Hörmann Kälberstall: Erst umgedacht, dann umgezogen
Lisa und Johannes Köhler aus Hessen haben mit ihrem Kälberstall nach amerikanischem Vorbild ein innovatives Konzept zur Verbesserung der Kälbergesundheit umgesetzt.
Gemeinsam mit ihrem Mann Johannes bewirtschaftet Lisa Köhler einen Milchviehbetrieb mit 150 Melkenden und einer Durchschnittsleistung von 11.800 Litern bei 3,9 % Fett und 3,6 % Eiweiß. Anders als mit den Kühen lief es die letzten Jahre im Kälberstall aber weniger gut: „Im alten, provisorisch umgebauten Schweinestall waren unsere Kälber ständig krank. Kaum ein Tier, das aufgrund von Lungenproblemen oder Durchfall nicht mit Antibiotika behandelt werden musste“, erinnert sich die gelernte Tierärztin.
Die Wende kam 2021 mit einem Vortrag des Landwirts Pete Kappelmann aus Greenbay (USA). Er verdeutlichte den Köhlers die Bedeutung des Rein-Raus-Prinzips und die Trennung der Lufträume zwischen älteren und jüngeren Kälbern. Diese Erkenntnisse waren der Auslöser für den Bau eines neuen Kälberstalls, der im Februar 2023 bezogen wurde.
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Gemeinsam mit ihrem Mann Johannes bewirtschaftet Lisa Köhler einen Milchviehbetrieb mit 150 Melkenden und einer Durchschnittsleistung von 11.800 Litern bei 3,9 % Fett und 3,6 % Eiweiß. Anders als mit den Kühen lief es die letzten Jahre im Kälberstall aber weniger gut: „Im alten, provisorisch umgebauten Schweinestall waren unsere Kälber ständig krank. Kaum ein Tier, das aufgrund von Lungenproblemen oder Durchfall nicht mit Antibiotika behandelt werden musste“, erinnert sich die gelernte Tierärztin.
Die Wende kam 2021 mit einem Vortrag des Landwirts Pete Kappelmann aus Greenbay (USA). Er verdeutlichte den Köhlers die Bedeutung des Rein-Raus-Prinzips und die Trennung der Lufträume zwischen älteren und jüngeren Kälbern. Diese Erkenntnisse waren der Auslöser für den Bau eines neuen Kälberstalls, der im Februar 2023 bezogen wurde.
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Ein gutes Jahr nach Bezug der neuen Stallungen zieht die Tierärztin ein überaus positives Fazit. So musste seitdem kein Tier mehr krankheitsbedingt behandelt werden. Bestätigt wird der gute Eindruck von einem jüngst durchgeführten Lungenscan mit einem speziellen Ultraschallgerät, bei dem nicht ein einziges Kalb Anzeichen einer Lungenerkrankung zeigte. Und mit durchschnittlichen Zunahmen von 1.283 g/Tag vom 10. bis 100. Lebenstag liegen die Ergebnisse ebenfalls auf einem guten Niveau.
Ihr erstes Etappenziel haben die Eheleute damit bereits erreicht. Aufgrund der guten Erfahrungen anderer Betriebe mit vergleichbaren Kälberställen erhoffen sie sich weitere positive Effekte. Unter anderem streben sie langlebigere Kühe mit einer Steigerung der durchschnittlichen Milchlebensleistung von 35.000 auf 50.000 l je Tier an.
H-Stall mit vier Gruppen
Eine Besonderheit des 18,50 mal 14,50 m großen, neu auf die grüne Wiese gebauten Stalls ist seine Bauweise in H-Form. Genau genommen sind es zwei Ställe mit zwei jeweils räumlich voneinander getrennten Abteilen. Zentral in der Mitte der beiden Stalltrakte angeordnet befindet sich die Futter- bzw. Versorgungskammer inklusive Tränkeautomat.
