Ganze 14 Jahre ist es her, als profi über die in den USA produzierte und von Heßler nach Europa importierte Strohmühle Roto Grind 760 berichtete. Die Maschine füllte damals eine Lücke. Denn obwohl Milchviehbetriebe zusehends zerfasertes Stroh zum Einstreuen und Füttern nachfragten, waren Ballenpressen mit Vorbauhäcksler oder Kurzschnitt-Schneidwerk die Ausnahme. Auch gab es damals keine mobilen Strohmühlen, die wie eine Roto Grind im Minutentakt Rundballen „schlucken“ konnte.
Roto Grind Strohmühle 760: Hammer-Technik
Basis der Roto Grind 760 ist ein Mahlaggregat mit 24 Hämmern. Die fast baugleiche Roto Grind 1090 besitzt ganze 36 Hämmer. Die Hämmer sind 33 cm lang und an allen vier Enden mit Hartmetall beschichtet — und lassen sich folglich drei Mal drehen. Mit dem Drehen sollte man nicht zu lange warten, da stumpfe Hämmer den Anteil an Überlängen sowie den Kraftbedarf erhöhen. Dann reicht die mit 100 PS angegebene Mindestleistung nicht mehr aus. Ohnehin läuft das Mahlen am besten, wenn 150 PS und mehr vor einer Roto Grind arbeiten.
Ein Satz Hämmer hält etwa 10 000 Strohballen stand. Wird die Mühle zum Mahlen von Trockenmist oder Hackschnitzeln eingesetzt, ist der Verschleiß sichtbar höher.
Beim Blick auf die Hämmer sollten Sie auch gleich die fünf Reibeplatten in Augenschein nehmen, auf denen das Gut gemahlen wird. Zeigen die Platten Verschleiß, ist dies jedoch kein Anlass zur Panik. Denn die Platten lassen sich einfach wechseln, und bei 40 Euro je Platte (1090: 60 Euro) sind etwaige Reparaturen kein Weltuntergang.
Übrigens: Ein ganzer Satz Hämmer für die 760er kommt auf 1 850 Euro. Ein kompletter Satz für die 1090er kostet inklusive neuer, hochlegierter Befestigungsbolzen und Sicherungsclips etwa 1 850 Euro (alle Angaben ohne Mehrwertsteuer).
Brennt grünes Licht?
Die Roto Grind ist eine typisch amerikanische Konstruktion: einfach, robust, zuverlässig. Dennoch hat sie wie mit der Leistungsautomatik interessante Raffinessen zu bieten: Die Automatik überwacht die Drehzahl der 1000er Zapfwelle. Kommt diese von den Touren, stoppt die Automatik die Drehbewegung des 2,70 m breiten Vorratsbehälters.
Bei Erreichen der einstellbaren Zapfwellendrehzahl fängt der Behälter dann wieder von allein an zu drehen. Für das Bedienen der Mühle ist so keine Person auf dem Schlepper erforderlich. Während also die Mühle mahlt, kann man mit einem zweiten Schlepper stetig Ballen nachfüllen — toll.
Allerdings muss dafür die Leistungsautomatik funktionieren, weshalb Käufer die Kontrollleuchte am Gehäuse der Leistungsautomatik kontrollieren sollten: Leuchtet trotz Kabelverbindung zum Schlepper die Leuchte nicht grün, sind entweder ein Steckkontakt oder der Mehrfachstecker unter der Maschinenverkleidung korrodiert. In seltenen Fällen kann aber auch eine neue, 800 Euro teure Leistungsautomatik nötig sein.
Das Mahlen erfolgt auf fünf Reibplatten, welche das Mühlengehäuse umgeben.
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Die Reibeplatte einer Roto Grind 1090 sowie der Bolzen für das Befestigen der Hämmer.
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Ohne regelmäßige Schmierung nimmt das Gehäuse der Shear Bolt Clutch Schaden.
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Bei der Leistungsautomatik sollte die Leuchte grün blinken — ansonsten droht ein Tausch.
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Wichtig: Es dürfen nur Scherschrauben der Festigkeitsklasse 8.8 verwendet werden!
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Die Shear Bolt Clutch
Natürlich sollte auch eine Roto Grind niemals unbeaufsichtigt in Aktion sein — lediglich auf einen zweiten Fahrer kann in der Regel verzichtet werden. Möglich macht dies unter anderem die Shear Bolt Clutch von Walterscheid — eine Gelenkwelle mit Scherbolzen in Form einer Stahlschraube der Festigkeitsklasse 8.8 (bitte keine 10.9 verwenden!). Im Falle einer Überbeanspruchung schert diese ab, und der Durchtrieb kommt zum Stehen.
Allerdings, und jetzt kommt das große „aber“: Absolut sicher funktioniert die Shear Bolt Clutch nur, wenn die dazugehörigen Schmiernippel alle 15 Betriebsstunden ihr Fett bekommen. Wird dieser Punkt nicht berücksichtigt, platzt beim Abscheren der Scherschraube womöglich das Gehäuse der Shear Bolt Clutch. Da es sich hier um eine amerikanische Konstruktion handelt, kommt man nicht um ein Originalersatzteil herum. Kostenpunkt: rund 280 Euro. Nebenbei: Sollte die Gelenkwelle stark beschädigt sein oder gar fehlen, schlägt eine Ersatzbeschaffung mit 1 000 Euro zu Buche.
