Kaum ist die diesjährige Druschsaison zumindest für Getreide und Raps Geschichte, denken die Hersteller schon an die Kampagne 2023. Was der Markt bietet, erfahren Sie hier.
Eine weitere Steigerung der Druschleistung in den obersten Leistungsklassen erfordert einen sehr hohen konstruktiven Aufwand, weil das zulässige Bauvolumen das Größenwachstum begrenzt. Außerdem nimmt das Maschinengewicht weiter zu, weil höhere Druschleistungen mehr Motorleistung und somit robustere Antriebsstränge erfordern.
Top-Modelle mit fast 800 PS Motorleistung erreichen ohne Erntevorsatz Leergewichte von mehr als 20 t. Bodenschonende Breitreifen oder Doppelräder sowie Halbraupen sind daher für diese Maschinen ein „Muss“. Um für die Straßenfahrt die zugelassene Achslast einzuhalten, bietet Agco (Fendt, MF) den Ideal sogar mit Entlastungsrädern für die Hinterachse an.
Der Trend zu größeren Dreschtrommel- und Axialrotor-Durchmessern setzt sich fort. Für mehr Schluckvermögen wird zunehmend auf Dreschtrommeln mit weniger als 60 cm Durchmesser verzichtet. Claas verbaut in den Mittel- und Oberklasse-Mähdreschern Trion und Lexion nur noch Trommeln mit 60 und 75,5 cm Durchmesser.
Auch in Mähdreschern mit Doppel-Axialrotoren beträgt deren Durchmesser 60 cm und mehr. Für hohe Druschleistungen haben John Deere beim X9 und Agco beim Ideal die axialen Dresch- und Abscheiderotoren gegenüber älteren Baureihen verlängert.
Die Elektronik wird zunehmend komplexer. So wird z. B. die maschinengestützte Intelligenz in Form von Regeltechniken weiterentwickelt. Dazu zählen erstmalig der Schneidwerkautomat Cemos Auto Header von Claas sowie der Häckselgut-Verteilautomat OptiSpread von New Holland.
Beim Schneidwerkautomaten Cemos Auto Header von Claas werden die richtige Haspelposition sowie Schneidtischlänge eingestellt, um einen möglichst gleichmäßigen Gutfluss bereits im Schneidwerk zu erzeugen, der sich dann positiv auf die Druschleistung auswirkt.
Ein Scanner erfasst die Geometrie des Bestandes, um die Haspel passend zu positionieren. Der Schichtdickensensor für den Vorfahrtregler erfasst Ungleichmäßigkeiten im Gutfluss. Wenn die Schichtdicke des Erntegutstromes am gleichmäßigsten ist, passt die Schneidtischlänge. Der Automat erschließt weitere Reserven zur Ausnutzung der technisch möglichen Druschleistung am Mähdrescher und ist ein Beispiel dafür, dass die Gesamtoptimierung des Mähdruschprozesses beim Erntevorsatz beginnt.
Zur Messung der Häckselgut-Querverteilung über der gesamten Arbeitsbreite setzt New Holland jetzt auf Lasersensoren an beiden Maschinenseiten. Entspricht die Häckselgutverteilung nicht dem Sollwert, so wird die Wurfgeschwindigkeit der Verteilrotoren links und rechts unabhängig voneinander angepasst, bis das Häckselgut wieder gleichmäßig verteilt ist. Diese neue Verteilautomatik für das gehäckselte Stroh lässt pflanzenbauliche Vorteile erwarten.
Lobenswert sind die Ansätze zur Messung der Kornverluste (Feiffer, Oria Agriculture, Bushel Plus). Vor allem bei den Großmähdreschern ist die Kalibrierung der Verlustsensoren immer mehr erforderlich, damit
die Einstellautomaten konstruktionsgemäß arbeiten. Außerdem ist bei diesen Maschinen die Ernte an der agronomisch festgelegten oder technisch bzw. wirtschaftlich gegebenen Leistungsgrenze besonders wichtig, weil die Kornverluste von Mähdreschern mit großen Arbeitsbreiten meist überschätzt oder sogar ungenau berechnet werden. Ein auf diese Weise „ausgebremster Mähdrescher“ reduziert die Wirtschaftlichkeit der Ernte entsprechend.
