Wärmepumpe im Abferkelstall im Einsatzbericht: Halbierte Heizkosten
Sauenhalter Hendrik Mengelkamp beheizt seit 2022 seinen 540er Sauenstall mit einer Wärmepumpe. Warum er sich wieder gegen eine Heizung mit Gas oder Öl entscheiden würde, hat profi mit ihm trefflich diskutiert.
Die Nester im Abferkelstall mit einer Wärmepumpe beheizen? — Was nach dem Debakel um das Heizungsgesetz wie eine absurde Idee klingt, ist im Betrieb Mengelkamp seit 2022 gelebter Alltag. Mehr noch: Aktuell genießt der Sauenhalter mit 150 Abferkelplätzen finanziell einen deutlichen Vorteil gegenüber Ferkelerzeugern, die mit Heizöl oder Gas heizen. Konkret zahlt er ein Äquivalent von nur 43 Cent/l statt 86 Cent/l für echtes Heizöl (Stand: 8. Juli 2024, Preise ohne Mehrwertsteuer).
Erfreut zeigt sich Hendrik Mengelkamp auch darüber, dass keine besonderen Auflagen in Sachen Brandschutz zu erfüllen sind. Auch hat er keine Kontrollen in Bezug auf die Lagerung umweltgefährdender Stoffe zu befürchten. Als Betrieb nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImschG) hätten ihn sonst engmaschige Kontrollen und strenge Auflagen gedroht. Diese sind mit dem Einbau der Wärmepumpe hinfällig. Gleiches gilt für den Kaminkehrer, der nun auch keine Rechnungen mehr schickt. Doch der Reihe nach.
Wärmepumpe im Abferkelstall: Leitungen unter Güllekanal
Beim Betreten der Heizungszentrale für die Stallungen mit insgesamt 540 Sauen ohne Ferkelaufzucht sind wir erst einmal verblüfft. Denn erwartet haben wir eine Wärmepumpe in Form eines großen Kühlschranks. Stattdessen steht eine Wärmepumpe von Alpha Innotec vor uns, die uns nicht mal bis zur Hüfte reicht. Unseren ersten Gedanken, die 18,6 kW Heizleistung des Geräts könnte knapp bemessen sein, schlägt der 34-jährige Sauenhalter gleich in den Wind. „Selbst im Winter kommt beim Aufheizen vor einem Aufstallen der Tiere die Anlage nicht an ihre Grenzen“, weiß der Landwirt zu berichten.
Der Grund für seinen Optimismus steckt im Aufbau seiner Anlage. Denn Mengelkamp hat Soleleitungen unter den Güllekanälen im Warte- und Abferkelstall verlegt. Die im Abstand von 50 cm und auf über 3.000 m2 verteilten Leitungen nehmen dabei die im Beton gespeicherte Wärmeenergie auf — und geben diese dann im Tausch an die Wärmepumpe später wieder ab.
Der damit verbundene Effekt ist nahezu gigantisch. So kommt bei unserem Besuch Mitte Mai das Wasser der Sole mit 18,7 °C zur Wärmepumpe. Nach Entzug der Wärme fließt es mit 16,5 °C wieder zurück zu Kanälen in den Stallungen und wird hier wieder auf 18,7 °C erwärmt. Im Winter sank die Soletemperatur auf bis zu 15 °C ab, während die Rücklauftemperatur um 3 °C herunter auf 12 °C fiel.
Die Wärmepumpe im Betrieb des Sauenhalters erreicht so an guten Tagen eine Leistungszahl (LZ, englisch: COP) von 4,7. Das heißt: Mit 1 kW Strom erzeugt die Technik 4,7 kWh Wärme — ein sehr guter Wert. Im Schnitt des Jahres erreicht der Betrieb eine Leistungszahl von 4,5.
Die Wärmepumpe von Alpha Innotec erbringt eine Heizleistung von 18,6 kW.
(Bildquelle: Schildmann)
Die Wärmepumpe versorgt auch das Breifutter für die Saugferkel mit Warmwasser.
