Gut zu wissen
- Parallelfahr-Apps sind kostengünstig, aber nur zusammen mit einem GNSS-Empfänger genau genug.
- Parallelfahrhilfen lassen sich mit einem Lenkcontroller und einem Lenkradmotor zum automatischen Lenken aufrüsten.
- Manche Parallelfahrhilfen haben eine Anzeige für ein manuelles Schalten von Teilbreiten.
- Wer spurgenau säen und hacken möchte, sollte in ein RTK-Lenksystem investieren.
Das Ende des Blindflugs läuteten wir vor 20 Jahren ein, als wir acht Parallelfahrhilfen unter die Lupe nahmen. Solche Systeme, die mit Satellitennavigation und einer optischen Anzeige das parallele Anschlussfahren und das Geradeausfahren auf dem Feld ermöglichen, waren damals neu auf dem Markt. Die Amerikaner hatten im Mai 2000 die absichtliche Verfälschung des GPS-Signals abgeschaltet, und der europäische Satellitenkorrekturdienst Egnos war bereits im Testbetrieb. Das war der Start für die Satellitennavigation mit kostenloser GPS-Korrektur.
Parallelfahrsysteme: Touchscreens sind Standard
Die Bedienung der Systeme von damals war im Vergleich zu den heute marktverfügbaren Parallelfahrsystemen weniger komfortabel. Heute sind farbige Touchscreens Standard. Damals gab es nur Bedieneinheiten mit schwarz-weißem LCD-Display kombiniert mit Leuchtdioden-Lichtleisten. Grüne, gelbe und rote LEDs zeigten dem Fahrer die Richtung für das parallele Anschlussfahren.
Solche Leuchtdioden-Lichtleisten sind heute weitgehend vom Markt verschwunden. Einzig die Firma Agrivision aus Großbritannien liefert noch eine solche Anzeige für die Montage auf der Motorhaube des Schleppers. In der Lichtleiste hat Agrivision gleichzeitig den GNSS-Empfänger für die Spurführung integriert. Die Bedienung des Systems erfolgt über ein iPad oder iPhone. Damit ist Agrivision derzeit auch der einzige Anbieter einer Parallelfahr-App für iOS-Geräte. Das iPad kommuniziert per Bluetooth mit der Lichtleisten-Empfänger-Einheit.
Parallelfahr-Apps
Andere Anbieter von App-basierten Satelliten-Navigationssystemen für die Landwirtschaft setzen meist auf das Android-Betriebssystem. Das Herunterladen einer Demoversion mit eingeschränkten Funktionen aus dem Google Play Store ist kostenlos. Doch ohne den Anschluss eines externen GNSS-Empfängers werden die Apps für Smartphone oder Tablet dem Fahrer beim Parallelfahren wenig helfen. Denn der in den mobilen Geräten eingebaute GPS-Empfänger ist dafür zu ungenau. Die Firmen Cerea, eFarmer und MachineryGuide liefern daher zu ihren Systemen einen geeigneten GNSS-Empfänger mit. Zusammen mit einem selbst entwickelten Einfrequenz-Empfänger kostet das Einstiegssystem FieldBee von eFarmer nur 835 Euro (alle Preise ohne MwSt.). Der Empfänger nutzt die Signale der GPS-, Glonass- und Beidou-Satelliten. Außerdem kann er Korrekturdaten über das Internet empfangen, z. B. das RTK-Signal von Sapos. Alternativ bietet eFarmer das FieldBee auch mit einem Zweifrequenz-Empfänger an. Das Satellitennavigationssystem kostet dann 1 850 Euro.
eFarmer hat Niederlassungen in den Niederlanden und in der Ukraine. Einen deutschen Vertrieb gibt es bisher nicht. Das gilt es zu bedenken, wenn Sie bei der Inbetriebnahme Unterstützung benötigen.
Der MachineryGuide kommt aus Ungarn. In Deutschland vertreibt die Firma SK Agrar dieses Parallelfahrsystem. Angeboten wird es mit verschiedenen Empfängern. Je nach Genauigkeitsanspruch kann der Kunde wählen zwischen einem Einfrequenz-Empfänger mit Egnos-Korrektur, einem Einfrequenz-Empfänger mit RTK-Korrektur oder einem Zweifrequenz-Empfänger mit RTK.
