2001 präsentierte Rau die Advansem mit Einzelkorndosierung. Die Aufbaudrillmaschine lief wenige Jahre im Programm mit, konnte sich aber nicht durchsetzen.
Seit den 1920er Jahren experimentieren Wissenschaftler mit der Einzelkornsaat von Getreide. Und bis in die jüngste Zeit arbeitet auch die Industrie an diesem Thema — zuletzt Horsch mit dem SingularSystem (profi 3/2018) und Väderstad mit der Proceed (profi 1/2022). Ziel ist es neben der Saatguteinsparung jeder Pflanze einen definierten Standraum zuzuteilen — so wie es bei der Einzelkornsaat von Mais und Zuckerrüben schon viele Jahrzehnte Stand der Technik ist. Bereits auf der Sima 2001 stellte Rau in Paris mit der Advansem seine Entwicklung vor und erhielt dafür sogar eine Goldmedaille.
Vom 1 200-l-Drucktank gelangte das Saatgut zu zwei Dosiertrommeln, die entgegengesetzt zur Fahrtrichtung rotierten. Die 52 cm breiten und im Durchmesser 39 cm großen Trommeln aus VA-Stahl waren nebeneinander unter dem Tank angeordnet und zur Saatkorn-Aufnahme gelocht — bei 3 m Arbeitsbreite und 24 Saatreihen besaß eine Trommel zwölf Lochreihen. Jede Trommel wurde von einem eigenen Elektromotor angetrieben, dessen Drehzahl entsprechend der Dosiermenge und Fahrgeschwindigkeit geregelt wurde.
Das per Gelenkwelle von der Kreiselegge angetriebene Gebläse setzte Tank und Vereinzelung unter einen Druck von 45 bis 65 mbar. Hierdurch blieben die Saatkörner an den Bohrungen der Trommeln haften. Ein einstellbarer Schieber sorgte für das Nachrutschen des Saatgutes. Damit jede Bohrung die Chance zur Aufnahme eines Kornes hatte, war das Saatgut vor der Trommel durch die am Gebläse verstellbar abgeleitete Druckluft ständig in Bewegung.
Während die kleineren Rollen dafür sorgten, dass die Körner von den Bohrungen in die Saatleitungen gelangten, waren die größeren, ebenfalls mit Gummi ummantelten Rollen für die Fahrgassenschaltung verantwortlich.
(Bildquelle: Eikel)
Auf beiden Seiten saßen Hebel und Drehknöpfe zur Einstellung der Kornvereinzelung. Nach Lösen der Rändelschraube und Entfernen des Schutzgitters ließ sich die Trommel beidseitig tauschen.
(Bildquelle: Eikel)
Vom Abstreifer bis zur Kornvereinzelung
Per einstellbarem, zweistufigem Abstreifer wurden die überzähligen Saatkörner von den Bohrungen entfernt und die vereinzelten Körner ausgerichtet. Über ein kleines, seitliches Sichtfenster konnte man die
Kornbelegung begutachten, wenn man die Dosierung im Stand laufen ließ. Allerdings war Vorsicht geboten, weil sich wegen des mechanischen Gebläseantriebs auch die Kreiselegge mitdrehte. Übrigens gab es Trommeln mit verschiedenen Lochdurchmessern, die sich zur Anpassung an das Saatgut und dessen Kaliber schnell und einfach tauschen ließen.
Innerhalb der Trommeln sorgten kleine, mit Weichgummi ummantelte Rollen für die Überführung der Körner in die Saatleitungen. Sie rotierten exakt unter jeder Lochreihe und verschlossen die Bohrungen im Übergabebereich, so dass an dieser Stelle keine Druckdifferenz zwischen Außen- und Innenseite der Trommel bestand. Damit löste sich das Korn und gelangte mit dem Luftstrom (entweichender Überdruck) in die Saatleitungen und schließlich zu den konventionellen Säscharen.
Die Längsverteilung war deutlich besser als bei der Drillsaat, allerdings aufgrund der langen Saatleitung nicht so exakt wie bei der klassischen Einzelkornsaat. Bei der Scharausstattung konnte man zwischen Schleppscharen und Einscheibenscharen wählen.
Da das gesamte Dosiersystem unter Druck stand, war auch der stabile Saatgutbehälter mit einem massiven, abgedichteten Deckel versehen.
(Bildquelle: Eikel)
Das Gebläse war hinter dem Tank platziert. Zur Überwachung und Bedienung diente dieses kleine Terminal.
(Bildquelle: Eikel)
Fahrgassen und Terminal
Neben den kleinen Auswerferrollen befanden sich größere, ebenfalls mit Gummi ummantelte Rollen in der Trommel. Sie dienten der Fahrgassenschaltung. Sobald die Rollen per Stellmotor betätigt wurden und damit die jeweiligen Lochreihen abdeckten, konnte dort kein Saatkorn mehr aufgenommen werden. Je nach Spur und Reifenbreite ließ sich jede Lochreihe individuell mit einer Fahrgassenrolle ausstatten.
Der kleine Schwarz-Weiß-Monitor zur Überwachung und Bedienung zeigte dem Fahrer im Betriebsmenü bei der Arbeit die eingestellte und dosierte Kornzahl pro m2, den Hektarzähler, die Fahrgeschwindigkeit, den Überdruck und den Fahrgassenrhythmus an. Zur Halbseitenabschaltung ließ sich jede Trommel einzeln stoppen.
Obwohl die Vorteile gegenüber der üblichen Drillsaat auf der Hand lagen — genaue Aussaat an Körnern pro m2 ohne abzudrehen sowie eine perfekte Quer- und bessere Längsverteilung — hat sich die Advansem durchsetzen können. Ganze 15 Einheiten wurden verkauft. Für 4 000 bis 8 000 Euro Mehrpreis gegenüber einer klassischen Drillmaschine hätte die Längsverteilung noch besser sein müssen. Schließlich wurde das Projekt 2003 gestoppt, weil der Aufwand für die Weiterentwicklung zu hoch war.
Wussten sie, dass die Maschinenfabrik Rau 1920 in Weilheim/Teck von dem Schmied Johannes Rau gegründet wurde?
…Rau mit den ab der 1970er Jahre entwickelten Feldspritzen sehr erfolgreich war? Im Bild ein Praxistest der Spridomat D2 aus profi 1/1990.
(Bildquelle: Tovornik)
…die Firma Rau 1998 von Kverneland übernommen wurde? Die Produktion in Weilheim wurde nach und nach abgebaut. Bis 2014 hielt man an der Marke fest, später (2008 bis 2014) verkaufte man die Geräte als Kverneland Rau bzw. Vicon Rau.
(Bildquelle: Tovornik)
…Mitte der 1990er Jahre in Zusammenarbeit mit Househam aus Großbritannien ein Selbstfahrer von Rau entwickelt wurde?
(Bildquelle: Eikel)
…französische Tochterunternehmen in die Rau-Gruppe aufgenommen bzw. Kooperationen eingegangen wurden? Neben Jean de Bru und Serta gehörte der Einzelkornsägeräte-Hersteller Sicam dazu.
(Bildquelle: Rau)