Mit Knick- statt Panzerlenkung ist der neue L 85 der erste konventionelle Radlader aus dem Hause Bobcat. Wir haben das Erstlingswerk im Agrareinsatz getestet.
Praktisch — so hätte die Überschrift zum L 85 ebenfalls lauten können. Denn der kleine Radlader war während des Tests ein gern genutzter Helfer auf dem Hof. Und das, obwohl er mit einer Hubhöhe von 3,31 m relativ schnell an seine Grenzen kommt — dazu kommen wir später noch einmal.
Bei Bobcat denken die meisten sofort an die Kompaktlader mit Panzerlenkung. Mit dem L85 steht aber erstmals ein konventioneller, knickgelenkter Radlader im typisch orange-weißen Kleid vor dem Betrachter. Die Marke Bobcat gehört zum südkoreanischen Doosan-Konzern, und Doosan fertigt unter eigenem Namen schon lange Radlader in den unterschiedlichsten Gewichtsklassen. Anders als vielleicht zu erwarten, hat sich Bobcat bei der Entwicklung nicht bei Doosan bedient, sondern der L85 ist eine komplett eigene Neuentwicklung.
Radlader Bobcat L 85: Motor aus eigenem Hause
Befeuert wird der kleine Radlader von einem Bobcat-Motor, der aus 2,4 l Hubraum knapp 70 PS schöpft. Unserem Eindruck nach dürften es für den Agrareinsatz gerne ein paar PS mehr sein. An sich machte der Motor seine Sache aber gut: Im Mittel gönnte sich das Aggregat 7,7 l/h — ein durchschnittlicher Wert für diese Klasse. Der Dieselverbrauch variierte dabei von 6 l/h bei leichten Hofarbeiten bis zu 10 l/h bei Straßenfahrten. Lange Wege sind auch aufgrund der fehlenden Schwingungstilgung nicht die Stärke des L85.
Klasse ist die Start/Stopp-Taste in der Armlehne: Beim Verlassen der Maschine kurz darauf gedrückt, schon geht der Motor aus, und die Handbremse wird automatisch angezogen. Umgekehrt reicht ein zweiter Knopfdruck auf den Taster in der Armlehne, und die Maschine springt sofort wieder an. Was hier unspektakulär klingt, hat bei der täglichen Arbeit rund um den Hof richtig Spaß gemacht.
Verbessern sollte und will Bobcat noch die seitlichen Luft-Einlässe in der schicken Motorhaube, die sich ohne Schlüssel öffnen lässt: Für den Agrareinsatz muss ein engmaschigeres Gitter das Eindringen von Stroh oder Futter in den Motorraum verhindern. Und ein kleines Detail, welches uns beim Einsatz im Stall noch aufgefallen ist: Geht man am Heck um die Maschine herum, bläst einem der Auspuff die Abgase leider genau gegen den Kopf — ein längerer Auspuff könnte einfache Abhilfe schaffen.
Hydrostat mit einer Stufe bis 30 km/h
Für die Fortbewegung setzt Bobcat auf einen einstufigen Hydrostaten, der mit einer gemessenen Zugkraft von 4 070 daN die Leistung der Maschine gut auf den Boden bringt. Über einen Taster kann die Pedalspreizung für feinfühliges Rangieren in zwei Stufen eingestellt werden: In der langsamen Stufe ist die Höchstgeschwindigkeit auf 8 km/h begrenzt, die versprochenen 30 km/h in der zweiten Stufe erreichte die Testmaschine mit gemessenen 28 km/h nicht ganz. Eine 40-km/h-Version ist nicht erhältlich.
Richtig gut gefallen hat uns neben der automatischen Handbremse, dass die Maschine beim Loslassen des Fahrpedals am Hang selbstständig abbremst, wenn auch relativ stark bzw. abrupt.