Das kostengünstigste System von MachineryGuide mit einer Patch-Antenne kostet 720 Euro, das teuerste mit dem hochwertigeren RTK-Empfänger 1 950 Euro. Im Preis inbegriffen sind jeweils ein 10-Zoll-Tablet und eine Halterung.
Manuelle Teilbreitenschaltung inbegriffen
In der Regel können die heutigen Parallelfahrsysteme mehr als nur an A-B-Linien oder Kurven entlang navigieren. So ist beispielsweise das FieldBee mit einem Webportal verknüpft, worüber der Landwirt seine Schläge verwalten und durchgeführte Maßnahmen dokumentieren kann. Hier legt das System auch die durch Umfahren aufgezeichneten Feldgrenzen ab und speichert Referenzspuren zu den Schlägen.
Für die Praxis hilfreich ist eine visuelle Teilbreitenschaltung, die in der Spuranzeige integriert ist. Sie zeigt dem Landwirt bei Überlappungen, wann er z. B. an seiner Pflanzenschutzspritze Teilbreiten manuell abschalten sollte. Der MachineryGuide bietet diese Funktion.
Für Elektronik-Freaks
Wer unter Google nach Parallelfahr-Apps sucht, wird auf weitere Apps treffen, z. B. auf den Feld Navigator von Farmis aus Litauen, das AgriBus Navi eines japanischen Startup-Unternehmens oder die GPS Parallelfahrhilfe eines deutschen Entwicklers, der sich Max Muster nennt und im Forum unter landtreff.de alle Fragen zu dem System beantwortet. Die GPS Parallelfahrhilfe von alias Max Muster kostet in der Vollversion nur 39 Euro. Zu einem praxistauglichen Spurführungssystem wird diese App allerdings erst in Verbindung mit einem GNSS-Empfänger.
Unschlagbar kostengünstig sind Selbstbaulösungen, die hierfür einen RTK-fähigen uBlox-Empfänger F9P und eine uBlox-Antenne nutzen — das Basis Starterkit ist in Online-Shops für etwas mehr als 200 Euro zu haben! Für die Installation und Inbetriebnahme des Systems sind dann jedoch viel Eigeninitiative und elektrotechnische Begabung erforderlich.
Auch das Spurführungssystem der spanischen Firma Cerea war bislang nur etwas für Elektronik-Freaks. Gegen eine Gebühr von 200 Euro stellt Cerea ihre Parallelfahrsoftware zum Download zur Verfügung. Um die Beschaffung der Hardware wie GNSS-Empfänger und Tablet musste sich jeder selbst kümmern (profi 1/2018).
Inzwischen bietet Cerea auch Bausätze an. Zusammen mit einem Zweifrequenz-Empfänger von u-blox, der RTK-Signale verarbeiten kann, und einer u-blox-Antenne kostet das Komplettsystem für das manuelle Parallelfahren 1 410 Euro. Im Preis inbegriffen ist ein 10-Zoll-Tablet mit Android-Betriebssystem und eine stabile Halterung. Ein Ausbau des Systems zum automatischen Lenken ist wie bei den meisten anderen Parallelfahrsystemen durch die Installation eines Lenkradmotors möglich.
Fachliche Unterstützung erhalten die Nutzer des Cerea Autosteer GPS im Internetforum unter cerea-forum.com. Wer direkten Kontakt mit der Firma aufnehmen möchte, sollte englisch sprechen können.
Systeme mit und ohne ISO-Bus
Wer weniger technikaffin ist, ist vermutlich mit einem Komplettsystem eines etablierten Anbieters von Lenksystemen besser beraten. Außerdem sollten Sie vor der Anschaffung eines Satellitennavigationssystems überlegen, welche Funktionalitäten Sie möglicherweise sofort oder zukünftig zusätzlich nutzen möchten. Wollen Sie beispielsweise an einer ISO-Bus-fähigen Pflanzenschutzspritze Teilbreiten automatisch schalten oder beim Düngerstreuen die Ausbringmenge teilschlagspezifisch variieren, dann eignet sich dafür ein Parallelfahrsystem, das diese Zusatzfunktionen bietet. Infrage kommen hier die ISO-Bus-kompatiblen Anzeigesysteme von AgLeader, Claas, Müller-Elektronik, Reichhardt, Topcon und Trimble. Je nach Größe des verwendeten Terminals kosten die Systeme in der Basisausstattung mit einem Egnos-fähigen Einfrequenz-Empfänger zwischen rund 2 000 und 6 100 Euro.
