Ackern mit Youngtimern: Fiat-Flotte der Familie Bangma
Ein Betrieb, der komplett mit Fiat-Traktoren bewirtschaftet wird? Eine Seltenheit. Mark Pasveer von der niederländischen Zeitschrift Trekker hat einen solchen Betrieb aufgespürt.
Bestes Frühlingswetter, alles summt und brummt, strahlender Sonnenschein — und bei Kerst und Corrie Bangma läuft der erste Schnitt. Mit dabei: Jede Menge Fiat-Traktoren, die sich um den Futternachschub für die Tiere kümmern. 52 Milchkühe stehen auf dem Betrieb der Bangmas im niederländischen Sondel (Südwestfriesland) am Ijsselmeer.
Corrie und Kerst Bangma bewirtschaften mit ihren Kindern Rudy (19), Fonger (15), Marrit (12) und Siebren (10) den Familienbetrieb mit 30 ha Fläche, die weitestgehend arrondiert ist. Hinzu kommen 4 ha Naturschutzfläche. In der sanft zum Wasser hin abfallenden Landschaft von Gaasterland dominiert die Milchwirtschaft, und auch viele der Nachbarn sind mit Hochdruck in der Grasernte unterwegs.
Die Maschinen der Familie Bangma unterscheiden sich aber von den Gespannen rundherum. Heute bringt der größte Schlepper des Betriebes, ein Fiat 140-90, mit einer knapp 6 m breiten John Deere-Mähkombination das Gras zu Fall. Es folgt ein in der Sonne glänzender Fiat 980 mit dem Heuwender.
Die ersten Hektar sind bereits gemäht, trotzdem bleibt auf dem Familienbetrieb Zeit für einen Kaffee. Kerst Bangma erzählt mit einem Augenzwinkern: „Bei uns ist immer spannend, ob die alte Technik durchhält.“ Dabei spiegelt sich in dem sehr gepflegten Maschinenpark eine Grundeinstellung der Familie wieder: „Wir sind geradlinige Menschen, so wie unsere Technik. Bei uns kommt man auch ohne viel Erklären schnell zurecht“, schmunzelt der friesische Milchbauer. „Wir wollen nicht unzählige Taster und Monitore. Ich höre lieber, wenn an der Maschine etwas nicht stimmt — da sind die Fiats relativ zuverlässig.“
Aber hat der Einsatz der alten Flotte auch Nachteile? „Ja“, gibt Kerst Bangma zu. „Richtige Schnellläufer sind die alten Fiats nicht.“ Während dieser Aussage muss Kerst bestimmt an seine ersten Fahrten auf einem Fiat zurückdenken. 1985 hatte sein Vater einen brandneuen 60-90 gekauft.
Mit dem noch druckfrischen Traktorführerschein wollte der damals sechzehnjährige Kerst eine Probefahrt machen. Just in diesem Moment verweigerte der kleine Italiener aber den Dienst und wollte partout nicht mehr anspringen. „Es musste erst ein Mitarbeiter des Händlers kommen, um eine defekte Sicherung zu diagnostizieren“, erinnert sich der heute 51-Jährige an den etwas holprigen Start mit Fiat. „Inzwischen kann ich darüber lachen, damals fand ich es gar nicht lustig.“ Trotzdem sind die Bangmas seitdem begeisterte Fiat-Fahrer.
Der 60-90, den Kersts Vater als ersten Fiat auf dem Betrieb anschaffte, ist heute vor allem als Stallschlepper im Einsatz. Zu den täglichen Aufgaben gehören das Futteranschieben und die Silageentnahme aus den Fahrsilos. Stallschlepper klingt dabei fast etwas abfällig — im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen steht der kleine Italiener heute technisch und optisch da wie am ersten Tag. „Sogar die Reifen sind noch die ersten!“, freut sich Kerst Bangma.
Inzwischen beschäftigt sich auch die ganze Familie mit den Maschinen im Terrakotta-Braun. Sowohl Kerst als auch seine Frau Corrie haben der Mechanisierungsstrategie des Betriebes ihren Stempel aufgedrückt. Corrie, die ursprünglich als Angestellte im Finanzwesen bzw. der Industrie arbeitete, ist inzwischen ebenfalls komplett auf dem Milchviehbetrieb tätig. „Mir macht die Arbeit auf dem eigenen Betrieb und mit den Kühen einfach Spaß“, erklärt die 47-Jährige. Kerst ergänzt: „Ich beziehe Corrie gerne bei Maschinenkäufen mit ein.“ So kümmerte sich Corrie um die Anschaffung eines 8-m³-Güllefasses mit Schlitzgerät von BSA Duport und um den zweiten Ladewagen.