(Bildquelle: Schildmann)
Der 880 l große Pufferspeicher von Zeeh besitzt eine Zusatzpumpe, welche heißes Wasser von oben nach unten fördert — was die Brauchwasseraufbereitung verbessert.
(Bildquelle: Schildmann)
Angegeben ist die in Süddeutschland von Nibe hergestellte Wärmepumpe mit einer Leistungszahl von bis zu 4,87. Mit einem COP von 4,5 bis 4,7 arbeitet die Anlage von Mengelkamp damit sehr effizient — und dies, obwohl die Anlage im Betrieb auch die Brauchwasserversorgung übernimmt. Das hierfür auf 52 °C aufgeheizte und in einem 880 l großen Pufferspeicher bevorratete Wasser verwendet der Betrieb unter anderem für die Duschen in den Sozialräumen, zum Anmischen des Breifutters für die Saugferkel und zur Behälterreinigung der Flüssigfütterung.
Weniger Ammoniak durch Wärmepumpe im Abferkelstall
Im Gegensatz zu einer Luft-Luft-Wärmepumpe, welche bei niedrigen Außentemperaturen weniger effizient arbeitet, beschert so die Nutzung der Sole als Energielieferung ganzjährig einen guten Wirkungsgrad. Nebenbei bewirkt das Kühlen der Sole eine reduzierte Freisetzung von Ammoniak aus der Gülle. Gleichwohl es im Stall des Landwirts noch keine konkreten Messungen dazu gibt, ist Mengelkamp von der guten Qualität seiner Stallluft überzeugt.
Zur guten Luft trägt auch das Schiebersystem bei, das in den Güllekanälen verbaut ist. Mehrmals am Tag räumt es in den Kanälen Kot und Harn ab, so dass unerwünschte Prozesse nicht im Stall stattfinden und allein dadurch weniger Ammoniak freigesetzt wird.
Am Rande: Das Schiebersystem erlaubt dem Betrieb demnächst auch das Einstreuen der Abferkelbuchten mit Stroh. Die Eisenschienen zum Fahren des automatischen Einstreusystems hingen übrigens bei unserem Besuch schon unter der Decke.
Heizungsleitungen der Wärmepumpe werden im 16 cm dicken Beton verankert
Das Verlegen der Soleleitung unter den Güllekanälen übernahm ein Bauunternehmer — allein, weil das Unternehmen mit Blick auf eine Gewährleistung der Statik nichts riskieren wollte. Tatsächlich gestaltete sich das Einbringen der ¾“-Leitungen mit einem Hochbinden unter die Stahlmatten weitaus schwieriger als geplant.
Den Einbau der Heizleitungen in die Ferkelnester erledigte der Landwirt zusammen mit fleißigen Helfern selbst. Dass der Beton, welcher in den 100 x 70 cm großen Nestern die Heizleitung umgibt, am Ende eine Höhe von 16 cm erreichte, missfiel dabei dem Landwirt zunächst.
Heute ist er aufgrund des hohen Speicherpotenzials sehr froh über die Menge an Beton, die in den 150 Abferkelbuchten verbaut ist. Zwar dauert das Aufheizen des Betons regelmäßig drei bis vier Tage — und damit vergleichsweise lange. Hat aber der Beton in den Nestern seine Solltemperatur erreicht, kann die Heizung stundenlang pausieren — ohne, dass die Temperatur des Bodens nennenswert absinkt.
Und so nutzt der 34-jährige Ferkelerzeuger heute das Trägheitsmoment des Heizsystems, um Kosten zu sparen: Auf dem Dach des Stalls liegt eine PV-Anlage mit einer installierten Leistung von 100 kW. An Sonnentagen liefert sie Strom für 8 Cent/kWh. Bei einem COP von 4,7 kostet so Heizöl umgerechnet 17 Cent/l. Nachts muss der Betrieb aber Strom für 30 Cent/kWh zukaufen. Das Heizöl würde dem Betrieb so umgerechnet 64 Cent/l kosten — das macht unterm Strich eine Differenz von 47 Cent/l Heizöläquivalent.
