Umrüstung auf ISO-Bus: Neues Hirn für alte Spritze
Noch laufen viele Spritzen mit einer herkömmlichen Elektronik. Eine ISO-Bus-Steuerung bietet wesentlich mehr Funktionen und Komfort. Wir haben einen Umbau begleitet.
Nach dem Blick in die Preislisten für neue 5 000-l-Anhängespritzen strich Henrik Bammann aus Elsdorf (Niedersachsen) seine Wunschliste zusammen. Er kaufte eine gebrauchte Amazone UX 5200 Super von Baujahr 2010 mit 30-m-Gestänge und 5 200-l-Fass. Bedient und gesteuert wurde die Spritze über ein AmaTron+- und ein GPS-Switch-Terminal sowie eine separate Schaltbox namens AmaClick für die Teilbreiten. Technisch war das ein Rückschritt.
Denn der Landwirt sät und düngt bereits mit ISO-Bus-gesteuerten Maschinen. Auf seinem John Deere 6195R von Baujahr 2017 (143 kW/195 PS) hat er dafür zusätzlich zum Schlepperterminal ein CCI 800 montiert.
Auf Amazone spezialisiert
Da stellte sich für Henrik Bammann die Frage: „Wie hole ich meine Spritze in die ISO-Bus-Welt?“ Die Antwort hatte die Firma Giesen Agrar (giesen-agrar.de) aus Nordhorn (Niedersachen). Der Inhaber und Geschäftsführer Gerd Giesen hat sich auf die Umrüstung von älteren Amazone-Spritzen auf ISO-Bus spezialisiert. Andere Fabrikate rüstet er ebenfalls um, ist hier aber nicht so sattelfest und braucht daher entsprechend mehr Zeit.
Vor einem Umbau benötigt Giesen die exakte Spezifikation der Spritze: alle Ausrüstungen sowie Anzahl und Aufteilung der Teilbreiten. Elementar ist für ihn das Wissen über die eingebaute Elektronik. Denn mit diesen Informationen programmiert er den neuen Jobrechner, der später per ISO-Bus-Terminal bedient werden kann.
Außerdem bestellt oder fertigt Giesen neue Kabel, Stecker und Kabelbäume. Aus Gründen der Zuverlässigkeit verwendet er nur originale Ersatzteile der Hersteller, die er dann teilweise modifiziert. Dies ermöglicht später Software-Updates und gewährleistet die Ersatzteilversorgung.
Oben der alte Jobrechner mit den Controllern links und rechts für die Gestängeführung und die Nachlaufachse.
(Bildquelle: Holtmann)
Der neue ISO-Bus-Jobrechner vor dem Einbau. Gerd Giesen hat diesen vorkonfiguriert.
(Bildquelle: Holtmann)
Ein letzter Check
Bevor es für den Umbau ans Eingemachte geht, sollte ein umfangreicher Check aller Funktionen mit der alten Steuerung erfolgen. Das erleichtert auch die Fehlersuche, falls es nach dem Umbau zu Problemen kommt.
Dann fertigt der Spezialist Fotos von allen Bauteilen und Kabeln an, die er ersetzen muss. Er fotografiert ebenfalls die Grundeinstellungen und Kalibrierwerte im alten Bordcomputer. „Das geht schneller als Abschreiben“, so seine Erfahrung.
Im nächsten Schritt demontiert er die Bauteile und Kabel, die ersetzt werden sollen. Wichtig ist, dass der Landwirt oder der Traktorfahrer ihn beim Umbau an der Maschine unterstützt. Zu zweit kalkuliert Gerd Giesen für eine Anhängespritze einen Arbeitstag ein, oft geht es seiner Erfahrung nach aber schneller.
Alt, aber nicht wertlos: Spritze umrüsten auf ISO-Bus
Der Fachmann legt viel Wert darauf, dass die alten Komponenten nicht zerstört oder zerschnitten werden. Die Bordcomputer, Schaltkästen, Kabel und Kabelbäume sind in der Regel technisch in Ordnung und können noch als Ersatzteile verkauft werden. Das überlässt Giesen aber grundsätzlich seinen Kunden.
Ganz entscheidend ist die Anordnung des neuen Jobrechners an der Maschine. Denn nach dem Einbauort bemisst Gerd Giesen die Kabel und Kabelbäume. Er wählt dafür in der Regel den Platz, an dem sich die Vorgängervariante befand oder den der Hersteller vorgesehen hat. Beim Einbau vermeidet er es nach Möglichkeit, zu bohren. Winkelschleifer und Schweißgerät sind ohnehin tabu.
Ein Assistent oder eine Assistentin ist oft nötig, wenn es um das Gegenhalten von Schrauben und Muttern geht oder Kabel durch enge Bereiche zu ziehen sind. Außerdem erhält der Auftraggeber durch seine Assistenz beim Umbau einen guten Einblick in seine neue Technik und kommt Fehlern später leichter auf die Spur.
