Biogas: Dünger aufs Feld, Wasser ins Pflanzenklärbeet
Die Verdampfungsanlage von Biogastechnik Süd dickt Dünngülle ein und holt dabei Stickstoff heraus. Gerhard Harms erklärt den Weg des Gärrests durch seine Anlage.
Im Dezember 2015 lieferte Biogastechnik Süd die in zwei Containern untergebrachte Gärrestverdampfungsanlage Vapogant zur Biogasanlage der Hand-Gas GmbH & Co. KG in Twistringen im Landkreis Diepholz (Niedersachsen). Entsprechend hat Biogasanlagenbetreiber und Landwirt Gerhard Harms bereits langjährige Erfahrung mit dem Eindampfen von Gärrest.
„Die Technikcontainer waren vor Ort schnell aufgestellt und angeschlossen. Und so konnten wir die Anlage innerhalb weniger Tage hochfahren“, erinnert sich Gerhard Harms. „Auch die Genehmigung für die Inbetriebnahme erhielten wir problemlos, nachdem die Sachbearbeiterin des Landkreises den Hersteller in Isny besucht und dort eine laufende Anlage besichtigt hatte.“ Vor allem das Argument ‚weniger Transporte durch Nährstofftrennung‘ überzeugte.
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Im Dezember 2015 lieferte Biogastechnik Süd die in zwei Containern untergebrachte Gärrestverdampfungsanlage Vapogant zur Biogasanlage der Hand-Gas GmbH & Co. KG in Twistringen im Landkreis Diepholz (Niedersachsen). Entsprechend hat Biogasanlagenbetreiber und Landwirt Gerhard Harms bereits langjährige Erfahrung mit dem Eindampfen von Gärrest.
„Die Technikcontainer waren vor Ort schnell aufgestellt und angeschlossen. Und so konnten wir die Anlage innerhalb weniger Tage hochfahren“, erinnert sich Gerhard Harms. „Auch die Genehmigung für die Inbetriebnahme erhielten wir problemlos, nachdem die Sachbearbeiterin des Landkreises den Hersteller in Isny besucht und dort eine laufende Anlage besichtigt hatte.“ Vor allem das Argument ‚weniger Transporte durch Nährstofftrennung‘ überzeugte.
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Abgesehen von der Vapogant-Anlage gibt es auf der Biogasanlage in Twistringen zwei weitere Besonderheiten: Das Oberflächenwasser von der Siloplatte wird ebenfalls zur Reinigung durch die Verdampfungsanlage geführt, und ein Großteil des nach der Verdampfung sauberen Wassers wird in ein Pflanzenklärbeet eingeleitet.
„Etwa 10.000 m³ Dünngülle aus separiertem Gärrest gehen pro Jahr durch die Verdampfungsanlage inklusive das von der Siloplatte ablaufende Wasser. Im vergangenen Dezember waren das allein 1.000 m³“, berichtet Gerhard Harms.
Kochen unter Vakuum
Das Kochen der Dünngülle in den zwei Vakuumbehältern der Vapogant-Anlage reduziert deren Menge um rund 50 %. Der dabei übrig bleibende Dickschlamm enthält rund 10 % Trockensubstanz (TS), während der TS-Gehalt des dünnflüssigen Gärrests vorher bei etwa 2,5 bis 3,5 % lag.
„Außerdem halbiert sich bei den von uns eingesetzten Biogassubstraten der Gesamtstickstoffgehalt von anfangs knapp 7 kg/t Dünngülle auf nur etwa 3,5 kg/t Dickschlamm und der Ammoniumstickstoff auf weniger als 0,4 kg/t. Denn beim Verdampfen entweicht nicht nur Wasserdampf, sondern auch Stickstoff in Form von Ammoniak“, erklärt Gerhard Harms.
Im Vakuum kocht die Flüssigkeit bei geringeren Temperaturen als bei normalem Luftdruck. Deswegen senkt eine Vakuumpumpe den Druck auf 200 mbar im ersten Behälter und auf 100 mbar im zweiten Behälter. Die Siedetemperatur ist dadurch bei 55 bis 60 °C bzw. 45 bis 50 °C erreicht anstatt erst bei 100 °C.
