Aus dem Heft

Das Salz im Wasser: ...Hochdruckreiniger?

Wenn der Wärmetauscher am Biogas-Bhkw keine Wärme mehr ins angeschlossene Nahwärmenetz abführt, ist es allerhöchste Eisenbahn, nicht nur das Symptom, sondern auch die Ursache zu beheben. Wir erklären Ihnen, warum die Heizungswasseraufbereitung hier so wichtig ist. Wenn Luft im Heizungswasser ist, rosten die Rohre von innen. Salze im Wasser beschleunigen den Prozess. Fotos: Tovornik ISpringt der Notkühler Ihres Biogas- Bhkw ständig an, dann sollten bei Ihnen die Alarmglocken klingeln. Denn das ist ein sicheres Zeichen, dass das Bhkw seine Wärme über den Plattenwärmetauscher nicht mehr vollständig loswird. Das könnte auf Dauer dem Motor nicht gut tun. Richtig ins Geld geht die Sache, wenn Sie über längere Zeit nicht die vorgesehene Wärmemenge ins Nahwärmenetz liefern. Zum einen wird das Ihren Wärmekunden nicht gefallen, Sie können weniger Wärme verkaufen und es sinken auch Ihre Einnahmen über den Kwk-Bonus. Was ist da passiert? Warum hat der Wirkungsgrad der anfänglich gut funktionierenden Kraft-Wärme-Kopplung zwischen Biogas-Bhkw und Nahwärmenetz so drastisch abgenommen? Die Erklärung hat der erfahrene Heizungsbauer für Sie parat: Das Wasser ist schuld. Um Steinbildung und Korrosion im Heizungssystem zu vermeiden, muss das Heizungswasser bestimmte Eigenschaften hinsichtlich Wasserhärte, pH-Wert, Salzgehalt bzw. Leitfähigkeit und Sauerstoffgehalt aufweisen. Für das Wasser zur Erstbefüllung von Heizungsanlagen und für das Ergänzungswasser gibt es Vorgaben, die in der VDI-Richtlinie 2035 und für Anlagen ab 5 m³ in der VdTÜV 1466 festgelegt sind. Leider wurden diese Vorgaben bei der Befüllung von Biogas-Bhkw-Nahwärmenetzen vielerorts nicht ernst genommen. Oftmals wurde einfach Trinkwasser oder sogar eigenes Brunnenwasser in das Leitungssystem gefüllt. Die Schäden zeigen sich jetzt nach einigen Jahren Betriebszeit: Die Rohrleitungen rosten von innen! Der Rost setzt schließlich den Plattenwärmetauscher zu. Beschleunigt wird dieser Prozess durch Sauerstoff oder auch Ammoniak, die durch die Kunststoffrohre ins System eindringen. Denn die Rohre sind niemals völlig diffusionsdicht — besonders dann nicht, weil der vom Bhkw-Wärmetauscher kommende Vorlauf 80 °C und heißer ist. Was ist in solch einem Fall zu tun? Okay, als Erstes müssen die Edelstahlplatten des Bkhw-Wärmetauschers ausgebaut, gereinigt und wieder eingebaut werden. Wie das geht und worauf es hierbei ankommt, erfahren Sie im Beitrag „Operation bei verstopften Adern“ (auf der nächsten Doppelseite). Doch mit der Reinigung des Wärmetauschers allein ist es nicht getan. Nun muss der Ursache auf den Grund gegangen werden. Dazu wird zunächst eine Probe des Heizungswassers entnommen und im Labor analysiert. Bereits Aussehen, Farbe, Geruch und das Vorhandensein von ungelöstem Bodensatz geben einen ersten Hinweis. Enthält die Probe schwarzen oder braunen Bodensatz, der sich mit dem Magneten verschieben lässt, ist eins klar: Das ist Magnetit oder Eisenoxid. Also rosten die im Heizungsnetz verbauten Stahlrohre. Im Labor werden dann die physikalisch- chemischen Parameter ermittelt. Dazu gehört die Leitfähigkeit als Maß für den Salzgehalt, der pH-Wert, die Gesamthärte sowie der Gehalt an Kationen (wie Calcium, Magnesium, Eisen, Kupfer, Zink, Aluminium, Molybdän, Mangan) und Anionen (wie Sulfat, Chlorid, Nitrat, Phosphat). Calcium ist im Heizungswasser nicht erwünscht, weil Calcium (bzw. Calciumhydrogenkarbonat) an den heißesten Stellen, z. B. am Wärmetauscher (oder bei Heizungen im Kessel), zu Calciumkarbonat (also Kalk) ausfällt und harte Beläge bildet. Um dies zu vermeiden, sollte das Wasser abhängig von der Wärmeleistung und vom spezifischen Anlagenvolumen (l/kW) einen maximalen Gesamthärtegrad nicht überschreiten. Für Heizungsanlagen gilt: Je größer die Kesselleistung und je größer der spezifische Wasserinhalt in Litern pro Kilowattstunde ist, desto weicher muss das Wasser sein. Eine Enthärtung auf nahezu 0 °dH (Grad deutscher Härte) ist dann nötig, wenn mit großen Ergänzungswassermengen gearbeitet werden muss, oder wenn der Wasserinhalt über 50 l/kW liegt. Beides dürfte für Nahwärmenetze mit Kraftwärmekopplung zu einem Biogas-Bhkw gegeben sein. Aber auch andere Heizungsanlagen mit großem Pufferspeicher (z. B. Hackschnitzelheizungen, Heizungen mit Solarthermie oder Erdwärme) sind davon betroffen. Durch Austausch der Härtebildner Calcium und Magnesium durch Natrium lässt sich eine Enthärtung des Wassers erreichen. Dazu wird es durch Patronen geleitet, die mit