RTK-Lenksystem AgOpenGPS: Präzise lenken für kleines Geld
Ob beim Mähen, Drillen oder Grubbern: je präziser die Arbeit, desto besser das Ergebnis. Mit AgOpenGPS können Sie für weniger als 2 000 Euro ein vollwertiges RTK-Lenksystem bekommen. Mit Vor- und Nachteilen.
– Das Setup kostet zwischen 1 500 und 2 000 Euro.
– Sie benötigen Geduld und Zeit.
– Ohne Elektronik-Grundkenntnisse und einen Lötkolben geht es nicht.
– Sie sollten sehr vertraut mit Ihrem Schlepper sein.
– Handwerkliches Geschick und Zugriff auf einen 3D-Drucker sind ratsam.
Die Vorteile von präzisen Lenksystemen liegen auf der Hand: Exakte Anschlussspuren optimieren den Einsatz von Betriebsmitteln und damit das Geld im Portemonnaie. Die Systeme von namhaften Herstellern kosten oft um die 20 000 Euro. Das steht bei der Anschaffung vor allem für ältere Traktoren oder für die Hobbylandwirtschaft in keinem Verhältnis. Glücklicherweise gibt es hierfür aber interessante Selbstbau-Lösungen.
Neben der großen Community rund um das bereits vorgestellte Cerea-Lenksytem (Stark 5/2019) gibt es ebenso viele Fans für das Parallel- bzw. Lenksystem „AgOpenGPS“. AgOpenGPS ist eine kostenfreie Open-Source-Software für Windows-Geräte und lässt sich mit entsprechenden Komponenten in verschiedenen Ausbaustufen nutzen.
Wissen zum Angeben
RTK (Real Time Kinematic) dient zur präzisen Bestimmung von Koordinaten. Mit Hilfe von Referenzstationen
lässt sich eine Genauigkeit von bis zu +/- 2 cm ermitteln.
In der kleinsten Version kann man die Software in Kombination mit einem RTK-Empfänger samt Korrektursignal als visuelles Parallelfahrsystem nutzen. Als nächste Ausbaustufe – mit zusätzlichen Komponenten wie ein Navigationsmodul, einen Lenkradmotor und Lenkwinkelsensor – ist eine automatische Spurführung des Traktors möglich. In einer dritten Ausbaustufe kann die Software mit Hilfe einer zusätzlichen Platine und Relais Anbaugeräte abhängig von der GPS-Position an- oder abschalten. Für alle Ausbaustufen ist eine Menge handwerkliches Geschick gefragt. Pioniere auf diesem Gebiet löten und verdrahten alle Komponenten selbst, wozu zum Beispiel die Kondensatoren und die Widerstände auf den Leiterbahnen zählen. Infos hierzu gibt es z. B. in zahlreichen YouTube-Videos, aber auch auf der Internetseite von Andreas Ortner unter www.autosteer.cc. Hierfür fallen 40 Euro Jahresgebühr an.
AgOpenGPS: Developer-Kit erleichtert Arbeit
Um den vielen Interessenten den Einstieg in die AgOpen-Technik zu erleichtern, gibt es auf der Internetseite von Andreas Ortner mittlerweile eine vorkonfigurierte Developer-Box. Hier sind verschiedene Komponenten wie die Leiterplatte, ein Arduino- und der Navigationsrechner, ein USB-Hub und ein Motorcontroller bereits vorkonfiguriert – mit Vor- und Nachteilen. Vorteil: Die Installation ist deutlich einfacher. Nachteil: Die Bauteile sind fest verlötet und bei einem Defekt nicht austauschbar.
Alle weiteren Komponenten wie ein GPS-Empfänger oder Lenkwinkelsensor gibt es ebenfalls im Shop von Ortner. Tipp: Möchtet ihr einen neueren Schlepper mit integriertem Lenkwinkelsensor aufrüsten, könnt ihr die Signale davon nutzen und auf einen weiteren Sensor verzichten. Trotz der sehr hilfreich vorkonfigurierten Box, die für den durchschnittlichen Anwender bereits viel Arbeit spart, darf man keine Plug-and-Play-Lösung erwarten. Für den Einbau der Komponenten in den Traktor ist Geduld gefragt: Wo lässt sich am besten die Stromversorgung abgreifen? Wie und wo kann man eine Reib- oder Zahnrad-Lösung samt Lenkmotor befestigen? Wie installiert man den Lenkwinkelsensor und kalibriert diesen? Welche Einstellparameter sind die richtigen? Für all diese Fragen empfehlen wir: ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren!
