Modell-Mähdrescher von New Holland: Zeitreise in Gelb
„Der große Gelbe“ — so bezeichnete man schon immer einen Mähdrescher von Clayson und später (Sperry) New Holland — auch im Modell. Wir haben drei aus den letzten 35 Jahren nebeneinandergestellt und zeigen die Unterschiede.
Den Einstand macht bei unserem Dreiervergleich ein waschechtes Spielzeugmodell, da Modelle für Sammler erst mit der Jahrtausendwende in breiter Masse auf den Markt kamen. 1988 präsentierte Britains den New Holland TR 85. Das Modell besaß eine Bodenplatte aus Metall, die Karosserie bestand fast komplett aus Kunststoff.
Das Schneidwerk war fest angebaut und ließ sich ausheben, allerdings nicht arretieren. Mit umgerechnet gut 5 m Arbeitsbreite entsprach es den damals üblichen Dimensionen. Im Modell wurden Förderschnecke und Haspel per eingebautem Laufrad mit Gummiprofil angetrieben. Der TR 85 erreichte durch die mittig befestigte Lenkachse einen engen Wendekreis. Bedient wurde die Lenkung über den Luftfilter oben auf dem Modell — eine Technik, die später auch von anderen Modellherstellern übernommen wurde. Die Kabine war verglast und in den meisten Versionen auch mit einem Fahrer ausgestattet.
Modell-Mähdrescher von New Holland: TR mit Batterieantrieb
Innovativ zeigte sich Britains mit der batteriebetriebenen Power-Farm-Serie, in der auch der TR vertreten war: Das Modell besaß einen elektrischen Antrieb, der über eine 1,5-V-Batterie (Babyzelle) versorgt wurde. Über einen Schieberegler an der linken Modellseite konnte man den Antrieb aktivieren und die Fahrtrichtung einstellen. Zusätzlich leuchteten die vier Scheinwerfer im Dach der Kabine. Doch die Technik der Britains Power-Farm-Modelle erwies sich als nicht sehr standfest, so dass die Serie, die auch Traktoren und Geräte umfasste, nach einigen Jahren wieder eingestellt wurde.
Update aus Italien
1995 debütierte ROS erstmals im Maßstab 1:32 auf dem Markt — mit einem Modell des New Holland TX 66. Bis dato hatten die Italiener den hierzulande eher unüblichen Maßstab 1:25 mit schönen Traktorenmodellen bedient. Der TX 66 von ROS ist zum größten Teil aus Metall — auch Teile der Karosserie, wie etwa die Korntankabdeckung. Diese lässt sich aber leider nicht öffnen.
In der Kabine mit einer modern gewölbten Frontscheibe fand sich eine ansprechende Innenausstattung. In Verbindung mit Spiegeln, Handläufen und Beleuchtung samt Rundumleuchten ergibt das ein stimmiges Bild.
Das im Original 5,40 m breite Schneidwerk wurde ebenfalls aus Metall gefertigt und war fest mit der Maschine verbunden. Die Schnecke wurde über Reibräder angetrieben, die Haspel war über ein Gummiband mit der Schnecke verbunden. Die Räder bereifte ROS schön breit mit Stollenprofil auf Vorder- und Hinterachse — ein Hinweis auf den Allradantrieb des TX. Leider ist die Hinterachse nicht lenkbar.
Mit den Jahren verlieren leider die Aufkleber an der Maschine ihre Haltekraft — mit einem einfachen Papierklebestift ist dieses Problem aber schnell behoben.
TR 85: Beim Lenkwinkel schlägt der Älteste den Jüngsten um Längen — dank kleinerer Räder und fehlendem Allrad.
(Bildquelle: Morbach)
TX 66: Die Bereifung war imposant, die Achse leider nicht. Eine Lenkung sucht man bei ROS vergeblich.
(Bildquelle: Morbach)
CR 10.90: Der Einzugskanal ist höhenverstellbar, der Aufstieg schwenkbar und an der Vorderachse ist ein SmartTrax Raupenlaufwerk — was will man mehr?
(Bildquelle: Morbach)
Spitze der Evolution
Rund 22 Jahre liegen zwischen dem TX 66 von ROS und dem New Holland CR 10.90 von Universal Hobbies, der die aktuellste Mähdrescher- und Modellgeneration repräsentiert — mit modernster Technik und ordentlich gewachsenen Dimensionen der Maschine im Original wie im Modell.
Das Modell wirkt schon durch sein Gewicht sehr wertig. Die Sicken und Flächenübergänge der Außenhaut sind sauber herausgearbeitet. Schon bei diesen großflächigen Bauteilen werden Details, wie z. B. die Antirutschsicherung an der hinteren Serviceplattform fein dargestellt. Unzählige Details wie Handläufe, Lüfter, ein Motorraum mit allen Einzelheiten, ein Strohhäcksler mit Leitblechen für die Schwadablage oder eine sauber gearbeitete Kabine mit Innenausstattung machen den CR 10.90 zu einem echten Hingucker. Dazu trägt auch das SmartTrax Raupenlaufwerk mit Terraglide-Federung bei.
Das 12,50 m breite Varifeed-Schneidwerk lässt sich abnehmen. Der detaillierte Messerbalken sowie die Antriebswellen an der Rückseite fallen positiv auf. Einen Transportwagen liefert Universal Hobbies leider nicht mit. Dem Schneidwerk entsprechend ist ein langes, klappbares Abtankrohr verbaut.
Das Abtankrohr des TX 66 von ROS wäre auch für breitere Schneidwerke lang genug.
(Bildquelle: Morbach)
Schnittbreite und Rohrlänge: Beim CR 10.90 zeigt Universal Hobbies den Stand der Technik.
(Bildquelle: Morbach)
Beim TR 85 von Britains ist das Abtankrohr kurz.
(Bildquelle: Morbach)
Druschergebnis
Ist ein Vergleich des CR 10.90 mit dem TR 85 von 1985 in Anbetracht dieser Detailfülle überhaupt erlaubt? Ja, denn alle drei Modelle sind ein Spiegel ihrer Zeit: In den 1980er Jahren waren viele Detaillösungen zu einem entsprechenden Preis noch nicht umsetzbar — und durch den Hauptzweck als Spielzeug auch nur bedingt gefordert. Mit dem Umstieg auf den Maßstab 1:32 vollzog ROS in den 1990er Jahren einen Schritt in die richtige Richtung, und der TX 66 zeigte bereits erste feine Details wie Handläufe.
Der CR 10.90 von New Holland ist nicht mehr als Spielzeug gedacht: Ziel ist die Darstellung möglichst vieler Details, auch an Stellen, die nicht sofort einsehbar sind. Bleibt die Frage, was die Zukunft bringt?