Sind die Stehlager fit?
Dass der Behälter der Roto Grind einen rund 10 mm hohen Spalt zur Plattform hin aufweist, ist normal. Nicht normal wäre ein geringeres Spaltmaß. Dann nämlich ist mindestens eines der acht Stehlager defekt, die den Behälter halten. Ursache für defekte Lager sind Schläge von oben auf die Behälterwand, z. B. mit der Greifschaufel. Der Stoß drückt den Behälter nach unten, und dabei die Lager aus ihren Schalen.
Im ungünstigsten Fall verlässt dann der Behälter seine kreisrunde Bahn, und die Hämmer der Mühle bekommen den unteren Rand der Behälterwand zu fassen — was in Einzelfällen etwaige „Fraßspuren“ am unteren Behälterrand erklärt.
Zum Glück lassen sich die sonst gut zugänglichen Stehlager leicht wechseln. Und bei einem Preis von 40 Euro je Lager hält sich der finanzielle Schaden in Grenzen.
2018 wurden die Stehlager durch eine gegenüber Stößen robustere Lösung ersetzt. Diese gibt es auch als Umrüstsatz für ältere Modelle. Kosten: rund 600 Euro.
Seit 2018 gibt es einen Umrüstsatz für die gegen Stöße von oben sensiblen Stehlager.
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Ist der Ballenheber beweglich, wurde die einstellbare Bodenklappe regelmäßig gepflegt.
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Bei älteren Mühlen fehlt das vor Schlägen von oben schützende Metallgehäuse.
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Wurden einmal die Hydraulikleitungen falsch angeschlossen, kann der Ölmotor undicht sein.
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Für die Straßenfahrt besitzt dieser Wurfturm eine hydraulische Klappeinrichtung.
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Ist die Bodenklappe gängig?
Um den Durchsatz der Mühle an die Schlepperleistung anpassen zu können, sind alle Roto Grind mit einer von außen per Handkurbel einstellbaren, vor dem Mühlenrotor platzierten Bodenplatte ausgestattet. Je weiter die Bodenplatte angehoben ist, desto mehr wird der Ballen vom Boden weggedrückt — und desto weniger Stroh bekommen die Hämmer zu fassen.
Die Bodenplatte ist allerdings nicht komplett wartungsfrei. Das heißt: Ein paar Tropfen Öl von Zeit zu Zeit auf die Scharniere wirken Wunder. Wenn also die Bodenplatte einer gebrauchten Roto Grind festsitzt, wurde zumindest dieser Punkt im Wartungsplan außen vor gelassen.
Undichter Ölmotor
Für den nächsten Punkt unserer Checkliste sollten Sie sich kurz unter die Mühle begeben: Der Ölmotor, welcher den Vorratsbehälter per Ritzel in Bewegung setzt, könnte nämlich undicht sein. Ursache für etwaige Leckagen ist meist menschliches Versagen: Der Ölmotor reagiert empfindlich auf plötzlichen Überdruck — wie er beispielsweise auftritt, wenn der Rücklauf versehentlich nicht drucklos geschaltet oder falsch gesteckt wurde. Und manchmal rutscht die Steckkupplung auch einfach nur aus dem Anschluss vom Schlepper — und schon ist das Malheur passiert.
Zum Glück bietet der deutsche Importeur Heßler für 150 Euro einen erschwinglichen Dichtsatz an, so dass sich mit etwas handwerklichem Geschick der finanzielle Schaden in Grenzen hält. Wer sich diese Arbeit nicht zutraut, dem bleibt dann wohl nur der Kauf einer neuen, etwa 600 Euro teuren Ölpumpe.
Klappriger Wurfturm
Der Turm erreicht eine Auswurfhöhe von 3 m (Verlängerung um bis zu 1,20 m möglich) und verfügt serienmäßig über eine hydraulisch verstellbare Wurfklappe. Eine hydraulische Dreh- und Klapphilfe ist nicht Serie. Letztere wäre aber eine gute Idee. Denn in Arbeitsposition steht der Wurfturm seitlich über, so dass die Maschine eine Breite von 4,25 m erreicht — zu viel für die öffentliche Straße mit dem leer 1,59 t schweren, angehängten Arbeitsgerät.
Besitzer einer Roto Grind, die damit häufiger auf der Straße unterwegs sind, haben deshalb meist selbst Hand angelegt. Neben hydraulischen Klappungen finden sich so an vielen gebrauchten Mühlen angeschraubte Schnellverschlüsse. Entdeckt haben wir aber auch kleine Bleche, die zur Stabilisierung des Wurfturms angeschweißt wurden. Kurzum: Ein Highlight ist die Konstruktion des Wurfturms nicht, doch „it works“, wie der US-Amerikaner zu sagen pflegt.
