Maring: Unserem Elektriker werde ich auf der nächsten Mitgliederversammlung einen Orden verleihen. Neulich war ich extra früh im Büro. Beim Einschalten des Kaffeeautomaten knallte es, und die ganze Bude war dunkel.
Fahrer: Hat der Elektriker sie anschließend erleuchtet? Ich hätte zuerst den Sicherungskasten untersucht.
Maring: Darauf wäre ich nicht gekommen. Nachdem ich einen FI-Schalter umgelegt hatte, war erst mal wieder alles gut. Den Kaffeeautomaten haben wir vorsorglich ausrangiert. Und dennoch fiel mehrmals am Tag unvermittelt der Strom aus. Wisst ihr, was das bedeutet?
Bauer: Ich kann es nur ahnen. Kein Telefon, die Computer stürzen ab, und anschließend gibt es Datensalat ohne Ende.
Maring: Zusätzlich bekam ich erboste Handyanrufe mit der Frage, ob wir es beim Maschinenring nicht mehr nötig hätten zu arbeiten.
Lohner: Weshalb haust ihr in einem alten Kuhstall? Ich habe damals gleich gesagt, reißt die Hütte ab und baut neu.
Maring: Sind wir Krösus? Die schlechteste Laune hatte aber der Elektromeister, den ich um Hilfe bat. Er sprach von einem Rekordkrankenstand, und dass er sich zehnteilen könne. Kurz vor Feierabend kam dann einer seiner Mitarbeiter. Der entschuldigte sich tausend Mal dafür, dass er recht wahrnehmbar nach Schweinestall roch. Er erzählte, dass ein Klimacomputer abgeraucht sei und es dafür zurzeit keine Teile gibt. Am Ende hat er die Lüfter auf Handbetrieb umgebaut.
Bauer: Hat der Elektriker den Fehler bei euch denn gefunden?
Maring: Während er mit der Suche begann, habe ich ihm eine Pizza bestellt. Das war die beste Investition des Tages, denn er war hungrig, und am Ende dauerte es fast bis Mitternacht, um im Dachgeschoss eine angefressene Stromleitung zu finden. Dort hatten die Marder versteckt in einer Dämmung zugeschlagen.
Bauer: Mit den Viechern ist nicht zu spaßen.
Maring: Und auch nicht mit dem Dreck. Das ist nichts für empfindliche Gemüter, und deshalb bin ich dem Elektriker so dankbar, dass er die Stromleitung unter erschwerten Bedingungen und mitten in der Nacht repariert hat.
Bauer: Wenn es denn geholfen hat?
Maring: Seitdem ist die Sicherung noch nicht wieder herausgesprungen. Er meinte außerdem, dass die defekte Isolierung früher oder später angefangen wäre zu brennen.
Bauer: Der Schaden wäre nicht auszudenken.
Maring: Du sagst es. Selbst wenn der Strom nur wenige Minuten weg ist, steht alles still. Das papierlose Büro und die Digitalisierung werden dann zum Fluch, wie wir jetzt festgestellt haben.
Lohner: Die Versorgungssicherheit mit Strom ist das eine, der Energieverbrauch das andere. Uns wird täglich weisgemacht, wie fortschrittlich und ressourcenschonend die Digitalisierung ist. Wissenschaftler haben berechnet, dass das Internet und alle digitalen Techniken weltweit mehr Strom verbrauchen als der gesamte Verkehrssektor.
Bauer: Das mag weltweit so sein, auf meinem Acker ist es umgekehrt. Zum Beispiel sparen die Grenzlastregelung und das Lenksystem auf meinem großen Traktor bei manchen Arbeiten bis zu 25 Prozent Sprit. Das ist schon eine Nummer.
Maring: Am Ende wirst du als Fahrer auch noch digital eingespart. Die autonomen Traktoren haben jetzt die 150-PS-Grenze übersprungen.
Fahrer: Ich werde so bald nicht arbeitslos. Wechselt der Roboter die abgebrochene Klinge am Mähwerk oder macht er den verstopften Schleppschlauch frei? Nein. Zum Silowalzen fände ich solch einen autonomen Traktor allerdings schon gut, in der Zeit fehlen eh immer Leute.
Bauer: Ist das dein Ernst?
Fahrer: Freilich. Das wäre endlich mal eine Anwendung, die wirklich entlastet. Bei manchen digitalen Projekten in der Landwirtschaft und der Wissenschaft möchte ich das hingegen bezweifeln.
Maring: Da gebe ich dir recht, und manchmal geht es mit der Digitalisierung wirklich ins Absurde. Die Krönung ist der Weinverkostungsautomat in unserem Supermarkt. Dort kredenzt ein digitaler Assistent eine Weinprobe, ähnlich wie der Tränkeautomat im Kälberstall meines Bruders. Als passionierter Weintrinker fasse ich mich an den Kopf.
Bauer: Das Angebot ist ein schönes Beispiel dafür, dass die Digitalisierung auch über das Ziel hinausschießen kann. Wie schmeckt der Wein, wenn er übers Wochenende in der Zapfanlage stand? Und wie ist sichergestellt, dass Dreizehnjährige dort nicht ihre erste Rauscherfahrung machen?
Lohner: Marderfraß, Grenzlastregelung, Silowalzen und Weinproben — ihr habt gerade klar gemacht, dass die Digitalisierung inzwischen alle Lebensbereiche fest im Griff hat.
Maring: Umgekehrt wäre es besser.