In den 1990er Jahren zählte Holder zu den führenden Herstellern von Pflanzenschutzspritzen in Deutschland. Mit der IS-Anbauspritze setzte das Unternehmen Maßstäbe bei Konstruktion und Bedienelektronik.
Holder ist ein klingender Markenname in der deutschen Landmaschinenindustrie. Wegen der Klein- und Kommunaltraktoren-Sparte ist die Marke auch vielen außerhalb der Landwirtschaft bekannt. Die Wurzeln von Holder liegen allerdings im Pflanzenschutz.
In den 1980er Jahren stellte Holder sein Spritzenprogramm für die Landwirtschaft neu auf und entwickelte neue Anbau- und Anhängegeräte. Ende der 1980er Jahre kamen die IN-Anhängespritzen mit Tanks zwischen 2 500 und 4 000 l als Nachfolger der N-Baureihe auf den Markt. Bereits auf der Agritechnica 1985 präsentierte Holder die innovativen Anbauspritzen der IS-Baureihe als Nachfolger der ES und AS-Serien.
IS-Feldspritzen von Holder: Markanter Tank
Die IS-Pflanzenschutzspritze fiel schon äußerlich durch die markante Tankform auf, die das bislang übliche Kofferfass ablöste. Die Bezeichnung „IS“ stand hier für „Integriertes System“.
Das neue Konzept war zum einen den größeren Tankvolumen (400 bis 1 500 l) und breiteren Gestängen geschuldet. Beides erforderte einen möglichst nah am Traktor liegenden Schwerpunkt. Zum anderen stiegen die Anforderungen an den Umwelt- und Anwenderschutz. Die Restmengen im Tank mussten reduziert und ab einer bestimmten Tankgröße ein Klarwasserbehälter zur Tank- und Gerätereinigung mitgeführt werden. Behälter für das Handwaschwasser und ein Schlauch mit Düse zur Außenreinigung der Spritze ergänzten auf Wunsch die Ausstattung der IS.
Mit steigenden Tankinhalten wurde eine günstige Schwerkpunktlage nah am Schlepper immer wichtiger.
(Bildquelle: Theißen)
Als besonderes Merkmal hatte sich Holder für die IS-Anbauspritzen einen Tunnel im Spritzmittelbehälter überlegt. Genial, denn so konnten alle Schläuche zwischen Armatur und Gestänge sehr günstig und aufgeräumt verlegt werden.
(Bildquelle: Theißen)
Der Einspülbehälter auf der rechten Seite ist beim Spritzen unter den Tank geschwenkt.
(Bildquelle: Theißen)
Baukastensystem mit Tunnel
Die Designer lösten diese Anforderungen auf geniale Weise und konstruierten die IS-Spritze im Baukastensystem. Der Tank war nicht mehr wie seinerzeit üblich rundherum symmetrisch geformt, sondern entsprechend den Erfordernissen.
Der Behälterboden war auf der linken Seite abgeschrägt mit dem Auslauf am tiefsten Punkt. Auf der rechten Seite fand unter dem Behälter der klappbare Einspülbehälter oder ein weiterer Tank genügend Platz.
Mittig unter dem Tank war die Drei-Kolben-Pumpe untergebracht, die je nach Modell bis zu 200 l/min. förderte. Auf der Oberseite des Behälters war links der Einfülldom angeordnet, rechts gab es eine kleine Abstellfläche für Kanister mit Pflanzenschutzmitteln — falls diese mitgeführt werden sollten.
Ein besonderer Clou der IS-Baureihe war jedoch der Schlauchtunnel mitten durch den Behälter. So konnten die Schläuche zwischen der Bedienarmatur und dem Gestänge ohne „Schlauchsalat“ sehr elegant und übersichtlich verlegt werden.
Für die wichtige Schwerpunktverlagerung nah an den Schlepper war der Tank eher flach gebaut. Denn so konnte auch das Gewicht des Spritzgestänges möglichst nah in Richtung des Schleppers verlagert werden. Wegen der Kofferklappung lag auch beim Transport das komplette Gestängegewicht hinter dem Tank. Anfang der 1990er Jahre wurden für die IS-Spritzen mit Behältergrößen von 800 bis 1500 l Stahlgestänge mit Arbeitsbreiten von 10 bis 24 m angeboten.
Neu waren ab 2001 Aluminiumgestänge mit Arbeitsbreiten von 15, 18, 21 und 24 m, die auf eine Transportbreite von nur 1,55 m geklappt werden konnten. Statt der üblichen Kofferklappung der gesamten Arbeitsbreite, wurden bei dem „SlimLine“-Gestänge der rechte und linke Ausleger separat geklappt und dann hochgeschwenkt.
Oben das Stahlrohr-Gestänge beim Einklappen, unten das Aluminiumgestänge in Transportstellung. Beide Bauarten wurden mit Arbeitsbreiten bis 24 m angeboten.
(Bildquelle: Theißen)
(Bildquelle: Holder)
Fernbediente Armatur
Auch bei der Armaturtechnik war Holder stets auf der Höhe der Zeit und sogar Pionier. Die mechanische und handbediente Dosicontrol-Armatur war einfach aufgebaut und ebenso leicht zu bedienen. Eine Bowdenzug-Fernbedienung ließ sich sogar in der Schlepperkabine anbringen.
1987 hatte Holder die erstmals 1978 vorgestellte elektronische Fernbedienung Dositron dann auch für die IS-Technik weiterentwickelt und im Programm. Damit konnte die Kabine zum Schutz des Fahrers geschlossen bleiben.
Bis 1994 arbeitete die IS mit Kolbenpumpen. Danach wurden Kolbenmembranpumpen installiert.
(Bildquelle: Theißen)
Die Bowdenzug-Fernbedienung parkt bei abgestellter Spitze am Tank (links oben).
(Bildquelle: Bertling)
Übernahme durch Vogel & Noot
Wirtschaftlich ging Holder schon seit Anfang der 1990er Jahre durch Höhen und Tiefen. Schließlich wurde die Marke mit der Übernahme durch Vogel & Noot Ende des Jahres 2008 im Bereich Pflanzenschutz Geschichte. Mit der Übernahme kehrte jedoch keine Ruhe ein. Bereits ein Jahr später wurde Vogel & Noot vom russischen Maschinenkonzern CTP übernommen, der zur Agromash Holding gehört, einem der größten Baumaschinenhersteller der Welt.
Nach letztmaliger Insolvenz der Vogel & Noot Landmaschinen GmbH & Co. KG Anfang August 2016 wurde auch dieses Unternehmen ab September 2016 zerschlagen.
Wussten sie, dass...
…Holder 1888 in Urach (Baden-Württemberg) gegründet wurde? Die beiden Brüder stellten 1898 die weltweit erste „selbsttätige Rückenspritze“ vor. Bereits 1902 zog Holder in das neue Werk nach Metzingen um.