Muss sich strecken
Bei der Arbeit auf dem Hof muss sich der Bobcat L 85 oft richtig strecken: Denn mit 3,31 m maximaler Hubhöhe bzw. 2,43 m Ausschütthöhe wird es bei vielen Arbeiten systembedingt eng. Damit sich etwas bewegt, setzt Bobcat serienmäßig auf eine Zahnradpumpe, die mit einer Leistung von 75 l/min angegeben ist. Gemessen am dritten Steuerkreis konnten wir diese 75 l/min (bei 72 bar Reststaudruck) auch exakt abrufen, für eine Maschine dieser Größe ein passender Wert. Die Mischbarkeit der einzelnen Funktionen war in Ordnung. Nicht gefallen hat uns, dass sich der Arm unseres Test-Radladers über Nacht (12 Stunden) um gut 17 cm abgesenkt hat.
Für den Einsatz in der Landwirtschaft mit gewünscht schnelleren Arbeitsfunktionen würden wir die optionale Load-Sensing-Pumpe High-Flow empfehlen, die laut Bobcat für rund 1 000 Euro Aufpreis eine Ölfördermenge von 100 l/min bietet.
Typisch für Radlader ist die Z-Kinematik bei der Werkzeugführung, mit der auch Bobcat den L85 ausstattet. Damit erreicht der Lader mit 47,5° Ein- und 45° Auskippwinkel – gute Werte.
Bei der Parallelführung zeigt der L85 seine Tiefbau-Herkunft: Während ein Einkippen um 5,1° beim Einsatz mit der Palettengabel zwar viel ist, aber noch im Rahmen liegt, sorgt der Wert beim Einsatz mit der Schaufel im ersten Moment für Verwirrung: Ab der zweiten Hälfte des Hubweges kippt die Schaufel langsam aus — ganz angehoben ist die Schaufel mit 43° dann komplett ausgekippt: Beim Umsetzen von Erdhaufen oder dem Beladen von niedrigen Anhängern macht das Sinn, da so die Schaufel ohne Zutun nach dem Absenken wieder bodenparallel steht. Bei Schüttgut muss der Fahrer dagegen ständig nachregeln.
Wichtig für die Arbeit am Haufen sind ordentliche Losbrech- und Hubkräfte. Auch hier passt der Bobcat L85 in die Welt: 2 832 daN Losbrechkraft sind gut — zumal sich dabei der Hinterwagen bereits vom Boden abhebt. Als durchgehende Hubkraft haben wir 2 400 daN (bei 3,13 m Hubhöhe) ermittelt. Im unteren Bereich erreicht der Lader sogar maximal 3 188 daN — auch hier hebt das Maschinenheck vom Boden ab. Das passt zur angegebenen Kipplast von 3 150 kg im geknickten Zustand.
Für den Werkzeuganbau setzt Bobcat auf einen eigenen Schnellwechselrahmen. Die Bolzen der hydraulischen Verrieglung sind dabei vom Fahrersitz aus zu sehen — prima. Schön fanden die Tester die flachdichtenden Kupplungen samt guten Schutzkappen für den dritten Steuerkreis.
Sehr gut gefallen hat uns auch die Faster-Lösung zum drucklosen Kuppeln der Schläuche: Vor dem Trennen werden die Schläuche für 5 s in die Kupplung gedrückt. Durch die zu den Anschlüssen geführte Leckölleitung kann in dieser Zeit der Druck aus den Schläuchen entweichen. Vermisst haben alle Testfahrer eine Schwingungstilgung, eine Schwimmstellung gehört dagegen zum Serienumfang.
Die Schläuche für eine kurze Zeit in die Kupplung drücken, schon wird der Druck über die Leckölleitung abgebaut — eine prima Lösung.
(Bildquelle: Tovornik)
Bobcat verzichtet auf einen Unterbodenschutz — das macht die Maschine von unten gut zugänglich.
(Bildquelle: Tovornik)
Komfortable Kabine
An der Kabine des Bobcat L85 gibt es wenig Anlass zu Kritik. Der Aufstieg ist gut und griffig, die Türen lassen sich um 180° schwenken und die Türverriegelung aus der Kabine heraus betätigen. Aufgestellt bleiben die Türen innerhalb der Fahrzeugabmessungen — prima. Prima fanden wir auch, dass die Gummimatte in der Kabine über die Trittkante gezogen ist und sich schnell herausnehmen lässt — so kann man die Kabine super ausblasen. Um bei der Sauberkeit zu bleiben: Der parallelgeführte Frontscheibenwischer hat ein schön großes Wischfeld. Eine Intervallschaltung ist laut Bobcat bereits in Planung.