Das Kühlwasser der Biogas-BHKW erhitzt die Behälter der Vakuumverdampfungsanlage Vapogant, die auf 500 kW thermisch ausgelegt ist. Damit ist ein Dünngülle-Durchsatz von 40 bis 50 m³ pro Tag möglich. „Wir fahren Verdampfung allerdings nur auf 400 kW thermisch, weil sonst unsere BHKW-Motoren überhitzen würden. Das Kühlwasser geht bei uns mit etwa 83 °C in die Vapogant-Anlage rein und kommt mit 70 °C raus“, sagt Gerhard Harms.
Eine Charge Dünngülle kocht 24 Stunden in den zwei Vakuumbehältern. Der beim Kochen der Dünngülle entstehende ammoniakhaltige Wasserdampf wird durch eine Brüdenwäscher-Kolonne geleitet. In zwei von drei Brüdenwäschern wird Schwefelsäure dazudosiert, um gasförmigen Ammoniak in Ammonium zu überführen und an den Schwefel der Säure zu binden. Es entsteht Ammonium-Sulfat-Lösung (ASL). Rund 1.000 l pro Tag sind es bei der Biogasanlage von Hand-Gas.
Der Dampfreinigungsprozess erfordert einen sehr niedrigen pH-Wert von pH 2,5. Erst dann ist sichergestellt, dass der Wasserdampf nach der Brüdenwäsche weitgehend stickstofffrei und nach dem Kondensieren sauber ist. „Wir brauchen dafür etwa 250 bis 300 l Schwefelsäure am Tag“, sagt Gerhard Harms. „Entsprechend groß ist unser Lagertank für Schwefelsäure. Alle zwei Monate kaufen wir 25 t.“
Da die Ammonium-Sulfat-Lösung mit pH 2,5 nicht für die Ausbringung mit Pflanzenschutzspritzen geeignet ist, wird im dritten Brüdenwäscher der pH-Wert auf über 5 bis 6,5 angehoben. Das geht bei der Anlage in Twistringen ohne die Zugabe von Lauge. Dazu wird von oben ammoniakhaltiger Dampf aus dem zweiten Verdampfer eingeblasen, und von unten sprüht eine Düse die saure Ammonium-Sulfat-Lösung senkrecht nach oben in den Brüdenwäscher.
Rund 1.000 l ASL erzeugt die Vapogant-Anlage täglich. Entsprechend groß sind die Lagertanks auf dem Betrieb Harms.
(Bildquelle: Luetke Hockenbeck)
Der stickstoffhaltige Dampf wird durch Brüdenwäscher geleitet.
(Bildquelle: Luetke Hockenbeck)
Eine Düse sprüht von oben Schwefelsäure in den Brüdenwäscher.
(Bildquelle: Luetke Hockenbeck)
Solche Füllkörper im Brüdenwäscher sorgen für eine feine Verteilung der Tropfen.
(Bildquelle: Luetke Hockenbeck)
Sauberes Wasser
Den Prozess verlässt nur stickstofffreies Wasser. Ein Sensor misst dafür dessen Leitfähigkeit. Ist es sauber, wird das vorher kondensierte Wasser im Wärmetauscher der Anlage auf etwa 17 °C bzw. im Sommer auf Außentemperatur heruntergekühlt und zunächst in zwei 1.500 l Behälter aufgefangen. Enthält das Wasser noch zu viel Stickstoff, geht es zurück in den Verdampfungskreislauf.
Das saubere Wasser nutzt die Vapogant-Anlage zum Kühlen z. B. der Vakuumpumpen und des Kondensators. Weil ständig Wasser aus dem Verdampfungsprozess dazukommt, läuft der Sammelbehälter irgendwann über. Dieses Wasser wird zunächst in eine 8 m³-Grube geleitet, um von dort dreimal am Tag ein 120 m² großes Pflanzenklärbeet zu fluten. Damit sich das Wasser gleichmäßig über die Fläche verteilt, hat Gerhard Harms die Zuleitung mit Armen versehen. In den Rohren sind Löcher, durch die das Wasser auf der Beetoberfläche verrieselt.