Um die PV-Anlage besser auszulasten und um gleichzeitig die Heizkosten niedrig zu halten, schaltet deshalb der Landwirt im Sommer nachts die Bodenheizung komplett aus — und bei Sonnenaufgang wieder an. Wie Messungen zeigen, kühlen die Nester in der Zwischenzeit nur um 2 °C ab — eine Differenz, die für die Gesundheit der Tiere keine nennenswerte Rolle spielt.
Bleibt anzumerken, dass das Abschalten frühestens ab dem zehnten Lebenstag der Ferkel erfolgt. „Mit neugeborenen Tieren gehen wir absolut kein Risiko ein. Ohnehin haben wir bei 150 Abferkelungen im Fünf-
Wochen-Rhythmus in den ersten Tagen andere Dinge zu tun, als an der Heizung zu spielen“, merkt der Landwirt hierzu an.
Die Baukosten der Wärmepumpe im Abferkelstall
Die Kosten für die komplette, 2022 fertiggestellte Heizungsanlage beziffert Mengelkamp mit 60.000 Euro. Im Preis enthalten sind 12.000 Euro für die Soleleitung sowie für deren Verlegung unter den Güllekanälen. Mit Blick auf die hohe Inflation der letzten Jahre und den gestiegenen Energiepreisen ist davon auszugehen, dass eine vergleichbare Anlage heute durchaus 20 % oder mehr kosten würde.
Mengelkamp gesteht aber auch ein, dass er bei der Inbetriebnahme der Anlage zunächst gehörig erschrocken war: Mit dem Beginn des Ukrainekriegs schnellte der Strompreis auf satte 46 Cent/kWh hoch. Da er 2022 noch keine PV-Anlage auf dem Dach besaß, zahlte er also umgerechnet 1 Euro/l Heizöl. Dass zu Beginn des Kriegs in der Ukraine die Heizölpreise auf bis zu zwei Euro stiegen und Heizöl im Jahresdurchschnitt gar 1,19 Euro kostete, war ihm dabei ein schlechter Trost. Aber immerhin: Am Ende des Jahres lag Mengelkamp mit seiner Wärmepumpe immer noch um 20 % unter den Heizkosten des elterlichen Betriebs, der ebenfalls Sauen hält.
Hinkende Vergleiche bei unterschiedlichen Wärme-Techniken
Stichwort 20 %: Der Vergleich einer Wärmepumpe mit den Heizkosten einer Gas- oder Ölheizung hinkt im Übrigen immer etwas. Denn Erfahrungen mit modernisierten Heizungsanlagen von Häusern zeigen, dass eine Wärmepumpe den Energieverbrauch um rund 20 % senkt — wenn man den langjährigen Ölverbrauch als Berechnungsgrundlage herzieht.
Ein Grund für den höheren Verbrauch von Heizungen mit Brennkammer ist die weniger gut regelbare Heizleistung sowie die oft zu hoch eingestellte Vorlauftemperatur. Ob im tierhaltenden Betrieb der Verbrauch mit einer Wärmepumpe nach gleichem Muster auch niedriger ausfällt, ist unseres Wissens noch nicht ausreichend untersucht.
Heizkosten eines Jahres
Mengelkamp notiert jeden Monat den Strom- und Wärmeverbrauch. So kann er unter anderem kalkulieren, bis wann sich die Investition in die PV-Anlage bezahlt macht. Auch kennt er so den Energieverbrauch jeden Durchgangs. Für das Jahr 2023 notierte der Landwirt dabei einen Jahresverbrauch von 37.500 kWh Strom und 167.000 kWh Wärme. Das ergibt eine Jahresarbeitszahl von 4,48. Multipliziert mit dem aus Eigen- und Zukaufstrom gemittelten Strompreis von 19 ct/kWh beliefen sich so im Betrieb die Kosten der Warmwasserbereitung auf 7.125 Euro — inklusive des warmen Wassers für Dusche, Ferkelfütterung und Behälterreinigung.
