Bauer: Inzwischen glaube ich nicht mehr alles, was in der Zeitung steht. Aber wenn sogar mein Lokalblatt berichtet, dass die Russen in der Ukraine Traktoren entwendet haben, dann muss wohl was dran sein.
Lohner: Das erste Kriegsopfer ist immer die Wahrheit.
Fahrer: Ich habe die Meldung so verstanden, dass die Diebe die Traktoren und Mähdrescher bei einem Händler in Melitopol in der Südukraine verladen und über 1 000 Kilometer weiter südwärts nach Tschetschenien abtransportiert haben.
Maring: Daraufhin soll der Hersteller die Maschinen über sein Internetportal per Fernzugriff deaktiviert haben.
Bauer: Nur frage ich mich, wie ich einen Traktor oder einen Mähdrescher auf einen Tieflader bekomme, ohne den Motor zu starten?
Maring: Du hast die Reihenfolge falsch verstanden. Wahrscheinlich haben die Soldaten die Herausgabe der Fahrzeugschlüssel unter Androhung von Gewalt erzwungen.
Bauer: Du magst recht haben, wenn einer mit der Kalaschnikow vor dir steht, sagst du auch nicht nein und backst besser kleine Brötchen.
Lohner: Ich habe die Berichte dazu intensiv verfolgt, schließlich haben wir das Thema Diebstahl mit Satellitenempfängern und Terminals mehrfach durch. Die Story an sich ist für mich plausibel, auch wenn sie ursprünglich von einer amerikanischen Agentur kam.
Lohner: Wie kann der Hersteller die Maschinen anschließend per Telemetrie stilllegen? Kann mir das mal jemand technisch erklären?
Fahrer: Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Wir haben diese Technik inzwischen auf mehreren Maschinen. Aber mein Werkstattmeister kann nur auf mein Terminal zugreifen, wenn ich einen funktionierenden Mobilfunkempfang habe und ihm eine Freigabe erteile. Ansonsten kommt er nicht ins System.
Lohner: Und glaubt nicht, dass die Diebe Anfänger waren. Die werden zuerst die Satellitenantenne in eine Blechdose verpacken und das Mobilfunkmodem ausbauen. Dann ortet und findet keiner die Maschine.
Bauer: Dann wart ihr noch nie im wilden Osten. Ein guter Zweifrequenzempfänger mit weniger als einen Meter Abweichung kostet nur noch ein paar Dollar. Zur Diebstahlsicherung sind in allen Maschinen, die in bestimmte Regionen verkauft werden, mehrere solcher Empfänger zusammen mit einem Funkmodem und einem Rüttelsensor versteckt.
Fahrer: Sobald etwas nicht stimmt, wachen diese Einheiten auf und senden Alarm an das Portal der Diebstahlsicherung. Das ist doch heute in vielen Branchen der Standard.
Lohner: Wenn dem so ist, müssten die Diebe die ganze Maschine mit einer Blechhülle umgeben, damit keine Signale mehr gesendet werden.
Fahrer: So ist es. Diese Einheiten haben eine eigene Stromversorgung und sind in der Regel nicht mit dem CAN-Bus der Maschine verbunden. Deshalb frage ich mich, wie der Hersteller die Motoren deaktivieren kann.
Bauer: In dem Punkt irrst du. Anders als die Diebstahlsicherung an einem Mietbagger oder einem Rüttler ist die Fernabfrage sehr wohl mit dem CAN-Bus verbunden. Wie sonst sollte denn eine Fernwartung oder die Verbindung zur Schlagkartei über den Agrirouter funktionieren?
Maring: Fassen wir mal zusammen. Alle Maschinen sind mit zwei oder mehr Satellitenempfängern und mindestens einem Funkmodem bestückt, wobei ein Teil der Technik versteckt ist.
Lohner: Ich spinne jetzt mal weiter. Damit eine Diebstahlsicherung wirklich effektiv ist, wird womöglich weder dem Händler noch dem Besitzer verraten, was wirklich in den Maschinen verbaut ist. Ebenso wenig wird offengelegt, welche Daten online abgegriffen werden und inwieweit der Hersteller einen Fernzugriff ohne Autorisierung durch den Besitzer oder Fahrer hat.
Bauer: Das bedeutet, dass ich die Funkmodems finden und die SIM-Karten herausnehmen sollte, wenn der Hersteller mich nicht ausspionieren soll.
Fahrer: Du möchtest aber sicher weiter mit RTK fahren. Ist dir klar, dass die aktuellen RTK-Systeme permanent deine Position abgreifen? Und wenn der Dienst vom Hersteller kommt, was hindert ihn daran, weitere Daten mitzunehmen?
Lohner: Der Gedanke ist gut, den hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm. Ich denke jetzt mal weiter. Diese Systeme laufen alle übers Internet und sind somit auch hackergefährdet.
Bauer: Stellt euch mal vor, jemand hackt sich in euren Häcksler ein und schaltet die Kiste einfach aus.
Fahrer: Oder jemand spielt an der Motorsteuerung, so dass das Aggregat explodiert. Daran mag ich ja gar nicht denken.
Lohner: Anders als bei einem spektakulären Raub stünde davon nichts in der Zeitung, und ich wäre der Depp.
Maring: Für die kreativen Hacker wäre ein Häcksler oder ein Mähdrescher wahrscheinlich ein Kinderspiel. Gut, dass wir hier unter uns sind und keiner mithört.