In der Regel wählt Gerd Giesen die Wege der alten Kabelstränge. Er geizt nicht mit Kabelbindern, und alle Kabel erhalten grundsätzlich ein zusätzliches Schutzrohr. Dabei achtet er darauf, dass sich in den Enden weder Wasser noch Schmutz ansammeln können.
Wenn der Jobrechner und die neue Verkabelung montiert sind, wird die Teilbreitenschaltung in der Kabine in den ISO-Bus integriert. Im Fall von Bammanns Spritze hat Gerd Giesen mit einem originalen Y-Kabel von Amazone eine Verbindung zwischen AmaClick-Schaltung und ISO-Bus-Steckdose in der Kabine hergestellt.
Nachdem die Hardware sauber installiert ist, geht es an die Einstellungen der neuen ISO-Bus-Steuerung. Dazu schließt Giesen die Spritze per ISO-Bus-Stecker an und startet den Traktor. Im Fall von Henrik Bammanns Amazone-Spritze dauerte es etwa zwei Minuten, bis das John-Deere-Terminal des Typs 4600 das neue Gerät erkannte und die Masken hochlud.
Nach dem Umbau ist die Hütte auch noch voll, aber die Sicht nach rechts ist sowohl im Verkehr als auf dem Acker gewährleistet.
(Bildquelle: Holtmann)
So sah die Kabine vor dem Umbau der Spritze auf ISO-Bus aus, oben links fehlt noch das Tablet für die Schlagkarte.
(Bildquelle: Holtmann)
Alte Daten im neuen System
Bei der Grundkonfiguration des Jobrechners hatte Giesen bereits einen Teil der Daten vorab eingegeben. Für die Eingabe weiterer Einstelldaten und Faktoren für die Kalibrierung am Terminal nutzt Gerd Giesen die Daten, die er bei der alten Konfiguration mit dem Handy abfotografiert hat.
Die elektronische Nachlauflenkung und die Gestängeführung werden anschließend auf dem Feld kalibriert. Die Kalibrierkurve der Füllstandsmessung kann der Landwirt oder Lohnunternehmer später beim Ersteinsatz ermitteln und speichern.
Bleibt die Frage, wie teuer solch eine Umrüstung ist. Je nach Größe und Ausrüstung kalkuliert Gerd Giesen rund 2 500 bis 4 500 Euro (ohne MwSt.) für den Eintritt in die ISO-Bus-Welt. Relativ einfach und günstig ist die Umrüstung, wenn wie bei Bammanns Spritze bereits ein Bus-System eingebaut war. Aufwändiger wird es bei Maschinen mit alten Bordcomputern, wie einem Amazone AmaSpray+. „Machbar ist alles“, sagt dazu der Landmaschinenmechanikermeister Giesen.
Welchen Nutzen bringt solch ein Umbau, denn schließlich ist und bleibt die Spritze danach immer noch dieselbe? „In der Kabine habe ich jetzt zwei Terminals weniger“, sagt Henrik Bammann. Über seinen John Deere-Händler hat er im Traktorterminal die Teilflächenapplikation und das Section-Control freischalten lassen. Bammann nutzt auf seinem Traktor ein RTK-Lenksystem von John Deere mit ± 3 cm Genauigkeit, das nun auch die Spritze steuert.
Dies ist ein Handy-Foto vom AmaTron+-Rechner vor dem Umbau.
(Bildquelle: Bammann)
Nach dem Umbau auf ISO-Bus sind viele Grundeingaben und Einstellungen nötig.
(Bildquelle: Bammann)
In dieser Maske wird der Traktor-Joystick mit den Funktionen der Spritze frei belegt.
(Bildquelle: Bammann)
Hier lassen sich Automatiken für das Gestänge aktivieren.
(Bildquelle: Bammann)
Henrik Bammann hat nach dem Umbau über 100 ha ohne Probleme gespritzt.
(Bildquelle: Bammann)
Automatische Klappung
Der nächste Punkt ist die halbautomatische Gestängeklappung, die erst durch die ISO-Bus-App möglich ist. Die entsprechenden Folgeschaltungen sind jetzt im Jobrechner hinterlegt und werden über das Terminal bedient. Eine weitere neue Funktion ist die automatische Gestängeanhebung am Vorgewende. Nicht zu vergessen ist, dass Henrik Bammann den Traktor-Joystick nun auch mit einer individuellen Belegung der Tasten für die Spritze einsetzen kann.
Fazit des Ausrüsten der Feldspritze mit ISO-Bus
Auf die Umrüstung von älteren Feldspritzen auf ISO-Bus hat sich der Landmaschinenmechanikermeister Gerd Giesen spezialisiert. Das Gerät erhält dadurch wesentlich mehr Funktionen wie Section Control, Teilflächenapplikation und automatische Folgeschaltungen. Diese sparen nicht nur Geld, sondern spielen auch bei steigenden gesetzlichen Anforderungen an den Pflanzenschutz eine wichtige Rolle.