Wer darüber nachdenkt, die manuelle Spurführung unter Umständen später zum automatischen Lenksystem aufzurüsten und dabei keinen Wert auf eine ISO-Bus-Kompatibilität legt, wird auch mit den etwas kleineren, dafür aber kostengünstigeren Terminalvarianten zurechtkommen. Die Preise reichen bei den nicht-ISO-Bus-fähigen Terminal-Lösungen von rund 1 100 Euro für das Leica-Hexagon Ti5 mit fünf Zoll großem Touchscreen bis 3 200 Euro für das Teejet Matrix Pro 840 GS mit 8,4-Zoll-Display.
Mit einer zusätzlichen Elektronik-Box lassen sich übrigens auch die nicht-ISO-Bus-fähige Parallelfahrsysteme zum automatischen Schalten von Teilbreiten nutzen — so zum Beispiel der Farmnavigator G7 von Satconsystem.
Empfänger mit Überbrückungsfunktion
Zum Schluss noch ein paar Worte zu den Empfängern: In der Basisversion verkaufen die Anbieter von Komplettsystemen ihre Spurführungsanzeigen zusammen mit einem Einfrequenz-Empfänger, der GPS- und Glonass-Signale sowie unter Umständen auch Galileo und Beidou verarbeiten und diese mit Hilfe von Egnos korrigieren kann.
Interessant zu wissen ist an dieser Stelle, dass Egnos lediglich die GPS-Signale korrigiert, jedoch nicht die anderen GNSS-Signale. Der Empfänger sollte die Positionsdaten mit einer Rate von wenigstens 5 Hz, besser von 10 Hz ausgeben.
Wer Schläge an Waldrändern zu bearbeiten hat, sollte bei der Wahl des Systems darauf achten, dass der Empfänger eine Überbrückungsfunktion bei Signalausfall bietet. Diese Funktion ermöglicht das Weiterarbeiten bei Abschattung für einige Minuten ohne großen Genauigkeitsverlust.
Alternativ bietet sich die Wahl eines RTK-fähigen GNSS-Empfängers an, der die Korrekturdaten über einen sogenannten Ntrip-Client beziehen kann. Und wer über ein automatisches Lenksystem nachdenkt, sollte sich am besten gleich für einen höherwertigen Zweifrequenz-Empfänger mit RTK-Korrektur entscheiden. Dann sind die Abweichungen von Spur zu Spur mit nur 1 bis 2 cm sehr gering, so dass sich mit dem Lenksystem säen, pflanzen und hacken lässt. Hinzu kommt die Wiederholbarkeit beim Einsatz von RTK-Technik. Das heißt, Spuren und Punkte lassen sich auch nach einem längeren Zeitraum erneut genau anfahren.
Was uns sonst noch auffiel:
- Durch Installation eines Lenkcontrollers, einer Elektronik für den Hangausgleich und eines Lenkmotors lassen sich die meisten manuellen Spurführungen auch zum automatischen Lenken aufrüsten.
- Reichhardt bietet zusätzlich einen Verschieberahmen an, mit dem sich in Kombination mit einem GNSS-Parallelfahrsystem Anbaugeräte wie Hacken zentimetergenau führen lassen.
Fazit
Noch lange sind nicht alle Traktoren mit einem werksseitig eingebauten, automatischen Lenksystem ausgestattet. Und nicht jeder will gleich in ein nachrüstbares System zum automatischen Lenken investieren. Somit sind GNSS-Parallelfahrhilfen nach wie vor interessant.
Touchscreens und Apps haben inzwischen die Leuchtdioden-Lichtleisten der Anfangszeiten des Parallelfahrens mit GPS abgelöst. Kostengünstige Komplettsysteme sind ab 720 Euro ohne Mehrwertsteuer zu haben. Höherwertige Parallelfahranzeigen auf Basis eines ISO-Bus-fähigen Terminals lassen sich gegen Aufpreis für das automatische Section-Control und für eine variable Mengensteuerung nutzen. Die Systeme sind oftmals der Einstieg in das automatische Lenken und in die Teilschlagtechnik.