Die jeweils 14,50 langen Seiten der Ställe sind für eine gute Frischluftversorgung mit weit öffnende Curtains ausgestattet. Die zum Öffnen und Schließen der Curtains installierte Automatik funktionierte bei unserem Besuch im September 2024 noch nicht final, so dass die Köhlers die Curtains aktuell von Hand regulieren. Das geht nach Beschreibung von Lisa Köhler sehr gut. Neben viel frischer Luft ist ihr immer auch eine niedrige Konzentration an Ammoniak in der Stallluft ein Anliegen. Um ihre Ziele zu erreichen, achtet sie im Alltag darauf, dass die Buchten immer ausreichend eingestreut sind und die Kälber in selbst ausgebildeten Nestern liegen können.
Jedes der vier Abteile bietet den Kälbern viel Luft, Licht und Stroh zum Liegen und Herumtummeln.
(Bildquelle: Zäh)
Der 60 cm hohe Betonsockel bietet den Kälbern ganzjährig einen wirksamen Wetterschutz.
(Bildquelle: Zäh)
In der kalten Jahreszeit verlieren die Curtains weitgehend ihre Funktion. Denn dann stellen die Betriebsleiter für einen kontrollierten Luftwechsel die zwei auf der Nordseite des Stalls installierten Ventilatoren an, so dass über zwei lange Schläuche eine kontrollierte Menge an Luft in die vier Kälberabteile gelangt.
Stichwort Kälberabteil: Jedes der vier Abteile misst bei einem Schenkelmaß von 7,25 mal 5,24 m einen nutzbaren Liegebereich von 38 m2. Bei sieben Kälbern je Tiergruppe stehen so jedem Kalb rund 5,5 m2 zur Verfügung. Gesetzlich vorgeschrieben ist gemäß Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) für zwei Wochen alte, in Gruppen gehaltene Kälber ein Platzangebot von mindestens 1,5 m2. Ergänzt wird das Ganze durch eine Traufhöhe von 4,50 m, so dass alle Kälber von großem Luftvolumen profitieren.
Durchdachtes Raumkonzept
Damit der Neubau auch die Arbeit erleichtert, ist das Aufzuchtsystem im Betrieb Köhler wie folgt strukturiert:
Die ersten zehn Tage nach dem Abkalben verbleiben die Kälber an der Hofstelle im Ort. Die räumliche Nähe der neugeborenen Kälber zu den frisch abgekalbten Tieren erleichtert dem Betrieb die Erstversorgung der Tiere mit Kolostrum und angesäuerter Transitmilch.
Nach zweitägiger Umstellphase auf Milchaustauscher ziehen die Kälber am zehnten Lebenstag in den Neubau mit 28 Plätzen (4 mal 7 Plätze) um. Hier erhalten die Tiere Milchaustauscher sowie Kraft- und Raufutter zur beliebigen Aufnahme.
Vom vierten bis sechsten Monat geht es in den Jungviehstall auf Stroh. Dabei bleiben die Gruppen aus dem Kälberstall weiterhin stabil. Sie werden jeden Monat gemeinsam in ein nächstes Abteil umgestallt.
Ab dem siebten Monat ziehen die Festgruppen in den ebenfalls neuen, mit Liegeboxen und Gummimatten ausgestatteten Jungviehstall. Auch hier ist ein Abteil nur für die jeweilige Gruppe reserviert, was Stress durch Umstallen minimiert. Erst im Folgemonat erfolgt eine Vergesellschaftung mit älteren Jungrindern.
Ein Jahr nach dem Umzug in den Neubau zeigt sich Lisa Köhler freudig überrascht vom großen Hunger ihrer vitalen Kälber. „In der ad libitium-Phase säuft jedes Kalb täglich im Schnitt 18 l. Bis zum Abtränken ergibt sich ein Pulververbrauch von bis zu 100 kg je Kalb — was in Summe Futterkosten von etwa 300 Euro bedeutet“, rechnet Lisa Köhler vor. Die Ausgaben für das Futter sieht die Tierärztin mit Blick auf die Erfahrung anderer Betriebe mit ähnlicher Strategie als eine gute Investition in die Zukunft der Leistungsfähigkeit ihrer Kühe. So können die Tiere schon jetzt deutlich früher besamt werden, so dass ein Abkalbealter mit 24 Monaten oder jünger erreicht werden kann. Dies relativiert die höheren Kosten in der Tränkephase.
