Der Mähdrusch in Hanglagen stellte schon immer eine Herausforderung dar. Die Meinungen sind vollkommen unterschiedlich, ob eine Maschine mit einem Hangausgleich ausgerüstet sein sollte — und wenn ja, mit welchem System?
Bei uns weisen geschätzt nur rund 4 % der Ackerflächen über 15 % Gefälle auf. Gut zwei Drittel der Flächen sind durch Hangneigungen bis maximal 5 % gekennzeichnet, rund ein Fünftel weisen 5 bis 10 % Neigung auf. Ungefähr 6 % der Flächen haben Hangneigungen von 10 bis 15 %. Das mag zunächst unspektakulär erscheinen. Doch wer mit einem Mähdrescher ohne Hangausgleich aus der Ebene kommend am Seitenhang erntet, stellt schnell fest, dass dies für die Maschine eine völlig andere Welt ist.
In der Ebene sind Schüttler bei sonst korrekter Einstellung meist leistungsbegrenzend. Am Seitenhang entstehen plötzlich ungeahnte Reinigungsverluste. Denn die Hangabtriebskräfte bewegen das Korn-Spreu-
Kurzstroh-Gemisch auf den Sieben hangabwärts bis zum nächsten Hangsteg. Talwärts werden die Siebe folglich überbelegt, und es entsteht ein Stau.
Bergwärts sind die Siebe unterbelegt. Der Wind nimmt den Weg des geringsten Widerstandes, verlässt dort mit höherer Geschwindigkeit die Reinigung und nimmt im Übergangsbereich folglich noch Korn mit. Das System aus Windsichtung durch den Luftvolumenstrom des Gebläses und Größensortierung sowie Windleitung durch die Siebe bricht zusammen. Als Folge schüttet die Reinigung das Korn im Extremfall talseitig zum Teil auf den Acker oder in den Spreuverteiler.
Eigene Erfahrungen aus den 1980er Jahren mit einem Claas Dominator 108 und Claas Dominator 98 mit damals neuem 3D-Hangausgleich belegen dies. Bei dem System wirken oszillierende Bewegungen des Obersiebs der Hangneigung entgegen. Der sonst baugleiche Fünf-Schüttler-Mähdrescher fuhr der in der Ebene leistungsstärkeren Sechs-Schüttler-Maschine unter sonst gleichen Bedingungen am Seitenhang mit nur 5 % Gefälle bereits auf und davon.
Kanadische Untersuchungen aus dem Jahr 1992 sind genauso eindrucksvoll: Beim Weizendrusch am Seitenhang mit fünf Grad bzw. 8,75 % Neigung erreichte ein New Holland TX 36 mit deaktiviertem Reinigungs-Hangausgleich bei einem Kornverlustniveau von 1 % im Vergleich zur Ernte mit aktiviertem Ausgleich nur noch ein Viertel der Druschleistung (Grafik „Vierfache Leistung mit Hangausgleich“).
Ein einfaches Beispiel verdeutlicht, wie rasch sich die Investition in einen Reinigungs-Hangausgleich amortisieren kann: Angenommen die Kampagnendauer lässt 160 Dreschwerk-Betriebsstunden bei einer Druschleistung von 2,5 ha/h mit aktiviertem Hangausgleich unter allen Bedingungen zu, und der Anteil an Hangflächen mit etwa 10 % Gefälle beträgt ein Viertel der Gesamtfläche. Dann ergibt sich eine Kampagnenleistung von 400 ha pro Jahr für den Mähdrescher mit Reinigungs-Hangausgleich (Grafik „Hangausgleich rechnet sich“).
Wenn unter sonst gleichen Bedingungen die Maschine ohne Hangausgleich am Hang nur noch ein Viertel der Druschleistung erzielt, verbleiben innerhalb der Kampagnendauer nur noch 280 ha Druschfläche pro Jahr. Bei einer Investition von 300 000 Euro plus 15 000 Euro für den Hangausgleich erntet der Mähdrescher mit Ausgleich 400 ha/Jahr zu etwa 45 Euro/ha geringeren Vollkosten als die Maschine ohne Hangausgleich ihre nur 280 ha/Jahr.
New Holland installiert seinen Reinigungs-Hangausgleich, der am Seitenhang Vorbereitungsboden, Siebkasten und Gebläse bis 17 % Neigung waagerecht ausrichtet, noch heute in den großen Schüttler-Mähdreschern der CX7- und CX8-Baureihe sowie in den CR-Rotormaschinen. Bei den Rotor-Maschinen der 250er Axial-Flow-Serie von Case IH kommt eine abgespeckte Variante bis 12,1 % Seitenhang-Ausgleich zum Einsatz.
