So betitelte der französische Hersteller seinerzeit den Prospekt zum Temis 650 Z. Der in Deutschland eher exotische Schlepper vereinte bei seiner Vorstellung modernes Design mit bewährter Technik.
Lange Zeit waren die um 180° nach vorn aufschwenkbaren Türen das markanteste Merkmal der Renault-
Traktoren. Die Modelle der Temis-Baureihe waren die letzten großen Sechszylinder-Traktoren mit der Raute auf der Haube, die mit diesem Merkmal ausgestattet waren. Der Preis dafür: zum Zeitpunkt der Vorstellung bereits recht alte Technik. Werfen wir am Beispiel des Temis 650 Z von Hendrik Meyer zu Pente einen genaueren Blick auf die Baureihe.
Gebaut wurden die Temis-Modelle nur drei Jahre lang, von 2001 bis 2004 — kein Wunder, dass der Temis recht selten anzutreffen ist. Die Baureihe umfasste vier Modelle mit Sechszylindermotoren von Iveco (77 kW/105 PS bis 108 kW/147 PS) sowie das Vierzylinder-Modell Temis 550 mit John Deere-Motor (72 kW/98 PS), die die bisherigen T-Modelle dieser Klasse ablösen sollten. Der hintere Schlepperteil mit Getriebe und Kabine war größtenteils identisch zu den Vorgängermodellen — dazu kommen wir später.
Die Prospekte zeigen es: Der Temis trägt Kabine und Getriebe von der alten T-Serie und die Haube vom neuen Ares.
(Bildquelle: Colsman)
Alles schwingt, aber die Kabine liegt ruhig: Die Werksgrafik sollte die Vorteile der Vierpunkt-Kabinenfederung verdeutlichen.
(Bildquelle: Renault)
Vorne hatte sich dagegen einiges getan: Die Haube trug bereits das windschnittige Design der komplett neuen Ares-Baureihe, unter der der komplette Schalldämpfer Platz fand. Und statt einem MWM-Motor, mit dem noch die T-Serie ausgerüstet war, diente im Temis mit sechs Zylindern ein Iveco-Turbodiesel (heute FPT) als Kraftquelle.
Der Motor ist zuverlässig, mit über 30 % Drehmomentanstieg durchzugsstark und hat einen schönen Klang. Mit einem Leistungsgewicht von unter 50 kg/PS ist der Temis 650 damit durchaus spritzig unterwegs. Das bestätigt Hendrik Meyer zu Pente, der den Temis 650 Z vor allem zur Bodenbearbeitung und für Transportarbeiten einsetzt: „Auf unseren sandigen Böden kommt der Renault mit dem 3-m-Grubber Horsch Terrano und der 4 m breiten Horsch-Kurzscheibenegge sehr gut zurecht.“ Bei unserem Besuch war der Traktor vor einer 2,80 m breiten Fräse mit dem Feldgras-Umbruch beschäftigt.
Um für die verschiedenen Arbeiten gerüstet zu sein, hatte der Kunde beim Getriebe die Wahl zwischen drei Varianten. Dazu griff Renault bei den Komponenten der T-Serie ins Regal: Serienmäßig rüstete Renault den Temis mit 16 Vorwärts- und 16 Rückwärtsgängen und einer lastschaltbaren Untersetzung aus. Optional war das deutlich umfangreichere Tractonic-Getriebe mit 24 Vorwärts- und 8 Rückwärtsgängen, Zweifach-Lastschaltung und hydraulischer Wendeschaltung erhältlich. Dritte Option ist ein einfaches 16/16-Getriebe mit einer Kriechgang-Untersetzung.
Der 650 Z von Hendrik Meyer zu Pente ist mit dem serienmäßigen Triebsatz ausgestattet. „Das Getriebe ist zwar einfach, reicht für unsere Einsätze aber vollkommen aus“, erklärt der Landwirt mit Ackerbau, Schweinemast und Pensionspferdehaltung. „Einzig die lastschaltbare Wendeschaltung wäre ein schönes Extra für unseren Renault gewesen.“ Bei der Zapfwelle bietet der Temis zwei Drehzahlen (540 und 1000 U/min).
