Einkaufstipps: Unimog U 427 - Einer Legende auf der Spur
Mit der Vorstellung der schweren Baureihe wandelte sich das Unimog-Design vom runden ins eckige. Wir zeigen Ihnen, was Sie beim Kauf eines U 427 beachten sollten.
Nachdem sich 1945 der Daimler-Benz-Vorstand zunächst gegen das Projekt Universal-Motor-
Gerät entschieden hatte, wurden 1949 die ersten Unimog bei der Maschinenfabrik der Gebrüder Boehringer in Göppingen gefertigt.
Als erste Erfolge zu erkennen waren, übernahm Daimler-Benz 1950 die Produktion und den Vertrieb — einschließlich aller Patente. 1951 verließen die ersten Unimog mit dem Stern auf der Haube das Werk von Daimler-Benz-in Gaggenau. 2002 endete die Produktion in diesem Werk und wurde nach Wörth am Rhein verlegt.
Dieser Beitrag behandelt hauptsächlich die von 1988 bis 2002 gefertigte Baureihe 427, wozu auch der U 1400 mit Agrarausstattung von Familie Göttken gehört. Aufgrund der großen Ähnlichkeit des Modells mit dem U 1000 wollen wir jedoch auch die von 1976 bis 1988 gefertigte Baureihe 424 nicht unerwähnt lassen.
Unterstützung und wichtige Hinweise für den Gebrauchtkauf erhielten wir von Wilhelm Göttken und seinen Söhnen Wilhelm und Christian. Sie sind stolze Besitzer von gleich vier fahrbereiten Exemplaren. Details zur familiären Unimog-Geschichte lesen Sie im Kasten weiter unten. Der U 1400 von Familie Göttken wurde 1999 gebaut und ergänzt seit 2001 den Fuhrpark, nachdem er zuvor als Vorführer auf dem Betrieb lief.
Datenkompass: U 1400 Agrar
(Bildquelle: Franke)
Datenkompass: U 1400 Bundeswehr
(Bildquelle: Franke)
Die Unimog-Sammlung DER Göttkens
Der erste Unimog U 411 verrichtete bereits 1968 im Lohnunternehmen von Familie Göttken seinen Dienst als Trägerfahrzeug für eine aufgebaute Pflanzenschutzspritze. 1978 kam der erste 424 als U 1000 dazu. 1986 wurde dann ein weiterer U 1000 mit Agrarausstattung gekauft und 15 Jahre im Pflanzenschutz eingesetzt. Während das erste Modell nicht mehr auf dem Betrieb ist, setzt Göttken den zweiten 1000er heute noch für kleinere Arbeiten wie zum Stoppelmulchen oder im Winterdienst ein.
Zudem ist seit 2007 ein U 1200 mit aktuell rund 4 750 Betriebsstunden auf dem Betrieb. Aktuell wird dieser Unimog mit einer Aufbaufeldspritze von Inuma im Lohnunternehmen eingesetzt. Als zweite Unimog-Selbstfahrspritze läuft ein U 1400 ohne Agrarausstattung, welcher erst seit 2019 Teil der Sammlung ist. Diese beiden Unimog hat Göttken von der Bundeswehr ersteigert: „Im Internet gibt es ein Portal, wo man solche ausrangierten Unimog erwerben kann. Da hatte ich beim Bieten zwei Mal Glück.“
Mit der Baureihe 427 wurde der Reihensechszylinder OM 366 eingeführt. In dem U 1400 verrichtet der 6-l-Motor sein Werk, der den Namenszusatz LA trägt, der für den verbauten Abgasturbolader und Ladeluftkühler steht.
Auch wenn der Motor als langlebig gilt, war nach 3 300 Betriebsstunden Schluss, und es musste ein Austauschaggregat eingesetzt werden. Das lag wahrscheinlich am Einsatz von Rapsöl, der genaue Grund für das frühe Ende ist nicht bekannt.
Auch mit der Wärmeabfuhr gibt es Probleme: Wenn grober Schmutz den Kühlergrill verdeckt, kann der Motor die Wärme nur sehr schlecht abgeben. Abhilfe kann unter anderem ein zusätzlicher Luftschlitz bringen, wie Wilhelm Göttken uns berichtet: „Bei der Abschlussbehandlung im Weizen haben die Pollen der Ähren immer den Kühler verstopft. Leider muss zum Reinigen der Ladeluftkühler ausgebaut werden. Das ist sehr nervig. Ein zusätzlicher Luftschlitz in der Haube hat deutliche Besserung gebracht.“
Der Luftkompressor kann schwerfällig laufen und dadurch den Riemen beschädigen. Um dem entgegenzuwirken, haben sich die Praktiker auch etwas einfallen lassen: Durch den Einbau einer größeren Riemenscheibe vergrößert sich die Auflagefläche des Riemens auf der Scheibe. Dann läuft der Kompressor langsamer und die Kraftübertragung wird verbessert.
Achten Sie weiterhin auf die Wasserpumpe. Diese sollten Sie bei einer Probefahrt auf Dichtigkeit kontrollieren. Göttken musste die Pumpe bei seinem U 1400 wegen Undichtigkeit austauschen. Auch der ältere U 1000 teilt dieses Leiden: Durch die ausgelaufene Flüssigkeit sind am Motor Spuren von Korrosion zu erkennen.
