In- und Interrow-Hackgerät Photoheyler: Rotoren ersetzen Handhacke
Die gleichnamige Hacke von Photoheyler arbeitet auch in der Reihe. Hierfür schwenken rotierende Messer kameragesteuert zwischen die Kulturpflanzen. Spannend ist auch die Lenkung der KI-gestützten Technik.
Biologisch wirtschaftende Betriebe suchen technische Alternativen zur Handhacke in der Reihe. Stefan Heinrich und Thomas Stangl aus Bayern haben hierfür eine Lösung entwickelt, basierend auf Heinrichs Promotion. Das Konzept wurde 2021 mit einer Silbermedaille auf der Agritechnica ausgezeichnet. Mittlerweile hat das vierköpfige Startup-Team knapp 20 Maschinen im Einsatz, auch international. In den Niederlanden konnte die Fachzeitschrift Trekker die Maschine in einem unebenen und ungleichmäßigen Baldrianbestand mit 50 cm Reihenweite begleiten, wobei sie trotz widriger Bedingungen effektiv arbeitete.
Technischer Aufbau
Jedes Hackelement wird über ein radgeführtes Parallelogramm in der Tiefe gehalten. Vor den Hackscharen ist je Reihe ein zusätzliches Parallelogramm mit einem 30° schräg gestellten Hackrotoren montiert, der mit vier Messern bestückt ist.
Diese Messer werden kameragesteuert zwischen die Pflanzen geschwenkt. Ultraschallsensoren und Hydraulikzylinder übernehmen die Tiefenführung der Rotoren, die Eingriffstiefe wird über das Bedienterminal angepasst.
Der obere Parallelogramm-Lenker besteht aus einem integrierten Hydraulikblock zum Heben und Senken.
(Bildquelle: M. Velderman)
Ein hydraulisch betriebener Generator erzeugt den Strom (48 Volt) für den Rotorenantrieb.
(Bildquelle: M. Velderman)
Die Hydraulikzylinder ermöglichen das individuelle Ausheben der Elemente, entweder manuell oder per Section-Control. Federn an den Parallelogrammen üben leichten Druck auf die Hackmesser aus. Nach dem Aushub der Rotoren kann der Hackbalken auch solo verwendet werden. Angeliftet entsteht zwischen dem Boden und den Rotoren ein Freiraum von etwa 20 cm. Durch Abschrauben der Messer sind weitere 15 cm möglich.
Das System eignet sich für Reihenkulturen mit 45, 50 oder 75 cm Reihenabstand und einem Mindestpflanzenabstand von 10 cm. Verschiedene Messerbreiten (7 bis 22 cm) stehen zur Verfügung. Ob die Rotoren z. B. mit einem, zwei oder drei Messern zwischen die Kulturpflanzen einschwenken, ist über das Terminal einstellbar. Bei Erkennung einer Doppelstelle stoppt der Rotor kurz zum Schutz der Kulturpflanze.
Kulturen anlernen
Photoheyler hat bereits zahlreiche Kulturen im System hinterlegt. Dennoch lassen sich auch neue Pflanzenarten innerhalb weniger Stunden anlernen. Hierzu muss der Nutzer zunächst mit dem Hackgerät über den Bestand fahren und Fotos aufnehmen. Auf Basis dessen können der Anwender selbst oder das Entwicklerteam in einem Web-Portal die Zielpflanzen per Mausklick anlernen. Später wird ein daraus entwickelter Datensatz per USB-Stick auf das Bedienterminal übertragen. Software-Updates sind auch drahtlos über einen mobilen Hotspot möglich.
Besser als das Auge
Die früheste Erkennung von Kulturpflanzen variiert je nach Art. Bei Zuckerrüben seien Einsätze ab dem ersten Laubblattpaar möglich. Für Zwiebeln reiche das Peitschenstadium. Dann sind Fahrgeschwindigkeiten bis 2 km/h realistisch, später auch bis zu zu 3,5 km/h. Die Bilderkennung kann mit oder ohne KI erfolgen, wobei diese Art der Auswertung besonders bei überlappenden Blättern oder abweichenden Pflanzen- und Wurzelmittelpunkten hilft.
Die Kameras mit einem Sensor von Sony sind eine Eigenentwicklung des Herstellers.
