Der Syn Trac (profi 12/2017) bietet die Vielfalt eines Taschenmessers. Jetzt haben die Österreicher auch einen eigenen Frontlader entwickelt — mit einem zusätzlichen Knick.
Einzelradaufhängung, 420 PS, 80 km/h, Allradlenkung und ein hydraulisches Dockingsystem mit automatischer Verbindung von sieben Schnittstellen für Anbaugeräte an Front und Heck — der Syn Trac hat Alleinstellungsmerkmale genug. Jetzt kommt mit dem neuen Frontlader ein zusätzliches hinzu. Wir konnten den Prototyp beim Beladen eines Kalkstreuers bei Lohnunternehmer Jan Würsig von der Agroservice GmbH einsetzen. Das auffälligste Detail des Frontladers ist das zusätzliche Gelenk in der Mitte der Schwinge.
Schwinge mit Knick
So kann die Schwinge über zwei Hydraulikzylinder entweder mit voller Länge gestreckt oder um bis zu 100° im Winkel geknickt (80 bis 180°) eingesetzt werden. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen wird eine maximale Hubhöhe von 5 m im Drehpunkt des Werkzeugrahmens erreicht. Zum anderen erreicht der Syn Trac mit dem Frontlader eine maximale Überladeweite von satten 3,35 m. Und als dritten Vorteil nennt Syn Trac die optimale Kraftübertragung bei Schubarbeiten, beispielsweise bei der Arbeit im Kalkhaufen: Dazu wird die Schwinge stark abgeknickt und das Werkzeug an den Traktor herangezogen. Der Clou: Über zwei in die Schwinge integrierte Rollen stützt sich der Frontlader jetzt zusätzlich vorne am Schlepperrahmen ab — so können die 320 kW/420 PS Motorleistung problemlos für die Schubarbeit genutzt werden. Durch die Rollen kann sich der Frontlader dabei weiter problemlos vertikal bewegen.
Damit aber nicht genug: Durch die umfangreiche Elektronikausstattung — dazu gleich mehr — bietet der Frontlader spannende Automatikfunktionen. Im manuellen Modus bedient der Fahrer das zusätzliche Gelenk über eine Wippe auf der Joystickrückseite. Über den einfachen, aber ergonomischen Joystick lassen sich die Funktionen sehr gut ansteuern, und ähnlich wie bei einem Teleskoplader lässt sich die dritte Funktion intuitiv bedienen.
Im Modus „Automatik“ steuert eine Automatik die bewegliche Schwinge so, dass die optimale Hubkraft erzielt wird. Dabei wird die passende Kombination aus Hubkraft und Achslast errechnet und in die Hubarmbewegung umgesetzt.
Im dritten Modus kann das Arbeitswerkzeug über einen bestimmten Bereich elektronisch gesteuert und entlang einer vertikalen Linie angehoben bzw. abgesenkt werden — ähnlich wie bei einem Gabelstapler. Alternativ lässt sich das Werkzeug auch in einem begrenzten Bereich vertikal auf einer Linie vor- bzw. zurückschieben. Damit arbeitet der Lader wie ein kleiner Teleskoplader. Auswählen kann der Fahrer zwischen den zwei Automatik-Funktionen und dem manuellen Modus über das 12“-Touchdisplay in der Syn Trac-Kabine.
Hier kann der Fahrer auch das Ergebnis der im Frontlader integrierten Waage ablesen. Diese kann unabhängig von der Frontladerposition das Gewicht im Stand ermitteln. Dazu werden vom System die Winkel, Zylinderwege sowie Hydraulikdrücke erfasst und so das Gewicht passend errechnet. Außerdem kann der Fahrer im Display verschiedene „Return-to-dig“-Optionen auswählen, über die automatisch Arbeitshöhen und Werkzeugwinkel angefahren werden.
Der Prototyp ist mit einer Euro-Werkzeugaufnahme samt MSW-Schnellwechselsystem für zwei dw-Steuergeräte ausgerüstet. Zukünftig sollen aufgrund der hohen Kräfte auch andere Aufnahmen (z. B. Volvo-Rahmen) möglich sein.