Die Raumunterteilung des neuen Stalls erlaubt dem Betrieb ein konsequentes Hygienemanagement. Denn jedes der vier mit Rolltor versehenen Abteile kann ganzjährig separat entmistet werden. Allerdings würde Johannes Köhler die Tore heute breiter machen, um den kompletten Stall mit dem Lader entmisten zu können.
Nach dem Misten erfolgt jedes Mal ein Reinigen und Desinfizieren mit dem Hochdruckreiniger. Zudem stehen die Abteile nach jeder Reinigung ein paar Tage leer. „Um den Keimdruck zu senken, ist dieser Leerstand wichtig“, betont die Tierärztin.
Nach dem Reinigen eines Abteils bleibt dieses zur Beruhigung für mehrere Tage leer.
(Bildquelle: Zäh)
Die vier Tore sind schmaler als die Abteile breit sind — aus heutiger Sicht ein Fehler.
(Bildquelle: Zäh)
Pro und Contra
Den Versorgungsbereich zwischen den Ställen bezeichnen die Praktiker als Gewinn. Denn der Raum ist ganzjährig trocken, so dass neben Futtermitteln auch andere Utensilien für die Kälberaufzucht frostgeschützt gelagert werden können.
In der Futterkammer steht auch zentral der mit Milchpulver arbeitende Tränkeautomat. Gleichwohl die Technik in der Lage ist, vier Automaten in vier Altersgruppen zentral zu versorgen, würde sich Lisa Köhler heute für zwei Tränkeautomaten entscheiden. Ihre Begründung klingt so banal wie logisch: „Mit zwei Automaten werden die Milchleitungen kürzer, so dass die Milch mit einer höheren Temperatur beim Kalb ankommt. Des Weiteren führt — trotz der regelmäßigen, automatischen Reinigung der Milchleitungen — aus hygienischer Sicht kein Weg an einem turnusmäßigen Tausch der Milchleitungen vorbei.“
Die Verlegung der Leitung in den Boden erschwert dabei den Tausch nicht unerheblich. Aus heutiger Sicht würde sie deshalb die Milchleitungen oberirdisch verlegen. Dann würde auch eine gute Chance zum Dämmen der Leitungen bestehen — zum Schutz vor übermäßigem Wärmeverlust bzw. schnellem Abkühlen der Milch.
In der zentralen Futterkammer befindet sich die Technik zum Versorgen der Kälber.
(Bildquelle: Zäh)
Die frostfreie Futterkammer bietet Platz für tägliche Dinge in der Kälberaufzucht.
(Bildquelle: Zäh)
Die langen, unterirdisch verlegten Leitungen sieht Lisa Köhler heute durchaus kritisch.
(Bildquelle: Zäh)
6.000 Euro Stallplatzkosten
Die Leitungs-, Beton- und Maurerarbeiten konnten die Praktiker weitgehend in Eigenregie erledigen. Der Aufbau in Holz inklusive der Ausstattung mit Toren und Curtains wurde von der Firma Hörmann erstellt. Inklusive der technischen Geräte für die Futterkammer wie die Tränketechnik standen so letztlich 168.000 Euro ohne Mehrwertsteuer auf der Endabrechnung. Dividiert durch 28 Kälber schlägt so ein Tierplatz mit 6.000 Euro zu Buche.
Fazit: Investition zahlt sich aus
Der neue und in H-Form erstellte Kälberstall der Familie Köhler zeigt durch eindrucksvoll vitale Tiere, wie sich gezielte Investitionen in die Kälbergesundheit auszahlen. So verhindert das durchdachte Raumkonzept mit konsequenter Trennung der Altersgruppen und Lufträume eine gegenseitige Ansteckung der Tiere.
Dass die Tiere gesund am neu gebauten Stall ankommen, liegt aber auch am konsequenten Kälbermanagement von Lias Köhler. So sind nach eigenem Bekunden die zeitige Gabe des Kolostrums sowie das Füttern von angesäuerter Transitmilch nur zwei der vielen kleinen Bausteine, die letztlich zum Erfolg führen.