Sie kaufen einen Schlepper und fragen sich, wie schnell der fahren soll? Da gibt es unter deutschen Gesichtspunkten derzeit nur eine Antwort: 40 km/h. Wem das nicht reicht, der besorgt sich einen Lkw — Punkt.
Fangen wir bei der Physik an: Die lässt sich bekanntlich nicht täuschen. Im Vergleich zum 50-km/h-Schlepper verbrauchen sie deutlich weniger Diesel, weniger Gummi und weniger Bremsbeläge. Hier gibt es nichts zu diskutieren — Punkt. In den meisten Fällen sind die Getriebe der Schlepper für eine höhere Geschwindigkeit gefertigt. Drosseln Sie Ihren Schlepper, dann fahren Sie mit reduzierter Drehzahl noch mal sparsamer als der saufende 50er. Weil die meisten Anhänger eh nur auf 40 km/h zugelassen sind, erübrigt sich das Argument für den schnelleren Transport ohnehin.
Das Gesetz will es langsamer
Unser deutsches System will, dass dem Landwirt — und vor allem dem Lohnunternehmer — die 50-km/h-Variante madig gemacht wird. Klebt ein 40-km/h-Schild auf der Rückscheibe Ihres Schleppers, muss dieser nur alle zwei Jahre beim TÜV vorstellig werden. Den Zeitgewinn, den Sie mit dem 50-km/h-Schlepper (nicht) einfahren, verlieren Sie also spätestens bei der amtlichen Dienststelle, wenn Sie jedes Jahr aufs Neue auf den Prüfer warten. Eine Sicherheitsüberprüfung hat sogar halbjährlich zu erfolgen. Von den zusätzlichen Gebühren mal ganz abgesehen.
Anders als bei einem Lkw fällt der Schlepper mit 40 km/h Höchstgeschwindigkeit nicht in die Verordnung des Güterkraftverkehrsgesetzes (GÜKG). Das spart die Maut. Fahren Sie als Lohnunternehmer mit der Erdmulde auf Baustellen, brauchen Sie auch keinen Fahrtenschreiber. Die Lenk- und Ruhezeiten sind mit einem Fahrtenschreiber nicht zu erfassen — die Arbeitszeit bzw. das Arbeitszeitgesetz beachten Sie natürlich in gewohnter Form. Zwar müssen die Fahrer auf einer Baustelle die Klasse C/CE haben, aber mit dem maximal 40 km/h fahrenden Trecker müssen diese keine extra Module nachweisen wie z. B. die Qualifikation nach Schlüsselzahl 95.
50 km/h? Eine reine Materialschlacht: Da wird die gefederte Vorderachse zur geforderten Federachse...
Tobias Bensing
Mythos Schnelligkeit
Prüfen Sie diese Legende genau. Wie oft donnert der Abfahrer zum Acker und wartet dort, um vom Häcksler gefüllt zu werden? Und wenn Sie mit einem vollen Güllezubringer unterwegs sind, analysieren Sie mal genau wie lange Ihr Schlepper benötigt, um auf 50 km/h Endgeschwindigkeit zu kommen. Prüfen Sie sehr sorgfältig, denn spätestens bei 47 km/h bremst Sie die nächste rote Ampel aus. Dann beginnt das gleiche Spiel von vorne.
Und wo wir gerade bei der Zuladung sind: Die K80-Kupplung darf in der Regel mit 4 und nicht 3 t belastet werden, wenn der Schlepper nicht schneller als 40 km/h fährt.
Sicherheit
Als Betriebsleiter ist die Zuteilung der Schlepper an Aushilfen ein Leichtes, weil 16 Jahre junge Fahrer mit T-Führerschein einen Schlepper mit 40 km/h bewegen dürfen.
Zum Schluss noch der wichtige Hinweis der Außenwirkung: Rauscht ein Schlepper-Anhänger-Gespann mit 50 km/h durch den Ort, zittert das Porzellan in den Schränken der Anwohner. Mit nur 10 km/h weniger bleibt nicht nur der Dieseltank länger voll, es lebt sich auch mit den Nachbarn und Anwohnern deutlich entspannter.
Unterm Strich: Sie fahren mit 40 km/h effizienter, unbürokratischer, günstiger und sicherer — Punkt.