Ähnlich einfach wie das Getriebe ist auch die serienmäßige Hydraulik. Eine EHR sucht man vergebens, mechanisch greifen die Hebel direkt auf die Steuergeräte zu. Optional war eine Ausstattung mit elektronisch geregeltem Hubwerk TCE möglich — der Temis von Hendrik Meyer zu Pente hat diesen Komfort nicht.
Neben den eingangs erwähnten Türen bietet die Kabine des Temis eine weitere Besonderheit: Die von Renault für die T-Modelle entwickelte und als Hydrostable bezeichnete Vierpunkt-Kabinenfederung mit vier kombinierten Federstoßdämpfern reduzierte die Stöße auf den Fahrer deutlich. In der großen Kabine mit ebenem Boden geht es ordentlich zu.
Die Bedienung ist einfach und meist selbsterklärend, den Bordcomputer Infotrac gab es nur auf Wunsch. Etwas verwirrend kann der stehende Blinkerhebel links neben dem verstellbaren Lenkrad sein. Markant sind außerdem die beiden „Hörner“ rechts und links neben der Lenkkonsole: Rechts wird die einstufige Untersetzung geschaltet, links (bei getretener Kupplung) die Fahrtrichtung gewechselt.
Der Temis 650 Z von Hendrik Meyer zu Pente ist mit der optionalen Klimaanlage ausgerüstet. „Gerade bei der Bodenbearbeitung im Frühjahr fahre ich aber gern mit frischer Luft bei offenen Türen — die Heckscheibe kann dabei geschlossen bleiben, so bleibt der Staub draußen.“ Apropos Heckscheibe: Für hohe Anbaugeräte wie etwa Anbauspritzen, die nah am Schlepper gekoppelt werden, wird die Heckscheibe beim Öffnen in der Mitte gefaltet.
Eine Kinematik faltet die Heckscheibe beim Öffnen — gut bei hohen Dreipunkt-Anbaugeräten.
(Bildquelle: Colsman)
Das Sauter-Fronthubwerk gab es ab Werk, die runden LED-Scheinwerfer in der Kühlermaske sind nachgerüstet.
(Bildquelle: Colsman)
Wir halten fest
Der Temis war eine kurze Zwischenlösung — das macht ihn heute selten. Durch die interessante Optik aus modern gestylter Motorhaube und der alten, aber komfortablen Kabine sowie der knallorangen Farbe ist der Franzose durchaus ein Hingucker. Zu Hendrik Meyer zu Pente kam der Temis 650 Z als Gebrauchtschlepper — nachdem er zuvor im Erstbesitz auf dem Nachbarbetrieb lief. „Da ich selbst regelmäßig mit dem Schlepper gearbeitet hatte und den Pflegezustand kannte, fiel mir die Entscheidung nicht schwer.“ Mit weniger als 400 Stunden jährlichem Einsatzpensum erledigt der Temis vor allem die schweren Ackerarbeiten — und das aller Voraussicht nach auch noch für einige Jahre. Die Anbaugeräte kennt der Temis: Für viele Arbeiten nutzt Hendrik Meyer zu Pente schon seit Jahren die Maschinen des Nachbarn und Vorbesitzers mit.
Modernes Design, aber noch mit abnehmbaren Seitenblechen: die Motorhaube.
(Bildquelle: Colsman)
Tieflieger: Der Iveco-Sechszylinder liegt tief im Chassis, so dass darüber ausreichend Platz für den Schalldämpfer ist.
(Bildquelle: Colsman)
Klotzen statt kleckern: Die Renault-Werbeabteilung wusste den Temis in Szene zu setzen.
(Bildquelle: Renault)
Während früher Fendt und Case eingesetzt wurden, stammt die komplette Flotte heute aus Frankreich.
(Bildquelle: Colsman)