Für die Kornverlustbestimmung wurden neben den üblichen Schalensystemen auch Systeme zur Bildverarbeitung entwickelt. Bei der Grainloss Calculator-App von New Holland werden die Verlustkörner auf dem Boden fotografiert und von der Bildverarbeitung auf die Fläche bezogen. Die dazugehörige App berechnet nach Eingabe der technischen Daten des Mähdreschers sowie des Ertrages die Höhe der Kornverluste. Das verspricht eine höhere Genauigkeit als das übliche Freiblasen und Schätzen der Kornverluste.
Ob sich diese digitalen Verfahren zur Kornverlustbestimmung im Markt durchsetzen werden, hängt von deren Messgenauigkeit vor allem im Häckslerbetrieb ab. Die für eine präzise Messung zu kleine gescannte Fläche kann durch Mehrfachscannung kompensiert werden. Digitale Verfahren zur Bestimmung der Kornverluste beim Mähdrusch sind ähnlich bedienerfreundlich wie zur Bestimmung der Querverteilung beim Düngerstreuen und mit dem geringsten Arbeitsaufwand verbunden — ihre Umsetzungschancen sind also gut.
Der Einsatz von Großmähdreschern mit über 10 m Arbeitsbreite ist mit konstruktiven Herausforderungen bei der Häcksel- und Verteiltechnik verbunden. Hier haben sich Radialverteiler etabliert. In Trockenregionen mit vielen herbizidresistenten Beikräutern werden Hammermühlen-Systeme an Mähdrescher gebaut, um die Reinigungsabgänge und somit die Beikrautsamen zu zerstören. Nachteilig ist der hohe Leistungsbedarf.
Neue Ansätze wie das advanced weed control system von New Holland (Seed Terminator aus Australien) fokussieren sich vor allem auf einen reduzierten Leistungsbedarf und eine kompakte Bauweise, die den Erhalt aller Mähdrescherfunktionen wie auch das Koppeln eines Schneidwerkwagens ermöglichen. In Übersee zerstören diese Techniken bis zu 80 % der Unkrautsamen.
In Mitteleuropa ist zum Erntezeitpunkt der Druschfrucht jedoch ein Großteil der Ungrassamen (Ackerfuchsschwanz und Windhalm) bereits ausgefallen. Darüber hinaus werden höhere Strohmassen bei höheren Wassergehalten geerntet, so dass Beikrautsamen auch noch im Stroh verweilen. Der Wirkungsgrad einer solchen Anlage mit einem Antriebsleistungsbedarf von etwa 70 bis 130 kW ist unter unseren Verhältnissen daher eher gering. Und auch die aktuellen und wohl in Zukunft nicht wieder sinkenden Dieselpreise sind in der Kalkulation zu berücksichtigen. Pflanzenbauliche Maßnahmen zur Reduktion von Resistenzproblemen werden daher bei uns erfolgversprechender sein.
Mit steigender Leistung werden Einstellungsoptimierung und Sensorjustierung immer wichtiger — Fehleinstellungen wirken sich bei Großmaschinen wirtschaftlich relativ stärker aus als bei Kleinmaschinen. Deshalb entwickelt die Industrie ihre Einstell- und sonstigen Regeltechniken weiter. Hierbei spielt auch die Arbeitsqualität eine große Rolle, wie in den Trockenjahren von 2018 bis 2020 der Kornbruch. Axialrotor-Mähdrescher mit systembedingt geringerem Kornbruchrisiko werden von den Herstellern als besonders vorzüglich gegenüber Maschinen mit Tangentialdreschwerken propagiert.
Bei der Beurteilung von Arbeitsqualitäten sind jedoch nicht nur die Abzugslisten der Agrarhändler sowie deren Probenanalysetechniken zu berücksichtigen. Auch die Gutströme innerhalb eines Mähdreschers sind objektiv zu bewerten. Oft wird der in den Kornverlusten enthaltene Bruchkornanteil völlig überbewertet (Seite 16).
Kaum verändert gehen die AF-Maschinen von Case IH auch 2023 an den Start.
(Bildquelle: Bensing)
Die finnischen Drescher von Sampo Rosenlew vertreibt bei uns jetzt ILAFA eG Radolfzell.