Statt hydraulisch: Schnellverschlüsse sind eine einfache Lösung zum Turm-Klappen.
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Da ohne Sieb gemahlen wird, weist das stark zerfaserte Material gewisse Überlängen auf.
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Manche Besitzer kritisieren die ab Werk etwas instabilen Halter der Beleuchtung.
(Bildquelle: Zäh)
Weitere Punkte
Wir haben mit Besitzern einer Roto Grind über deren Erfahrungen diskutiert und durften freundlicherweise auch deren Mühlen für diesen Beitrag fotografieren. Einig sind sich die Besitzer, was das Leistungsspektrum ihrer Mühlen angeht. Denn neben Stroh und Heu mahlen diese oft auch Hackschnitzel oder Mist. Einzig nasser (Kuh-)Mist lässt sich nicht gut mahlen.
Sofern für den Antrieb ein Schlepper mit mehr als 150 PS vor der Mühle hängt, mahlt diese einen Strohballen pro Minute — also 60 in der Stunde. Bei einem Ballengewicht von 400 kg entspricht dies einer Leistung von fast 25 t/h — enorm.
Beeindruckt sind die Landwirte auch von der Staubbelastung, welche mit dem Mahlen einhergeht. Wobei es nicht nur staubt, wenn das Stroh mit Schwung aus dem Auswurf fliegt — und dabei beachtliche 12 m Wurfweite erreicht. Auch das Mahlaggregat selbst wirft bei sich leerender Mühle Stroh aus dem Behälter — was erklärt, weshalb bei uns die meisten Mühlen immer mit einem Rest Stroh befüllt waren.
Dass die meisten Mühlen vor dem Mahlwerk einen Flansch zum Anschließen eines Wasserschlauchs besitzen, um bei einem halbstationären Betrieb eine gewisse Menge Wasser zur Staubbindung hingeben zu können, war den Betrieben dagegen eher selten bekannt.
Einig waren sich die Besitzer, was die Stabilität der Maschinen aus den USA angeht. So konnten sich Betriebe, welche mit ihrer Roto Grind nur Stroh mahlen, selbst nach über 10 000 gemahlenen Ballen an keine außerordentliche Reparatur erinnern.
Anders bei Betrieben mit Biogas: Das Mahlen von Mist ist offensichtlich sehr verschleißträchtig und verlangt unter anderem durch wesentlich stärkere Vibrationen den Maschinen viel ab: „Mist mahlen ist Mist“, meinte hierzu ein Praktiker.
Lob gibt es hingegen von Milchviehhaltern, die ihr Stroh mit der Roto Grind mahlen und anschließend ihre Gülle und ihren Mist ohne eine weitere Zerkleinerung in einer Biogas-Kleinanlage vergären: Der Mist macht in den Anlagen wenig Probleme, gleichzeitig freuen sich die Betreiber über ordentlich Gas aus dem Mist. Dass die Roto Grind aufgrund eines fehlenden Siebs kein gleichmäßig kurzes Strohmehl produziert, sondern stets ein gewisser Anteil an Überlängen anfällt, wurde nicht kritisiert.
Weniger Lob erfährt hingegen die optionale Beleuchtung. Entweder rappelt sich bei häufiger Straßenfahrt die Original-Halterung los, oder die Leuchtmittel halten den beim Mahlen auftretenden Vibrationen nicht Stand. Ob hier eine LED-Bestückung weniger Probleme macht, bleibt zu prüfen.
Eine neue Roto Grind 760 kostet aktuell rund 28 000 Euro (alle Preise ohne Mehrwertsteuer). Der Preis einer gebrauchten Mühle ist mangels ausreichender Datengrundlage schwerer zu beziffern — und hängt wesentlich davon ab, welches Material und wie viel davon gemahlen wurde.
So werden selbst zehn Jahre alte, gut erhaltene Roto Grind noch für 16 000 Euro und mehr gehandelt. Während Mühlen, welche einer Grundsanierung bedürfen und deshalb beispielsweise ein neues Bodenblech benötigen, teils für weniger als 4 000 Euro zu haben sind.
Fazit
Als Ende der 2000er Jahre Ballenpressen mit Kurzschnittschneidwerk oder Vorbauhäcksler so gut wie nicht angeboten wurden, füllte die aus den USA importierte Mühle Roto Grind eine Lücke. Neben Milchviehhaltern erkannten auch Biogasbetriebe das Potenzial der Maschine.
Die einzige technische Änderung in all den Jahren betrifft die Stehlager-Konstruktion im Jahr 2018. Seitdem können Schläge mit dem Frontlader auf den Behälter kaum mehr Schaden anrichten.
Wer sich für eine gebrauchte Roto Grind 760 oder 1090 interessiert, sollte sich die Strohmühle unbedingt vor Ort ansehen. Denn je nach Mahlgut und Einsatzfrequenz können selbst zehn Jahre alte Maschinen sehr gut erhalten, jüngere dagegen mitunter deutlich verschlissen sein.