(Bildquelle: M. Velderman)
Das Windows-Tablet dient der Bedienung und auch als Jobrechner für sämtliche Schaltimpulse.
(Bildquelle: M. Velderman)
Sowohl die Kameras als auch die Datenstruktur haben die Entwickler selbst aufgebaut. Hierbei haben sie auf maschinenseitige Jobrechner verzichtet. Bei Photoheyler laufen alle Kamera- und Steuersignale über Netzwerk- oder USB-Anschlüsse auf einem Tablet-Computer zusammen, der zeitgleich als Bedienterminal dient. Während Photoheyler die meisten maschinenbaulichen Teile selbst fertigt, kaufen sie den Hauptrahmen von Hatzenbichler zu.
Lenkt — auch den Traktor
Der Hersteller nutzt die Kameras, die auf zwei bis drei Reihen blicken, auch zur Spurführung. Photoheyler lenkt einerseits hydraulisch die Spurführungsräder unter dem Hackrahmen. Anderseits auch den Schlepper — eine absolute Besonderheit. Diese Lösung verbessert die Spurtreue in hängigem Gelände und reduziert seitliche Abdrift — super für enge Reihenweiten. Bei Schleppern mit RTK-Lenksystem kann Photoheyler in der Regel über die Isobus-Funktion TIM-Steering auf die Lenkung zugreifen. Anderenfalls bieten sie gesonderte Lenkventile an. Bei aktiver Kameralenkung folgt der Schlepper der Hacke, bei manueller Lenkung umgekehrt. Ein einstellbares Offset ist mit Kameralenkung möglich.
Systemunterschiede
Im Vergleich zu anderen Inrow-Hacksystemen bietet dieses Konzept laut Hersteller mehrere Vorteile. Beispielsweise erzeugt das System durch einen Nullpunkteingriff der Messer kaum Erdwurf in Fahrtrichtung. Zudem ermöglicht der Frontanbau eine kompakte Bauweise bei großem Kamera-Sichtfeld. Allerdings erfordert das 6 m breite, 1.650 kg schwere Gerät mit 1,20 m Vorbaumaß ab Mitte Unterlenker besondere Aufmerksamkeit auf der Straße: Vorbaumaß, Sichtfeld und Achslasten müssen unbedingt auf Legalität geprüft werden.
Die Rotor-Motoren leisten bis zu 100 Nm, um je eins der vier Messer in den Boden zu bekommen.
(Bildquelle: M. Velderman)
(Bildquelle: M. Velderman)
Alles Weitere in Kürze
Die elektrischen Rotorantriebe werden über einen per Loadsensing betriebenen 48-V-Generator mit Strom versorgt.
Bisher hat Photoheyler vornehmlich 6 m breite Geräte gebaut, eins auch mit 9 m.
Auf Basis der KI-Kamera bietet der Hersteller auch eine optische Solo-Lenkung für Schlepper und Verschieberahmen sowie eine Kartoffelsortierung an. Erste Gehversuche mit einem Spotsprayer und Laserweeder laufen ebenfalls.
Die Hacke ist nicht AEF-zertifiziert, die Entwickler verweisen aber trotzdem auf eine vollwertige Isobus-Integration und Aux-N-Funktionalitäten.
Die Rotor-Motoren leisten 100 Nm.
Nachts benötigt man LED-Scheinwerfer.
Der Vertrieb läuft in Deutschland weitestgehend direkt über Photoheyler.
Wir fassen zusammen
Unsere Kollegen von Trekker haben die optional KI-gestützte In- und Interrow-Hacke vom süddeutschen Hersteller Photoheyler im Baldrian eingesetzt. Anders als andere Inrow-Hacksysteme nutzt Photoheyler keine seitlich öffnende Kinematik, sondern ein rotierendes Messerrad. Dieses wird kamerabasiert mit Hilfe von Elektromotoren zwischen die Kulturpflanzen geschwenkt. Beim Einsatz in Baldrian konnte das System trotz eines ungleichmäßigen Bestandes gute Resultate erzielen. Übliche Fahrgeschwindigkeiten liegen zwischen 2 und 3 km/h. Interessant ist die kamerabasierte Lenkung.