf der einen Seite ein Konzentrat, und auf der anderen entsteht eine Salzlösung, die Wasser aufgenommen hat. Das Gülle-Konzentrat enthält hauptsächlich Stickstoff in Form von Ammonium, Kalium und kleinmolekulare, organische Stoffe, aber nur wenig Phosphat.
Die verdünnte Zuglösung aus der Vorwärtsosmose wird anschließend durch die zweistufige Umkehrosmose geleitet, um Wasser und Salzkonzentrat zu trennen, und um so den für die Vorwärtsosmose notwendigen hohen Salzgehalt wieder herzustellen. Das Salzkonzentrat wird erneut für die Vorwärtsosmose als Zuglösung genutzt.
Bei der Umkehrosmose werden die Wassermoleküle mit hydraulischem Druck durch die Membran im Filter gedrückt. Probleme mit dem sonst bei der Umkehrosmose gefürchteten Fouling gibt es hier nicht, weil in der aufzukonzentrierenden Zuglösung keine großen Mengen an organischen Stoffen enthalten sind.
Den Druck für die Umkehrosmose gibt die Anlagensteuerung vor. Dadurch geht nur so viel Wasser aus der Salzlösung heraus, bis die Salzkonzentration erreicht ist, die für die Vorwärtsosmose benötigt wird. Auch welches Salz für die Zuglösung verwendet werden soll, kann kundenspezifisch gewählt werden. Es kann beispielsweise ein Magnesium-, ein Kalium- oder ein Natriumchlorid sein.
Im besten Fall entzieht die Vorwärtsosmose dem aus der Vorfiltration kommenden Sterilfiltrat nur das Wasser. Weil jedoch in der sterilen Flüssigkeit auch Ammoniak (NH3) und Kohlendioxid (CO2) als Gase gelöst sein können, werden solche Moleküle bei der Vorwärtsosmose zusammen mit den Wassermolekülen in die salzhaltige Zuglösung übertreten.
Nach der ersten Umkehrosmose werden daher im abgetrennten Wasser ebenfalls diese CO2- und NH3-Moleküle immer noch enthalten sein. Deswegen setzt das Farmfluxx-Verfahren eine zweite Umkehrosmose-Stufe ein. Sie reduziert den Gehalt an Salz sowie an CO2 und NH3 weiter, um die Wasserqualität zu verbessern.
Jedoch gibt es auch bei der zweiten Umkehrosmose in der Farmfluxx-Anlage immer noch einen gewissen Ammoniak-Schlupf. Deswegen haben die Entwickler zusätzlich eine Kombination aus speziellen Ionenaustauschern nachgeschaltet.
Das Wasser ist laut Agrogreen danach einleitfähig. Wasseranalysen zeigen, dass sogar Trinkwasserqualität erreicht wird. Um die Qualität des Wassers ständig zu überwachen, sollen zukünftig ammoniumselektive Elektroden die Ammoniumkonzentration im Ablauf kontinuierlich messen.
Die erste von Agrogreen gebaute Pilotanlage kann 2 m³ Gülle pro Tag verarbeiten. An dieser in zwei 20-Fuß-Containern untergebrachten Anlage führte uns MionTec das Verfahren im Sommer 2023 vor. Laut Hersteller hat die Pilotanlage bereits mit unterschiedlichen Gärresten, Kälber- und Schweinegülle gute Ergebnisse erzielt.
Inzwischen wurde Agrogreen mit einer Umrüstung einer Biogasanlage in NRW beauftragt. Eine weitere Anlage baut das Unternehmen zudem für die Behandlung von Kälbergülle, die noch im Laufe dieses Frühjahrs in Niedersachsen in Betrieb gehen soll. Das Ablaufwasser aus dieser Anlage soll vorläufig auf Grünland ausgebracht werden.
Stationärer Einsatz
Prinzipiell ist die Agrogreen-Anlage für den stationären Einsatz vor Ort, z. B. auf einem tierhaltenden Betrieb oder auf einer Biogasanlage konzipiert. Sie kann Gülle vor dem Eintrag in die Biogasanlage entwässern und so den Energiegehalt des Substrats erhöhen und zusätzlich die Raumbelastung der vorhandenen Anlage ohne Umbauten steigern. Oder sie kann nach der Fermentation in der Biogasanlage den Gärrest aufbereiten und so die zu transportierende bzw. die zu entsorgende Gärrestmenge reduzieren.
Die in 40-Fuß-Containern untergebrachte Anlage ist skalierbar. Die kleinste Einheit verarbeitet 20 bis 30 t Gülle oder Gärrest am Tag. Diese Anlage kostet rund 800.000 € ohne Mehrwertsteuer. Ebenso ist die Farmfluxx-Anlage für bis zu 250 t Durchsatz pro Tag in freistehender Form lieferbar.
