Im Jahr 1998 präsentierte Fendt mit der Favorit-700-Vario-Baureihe die Nachfolger der Favorit 500. Wie auch die zwei Jahre zuvor eingeführten Favorit 900 Vario-Großschlepper bekamen die 700er das selbst entwickelte, leistungsverzweigte Stufenlosgetriebe. Dies brachte vielen Landwirten eine große Komfortverbesserung, weshalb die Traktoren der ersten drei Generationen noch heute auf vielen Betrieben zu finden sind.
Georg Bergmann vom Agravis Technik Center in Meppen ist bereits seit über 25 Jahren im Gebrauchtmaschinengeschäft tätig und konnte auch auf dem elterlichen Betrieb Erfahrungen mit den 700ern sammeln. Dort setzen Bergmanns einen 711 Vario bereits seit über 15 000 Betriebsstunden ein. Der Spezialist gab uns Tipps, worauf man bei einem Gebrauchtkauf achten sollte.
Im Fendt-Jargon wird in Verbindung mit den Generationen von „Gen-1 bis -3“ oder von „COM1 bis -3“ gesprochen. Letzteres steht für die jeweils im Bauzeitraum geltenden Abgasstufen Tier I bis III. Im Laufe der drei Generationen erfolgten technische und optische Änderungen. Das auffälligste Merkmal ist die geänderte Motorhaube.
Zum einen entfiel der Zusatz „Favorit“ mit dem Wechsel zur zweiten Generation. Zum anderen vergrößerten die Ingenieure das Lüftungsgitter des Kühlergrills, indem sie die lackierten Stege über den Fahrscheinwerfern bei den COM2-Modellen ab dem 714 Vario wegließen. Zudem wurden neue Lüftungseinlässe an der Motorhaubenseite integriert. COM3-Traktoren haben alle die neue Haube. Des Weiteren unterscheidet sich die erste von den nachfolgenden Generationen durch den geänderten Batteriekasten. Während COM1-Traktoren noch über eine vollwertige Aufstiegsleiter rechts verfügen, wurde diese bei späteren durch eine steilere Notleiter ersetzt, um mehr Platz für Batterie, Werkzeugkasten und hydraulische Steuergeräte zu schaffen.
Ein weiteres, optisches Merkmal ist der Batteriekasten: hier die COM1-Variante…
(Bildquelle: Bertling)
Über alle Generationen hinweg wurden Sechszylinder-Motoren von Deutz eingebaut. In den ersten beiden Generationen dieselt der 5,7 l große BF6M2013 mit Vierventil-Technik. Während die Einspritzung in der ersten Generation noch mechanisch geregelt wurde, erfolgt dies ab der zweiten Generation elektrisch. Ab der dritten Generation kommt mit dem TCD 2012 L06 4V ein sechs Liter großer CommonRail-Diesel zum Einsatz. Um die damals geltenden Abgasvorschriften der Stufe III zu erfüllen, wurde eine Abgasrückführung integriert. Grundsätzlich gelten die Motoren vor allem bei den etwas leistungsschwächeren Modellen als robust, wofür auch die oft hohen Betriebsstundenzahlen jenseits der 15 000 Stunden sprechen. Bei den größten Modellen gehören öfters die Kopfdichtung und der Turbolader zu den bereits gewechselten Verschleißteilen. Während die 700er allgemein als spritzig gelten, hat der 711 Vario COM1 einen etwas trägen Ruf. Dies liegt daran, dass der kleinste im Bunde keinen Ladeluftkühler besitzt. Ab dem COM2 ist dieser auch beim 711 zu finden.
Das seinerzeit wegweisende Merkmal ist das stufenlose Vario-Getriebe. Die Übersetzung wird durch eine sogenannte Leistungsverzweigung mechanischer und hydraulischer Komponenten, wie Schwenkpumpen, stufenlos gesteuert. Anfangs wurde der Triebsatz ML130 eingesetzt. Später folgten der überarbeitete ML160 bei allen COM3-Modellen.
Bei Modellen der ersten Generation steuern Sie die Endgeschwindigkeit über die y-Achse des Fahrhebels. Auf der x-Achse sind Tempomat und Wendeschaltung hinterlegt. Über das Fußpedal regeln Sie die Motordrehzahl. Das Handgas erfolgt mechanisch per Hebel im B-Holm.
Ab der zweiten Generation konnte das Traktor-Management-System (TMS) bestellt werden. Das System bot ein elektronisches Handgas mit zwei Drehzahlspeichern. Noch bedeutender sind der Fahrpedal- und Fahrhebelmodus. Hiermit kann der Schlepper wie mit einem Automatikgetriebe nur über das Fußpedal bis zur vorher über einen Schieberegler angegebenen Geschwindigkeit gefahren werden. Die benötigte Motordrehzahl steuert der Schlepper von allein. Das Gleiche gilt für den Fahrhebelmodus, nur dass anstelle des Fußpedals der Fahrhebel genutzt wird. Wer oft die rechte Hand z. B. für die Bedienung des Kreuzhebels bei Frontladerarbeiten benötigt, der sollte sich nach einem Schlepper mit TMS umsehen. Zudem wurde hierdurch die Gefahr der Fehlbedienung ungeschulter Fahrer bei Transportarbeiten gemindert, da es vor allem in der Anfangszeit Probleme mit defekten Triebsätzen nach wenigen tausend Betriebsstunden gab.