(Bildquelle: Sampo Rosenlew)
Den Deutz-Fahr 7206 gibt es mit dritter Trommel (Option), aber nicht mehr als Extra Power.
(Bildquelle: Deutz-Fahr)
Dem Hybriddrescher CH7.70 hat New Holland die Ultraflow-Dreschtrommel spendiert.
(Bildquelle: New Holland)
Mähdrescher werden immer konsequenter nach dem Baukastenprinzip gefertigt und bieten so sehr viele Ausrüstungsoptionen.Ein Beispiel dafür ist der Trion, den Claas bereits 2021 vorgestellt und inzwischen in den Markt eingeführt hat — mit 1,42 (fünf Schüttler und Rotoabscheidung) und 1,70 m breitem Dreschkanal (sechs Schüttler), Beschleuniger-Dreschwerk, 60-cm-Dreschtrommel sowie neuer Kabine, die zur Saison 2023 jetzt auch beim Lexion aufgebaut wird.
Agco hat seine Fünfschüttler-Mähdrescher überarbeitet, die bei Fendt Corus heißen. Bei Massey Ferguson bleibt es beim Activa. Die Maschinen haben jetzt 185 bis 260 PS Motorleistung und erhielten eine überarbeitete, komfortablere Kabine. Die drei Modelle können auf Wunsch mit dem Dreitrommel-
Dreschwerk MCS ausgestattet werden. Desweiteren hat MF jetzt die Joystick-Lenkung für den Ideal 7, 8 und 9 im Programm, die Fendt bereits 2020 vorgestellt hat.
Bei New Holland ist der NIR-Sensor für die CR-Rotor- und großen CX-Schüttlermaschinen lieferbar. NutriSense soll in Echtzeit die Qualitäten und Inhaltsstoffe der Druschfrüchte erfassen und der Fläche zuordnen. Außerdem arbeiten sowohl der Hybriddrescher CH 7.70 als auch die Sechsschüttlermaschinen CX 6.80 und 6.90 jetzt mit der schwereren Ultraflow-Dreschtrommel, deren geteilte Schlagleisten versetzt angeordnet sind.
Mit der ILAFA eG in 78315 Radolfzell hat Sampo Rosenlew aus Finnland für Deutschland, Österreich und die Schweiz wieder einen Vertriebspartner.
Trotz der Beschränkung der Bauvolumina nehmen die Druschleistungen zu. Regeltechniken — inzwischen sind hier auch Erntevorsätze integriert — erhöhen die Gleichmäßigkeit vom Gutfluss und steigern somit die Ernteleistung. Die exakte Querverteilung von gehäckseltem Stroh wird als wichtiger Baustein im Pflanzenbauverfahren direkt gemessen und an die äußeren Bedingungen angepasst.
Kalverkamp: Nexat mit Nexco
Weiterhin in Erprobung ist das Brückenfahrzeug Nexat vom Ingenieurbüro Kalverkamp Innovation im niedersächsischen Rieste (profi 2/2022), das mit einer Goldmedaille beim DLG Innovation Award ausgezeichnet wurde. Neben dem Trägerfahrzeug selbst, das nach dem Controlled Traffic Farming-System immer in den gleichen Fahrspuren fahren soll, hat Kalverkamp auch die Drescheinheit Nexco entwickelt. Dieses System verspricht gegenüber marktüblicher Technik eine deutlich höhere Druschleistung bei gleichzeitig gesteigerter Energieeffizienz. Das Druschgut wird hier tangential — und damit optimal für den Gutfluss — mittig dem 5,80 m langen (!), quer eingebauten Drusch- und Abscheiderotor zugeführt. Der Rotor fördert das Material beim Dreschen und Abscheiden nach außen zu beiden Seiten, wo jeweils das Korn gereinigt und das Stroh weiterverarbeitet wird. Der Korntank fasst beeindruckende 36 m3. Dieses auf zukünftige Verfahrenstechniken und alternative Energien ausgelegte Gesamtkonzept, das sowohl manuell bedient als auch autonom arbeiten kann, bedeutet einen Paradigmenwechsel in der gesamten landwirtschaftlichen Verfahrenstechnik.