Der gelernte Landmaschinenmechaniker und Landwirtschaftsmeister Michael Seelmeyer hat keine Angst vor Neuem. Gemeinsam mit Kooperationspartner Jens Woltering mästen die Landwirte Hähnchen und Bullen. Nebenher betreiben sie Ackerbau auf rund 300 ha in Neuenkirchen bei Bramsche (Niedersachsen).
Michael Seelmeyer ist unter anderem für den Ackerbau zuständig und stellt eingefahrene Pfade gerne auf den Prüfstand: „Wir haben einige Herausforderungen zu meistern. Das ist die Trockenheit auf unseren Sandstandorten, wegfallende Pflanzenschutzmittel und hohe Düngerpreise“. Daraufhin haben sich die Partner die Frage gestellt, wie sie das Bodenwasser besser nutzen, womöglich auch Mehrerträge erzielen und zeitgleich das Bodenleben fördern können. Einen Lösungsansatz fanden sie vor fünf Jahren in einer Universaldrillmaschine, der Cirrus 6003-2CC von Amazone. Heute wissen sie, dass sie ihre Ziele damit größtenteils erreichen.
Ausgestattet ist die 6-m-Maschine mit drei Saattanks. Der Haupttank fasst 4.000 l und ist im Verhältnis von 60 zu 40 Prozent geteilt. Beide Kammern sind für Saatgut oder Dünger konzipiert. Jeder Tank besitzt einen eigenen elektrischen Dosierer. Wahlweise kann man die Füllungen der beiden Tanks auf zwei Förderstrecken aufteilen oder für jeden Tank eine separate nutzen.
Dank einer optionalen Scharschiene hinter dem Scheibenfeld können sie zum Beispiel Leguminosen losgelöst von der eigentlichen Säschiene ausbringen — doch dazu später mehr.
Im Heck ist die Maschine mit der 500 l großen Green Drill 501 bestückt — dem dritten Saattank. Dosiert wird hier ebenfalls elektrisch. Der Saatguttransport erfolgt über das serienmäßige Gebläse. Mit der Green Drill lässt sich vornehmlich Feinsaatgut applizieren, das über einen eigenen Verteilerkopf — je nach Ausstattung — zu Pralltellern ans Heck geleitet wird. Seelmeyer dazu: „Heute würde ich die alternative Option wählen, mit der man das Saatgut aus der Green Drill wahlweise durch oder nahe den Säscharen ablegen kann.“
„Vor dem Reifenpacker nutzen wir leicht gewellte Scheiben ohne Untergriff und ohne seitlichen Anstellwinkel. Amazone nennt das System Minimum-TillDisc“, erklärt Seelmeyer und führt fort: „Durch einen deutlich geringeren Bodeneingriff im Vergleich zum klassischen Scheibenfeld sparen wir Bodenwasser und stören das Bodenleben möglichst wenig.“
Zur Zwischenfruchtaussaat säen die Partner meistens direkt in die Getreidestoppeln. Dazu Seelmeyer: „Obwohl wir bedingt durch die Strohabfuhr nicht direkt nach dem Mähdrusch säen können, haben wir in den vergangenen Trockenjahren auch ohne Bodenbearbeitung sehr gute Bestände etabliert.“ Bei einer intakten Bodenstruktur und der Kapillarität der Restpflanzen reichte das Bodenwasser zum Keimen aus.
„Die Minimum-TillDisc schneidet vor jedem Säschar einen Schlitz und fördert mit Hilfe der Wellenform etwas feuchte Erde in den Saathorizont. Der Schlitz ist etwa 12 cm tief, wodurch die Wurzel sofort nach unten wachsen kann“, beschreibt Seelmeyer. Lediglich mit viel Organik, z. B. nach der Ernte von Körnermais komme das Konzept an seine Grenzen: „Da drückt die Scheibe zu viel Pflanzenmaterial in den Schlitz, das gibt Probleme.“
In der Fruchtfolge stehen bei den Kooperationspartnern Winterraps und -weizen, Silo- und Körnermais sowie je nach Marktlage auch Sommerraps und Gras zur Vermehrung. Zwischen den Sommerungen und Winterungen sät der Betrieb konsequent Zwischenfrüchte oder Ackergras.
