Lohner: Früher habe ich selten mit Bauern um Preise gefeilscht. Aber vor ein paar Tagen kam von einer Betriebsgemeinschaft eine Anfrage für 400 Hektar Mähdrusch im kommenden Sommer. Bis zum 1. Februar soll ich ein Gebot abgeben.
Lohner: Da hocken junge Landwirte zusammen und überlegen, wie und wo sie ein paar Euro sparen können. Die wissen scheinbar nicht, dass ich bei einer Vollkostenrechnung bisher schon Geld beim Dreschen mitgebracht habe.
Bauer: Das glaubst du doch selbst nicht.
Lohner: Das Leben ist ein Geben und Nehmen. Am Mähdrusch können wir bei unseren Strukturen nichts verdienen. Wir helfen den Landwirten mit moderaten Preisen, dass sie mit ihrem Ackerbau durchs Loch kommen.
Fahrer: Und jetzt können wir im Winter über 20 000 Euro und sechs Wochen Schrauben in unsere Mähdrescherflotte stecken, damit wir im Sommer keine Überraschungen erleben.
Lohner: Mich ärgert nicht der Versuch der Landwirte, Kosten zu sparen — das ist absolut legitim. Aber warum sprechen sie mich nicht direkt an? Sie kennen mich und ich sie. Wenn sie ihre Kosten nachhaltig senken wollen, geht es nur gemeinsam mit uns Lohnunternehmern.
Maring: Oder mit dem Maschinenring.
Lohner: Wie auch immer, beim Mähdrusch stellen sich Fragen, wie z. B. lässt sich die Abfuhrlogistik verbessern? Können wir tatsächlich erst um 13 Uhr und nicht schon mal um 11 Uhr anfangen? Inwieweit bekommen wir freie Hand in der Planung?
Fahrer: Dann frag auch gleich, ob die Drainagen in Ordnung und die Beregnungsschächte markiert sind, bevor es rumst.
Bauer: Ich weiß schon, weshalb ich selbst dresche.
Lohner: Ich sehe die Kommunikationskultur in der Landwirtschaft wie auch in anderen Bereichen den Bach herunter gehen.
Fahrer: Statt eines Anrufs, der in kürzester Zeit alles klärt, kommen Mails und Nachrichten über WhatsApp, Facebook oder Telegram — manchmal sogar im öffentlichen Bereich. Wenn du dann unüberlegt antwortest, hast du gleich die nächste Baustelle in Arbeit.
Bauer: Oder wenn du jemanden nur ein bisschen kritisierst, kommen gleich die Faktenchecker.
Fahrer: Aber doch nicht bei dir.
Bauer: Und ob. Ich habe auf Facebook den Account meines Traktorherstellers abonniert. Neulich kam darüber ein Post zur neuesten Serie. War klasse gemacht, ich habe es mir direkt angeschaut.
Maring: Was aber kein Grund sein kann, den Faktencheckern ins Netz zu gehen.
Bauer: Ich habe einen ehrlichen Kommentar geschrieben und unter anderem das neue Bedienkonzept gelobt. Dass diese Schlepper aber noch die Kabine der Vorgängerserie haben, habe ich ebenfalls gepostet.
Lohner: Besser ein altes Dach über dem Kopf als keines.
Bauer: Ich habe kritisiert, dass sich die Kabine nach vorne hin verjüngt und dadurch zusammen mit dem großen Terminal ein beengtes Raumgefühl entsteht.
Fahrer: Das kann ich bestätigen.
Bauer: Aber offensichtlich gefiel es den Herrschaften nicht. Schon nach kurzer Zeit bekam ich eine Mail, in der stand, dass ich die Community-Richtlinien verletzt hätte und nun gesperrt sei.
Maring: Wegen der Kritik am neuen Schlepper?
Bauer: Ja! Ich konnte es selbst kaum fassen und habe sofort eine Beschwerde dagegen eingelegt.
Fahrer: Der Ton macht die Musik.
Bauer: Hätte ich gewettert und womöglich noch in die Fäkalwortkiste gegriffen, wäre die Sperre nachvollziehbar gewesen. Aber mein Kommentar hatte unter dem Strich sogar einen positiven Zungenschlag. Das wäre im Chat eine Steilvorlage für den Hersteller und die Händler gewesen.
Lohner: War dein Widerspruch erfolgreich?
Bauer: Zuerst nicht. In der nächsten Mail wurde mir mitgeteilt, dass Facebook meinen Einspruch bearbeiten würde, dies könne aber aufgrund von Personalmangel dauern.
Fahrer: Das deutet darauf hin, dass die Zensurmaschine unter Volldampf läuft.
Bauer: Am nächsten Tag wurde mein Account wieder freigeschaltet. Aber der besagte Post über den Schlepper war weg.
Maring: Nicht Menschen, sondern Algorithmen filtern alles, was in den sozialen Medien auftaucht. Und diese Maschinen sind teilweise gnadenlos. Sie stellen wenig Zusammenhänge her und machen alles platt, was nicht der normierten Meinung entspricht.
Bauer: Für mich ist dieses Gebaren ein Spiegel der heutigen Gesellschaft. Statt miteinander, reden die Menschen übereinander.
Lohner: So wie meine Druschkunden mir mit der Ausschreibung indirekt unterstellt haben, dass ich sie jahrelang über den Tisch gezogen habe.
Bauer: Die sozialen Medien heizen das schwarz-weiß-Denken zusätzlich an. Emotionen dominieren über Fakten. Das überträgt sich in den Alltag. Wenn du eine unbequeme Meinung hast, kriegst du gleich eins über den Rüssel und wirst in die böse Ecke gestellt. Das passiert mir immer wieder. Ich weiß nicht, wohin das noch führen soll.
Maring: Diesen Verfall der Sitten bekommen wir nur in den Griff, indem wir selbst nicht dabei mitmachen.
Lohner: Deshalb können meine kostenbewussten Bauern ihr Getreide im nächsten Sommer selbst dreschen oder sich einen Billigheimer holen. Spätestens in zwei Jahren stehen sie wieder bei mir auf der Matte.