Keine Frage: Der chemische Pflanzenschutz steht in der Öffentlichkeit unter Druck. Deshalb ist es für die Hersteller von Geräten wichtig, die Mittel immer genauer auszubringen, und zwar nur dort, wo sie wirklich gebraucht werden.
Selbst bei kleineren Geräten und Arbeitsbreiten kann eine automatische Teilbreitenschaltung im nennenswerten Umfang Pflanzenschutzmittel einsparen. Bei den Anhängespritzen gehört diese Ausstattung nach Aussagen der Hersteller fast zum Standard. Bei den angebauten Geräten gibt es noch Nachholbedarf.
Bandspritzung spart Mittel
Ein weiterer Ansatz zur Reduktion des Mittelaufwandes ist gar nicht so neu: Die Bandspritzung in Kombination mit mechanischer Unkrautbekämpfung. Damit lässt sich je nach Reihenabstand und Kultur etwa die Hälfte der Aufwandmenge einsparen. Trotzdem ist die Bandspritzung vor mehr als 20 Jahren aus der Mode gekommen. Jetzt steigt das Interesse der Praxis deutlich, die Ausstattung der ursprünglich sehr einfachen Geräte wird professioneller. Bräutigam hat kürzlich die Bandspritze BBS vorgestellt, die direkt an der Hacke angebaut wird. Die Steuerung arbeitet per ISO-Bus. Auch andere Hersteller wie z. B. Einböck, Lemken oder Schmotzer bieten mittlerweile solche Bandspritzen an.
Ein neuer Ansatz ist, Anhängespritzen oder Selbstfahrer für die Reihenbehandlung aufzurüsten. Firmen wie z. B. Amazone, Dammann und Horsch stellten dazu bereits Lösungen vor. Sie bieten teilweise die Möglichkeit, ohne große Umbauten zwischen Flächen und Bandbehandlung zu wechseln, was besonders bei der Unkrautbekämpfung mehr Flexibilität bringt: Sind die Einsatzbedingungen für die Hacke günstig, arbeitet man auf dem Großteil der Fläche mechanisch.
In schwierigen Jahren behandelt man die gesamte Fläche. Auch in Keilen, wo die Hacke zuweilen an ihre Grenze kommt, ist die Flächenbehandlung im Vorteil. Durch das Entkoppeln von Hacken und Bandspritzen können die Arbeitsgänge bei den jeweils günstigeren Einsatzbedingungen laufen. Denn gutes Hackwetter (trocken, sonnig, windig) ist allgemein weniger gut zum Spritzen geeignet.
Wechsel zwischen Spritzarten
Für den einfachen Wechsel zwischen Band- und Flächenspritzung sind Mehrfach-Düsenstöcke notwendig — oder die Spritze wird mit einer zweiten Bandspritzleitung ausgestattet. Eine Bandspritzdüse hat im Vergleich zur Flächendüse einen deutlich kleineren Winkel und bringt über ihre gesamte Breite die gleiche Menge aus.
Damit die Bandbreite passt, ist eine präzise Höhenführung des Gestänges wichtig. Die bisherigen Bandspritzdüsen sind windempfindlich. Lechler hat nach eigenen Angaben die einzige beim JKI anerkannte Bandspritzdüse mit 90 % Abdriftminderung im Programm.
Agrotop bietet in diesem Bereich die Bandspritzdüse Row Fan 4002 an. Die Düse muss genau über der Reihe arbeiten. 50 und 75 cm Reihenabstand lassen sich über einen Düsenabstand von 25 cm abdecken. HorschLeeb bietet diesen Abstand ohnehin als optionale Ausstattung an.
Amazone hat beim AmaSelect Row ein Anbauteil für den Vierfach-Düsenstock entwickelt. Der sogenannte Verlagerungssatz wird an zwei der vier Düsenpositionen angeschlossen und verlegt den Abgabepunkt jeweils 12,5 cm nach links und rechts. Bei 50 cm Abstand der Düsenstöcke ergibt das dann einen Abstand der Bandspritzdüsen von 25 cm, allerdings mit einer anderen Anordnung als z. B. bei Horsch.