Zum Vergleich: Mit Heizöl und einem durchschnittlichen Einkaufspreis von 85 Cent/l hätte die gleiche Menge an Heizenergie 14.195 Euro gekostet. Flüssiggas war 2023 mit knapp 8 Cent/kWh Wärme etwas günstiger als Heizöl, mit 13.360 Euro wären aber die Heizkosten ebenfalls fast doppelt so hoch ausgefallen wie mit der Wärmepumpe.
Der Futterbehälter im Betrieb wird nach jeder Fütterung mit heißem Wasser gespült und gereinigt.
(Bildquelle: Schildmann)
Wie beim Warmwasser lassen sich für eine hohe Effizienz der Wärmepumpe die Temperaturen exakt einstellen.
(Bildquelle: Schildmann)
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass Mengelkamp den 880 l großen Pufferspeicher bei einem Ausfall der Wärmepumpe zur Not auch mit drei jeweils 9 kW starken Heizstäben beheizen kann. Bislang musste der Betrieb auf die — zugegeben teure — Notfallheizung nur nach Inbetriebnahme zugreifen. Ursache für den damaligen Ausfall war ein Vogel, der in der Bauzeit Zuflucht in einer der damals offenen Soleleitungen suchte. Nach Inbetriebnahme landete das Gefieder vor dem Sieb der Wärmepumpe, so dass diese nur mit halber Leistung arbeitete.
Keine halbe, sondern die volle Leistung garantiert hingegen der 880 l große Pufferspeicher für Heiz- und Brauchwasser. Der Speicher ist mit einem Edelstahlwellrohr für Brauch- und Warmwasser versehen. Kaltes Heiz- oder Brauchwasser strömt in beiden Fällen unten in den Behälter ein, wobei es sich auf dem Weg zum Auslass im oberen Bereich erwärmt — soweit erst einmal nichts Neues.
Interessant ist, dass der Pufferspeicher des Herstellers Zeeh Heiztechnik zusätzlich über einen Zirkulationswärmetauscher verfügt. Einfach erklärt fördert eine Pumpe ständig heißes Wasser von oben nach unten in den Kaltbereich des Puffers. Das Wasser im Edelstahlwellrohr hat so bei gleicher Bauhöhe eine größere Chance, auf die gewünschte Temperatur zu kommen. Selbst bei gleichzeitiger Entnahme von Warmwasser, z. B. in der Dusche und zum Reinigen der Flüssigfütterung, reduziert so die im heißen Teil des Speichers untergebrachte Technik einen Abfall der Vorlauftemperatur — ohne die Schichtung im Pufferspeicher zu stören.
Eine zugegeben interessante Technik, die den Einbau großer Pufferspeicher erübrigt und zudem gleichmäßige Brauchwassertemperaturen ermöglicht. Somit erklärt sich auch, weshalb der Zirkulationswärmetauscher von Zeeh häufig in Heizungsanlagen von Mehrfamilienhäusern zu finden ist.
Wir fassen zusammen
Die Angst vor ausufernden Preisen für Heizöl und Gas sowie hohe Brandschutzauflagen und Kontrollen im Zusammenhang mit einer Ölheizung zwangen Hendrik Mengelkamp zu einem ungewöhnlichen Schritt: Beim Bau seines 540er Sauenstalls auf der grünen Wiese setzte Mengelkamp auf den Einbau einer Sole-Wasser-Wärmepumpe. Für eine hohe Effizienz der Anlage verlaufen die Soleleitungen im Beton unter den Güllekanälen — welche für reduzierte Emissionen dabei gekühlt werden.
Komplettiert wird die Anlage seit 2023 durch eine Photovoltaikanlage auf dem Stalldach, so dass Mengelkamp im Jahresschnitt heute mit halbierten Betriebskosten kalkulieren kann.