In vielen Fällen führten defekte Abdichtungen und ein erhöhter Verschleiß der Hydraulikkomponenten zu Problemen, die auf zu hohe Gegendrücke und die dadurch entstehende Erhitzung im Getriebe zurückzuführen waren. Sind die Dichtungen defekt, baut der Schlepper nicht mehr den vollen Druck auf und bleibt unter Last im schlimmsten Fall stehen. „In einigen Fällen resultierten die Schäden durch Fehlbedienung, da schwere Lasten vor allem bei Transportarbeiten über das Getriebe heruntergebremst wurden“, erklärt uns Bergmann. Bei der Besichtigung eines Gebrauchten kann man den Getriebedruck auf dem Vario-Terminal ablesen. Hierzu wechseln Sie in das Diagnose 1-Menü, treten die Fußbremse, legen den Vorwärtsgang ein und lassen den Schlepper mit etwa 1 500 U/min Druck aufbauen. Der Getriebedruck sollte in diesem Zustand bei etwa 500 bis 550 bar liegen. Bei einer anderen Prüfung legen Sie die erste Fahrstufe ein und fahren mit etwa 1 600 U/min an. Der Traktor sollte sich nun über die Fußbremse nicht anhalten lassen können.
Grundsätzlich sollte immer darauf geachtet werden, dass bei schweren Zugarbeiten die erste Fahrstufe eingelegt wird. „Dies gilt nicht nur bei der Bodenbearbeitung, auch bei schweren Zugarbeiten auf dem Acker. So sollte auch beim Maisfahren die Stufe umgeschaltet werden“, erklärt Georg Bergmann. Hierdurch wird die hydrostatische Einheit entlastet.
Ein Wechsel des Triebsatzes kostet bei Fendt knapp 14 000 Euro netto. Danach hat der Schlepper jedoch auch ein komplett neues Getriebe, lediglich das Gehäuse bleibt erhalten. Eine weitere Schwachstelle war bei den ersten Modellen die Verzahnung der Getriebeeingangswelle mit Dämpfungseinheit, die häufig bei etwa 5 000 bis 6 000 Betriebsstunden ihren Dienst quittierte. Bei Modellen ab der zweiten Generation sowie bei vielen COM1-Traktoren wurde eine um 3 cm verlängerte Verzahnung eingesetzt bzw. nachgerüstet.
Eine gefederte Vorderachse mit Längsschwinge und eine Kabinenfederung ist bei allen 700er Serie. In der ersten Generation wurden mechanische Dämpfer unter der Kabine eingebaut, ab COM2-Modellen war eine pneumatische Federung möglich.
Die Vorderachse stammt bei der ersten Modellreihe von ZF. Die 711 und 712 Vario sind mit etwas kleineren Achse mit Acht-Loch-Felgen ausgerüstet. Bei den größeren Modellen ab dem 714 findet man Achsen mit Zehn-Loch-Felgen. Ab den COM2-Traktoren wurden Achsen des Herstellers Dana verwendet, die etwas mehr Lenkeinschlag ermöglichen. Zudem wurden bei dem ab 2006 gebauten Spitzenmodell 718 Vario größere Endantriebe eingebaut, womit er baugleich mit dem 818 und 820 Vario ist. Noch heute sind alle 700 Vario für moderne Arbeitsgeräte gewappnet: Dies liegt zum einen an den großen Axialkolben-Verstellpumpen mit mindestens 110 l/min Fördervolumen. Ab dem COM 3 war optional eine größere Pumpe mit 154 l/min verfügbar.
Des Weiteren wurden die Traktoren oft mit vier dw-Steuergeräten ausgeliefert, die elektrohydraulisch betätigt werden. Bei den späteren Modellen ist zusätzlich eine Außenbedienung für ein Steuergerät erhältlich. Komfortabel sind zudem die Mengen- und Zeiteinstellungen über das Vario-Terminal. Des Weiteren sind die Terminals ab Generation 2 ISO-Bus fähig, und es wurden einige Modifikationen vorgenommen.
Elektronikprobleme gab es vorwiegend bei COM1-Traktoren, da die Kabelbäume ungünstig verlegt waren und aufscheuerten. Teilweise wurden diese repariert oder durch neue ersetzt, was Sie nach dem Öffnen der Motorhaube an den Verschraubungen hinter dem Kombiinstrument erkennen. Sind diese aus Kunststoff, ist der Kabelbaum neu.
Grundsätzlich sind vor allem die leistungsstärkeren COM2- und 3-Modelle teuer. Selten findet man Schlepper unter 40 000 Euro netto, auch wenn bereits deutlich über 10 000 Betriebsstunden auf dem Tacho stehen. Günstiger sind COM1-Modelle. Hier gibt es bereits Angebote um etwa 30 000 Euro netto. Wer die ursprüngliche Vario-Bedienung mag und auf ein paar Annehmlichkeiten verzichten kann, ist auch mit einem der ersten gut beraten.