Die Behörde kontrolliert die Wasserqualität regelmäßig. Die Kontrolleure kommen alle sechs Monate unangemeldet. Für die Entnahme der Wasserprobe gibt es unmittelbar nach dem Ablauf vom Pflanzenklärbeet einen Kontrollschacht. „Die Analyseergebnisse waren in all den Jahren gut“, sagt Gerhard Harms. „Der pH-Wert des Wassers liegt bei 7,3, der CSB-Wert ist mit weniger als 15 mg/l sehr gut und der Nitratgehalt ist mit rund 5 mg/l weit unter dem Grenzwert für Trinkwasser.“
„Bereut haben wir die Investition in die Vapogant-Anlage nicht. Die Vorteile der Nährstofftrennung überwiegen. Damals vor neun Jahren zahlten wir für die Nr. 5 der Vorserie einschließlich Infrastruktur mit Kläranlage, ASL-Lager und Verrohrung rund 850.000 €. Bis heute wurde die Anlage weiter modernisiert und um die pH-Anhebung erweitert. Aus einem 4-Platten-Heizkreis wurde ein 6-Platten-Heizkreis, sodass jetzt anstatt 400 kW Wärmenutzung bis zu 500 kW möglich sind“, so Gerhard Harms Resümee.
Laut Hersteller kostet die Vapogant-Anlage heute je nach Ausstattung zwischen 0,9 bis 1,3 Mio. € ohne Mehrwertsteuer.
„Auch gab es bisher beim Betrieb der Gärrestverdampfungsanlage keine größeren Störungen – außer hin und wieder einen verdreckten Sensor. Bei der alle drei Jahre fälligen Revision werden die Deckel der Verdampfer abgenommen, um die Heizplatten und die Behälter zu reinigen und die Reinigungsbürsten auszutauschen“, ergänzt Karin Harms, die vor fünf Jahren den landwirtschaftlichen Betrieb und die Anteile an der Hand-Gas GmbH & Co. KG von ihrem Vater übernommen hat.
„Vor allem Struvit-Anbackungen an den innen hohlen Heizplatten sind ein Problem“, führt Gerhard Harms aus. Dort kommen die hydraulisch angetriebenen Bürsten der automatischen Reinigung nicht dran. Rund 70.000 € kostet die Revision mit Arbeitslohn, allein die 36 Bürsten sind mit 500 € pro Stück dabei. Die gesamten Wartungs- und Unterhaltskosten gibt der Hersteller mit rund 2.000 € jährlich an.
In der Vergangenheit haben die Harms immer wieder etwas an ihrer Anlage optimiert. „Zurzeit bauen wir beispielsweise Absetzbecken, durch die wir den Dünnschlamm aus der Separation leiten, bevor er in die Vakuumbehälter geht. So wollen wir verhindern, dass die Behälter versanden. Denn wegen unserer sandigen Böden gelangt immer etwas Sand in das Biogassubstrat“, sagt Gerhard Harms. „Außerdem haben wir eine Ultraschallanlage eingebaut, weil sich damit das Problem mit der Struvit-Bildung laut Hersteller verringern soll.“
Drei Düngersorten
Am Ende der Gärrestaufbereitung stehen drei verschiedene Düngersorten zur Verfügung: abgepresstes Material aus der Separation, eingedickter, flüssiger Gärrest und ASL aus der Verdampfung.
Den Feststoff und den Dickschlamm bringt die Hand-Gas GmbH auf ihren eigenen landwirtschaftlichen Flächen aus. „Einen Teil der Ammonium-Sulfat-Lösung müssen wir verkaufen, weil unsere Flächen im roten Gebiet liegen und wir beim Ausbringen von Wirtschaftsdünger nicht über die Obergrenze von 170 kg N/ha kommen dürfen. Und da unsere ASL leider (bisher) nicht als Handelsdünger anerkannt ist, obwohl sie die dafür nötige Qualität hat, müssen wir den Stickstoff aus der Düngung mit der selbst produzierten Ammonium-Sulfat-Lösung zum Wirtschaftsdünger dazurechnen.“
Festzuhalten bleibt: Die Tatsache, dass durch die Gärrestverdampfung verschiedene Fraktionen an Nährstoffen zur Verfügung stehen, hat große Vorteile. „Wir schauen beim Ausbringen des Gärrests nur noch auf den Phosphat-Gehalt und düngen nach Bedarf. Fehlenden Stickstoff ergänzen wir mit ASL. Das Einsparpotenzial bei mineralischem Stickstoffdünger ist dadurch groß“, sagt Gerhard Harms abschließend.
Drei Düngeprodukte entstehen: Ammonium-Sulfat-Lösung (ASL), stickstoffarmer Dickschlamm und Feststoffe aus der vorgeschalteten Separation.
(Bildquelle: Luetke Hockenbeck)
Der Dickschlamm aus dem Gärrestverdampfungsprozess lagert im Gärrestlager.
(Bildquelle: Luetke Hockenbeck)