Den Stromverbrauch ihrer Anlage gibt Agrogreen mit rund 15 bis 20 kWh/m3 Rohgülle an. Des Weiteren entstehen Betriebskosten durch das Nachfüllen von Zugsalz und das Reinigen der Membranen mit Reinigungsmitteln.
Nach Absprache kann Agrogreen eine Fernbetreuung durchführen. Selbstwartungen führt die Anlage programmgesteuert vollautomatisch durch. Dazu ist ein Wochenendprogramm in der Prozesssteuerung hinterlegt. Auch für das An- und Abfahren gibt es ein Automatikprogramm. Außerdem werden Messdaten von der Steuerung so ausgewertet, dass für die Regeneration der Ionenaustauscher immer nur so viel Regeneriermittel zudosiert wird, wie notwendig.
Aufbereitung mit vielen Vorteilen
Laut Peter Witt von Agrogreen amortisiert sich das Verfahren ab 60 t Durchsatz pro Tag in nur drei bis fünf Jahren. Neben der Volumenreduktion der Gülle bzw. der Gärreste um bis zu 70 %, nennt er als wesentliche Vorteile die Steigerung der relativen Gasausbeute und des möglichen Substratdurchsatzes.
Darüber hinaus sind die Ammoniakemissionen und damit verbundene Stickstoffverluste bei der Ausbringung des Nährstoffkonzentrats deutlich geringer als bei der Ausbringung von nicht aufbereiteter Gülle, weil das partikelfreie Konzentrat wie Wasser sofort und vollständig in den Boden eindringt.
Auch in Regionen mit Phosphatüberversorgung ist das Düngen mit dem Konzentrat unproblematisch, da es nahezu kein Phosphat enthält. Und ein weiterer Vorteil der Einbindung der Farmfluxx-Anlage speziell für die Güllevergärung ist, dass der Gülle durch die Sterilfiltration bereits ein Großteil des Ammonium-Stickstoffs entzogen wurde. So ist auch die Konzentration an Ammoniak geringer, welches die Biogasfermentation hemmen würde.
Nicht zu unterschätzen sei nach Ansicht von Agrogreen-Geschäftsführer Peter Witt auch das Thema Wasserrückgewinnung. „Der Wassermangel wird in den nächsten Jahren massiv zunehmen“, sagt er. Deswegen sieht er in der Gülleaufbereitung einen riesengroßen Markt, nicht nur wegen der Güllenährstoffe, sondern auch wegen des Wassers, das sich bei der Trennung mit dem Farmfluxx-Verfahren als sogenanntes „upcycling Wasser“ zurückgewinnen und wiederverwenden lässt.
Keine Flockungsmittel
Als Vorteile des Farmfluxx-Verfahrens im Vergleich zu anderen Gülle- und Gärrestaufbereitungsverfahren mit Membrantechnik nennt Verfahrenstechniker Joachim Alt die Tatsache, dass dank der Sterilfiltration keine Flockungsmittel benötigt werden. Auch in den darauffolgenden Stufen ist keine chemische oder thermische Stoff-Veränderung erforderlich.
Außerdem bestünde bei der Vorwärtsosmose anders als bei der Umkehrosmose nicht die Gefahr eines sogenannten Membran-Foulings durch das Einpressen von Partikeln und Bakterien in die Membranen. Hinzu käme der geringere Energiebedarf des Farmfluxx-Verfahrens, weil bei der Vorwärtsosmose kein hydraulischer Druck erforderlich sei.
Fazit
Das Aufbereiten von Gülle oder Gärresten hat verschiedene Vorteile. Zum einen reduziert das Abtrennen von Wasser den Lagerbedarf und senkt die Transportkosten. Zum anderen sind die separierten Feststoffe und organischen Stoffe energiereicher und eignen sich somit besser als Biogassubstrat als nicht vorbehandelte Schweine- oder Rindergülle.
Das nach der mehrstufigen Membranfiltration zurückbleibende Konzentrat ist keim- und partikelfrei und enthält Stickstoff und Kalium (jeweils rund 8 bis 10 g/kg).
Das neue Membranverfahren Farmfluxx von Agrogreen ist fünfstufig. Zum Abtrennen von Ammonium und Ammoniak nutzt es die Vorwärtsosmose. Die dafür nötige Partikelfreiheit wird durch einen vorgeschalteten Sterilfilter erreicht. So kommt die von MionTec entwickelte Gülle- und Gärrestaufbereitung ohne Flockungsmittel aus und braucht laut Hersteller weniger Strom als andere Membranfiltrationsanlagen, die ausschließlich mit Umkehrosmose-Membranmodulen arbeiten.
Nach dem die Pilotanlage bereits erfolgreich lief, sollen jetzt die ersten Praxisanlagen sowie eine Demonstrationsanlage in Betrieb gehen.