Mit Blick auf zunehmende Trockenperioden justiert Seelmeyer auch den Weizenanbau nach: „Weizen, den wir unter anderem als Futter brauchen, wächst bei uns auf 18 bis 40 Bodenpunkten. Da wir sehr heterogene Standorte bewirtschaften, säen wir den Weizen teilflächenspezifisch.“ Anders als andere Betriebe verändert Seelmeyer allerdings nicht die Saatstärke. Er erklärt: „Wir drillen auf manchen Flächen zwei verschiedene Sorten. Für die schwächeren Zonen haben wir uns an trockenresistenen Sorten aus Australien orientiert.“ Nach intensiver Recherche ist Seelmeyer auf den dort üblichen Grannenweizen gestoßen, der auch hierzulande angeboten wird. Die Aussaatkarten plant der Landwirt vorab über die Plattform mydataplant.com. Hierfür muss Seelmeyer allerdings einen kleinen Umweg nehmen: „Bisher kann man in einer Applikationskarte nur die Saatstärke ändern, aber nicht anwählen, wann welcher Tank aktiv sein soll. Deshalb erzeuge ich zunächst eine Saatkarte mit 100, 50 und 0 % Menge. Auf deren Basis erstelle ich eine zweite Karte behelfsweise zunächst für Dünger, in der ich die Zonen spiegele. Diese steuert dann die zweite Saatdosierung. Die 50-%-Zone dient als Übergang von einer Sorte zur nächsten.“
„Selbst auf den leichten Teilflächen haben wir durch die Zwei-Sorten-Taktik im vergangenen Sommer bis 6 zu t/ha geerntet“, sagt der Praktiker. Probleme bei der Ernte, zum Beispiel durch ein zeitversetztes Abreifen, gab es noch nicht: „In einem normalen Jahr bestimmen bei uns eher die Witterungslage und die Bodeneigenschaften die Abreife.“
Einen Großteil des geernteten Weizens verfüttern die Partner, weshalb Backeigenschaften nebensächlich sind. Dennoch wünscht sich Seelmeyer zukünftig vor allem eins: „Eine bessere Ausweisung der sortenspezifischen Standorteigenschaften für Weizen, ähnlich wie vom Mais bekannt.“
Die Zwischenfrüchte
Auch für die Aussaat von Zwischenfrüchten erkannten die Partner Vorteile durch ihre spezielle Drilltechnik: „Mittlerweile versuchen wir die Zwischenfrucht direkt — ohne vorherige Bodenbearbeitung — zu etablieren, um Wasser zu sparen“, beschreibt Seelmeyer.
„Oberflächig sieht der Effekt der Minimum-Till-Scheiben zunächst gering aus. Das Saatbett ist aber optimal“, beschreibt Seelmeyer. Wichtig sei eine akkurate Vorbereitung der Fläche, was mit einem sauberen Drusch und einer Reduzierung der Fahrspuren, auch beim Strohladen, beginnt.
Dass die Fahrgassen nicht separat gelockert werden, ist für Seelmeyer okay: „Die liegen bei uns dank GPS immer an derselben Stelle.“ Vor dem Scheibenfeld empfehlen die Partner das optionale Crushbord anstelle eines Reifenpackers, um Strohhaufen oder Unebenheiten nach einem Grubberstrich leicht einebnen zu können.