3D, SmartSieve und Cross-Flow
Seit Ende des Patentschutzes des Claas 3D-Hangausgleiches bis zu 20 % Gefälle nutzt New Holland diese Technik in leicht modifizierter Form in den Schüttler-Mähdreschern der CX5- und CX6-Baureihe. Für das als SmartSieve bezeichnete System wird ein Ausgleich bis zu 25 % Neigung angegeben. Bei den Rotormaschinen der 150er Axial-Flow-Serie von Case IH heißt das System Cross-Flow — hier ist der Ausgleich auf maximal 12% Hangneigung begrenzt.
Von den wichtigen Herstellern in Westeuropa bauen nur Claas und CNH einen Reinigungs-Hangausgleich ein. Andere Systeme, die die Obersiebhälften und -segmente waagerecht stellen, wie von Deutz-Fahr oder New Holland im TC-Mähdrescher werden nicht mehr gebaut. Sie sind zu teuer sowie zu reparaturanfällig, und es kam zur geringeren Kornabscheidung durch wechselnde Abstände zwischen Ober- und Untersieb.
Mähdrusch in Hanglagen: 4D beim Hybriddrescher
Rotor-Mähdrescher sind wegen der Zwangsabscheidung zwar seitenhangstabiler als Schüttlermaschinen. Doch auch das hat seine Grenzen. Als Besonderheit bietet Claas daher für den Lexion mit Rotor-Restkornabscheidung zusätzlich zum 3D- das 4D-Hangausgleichssystem an. Die sonst zur Leistungsoptimierung genutzten Rotorkorb-Verschlussklappen werden dabei um ein drittes Segment ergänzt.
Die Klappen jedes Segments lassen sich hälftig getrennt öffnen und schließen. Gesteuert von der elektronischen Wasserwaage am Seitenhang sowie Kornverlusten und Durchsatz leiten sie ab 3 Grad Hangneigung das abgeschiedene Material bergseitig auf den Rücklaufboden. Dadurch wird die Reinigung talseitig mit weniger Material beschickt, was bei höheren Durchsätzen einer Zunahme der Kornverluste entgegenwirkt (Grafik „4D stabilisiert Leistung“).
Bis auf Case IH bieten alle Hersteller auf Wunsch Mähdrescher mit Fahrwerk-Hangausgleich an. Agco verwendet in den Fendt- und MF-Schüttlermaschinen das Paralevel-System für bis zu 20 % Hangneigung. Die Endantriebe sind über ein Parallelogramm mit der Hauptachse verbunden. Beim Axialrotor-Drescher Ideal gleicht Paralevel bis zu 14 % Neigung aus. Ähnliches gilt für die Hillmaster-Maschinen von John Deere, die bis zu 15 % waagerecht ausgerichtet werden.
Everest heißt der Fahrwerk-Hangausgleich bei New Holland für den CX5.90 und CX6.90. Die Regeltechnik stellt den Mähdrescher bei bis zu 18 % Neigung am Seitenhang waagrecht.
Das Balance-System von Deutz-Fahr und die Montana-Ausstattung beim Claas Trion richten den Mähdrescher bis zu 20 % Neigung am Seitenhang waagerecht aus. Beide Systeme gleichen den Mähdrescher zusätzlich auch in Steig- und Falllinie mit Neigungen bis 6 bzw. 8 % aus.
Fahrwerk-Hangausgleich bietet mehr Reserven
Ein Mähdrescher mit Fahrwerk-Hangausgleich erschließt je nach System größere Leistungsreserven am Seitenhang als ein Reinigungs-Hangausgleich. Allerdings sind diese Systeme mit Zusatzkosten von 25 000 bis 40 000 Euro deutlich teurer als Reinigungs-Hangausgleichssysteme. Ihr Vorteil sind allerdings die zum Teil beachtlichen Leistungsreserven für Hangflächen mit größerem Gefälle. Ein Fahrwerk-Hangausgleich ist nur für Mähdrescher mit Radfahrwerken möglich. Raupenfahrwerke sind nur für die bodenparallele Fahrt ausgelegt.
Für Mähdrescher der kleineren Leistungsklassen werden darüber hinaus auch spezielle Voll-Hangausgleichs-Fahrwerke für Steillagen angeboten, die vor allem in Südeuropa stärker vertreten sind.
Für Mähdrescher ohne Hangausgleich wirken Regeltechniken für das Gebläse (New Holland OptiFan, Claas AutoSlope, John Deere Active Terrain Adjustment) bei Bergauf- und Bergabfahrt leistungsstabilisierend. Bergauf wird die Drehzahl steigungsabhängig reduziert und bergab erhöht. Diese Regeltechnik wird je nach Hersteller sogar mit der Öffnungsweite der Siebe gekoppelt.
Oft wird argumentiert, dass die Reinigung genug Reserven zur Ernte am Seitenhang hat. Ein Versuch mit dem RSM 161 von Rostselmash (Praxistest in profi 1/2022) in der vergangenen Ernte widerlegt dies. Der Mähdrescher verfügt mit 7,1 m² über eine sehr große Siebfläche und müsste daher über reichlich Reserven verfügen. Doch trotz um 15 % reduzierter Druschleistung gegenüber der Ebene nahmen die Kornverluste am Seitenhang mit 16,7 % Gefälle (9,5 Grad) um den Faktor 4,5 zu.