Der Begriff Schnellwechsler gilt aber auch für den An- und Abbau des Frontladers: Denn dank des Syn Trac-Schnellkuppelsystems kann der Fahrer den kompletten Frontlader in weniger als 20 Sekunden an den Schlepper koppeln — ohne abzusteigen! Dazu wird über die einzeln anzusteuernde Niveauregulierung die Vorderachse soweit abgesenkt, dass der Schlepper passend unter den Anbaurahmen fahren kann. Beim Einfahren in den Rahmen wird der Frontlader über vier Bolzen am Schlepper automatisch zentriert und hydraulisch verriegelt. Gleichzeitig werden Hydraulik, Zapfwelle, Bremse und Elektronik über eine schwimmend gelagerte Verbindungsplatte automatisch gekoppelt. Jetzt kann der Fahrer noch die hydraulische Stützplatte hochziehen und mit der Ladearbeit beginnen. Beim Abbau wird umgekehrt verfahren — absteigen muss der Fahrer auch hier nicht.
Ohne abzusteigen kann der Fahrer den Frontlader in wenigen Sekunden an- bzw. abkuppeln.
(Bildquelle: Colsman)
(Bildquelle: Colsman)
Das System erkennt dabei automatisch, welches Gerät gekoppelt wird und öffnet das entsprechende Menü im Display. Übrigens: Im Heck nutzt Jan Würsig das gleiche Koppelsystem, um in wenigen Sekunden den Kalkstreuer zum Beladen ab- und danach wieder anzuhängen. Das standardisierte Syn Trac-Dockingsystem bietet dabei bis zu sechs doppeltwirkende Steuergeräte sowie ein zusätzliches für einen Stützfuß, Powerbeyond-Anschlüsse, einen Zapfwellenantrieb und eine automatische Koppelung der Druckluftleitungen für die Bremse. Die mechanische Verbindung ist dabei auch für hohe Kräfte ausgelegt, wie sie z. B. bei einem Frontlader auftreten. So plant Syn Trac auch eine Kran-Variante, die ebenfalls das Syn Trac-Dockingsystem nutzt.
Das Syn Trac-Dockingsystem verbindet sowohl die mechanischen als auch die elektronischen und hydraulischen Komponenten mit dem Schlepper.
(Bildquelle: Colsman)
(Bildquelle: Colsman)
Über die Sicht
Noch ein paar Worte zur Sicht: Durch die mittige Sitzposition und die fehlende Motorhaube ist die Sicht bei abgesenktem Frontlader auf das Arbeitswerkzeug sehr gut. Durch die massive Ausführung der Schwinge (145 x 260 mm Rahmenrohr) und die großen Hydraulikzylinder sind die Koppelpunkte allerdings nicht ideal zu sehen. Durch eine rote Zentriermarkierung lassen sich die Werkzeuge trotzdem gut koppeln. Verbessern sollte und will Syn Trac noch die Sicht bei angehobener Schwinge: Durch die bei voller Hubhöhe fast senkrecht vor der Kabine stehende Schwinge verschwindet das Werkzeug schnell aus dem Blickfeld des Fahrers. Syn Trac arbeitet nach eigenen Angaben daran, die Sicht zu optimieren.
Kein Problem hat der Schlepper beim Vorbaumaß von 3,50 m bis zur Lenkradmitte: Durch das mittlere Gelenk der Schwinge lässt sich diese kompakt vor die Vorderachse ziehen. So ist auch mit angebauter Schaufel die Sicht auf der Straße und beim Einfahren in unübersichtliche Kreuzungen sehr gut.
Der Syn Trac ist eine Spezialmaschine für bestimmte Anwendungsfelder. Mit dem Prototyp des neuen Frontladers bekommt der Österreicher ein neues Werkzeug, das durchaus einige spannende Vorteile bietet. Mit dem zusätzlichen Gelenk in der Schwinge wird eine große Hubhöhe und Reichweite erreicht, gleichzeitig sind die Abmessungen beim Transport kompakt. Und mit den integrierten Automatikfunktionen nutzt Syn Trac die Vorteile der flexiblen Schwinge voll aus.