Weniger Konkurrenz
Ackerbaulich sieht Seelmeyer nicht nur Vorteile durch die minimale Verdunstung, sondern auch im Stickstoffkreislauf: „Da wir weder Stroh noch Stoppeln einarbeiten, steht der verbliebene Stickstoff für die Zwischenfrucht zur Verfügung.“ Auch im Weizen stellte Seelmeyer je nach Intensität der Bodenbearbeitung Unterschiede fest: „Im vergangenen Februar haben wir auf ungegrubberten Flächen im Vergleich zu gegrubberten Feldern 16 kg mehr Nmin gemessen.“
Auch für die Zwischenfruchtaussaat wird die Tankvielfalt voll ausgeschöpft: „Wir säen viele verschiedene Komponenten. Durch die drei Saattanks und verschiedenen Abgabeorte können wir flexibel reagieren und die Saatkörner optimal einbetten.“ Zudem beschreibt der Praktiker, dass die Kosten für Reinsaaten geringer seien als für vorgefertigte Mischungen, die sich womöglich in großen Saattanks sogar entmischen. Zudem werde man deutlich flexibler bei der Anpassung der Komponenten, fasst er zusammen.
Leguminosen sät Seelmeyer über die FerTec-Einscheibenschare hinter dem Scheibenfeld. Mit den klassischen TwinTec+-Doppelscheibenscharen folgen Komponenten wie Rauhafer, Wicken, Buchweizen, Ölrettich oder Sonnenblumen. „Ohne Raps in der Fruchtfolge wäre die Vielfalt der Zwischenfruchtpartner noch wesentlich größer“, bringt es der Landwirt auf den Punkt.
Die Green Drill-Säeinheit nutzt er für Früchte wie Ramtilkraut, Öllein, Phacelia oder Klee. „Einige Pflanzen brauchen eben deutlich mehr Keimwasser als andere, und auch die Saatstärken der einzelnen Komponenten variieren stark“, so Seelmeyer. Stichwort Saatstärke: Grundsätzlich favorisiert er dichte Zwischenfruchtbestände, um Unkräuter und Ausfallgetreide zu unterdrücken. Für die Folgekultur sieht er keine Probleme durch Ausfallgetreide und die fehlende Stoppelbearbeitung: „Ein Teil läuft auf, wird aber gut unterdrückt, ein anderer Teil ist in Keimruhe, und einige Körner werden bis zur Folgekultur durch Bodenorganismen zersetzt.“
Raps mit Begleitsaat
Selbst zur Aussaat von Winterraps kommen alle drei Tanks zum Einsatz. „Wir sind Mitglied im Projekt Experimentierfeld Agro-Nordwest. In diesem Rahmen wurde der Rapsanbau mit Begleitsaaten in verschiedenen Varianten untersucht“, blickt er zurück. Mittlerweile hat Seelmeyer das System übernommen, da er viele Vorteile sieht. „Im vergangenen Trockensommer haben wir 5 t/ha geerntet — komplett ohne den Einsatz von Insektiziden. Auch andere Pflanzenschutzmittel konnten wir reduzieren und auf Fungizide im Herbst sogar ganz verzichten. Im Herbst folgte lediglich ein Gramminizid, woraufhin im Frühjahr zwei reduzierte Fungizid-Durchfahrten folgten“, skizziert Seelmeyer den Aufwand. Zeitgleich ist er realistisch: „Ob dies auch für andere Jahre gilt, bleibt abzuwarten.“
Als Begleitsaat sät Seelmeyer etwa 7 cm tief Ackerbohnen (ca. 80 kg/ha), über die Doppelscheibenschare ein Gemisch aus Raps, Buchweizen und Öllein und hinten über die Green Drill-Prallteller Weißklee und Phacelia. Während einige dieser Arten eine Ablenkungswirkung auf Insekten haben, bringen die Ackerbohne und der Weißklee zudem Vorteile beim Stickstoff: „Die nicht winterharte Sommerackerbohne sammelt nach unseren Erfahrungen etwa 30 bis 50 kg Stickstoff pro Hektar. Dieser steht dem Raps auch zur Verfügung, wenn es beispielsweise für die Umsetzung von ausgebrachtem Mineraldünger zu trocken sein sollte“, beschreibt Seelmeyer.
Der Weißklee ist die einzige Komponente, die überwintert. „Allein durch den Stickstoff-Vorteil sind die Mehrkosten für das Saatgut gedeckt“, ist Seelmeyer überzeugt.