Ein paar Tage später statten wir den Bangmas einen zweiten Besuch ab. Diesmal ist der Stallschlepper 60-90 vor den Heuwender gespannt. Denn der Fiat 980 hat jetzt eine neue Aufgabe: Er kümmert sich mit einem Mengele-Ladewagen darum, dass das Futter ins Fahrsilo kommt. Der erste Schnitt ist saftig und bringt richtig Masse — daher kommen dieses Jahr zwei Ladewagen zum Einsatz. Der zweite Mengele-Silierwagen wird — Sie ahnen es — von einem Fiat gezogen. Der Fiat 70-90 mit Allradantrieb gibt vor dem Ladewagen ein gutes Bild ab. Der Schlepper kam 2002 als Gebrauchtmaschine auf den Betrieb. Die Zahl „5“ auf der Haube erinnert noch an den früheren Einsatz: Der 70-90 lief vorher an der Landwirtschaftsschule in Emmeloord.
Der große Fiat 140-90 hängt inzwischen nicht mehr zwischen den Mähwerken, sondern kümmert sich um das Verteilen der Grassilage auf dem Silo. Dabei kommt der Italiener dank seiner 800er Bereifung richtig bullig rüber. Mit über 6 t Eigengewicht und dem massigen Reck-Trommelverteiler im Heck passt der 140-90 perfekt auf das wachsende Silo. Auch die Motorleistung passt: Der Sechszylinder läuft rund, ein leichter Tritt auf das Gaspedal reicht, um den Riesen knurren zu lassen.
Bevor der Schlepper 2006 auf den Hof der Bangmas kam, lief er bei einem Lohnunternehmer in Vlagtwedde. Kerst musste den Schlepper wieder instand setzen und die Optik auffrischen. „Da haben wir schon eine Menge Arbeit reingesteckt“, gibt der Milchviehhalter im Nachhinein zu. Aber der Aufwand hat sich gelohnt: Heute ist der Wert des Schleppers deutlich höher als 2006. Regelmäßig bekommt er Angebote von kaufwilligen Fiat-Fans, die den 140-90 gern ihr Eigen nennen würden.
Trotzdem nutzt Kerst den Fiat-Klassiker täglich: Anfang der Woche 20 ha Gras gemäht, jetzt für viele Stunden auf dem Silo — der 140-90 wird nicht geschont. Immer wieder macht eine kräftige Rauchfahne deutlich, dass der Grasertrag den Schlepper dieses Jahr durchaus fordert. Junior Rudy Bangma hat sichtlich Spaß an dem großen Fiat — das gilt auch für die Schaltung, die bei diesem Modell über Hebel am Armaturenbrett betätigt wird.
Der allradgetriebene Fiat 980, der heute vor dem Ladewagen seinen Dienst verrichtet, kam erst im vergangenen Jahr auf den Hof der Familie Bangma. In drei Monaten wurde der Schlepper komplett zerlegt und überholt. Zwar fehlen noch ein paar Details, aber die Frischzellenkur ist weitestgehend abgeschlossen, und vor dem Ladewagen erfolgt der Ersteinsatz — die dicken Schwaden sind der ultimative Test. Rückblickend stellt Kerst fest, dass auch der 980 ein umfangreicheres Projekt geworden ist als geplant.
Der Milchbauer verfügt über eine gut ausgestattete Werkstatt und hat Gleichgesinnte im Freundeskreis. „Bei solchen Restaurierungen ist man immer auf Hilfe angewiesen“, weiß Kerst Bangma. „Da muss man bescheiden sein.“ Inzwischen hat er ein gutes Netzwerk an Fiat-Kennern. „Wenn ich nicht weiterkomme, hilft häufig ein Telefonat.“
Der Fiat 980 war bei seiner Ankunft auf dem Hof in einem beklagenswerten Zustand. Unter dem Fahrersitz fand sich beispielsweise ein toter, ausgetrockneter Hermelin und reichlich Nistmaterial. „Der Schlepper wurde aus dem Ausland importiert“, vermutet der 57-Jährige. „Woher er genau kommt, wissen wir nicht. Es muss aber ein sehr trockenes Klima geherrscht haben, da die Blechteile noch super waren.“
Auch wenn bei den Bangmas schon eine stattliche Fiat-Flotte auf dem Hof steht — Wünsche gibt es natürlich immer: Etwa ein Fiat 110-90 oder das Topmodell der 90er Serie, ein 180-90. Wer verfolgen will, ob sich dieser Traum verwirklicht: Unter „Melkveehouderij maatschap K. en C. Bangma-Trinks“ können Sie die Aktivitäten auf dem Familienbetrieb bei Facebook verfolgen. Corrie Bangma postet dort regelmäßig Updates, wobei natürlich auch die Fiat-Schlepper regelmäßig in Szene gesetzt werden.