Bei 9 t/ha Weizenertrag und einem Preis von 300 Euro/t stiegen die Kornverluste von 0,6 % (16,20 Euro/ha) auf 2,7 % (72,90 Euro/ha). Der Verlustmonitor zeigte diese Körner nicht an, weil sie talwärts neben den Sensoren die Reinigung verließen. Und weil sie nicht präzise in den Spreuverteiler geleitet wurden, lagen sie in einem 30 cm schmalen Band neben dem talseitigen Hinterrad auf dem Boden. Die Hangabtriebskräfte zeigten wieder einmal ihre Wirkung.
Streifen von Ausfallgetreide im Feld werden immer auf den Mähdrescher zurückgeführt. Doch welches Bild ergibt sich, wenn die Reinigungsabgänge präzise in den Spreuverteiler geleitet werden? Der Acker wird vergleichsweise gleichmäßig grün, und somit werden die Ausfallgetreidepflanzen nicht direkt den Kornverlusten des Mähdreschers zugeordnet — der Spreuverteiler richtet es also. Folglich wird eine Hangausgleichstechnik als nicht erforderlich bewertet.
Warum gibt es kaum Untersuchungs-Ergebnisse zu Druschleistungen in Hanglagen? Für sogenannte Verlust-Durchsatz-Messungen sind homogene Erntebedingungen auf mehreren 100 m Messstrecke erforderlich. Diese sind auf ebenen Flächen bereits schwierig zu finden und am Seitenhang erst recht. Und vor allem haben Seitenhänge nur ganz selten eine einheitliche Neigung.
Es ist also sehr schwierig, die passenden Ernte- und Einsatzbedingungen für solche Untersuchungen zu finden. Daher werden Messungen mit übersteuertem Fahrwerk-Hangausgleich, also schräg gestelltem Mähdrescher in der Ebene durchgeführt. Doch nicht jedes Modell ist mit Fahrwerk-Hangausgleich erhältlich.
Außerdem ist die Messtechnik meist nur für den Einsatz auf ebenen Flächen ausgelegt. Denn am Seitenhang müssen die Kornverluste je nach Neigung innenseitig dicht am talseitigen Hinterrad oder sogar noch weiter talseitig aufgefangen werden. Da Folien oder Schalen zur Aufnahme der Verluste zwischen den Achsen abgelegt werden müssen, werden sie vom Hinterrad überrollt — das funktioniert so also nicht.
Oder die Schalen müssen so präzise innenseitig neben dem Hinterrad platziert werden, dass sie gerade nicht überrollt werden. Das ist nicht ungefährlich, weshalb davon abzuraten ist. Folglich gibt es mehr Schätzungen als Messwerte zum Einsatz von Mähdreschern am Hang.
Fazit
Die Zunahme der Reinigungsverluste am Seitenhang wird meist unterschätzt, weil die Kornverluste hier nur schwierig messbar sind und in der Regel vom Spreuverteiler einfach breitgestreut werden. Bei 5 bis
15 % Gefälle können sich die Verluste jedoch schnell verdoppeln bis verfünffachen. Denn beim Mähdrusch in Hanglagen bricht am Seitenhang das System aus Windsichtung und Größensortierung in der Reinigung zusammen und wird zum leistungsbegrenzenden Faktor.
Dagegen wird der Mähdrescher mit Fahrwerk-Hangausgleich schon seit Jahrzehnten waagerecht gestellt, so dass er am Hang wie in der Ebene erntet. Dies funktioniert jedoch nicht bei Mähdreschern mit Halbraupen. Diese vergleichsweise teure Technik wurde bereits in den 1980er Jahren durch kostengünstigere Systeme ersetzt bzw. ergänzt, bei denen Regeltechniken auf die Reinigung wirken.
Derzeit gibt es zwei unterschiedliche Systeme: Das Erntegut wird entweder auf dem Obersieb hangaufwärts geschüttelt (Claas und CNH), oder die komplette Reinigung wird waagrecht gestellt (CNH). Beim Claas Lexion mit Rotor-Restkornabscheidung kann das abgeschiedene Gut zusätzlich über einen Hangautomaten bergwärts auf den Rücklaufboden geleitet werden.
Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell und wohl auch zukünftig hohen Getreidepreise spielt die Verlustminimierung eine zunehmende Rolle. Die Investition in Hangausgleichs-Regeltechniken amortisiert sich rasch: So wird entweder die Druschleistung am Seitenhang mit bis zu 10 % Neigung um den Faktor drei bis vier gesteigert. Oder die Kornverluste werden entsprechend reduziert. Darüber hinaus lässt sich ein gebrauchter Mähdrescher mit Hangausgleich zu höheren Preisen vermarkten.