einem speziellen Harz für den Ionen-Austausch gefüllt sind. Durch die Enthärtung kann der ph-Wert des Wassers leicht ansteigen, weil der gelöste Kalk am Ionenaustauscher zu Natron (Natriumhydrogenkarbonat) umgewandelt wird. Natron zersetzt sich durch Erwärmung in Soda (Natriumkarbonat) und Kohlendioxid. Und weil das Kohlendioxid im Laufe der Zeit als Gas aus dem Heizungssystem entweicht (z. B. über Entlüftungsventile), steigt der pH-Wert auf 9 bis 9,5. Korrosion findet bei Vorhandensein von Sauerstoff und Ionen wie Chlorid, Sulfat und Nitrat statt. Je mehr Ionen im Wasser sind, desto höher ist die Leitfähigkeit des Wassers und um so schneller läuft der Prozess der Korrosion ab. Korrosionsvorgänge lassen sich durch „salzarmes“ Heizwasser stark vermindern. Leitfähigkeiten über 1 000 Mikrosiemens (μS)/cm sind möglichst zu vermeiden, schreibt der TÜV-Süd in einem Merkblatt zur Wasser- und Korrosionschemie. Wasser mit einer geringen Leitfähigkeit (unter 100 μS/ cm) enthält deutlich weniger korrosiv wirkende Ionen. Deshalb stellt die Verwendung von entsalztem Wasser eine Korrosionsschutzmaßnahme dar. Außerdem kann bei geringem Salzgehalt ein höherer Sauerstoffgehalt im Heizungswasser toleriert werden. Der Sauerstoff im Wasser bildet an den Metalloberflächen dann Deckschichten (Metalloxid oder Metallhydroxid) aus, die korrosionshemmend wirken. Nun ist Ihnen vielleicht der Begriff „Totwasser“ im Ohr. In der Tat stellt sich in Warmwasser- Heizungsanlagen mit einem geringen spezifischen Wasserinhalt nach kurzer Betriebszeit normalerweise ein sauerstoffarmes Heizungswasser (mit weniger als 0,05 mg O2/l) von selbst ein. Voraussetzung ist, dass keine Luft von außen ins geschlossene System hineingelangen kann. Der gelöste Sauerstoff im Füllwasser wird dann schnell unter Bildung von Korrosionsprodukten (Rost, Schlamm) verbraucht. Die Ablagerungen sind in kleinen Anlagen normalerweise nicht schädlich. Anders sieht das aus, wenn ein Pufferspeicher vorhanden ist, oder wenn wie bei den Kunststoffrohr-Nahwärmenetzen von Biogas- Bhkw-Wärmekopplungen Sauerstoff von außen in das System eindringt. Deshalb empfiehlt es sich, das Heizungswasser für Nahwärmenetze zu entsalzen. Eine Entmi-neralisierung kann über Mischbett-Ionenaustauscher oder mithilfe einer Umkehrosmoseanlage erfolgen. Im Mischbettfilter entfernen kationische und anionische Harze die Ionen im Wasser. Das Wasser fließt hierzu wie bei der Entkalkung durch Patronen. Bei der Umkehrosmose erfolgt die Entmineralisierung mithilfe einer halbdurchlässigen Membran und Druck. Jedoch mit einer Vollentsalzung des Wassers bei der Erstbefüllung allein ist es nicht getan. Denn die Entsalzung wirkt sich auf den pH-Wert des Wassers aus. Vollentsalztes Wasser (sogenanntes VE-Wasser) mit einer Leitfähigkeit von weniger als 1,1 μS/ cm enthält keine Pufferanteile. Deshalb sinkt der pH-Wert unter Umständen zu weit in den sauren Bereich ab. Als Korrosionsschutz wird ein pH-Wert zwischen 8,2 und 9,5 empfohlen. Das Wasser sollte also leicht alkalisch (basisch) sein. Ein alkalischer pHWert verringert die Eisenauflösung. Allerdings, wenn Aluminiumteile im System verbaut sind (z. B. im Wärmetauscher bei den Wärmeabnehmern), sollte der pH-Wert nicht über 8,5 liegen. Denn oberhalb dieses Werts korrodiert Aluminium. Neben der chemischen pH-Wert-Stabilisierung können Korrosionsschutzmittel (Inhibitoren) zusätzlich helfen, eine Auflösung des Eisens in den Rohrleitungen zu verringern. Insbesondere dann, wenn mit einer Sauerstoffdiffusion zu rechnen ist, werden solche Mittel eingesetzt. Wichtig ist anschließend, dass das Heizungswasser regelmäßig kontrolliert wird. Sie sehen also: Wasser ist nicht gleich Wasser. Normales Trinkwasser ist meist zu kalkhaltig und zu salzig für eine Bhkw-Heizung. Bei Brunnen ist oftmals auch der Nitratgehalt zu hoch. Einer schnellen und intensiven Eisenkorrosion sind damit Tür und Tor geöffnet. Eine Wasseraufbereitung und in der Regel auch eine chemische Wasserbehandlung ist bei Biogas-Bhkw-Wärmekopplungen vor allem deswegen so wichtig, weil viel Heizungswasser im System ist, und weil durch die Kunststoffleitungen des Nahwärmenetzes ständig neuer Sauerstoff hineingelangt. Sollten Sie die beschriebenen Grundsätze zur Erstbefüllung einer Warmwasser-Heizungsanlage nicht beachtet haben, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich massive Schäden zeigen. Unser Tipp: Lassen Sie auf jeden Fall das Wasser in Ihrem Nahwärmenetz untersuchen.

(Bildquelle: profi)

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