Der richtige Reihenabstand garantiert nicht automatisch, dass die Spritze ihre Bandspritzdüsen exakt mittig über die Reihen führt. Schon 10 cm daneben wären zu viel. Ein Ansatz ist, die aufgezeichneten RTK-Spuren vom Drillen auch beim Spritzen zu nutzen. Am besten werden hierfür die Säspuren über einen Empfänger auf der Drille aufgezeichnet und die Spritze mit einer eigenen RTK-Lenkung angesteuert.
Von Dammann kommt die Reihen spezifische Düsenpositionierung RSD. Kern ist eine Seitenverschiebung eines separaten Bandspritzgestänges. Bei der Arbeit steuert entweder ein Kamerasystem oder ein RTK-Signal das Gestänge. Auch HorschLeeb arbeitet an der Idee, die Spritze im Bandeinsatz sowie eine Präzisionshacke per Kamerasystem zu steuern. Der hydraulische Steuerimpuls geht dann nicht an einen Verschieberahmen, sondern regelt die Achsschenkellenkung der Feldspritze.
Sparen mit Pulsweitenmodulation
Ein weiterer wichtiger Trend der letzten Jahre ist die Pulsweitenmodulation (PWM) der Düsenschaltung. Hierbei bestimmt nicht der Druck die Ausbringmenge, sondern vor allem das elektrische Ventil, das sich rasend schnell öffnet und schließt und über die Öffnungsdauer (Pulsweite) die Menge regelt. Diese Ausstattung hat ihren Preis, bietet aber eine Reihe von Vorteilen: So verdreifacht die PWM den Bereich einer Düse — für viele Einsätze würden einzelne Düsen und damit Einfachdüsenträger reichen.
Meist lassen sich Düsen mit doppeltem Kaliber einsetzen, was die Verstopfungsgefahr senkt. Das ist vor allem bei Spritzen ein Vorteil, die mit 25 cm Düsenabstand arbeiten und normalerweise dort kleine, verstopfungsanfälligere Düsen einsetzen. Andererseits: Die inneren Passungen der Ventile sind so genau, dass Beimengungen hier zu Verstopfungen führen können. Das Problem verlagert sich also eventuell nur.
Die PWM ermöglicht ein aktives Regeln der Ausbringmenge über einen weiten Geschwindigkeitsbereich. Das zahlt sich besonders bei wechselnden Fahrgeschwindigkeiten aus.
Auch in Querrichtungen sind unterschiedliche Mengen möglich. Das ist ein Vorteil bei Kurvenfahrten, bei denen normalerweise an der Kurveninnenseite des Gestänges zu viel und außen zu wenig ausgebracht wird. Die Einzeldüsenschaltung gibt es bei der PWM quasi gratis.
Hersteller berichten, dass die Nachfrage nach dieser Technik steigt. Auch die Düsenhersteller bieten mehr und mehr spezielle Produkte für die PWM an. Denn das Pulsieren des Flüssigkeitsstroms bringt Injektordüsen in langer Bauweise teils an ihre Grenzen. Von Teejet kommt die neue Doppelflachstrahldüse APTJ, die bei PWM eine stabile Tropfengröße auch ohne Injektortechnik liefern soll.
Auf den Punkt genau
An Lösungen zum teilflächenspezifischen Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln, Düngern oder Wachstumsreglern arbeiten alle Firmen: Die Düsen spritzen nur dort, wo es wirklich notwendig ist, die Ausbringmenge orientiert sich am aktuellen Bedarf. Die technische Grundlage dieser Lösung ist oft die PWM mit ihren kurzen Reaktionszeiten. Für die Ansteuerung gibt es unterschiedliche Datenquellen.
Satelliten- oder Drohnenbilder als Basis?
Offline mit Applikationskarten auf Basis von Satellitenbildern sowie Prognosen (Witterung, Krankheitsdruck): Hier gibt es unterschiedliche Softwareprojekte, um die Daten möglichst anwendergerecht zu verknüpfen.
Offline über Drohnenbilder: Die Drohnen sind dazu mit Hyperspektralkameras ausgestattet. Damit erkennt das System z. B. Unkrautnester und speichert deren Position. Es stellt sich hier die Frage, ob bei knappen Zeitfenstern genug Gelegenheit für einen Drohnenüberflug bleibt. Kommt der Dienstleister dann wirklich pünktlich? Dafür sind Offline-Systeme bereits heute nutzbar, wenn die Feldspritze Applikationskarten verarbeiten kann. An der Spritze ist keine weitere Technik nötig.