Die Übersicht und die Sicht auf die Werkzeuge sind auch bei großen Fahrern gut. Der Joystick ist bereits von den Teleskopladern bekannt und auch beim L85 gut zu bedienen. Nicht überzeugt hat uns dagegen die Lüftung: Bereits in der ersten Stufe lief das Gebläse sehr schnell und recht laut — für normale Bedingungen fehlte uns eine langsamere Stufe. Die Klimaanlage gehört zur Wunschausstattung.
Die Wendeschaltung lässt sich über eine Wippe rechts am Joystick bedienen, die Fahrtrichtung wird dabei gut sichtbar im Display angezeigt. Bei Rückwärtsfahrt springt die Anzeige automatisch auf die Rückfahrkamera um. Mit einem Schalter kann die Rückfahrkamera aber auch manuell aktiviert werden — schön.
In der Kabine findet sich nur ein mechanisch gefederter Sitz, darunter gibt es ein gutes Staufach. Für 550 Euro Aufpreis steht ein Luftsitz in der Preisliste. Schön ist die in der Längsrichtung verstellbare Bedienarmlehne.
Abschließend noch kurz zum mitgelieferten, schwenkbaren Kehrbesen: Durch den gefederten Anbaurahmen ließ sich damit sehr gut in beide Richtungen arbeiten. Bobcat hat in die Bedienung ein Handgas integriert: Aktiviert man den Taster mit dem Schneckensymbol, kann die Motordrehzahl über ein Drehpoti gesteuert werden. Anschließend die Aux-Taste drücken und das Steuergerät betätigen, dann kann über das Fahrpedal die Geschwindigkeit gesteuert werden. Hier würden wir uns eine einfachere Lösung wünschen — vor allem, weil die maximale Fahrgeschwindigkeit bei 1 500 U/min mit gut 2 km/h für die Arbeit mit dem Kehrbesen recht niedrig ist. Für zügiges Rückwärtsfahren kann die Funktion durch Schalten in die schnelle Fahrstufe übersteuert werden.
In der Vorderachse ist eine Differenzialsperre mit 100 % Sperrwirkung integriert, die per Knopfdruck aktiviert wird.
Alle elektrischen Leitungen sind mit haltbaren Fähnchen gekennzeichnet und können so dank des sehr guten Sicherungsplans zügig zugeordnet und kontrolliert werden.
Ein Schmiernippel am oberen Ende des Werkzeugzylinders brach während unseres Tests bereits ab — hier wären Nippel in den Bolzen eine sicherere Lösung. Insgesamt gibt es 22 gut zugängliche bzw. zu Schmierpulten zusammengefasste Nippel mit schönem Schmierplan.
Die Fettpresse hat eine Parkposition unter der Motorhaube — bei kalten Temperaturen wird so das Fett für eine bessere Viskosität vom Motor vorgewärmt.
Unsere Testmaschine war sehr gut verarbeitet und lackiert.
Das Erstlingswerk von Bobcat im Bereich knickgelenkter Radlader ist gelungen. Pfiffige Details wie die Start/Stop-Taste für den Motor oder die einfache Druckentlastung für den dritten Steuerkreis machen in der Praxis Spaß. Als universeller Helfer zwischen Hof- und ausgewachsenem Radlader kann der wendige L 85 seinen Platz auch in der Landwirtschaft finden. Bei Bobcat steht der L 85 ab einem Einstiegspreis von 54 800 Euro in der Liste — mit unseren Empfehlungen wie Load-Sensing-Hydraulikpumpe und Luftsitz kommt die Testmaschine auf rund 55 350 Euro. Insgesamt ist die Serienmaschine aber bereits gut ausgestattet. Wenn Bobcat jetzt noch die Hausaufgaben bei der Schwingungstilgung erledigt, steht der Maschine einem guten Start im Radladermarkt nichts mehr im Wege.