Wer die Unterstützung von anderen, vielleicht erfahreneren Praktikern wünscht, sollte sich in der Telegram-Gruppe (t.me/AGOpenGPSGerman) anmelden. Auf Nachfrage findet man dort ganz sicher auch Berufskollegen im eigenen Umfeld, bei denen man sich fertige Systeme anschauen kann. Unser Fazit? Das System und die Community sind fabelhaft. Wer Spaß am Löten, 3D-Druck und längeren Projekten hat, ist hiermit sehr gut beraten.
AgOpenGPS: Die Soft- und Hardware
Nach wenigen Tagen ist die Software eingängig zu bedienen. Sie bietet enormes Potenzial und ist umfangreich.
(Bildquelle: Klink)
Da sich jedes Bauteil mit unterschiedlichen Schleppern und Installationen anders verhält, kommt man um das detaillierte Einstellen vieler Parameter nicht herum.
(Bildquelle: Klink)
Zu den Grundeinstellungen zählen beispielsweise die Maße des eigenen Schleppers.
(Bildquelle: Klink)
Mit dem System sind AB-Linien und ebenso Kurven oder AB-Kurven möglich. Kurven lassen sich sogar in einstellbaren Abständen glätten.
(Bildquelle: Klink)
Der grobe Aufbau auf einem Fendt Farmer 309Ci: Lenkradmotor mit Zahnkranzlenkung, rechts vor der A-Säule das Developer-Set und ein Windows-Tablet an der rechten Seitentür.
(Bildquelle: Schulz)
Dank 3D-Druckteil lässt sich der Motor einfach ausschwenken oder demontierten.
(Bildquelle: Schulz)
Der Kompass darf nicht von elektronischen Bauteilen beeinflusst werden, daher die Position im Dachhimmel.
(Bildquelle: Schulz)
Im Kombiinstrument haben wir einen Schalter installiert, um den Lenkmotor an- oder abzuschalten.
(Bildquelle: Schulz)
Das Gehirn: In dieser Box laufen alle Kabel zusammen. Wir haben uns für universelle Steckverbindungen entschieden.
(Bildquelle: Schulz)
Ganz wichtig: Der Lenkwinkelsensor muss mittig in Fahrtrichtung auf der Achse sitzen.
(Bildquelle: Schulz)
Es gibt verschiedene Lösungen für den GPS-Empfang: Single- oder Dual-Heading. Hier der Single-Empfänger auf Höhe der Vorderachse.
(Bildquelle: Schulz)
Bastelecke
Tipp: Besorgt euch ein 12-V-Netzteil (oder nutzt eine entsprechende Batterie) und testet die Komponenten bereits vor der Installation im Simulator-Modus von AgOpen GPS.
(Bildquelle: Schulz)
Beim Developer-Kit von auto-steer.cc sind einige Komponenten bereits konfiguriert. Anschlussbuchsen muss man – bei Bedarf – selbstständig einbauen.
(Bildquelle: Schulz)
Für den Lenkwinkelsensor von delphi haben wir einen verlängerten Arm per 3D-Modell konstruiert. Damit der Sensor exakte Werte liefert, ist Präzision sehr entscheidend.
(Bildquelle: Schulz)
Der Lenkradmotor kann z. B. per Reibrad oder Zahnkranz in das Lenkrad eingreifen. Wir haben uns für eine Zahnradlösung entschieden, weil wir diese platzsparender installieren konnten. Passende 3D-Druckdaten gab es im Cerea-Forum.
(Bildquelle: Schulz)
Beispielhafte Teileliste:AgOpen GPS als RTK-Lenksystem
Windows-Tablet oder Laptop mit SSD-Festplatte
Kostenlose AgOpen-Software
Developer Set von autosteer.cc im Aluminiumgehäuse (vorkonfigurierte Leiterplatte mit Arduino Nano, einem Ads1115-Analog-Digital-Wandler, einem Motorcontroller für den Lenkmotor und optional dem 2-Band-RTK-Receiver Ardusimple F9P)
Verschiedene Stecker, um das Developer-Set mit weiteren Komponenten zu verbinden (z. B. powerCon, Speakon, XLR, USB sowie für das Antennen- und Netzwerk-Kabel)
Neigungssensor (z. B. CMPS14)
GPS-Empfänger (z. B. AnnMB)
Hardware zum Empfang von Mobilfunk auf dem Feld (z. B. Hotspot per Smartphone)
RTK-Korrektursignal (z. B. Sapos-Signal)
Lenkradmotor (z. B. von phidgets)
Verschiedene Halter für die Zahnkranz- oder Reibrad-Lenkung, den Kompass, den Lenkwinkelsensor und das Developer (z. B. Schweißteile oder Teile aus dem 3D-Drucker)