Online-Steuerungen sind dagegen besonders anspruchsvoll. Denn das System muss während der Fahrt über den Bestand über Kameras bzw. Sensoren Daten sammeln, sie auswerten und dazu passend die Düsenventile ansteuern.
Viele Hersteller arbeiten an Onlinesystemen. Das Erkennen von z. B. Grün auf Braun zum Spritzen eines Herbizids ist dabei relativ einfach. Schwieriger wird es Grün-in-Grün. Agrifac nutzt bei seiner Lösung Kameras mit Künstlicher Intelligenz (KI), um Unkräuter auch in Kulturen zu erkennen.
Amazone hat zusammen mit Bosch und BASF Digital Farming den SmartSprayer entwickelt. Erste Spritzen sind bereits seit Anfang 2022 in der Erprobung. Kameras und LED-Lichtmodule sind im Gestänge integriert und nach vorne gerichtet. Das Gestänge ist im Abstand von 25 cm mit SpotFanDüsen von Agrotop bestückt.
Das Bilderkennungssystem von Bosch ortet laut Hersteller in Millisekunden Unkräuter bereits in einem frühen Wachstumsstadium und steuert die PWM-Ventile an. Die LED-Technologie soll dabei eine gleichmäßige Beleuchtung sicherstellen, auch nachts.
Das System xarvio von BASF generiert aus Daten wie Kultur, Unkrautspektrum oder Wetter Empfehlungen zu Herbizidmischung und Einsatzzeitpunkt.
Auch Agco Fendt hat kürzlich eine Kooperation zur punktgenauen Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit Bosch, BASF Digital Farming sowie Raven bekanntgegeben. Das System soll zunächst mit der selbstfahrenden Spritze Rogator 600 getestet werden. Projekte in dem Bereich gibt es z. B. auch von Hardi, Kuhn oder John Deere. Vorteil der Sensoren an Bord der Spritze ist das frühestmögliche Erkennen von Unkräutern im Bestand, viel früher als z. B. bei Offline-Systemen. Satellitenbilder sind dafür zu grob und auch Drohnenbilder kommen an ihre Grenzen.
Ein sehr wichtiger Nachteil der OnlineSteuerung ist der schwer kalkulierbare Aufwand bzw. die mögliche Restmenge. Das Problem ließe sich mit einer Direkteinspeisung lösen. Dabei arbeiten die Spritzen nicht mit fertig angerührten Brühen, sondern Dosierpumpen mischen die Mittel erst kurz vor dem Ausbringen in den Flüssigkeitsstrom. Anspruchsvoll sind die notwendigen kurzen Reaktionszeiten, mögliche Reaktionen der konzentrierten Mittel untereinander bzw. die ausreichende Vermischung mit dem Wasser.
Die Gerätehersteller arbeiten seit Jahrzehnten an dem Thema und es gibt einige Lösungen am Markt, z. B. von Danfoil aus Dänemark. Bisher haben sich diese nicht großflächig durchgesetzt.
Angeblich zum Frühjahr kommt wohl von einem großen Hersteller eine neue Direkteinspeisung. Ob die dann wirklich für den Online-Einsatz mit Sensoren geeignet ist, bleibt abzuwarten. Doch auch ohne Sensoreinsatz ist die Technologie interessant: Große Spritzen transportieren gerade auch auf der Straße nur klares Wasser und fahren von Schlag zu Schlag.
Auf jedem Acker lassen sich dann individuelle Dosierungen und Mischungen ausbringen. Oder eine einzelne Direkt-Einspeisung: Zum Beispiel beim flächigen Ausbringen einer Fungizid-Grundbrühe gibt es Wachstumsregler nach Applikationskarte.
Dammann hat das Multifluid-System weiterentwickelt. Es bietet auf einer Spritze zwei komplett voneinander getrennte Flüssigkeitssysteme. Einspülzentrum und ISO-Bus-Steuerung sind dagegen zusammengefasst. Die Ausbringmengen beider Tankkammern lassen sich unabhängig voneinander steuern — zum Beispiel teilflächenspezifisch ein Herbizid und unabhängig davon ein Fungizid.