Was bei einer fernen Betrachtung zunächst wie eine Zwischenfrucht wirkt, hat aber System, beschreibt Seelmeyer: „Ab etwa Ende September dominiert optisch der Buchweizen. Er hat eine schnelle Jugendentwicklung, ein büscheliges, mitteltiefes Wurzelwerk und mobilisiert Phosphor.“ Sobald erste Nachtfröste folgen, friert der Buchweizen schnell ab.
Die Ackerbohne entwickelt sich je nach Witterung noch 4 bis 8 Wochen weiter. „Sie braucht ein paar Tage stärkeren Frost zum Absterben, ähnlich wie Öllein und Phacelia“, beschreibt der Landwirt. Negative Konkurrenz-Eigenschaften der Begleitsaaten zum Raps sieht Seelmeyer nicht. „Optisch muss man sich aber dennoch an die Vielfalt im Bestand gewöhnen.“
„Auch wenn sich der Winterraps im Vergleich zu konventionellen Drillsaaten im Herbst etwas mehr streckt, habe ich diesbezüglich wenig Sorge vor Frostschäden. Zum einen scheinen die Einzelpflanzen sehr vital, zum anderen schaffen die abgefrorenen Begleitsaaten ein Mikroklima“, fasst Seelmeyer seine Erfahrungen zusammen. Auf Fungizide im Herbst verzichte er bewusst, da diese zum Teil auch die Begleitsaaten stärken würden.
Spätestens wenige Wochen nach dem Vegetationsbeginn im Frühjahr ist von den Begleitsaaten bis auf einige Bohnenstängel kaum noch etwas zu sehen. Die positiven Effekte ziehen sich bis zur Ernte durch, so Seelmeyer: „In Versuchen des Experimentierfeldes präsentierten sich Bestände mit Begleitsaaten auch in Trockenjahren länger vital, ein Plus für die Ertragsbildung.“
Raps mit Begleitfrucht
Kurz nach der Aussaat.
(Bildquelle: Schulz)
Im frühen Herbst ist der Raps kaum wahrnehmbar.
(Bildquelle: Schulz)
Kurz vor dem ersten Frost dominiert optisch der Buchweizen.
(Bildquelle: Schulz)
Der Weißklee entwickelt sich bodennah und bleibt bis zur Folgekultur erhalten.
(Bildquelle: Schulz)
Im Spätherbst macht die Bohne einen Schub.
(Bildquelle: Schulz)
Mitte Dezember: Der Buchweizen und die Ackerbohne zeichnen stark durch Frost.
(Bildquelle: Seelmeyer)
Bei einsetzender Blüte ist von den Beisaaten fast nichts mehr zu erkennen.
(Bildquelle: Schulz)
Weitere Aspekte in Kürze
Michael Seelmeyer würde sich ein Schnellwechselsystem zwischen Minimum-Till-Scheibenfeld und Kompaktscheibenegge wünschen.
Nach Raps zu Mais folgt bei ihm eine Strip-Till-Gülledüngung, um die Vorteile des Klees möglichst lange zu nutzen.
Auch für die Grünlandnachsaat soll sich die vorgestellte Cirrus gut eignen.
In der Zwischenfrucht vor Mais legt Seelmeyer Leguminosen nahe der späteren Maisreihe ab.
Durch die Umstellung auf Minimum-Till merkt Seelmeyer einen Zuwachs bei der Mäusepopulation in Trockenjahren.
Wir fassen zusammen
Die Partner Michael Seelmeyer und Jens Woltering gehen mit der Zeit. Mit einer Dreitank-Sämaschine schlugen sie den Weg für neue Ackerbaukonzepte ein. Die drei Saattanks erlauben den Kollegen individuelle Strategien, um ihre Erträge abzusichern, Pflanzenschutzmittel einzusparen und die Bodenfruchtbarkeit zu steigern. Die Universaldrillmaschine ist zudem mit einer angepassten Technik zur Bodenbearbeitung versehen, was Wasser spart.