Ebenfalls sehr solide ist der Motor des Vorgängers: In diesem steckt der Saugdiesel OM 352. Den Reihensechszylinder erkennen Sie am runden Ventildeckel. 2001 haben die beiden Göttken-Brüder dem Motor mit damals 15 000 Stunden Laufleistung eine Generalüberholung spendiert: „Der Motor war nicht kaputt, hat aber etwas Öl verbraucht und dadurch zu viel gequalmt.“ Seitdem ist leider der Betriebsstundenzähler ohne Funktion.
Robustes Getriebe
Der U 1400 hat das Viergang-Gruppengetriebe mit der Bezeichnung UG 3/65. Die drei steht hierbei für die Nummer der Baureihe, die 65 bedeutet 650 Nm Eingangsdrehmoment. Im Vergleich zu dem UG 3/40 im U 1000 sind nicht nur die Zahnräder breiter und robuster, sondern auch die Lager stärker. Sonst sind beide Getriebe praktisch baugleich.
Grundsätzlich schaltet das Getriebe mechanisch, alle Gänge können auch rückwärts gefahren werden. Der Schaltübergang zwischen der Gelände-Gruppe (Gang eins bis vier) zur Straßen-Gruppe (Gang fünf bis acht) erfolgt durch einen pneumatischen Zylinder. Für die Untersetzung der Geländegänge ist ein Planetenradsatz im Getriebe verbaut.
Zwischen Getriebeausgang und Verteilergetriebe, das den Antrieb zu beiden Achsen sicherstellt, ist optional eine Kriechganggruppe angeflanscht. Zusammen mit der Untersetzung der Geländegänge sind dann 24 Gänge schaltbar. Achten Sie bei einer Probefahrt darauf, dass sich alle Gänge leicht schalten lassen. Tipp vom Fachmann: „Beim Wechsel vom vierten in den fünften Gang muss man dem Unimog Zeit geben.“
Beim U 1400 sind, wie bei den meisten Modellen üblich, Portalachsen mit Differenzialsperre, Radvorgelege, Schubrohr und Querlenker verbaut. Die baugleiche Vorder- und Hinterachse ist mit Schraubenfedern samt Teleskopstoßdämpfer und Stabilisatoren für schnelle Fahrten konzipiert.
Durch die Portalachsen gewinnt der Unimog an Höhe und damit schließlich auch an Bodenfreiheit. Für ein komfortables Fahrgefühl sorgen Gummidämpfer unter der Kabine. Göttken berichtet von einer hohen Haltbarkeit der Dämpfer, denn er musste bisher keinen davon tauschen.
Alle Unimog sind werkseitig an allen vier gleichgroßen Rädern mit pneumatisch-hydraulischen Zweikreis-Scheibenbremsen ausgestattet. Schauen Sie sich bei einer Probefahrt die Bremsscheiben und -klötze an. Auch wenn diese laut Göttken wenig Probleme bereiten und sich bei Bedarf leicht austauschen lassen. Überprüfen Sie bei der Gelegenheit auch die Funktion der druckluftbetätigten Feststellbremse.
Mit den Scheibenbremsen lässt sich der Unimog auch bei Höchstgeschwindigkeit sicher abbremsen.
(Bildquelle: Bertling)
Diese Kunststoffbuchsen der Stabilisatoren werden häufig vom TÜV bemängelt.
(Bildquelle: Bertling)
Der Lagerflansch für die Heckzapfwelle wird gerade überarbeitet.
(Bildquelle: Bertling)
Große Kabine
Prägend für die schwere Unimog-Baureihe ist das im Vergleich zum Vorgänger U 406 eckige und größere Fahrerhaus, welches in leicht abgeänderter Form bis heute verwendet wird und wesentlich mehr Platz bietet. Dafür wurde der Motor weiter nach vorne gesetzt, so dass er nicht mehr in die Kabine ragt. Es können bis zu drei Personen nebeneinandersitzen.
In Kombination mit der Agrarausstattung kam für die Baureihe U 427 ein erhöhtes Dach, das für mehr Kopffreiheit sorgt. Bei dem 1400er von der Bundeswehr hat Wilhelm Göttken das Dach selbst höher gelegt, da ein luftgefederter Sitz eingebaut werden sollte. „Klar ist es im ersten Moment schwierig, ein intaktes Kabinendach abzutrennen. Allerdings passte der Sitz sonst nicht hinein“, erläutert Göttken.
Eine Schwäche der Kabine teilen alle Modelle: die Rostanfälligkeit. Vor allem wenn der Unimog im Winterdienst eingesetzt wurde, sollten Sie ihn beim Gebrauchtkauf ganz genau auf Rost inspizieren und im Zweifel meiden. Besonders anfällig sind die Türen bzw. ihre Falz sowie der komplette Einstiegsbereich. Denn gerade dort greift im Winter an den Schuhen haftendes Salz das Material an.
Auch der Endtopf des Auspuffs wird durch einen fehlenden Spritzschutz in Mitleidenschaft gezogen. „Gerade wenn man den Unimog im Winterdienst einsetzt, muss man den Endtopf alle zwei bis drei Jahre tauschen“, warnt Göttken.
Der U 1400 ist sehr vielseitig einsetzbar und verfügt über ausreichend Leistungsreserven, wenn der Motor gut gewartet ist. Für seltene rostfreie Modelle sollten Sie mindestens 45 000 Euro (ohne MwSt.) einplanen. Bei fortgeschrittener Korrosion sinken die Preise auf rund 25 000 Euro (ohne MwSt.). Zwar gibt es die Möglichkeit, einzelne Baugruppen zu ersetzen, jedoch sind passende Teile zunehmend schwerer zu bekommen.