Es gibt eine Menge Totschlag-Argumente gegen 50er Schlepper — die meisten davon lesen Sie links. Aber die Welt ist eben nicht schwarz-weiß. Auch die schnelleren Schlepper haben ihre Daseinsberechtigung: Wer mehr als 40 km/h fahren darf, ist im Straßenverkehr flotter unterwegs. Das gilt vor allem in Gegenden mit entsprechender Infrastruktur.
Geben es die Wege und Straßen her, ist man mit 50 km/h gefühlt doppelt so schnell auf dem nächsten Schlag — obwohl es faktisch nur 10 km/h mehr sind, ist man 25 % schneller unterwegs. Gerade bei überwiegenden Transportarbeiten oder wenn man mit Traktor und Gerät allein unterwegs ist wie etwa beim Schwaden, Pressen, Wickeln, Düngen oder Pflanzenschutz, ist das ein Argument. Natürlich muss auch das angehängte Gerät für entsprechende Geschwindigkeiten geeignet sein. Und selbstredend wird der Zeitgewinn mit Diesel und mehr Prüfaufwand erkauft.
Thema Sicherheit
Der nächste Punkt ist das Thema Sicherheit. Ja, Sie haben richtig gelesen. Denn der Freizeitdruck auf unseren Wirtschaftswegen und ländlichen Straßen nimmt zu: Rennrad- und E-Bike-Fahrer allerorten. Wer hier mit dem gebotenen Geschwindigkeitsunterschied überholen will, kann das nur mit einem Traktor, der schneller als
40 km/h läuft. Das ist sicherer als ein kilometerlanges Überholmanöver. Übrigens: Achten Sie dabei auf den Abstand zu jeglichen Fahrradfahrern: Mindestens zwei Meter sind (außerorts) seit einigen Jahren Pflicht! Nächstes Argument beim Thema Sicherheit sind die viel gescholtenen jährlichen TÜV-, und die halbjährlichen Sicherheitsprüfungen. Die kosten natürlich Zeit, aber sie tragen zur Sicherheit bei.
Die Welt ist nicht schwarz-weiß. 50 km/h haben ihre Berechtigung.
Christian Brüse
Flexibilität behalten
Niemand zwingt den Fahrer auf einem schnellen Schlepper, diesen hinsichtlich der Geschwindigkeit auch auszureizen. Das geht mit den links genannten Argumenten auch nicht immer: Die zulässigen Betriebsgeschwindigkeiten von Anhängern passen tatsächlich oft nicht zu 50 oder mehr km/h — da gibt es nichts zu beschönigen. Aber viele angehängte Arbeitsgeräte gibt es sehr wohl mit Papieren, die einen
50 km/h-Betrieb erlauben. Und die lassen sich nur mit dem Schnellläufer ausreizen. So ein schneller Schlepper lässt sich sehr viel flexibler einsetzen, denn er kann auf der langen gerade Strecke zügig Kilometer machen und wenn die Häckselkette stockt, weil ein Funkspruch fehlt, ist es egal, welches runde Geschwindigkeitsschild hinten auf dem Traktor klebt.
Zu guter Letzt lässt sich am Ende der Nutzungszeit ein schneller Schlepper leichter vermarkten: Mit 50 km/h spricht man einfach eine größere Zahl von Interessenten an. Der nächste Besitzer kann ihn dann ja notfalls immer noch drosseln.
Rücksicht
Abschließend sei bemerkt, dass eine höhere Geschwindigkeit nicht von Rücksicht befreit, mitunter ist gar das Gegenteil der Fall: Wer einen 50 km/h-Schlepper (oder einen noch schnelleren) bewegt, sollte besonders achtsam fahren. Unsere Mitmenschen und damit die meisten Verkehrsteilnehmer haben gehörigen Respekt vor unseren Maschinen. Hier gilt es also rücksichtsvoll zu fahren und die Höchstgeschwindigkeit nur zu nutzen, wenn es angebracht ist.
Außerdem müssen wir auf unsere Privilegien gegenüber beispielsweise Speditionen gut achten, damit uns diese nicht genommen werden. Ein Risikofaktor dafür ist in jedem Fall eine rücksichtslose Fahrweise.