2012 hatte Deutz-Fahr etwas zu feiern: Zehn Jahre seit dem Produktionsstart des ersten stufenlosen TTV-Modells. Gefeiert wurde mit einer auf 200 Stück limitierten Sonderserie — hat sie das Zeug zum Klassiker?
Wer träumt nicht davon, eine der Schlepper-Legenden wie MB trac, Fendt 615 LSA oder Schlüter in der Scheune stehen zu haben? Heute sind diese Klassiker allerdings für die meisten unerschwinglich, da selbst bei Modellen mit hohen Stundenzahlen teilweise Preise über dem Neupreis gefordert werden. Dabei waren auch diese Schlepper zwischenzeitlich günstig zu haben — es gilt, Klassiker frühzeitig zu erkennen und das eventuelle Preistief am Ende der Hauptnutzung abzupassen. Wir zeigen Ihnen in dieser Serie einige Traktoren, bei denen wir glauben, dass es sich lohnt, sie im Auge zu behalten.
TTV — Bei Deutz-Fahr steht dieses Kürzel seit seiner Einführung für die Ausstattung mit einem stufenlosen Getriebe. Vor knapp 20 Jahren drehte der erste stufenlose Agrotron TTV 1160 (profi 4/2003) auf unserem Testbetrieb seine Runden.
Wir bescheinigten ihm damals einen guten Motor und ein gutes Getriebe, wobei die Abstimmung uns weniger gefiel. Denn bei einem stufenlosen Antrieb muss die Zusammenarbeit zwischen Motor und Getriebe passen — der Fahrer hat je nach Fahrmodus schließlich keinen Einfluss mehr auf die Getriebeuntersetzung und die Motordrehzahl. Deutz stellte sich der Herausforderung, und bereits beim 2008 eingeführten Nachfolgemodell TTV 620 waren deutliche Verbesserungen feststellbar.
Der TTV 620 mit ordentlich Dampf unter der Haube fand seine Freunde im Markt. Unsere Grafik auf der übernächsten Seite zeigt rund 225 Traktoren, die seit 2011 bei traktorpool gehandelt wurden. Wer sich für einen TTV 620 als Gebrauchten interessiert, wird im profi-Archiv fündig: In der Ausgabe 11/2015 gibt es Tipps und Hinweise.
Hier soll es aber nicht um die schnöde Standard-Version gehen, sondern um einen Klassiker der Zukunft. Im Jahr 2012, zum zehnjährigen Geburtstag der TTV-Baureihe, brachte Deutz-Fahr eine auf 200 Stück limitierte Sonderserie des TTV 620 auf den Markt.
Auffälligstes Merkmal: Die edle Sonderlackierung in grün-metallic. Aber nicht nur das, auch die Serienausstattung wurde ordentlich aufgepeppt:
aufstellbare Frontscheibe,
externe Bedienung hinten,
hydraulischer Oberlenker,
Bluetooth-Radio,
Fußmatte mit gesticktem Logo „10 Jahre TTV“,
Lederbezug für den Beifahrersitz,
überarbeitetes Design sowie Abgasendrohr in Edelstahl.
Mit dem Zusatzpaket kamen weitere Extras: Fronthubwerk, Xenon-Arbeitsscheinwerfer, K80-Kugelkopfkupplung, iMonitor und sogar eine Rückfahrkamera!
Das waren 2012 gute Voraussetzungen, um die Schlepperflotte des Ackerbau-, Milchvieh- und Biogasbetriebs von Johann Bergmann nach oben zu ergänzen. Dass der TTV 620 seinen Besitzer dabei nicht enttäuscht hat, zeigt der aktuelle Fuhrpark: Zwei weitere Agrotron (6190 TTV und 6175 TTV) stehen dem 620er mittlerweile zur Seite.
Die drei Teilen sich die Arbeit auf dem Betrieb, alle Maschinen können dabei flexibel untereinander getauscht werden: Egal ob das 18-m³-Güllefass, der fünffurchige Drehpflug oder die Claas-Mähkombination — alles was die jüngeren Brüder können kann der 10 Jahre alte TTV 620 schon lange. Und steht dabei noch sehr gut da, die rund 10 000 Arbeitsstunden sieht man dem Klassiker der Zukunft kaum an. Laut Johann Bergmann hielten sich auch die Reparaturen bisher in engen Grenzen — so dass der Deutz noch einige Jahre fest mit eingeplant ist.
Mit knapp 170 PS lässt sich der TTV auch täglich gut nutzen. Der Sechszylinder-Motor von Deutz mit CommonRail-Technik gilt als robuste Maschine und ist unter der fast senkrecht aufstellbaren Haube prima zu erreichen. Und theoretisch lässt der Motor sogar den Biodiesel-Betrieb zu.
Für das Getriebe bediente sich Deutz-Fahr bei ZF: Das Eccom-Getriebe ist fast komplett baugleich mit dem stufenlosen Triebsatz in den 6020er Traktoren von John Deere. Es arbeitet mit vier Planetensätzen, zwischen denen stufenlos gewechselt wird.
Bei ihrer ersten Vorstellung Ende der 1990er Jahre war die stark abgerundete Kabine des Agrotron futuristisch. Fast 25 Jahre später wird der gleiche Grundrahmen auch noch bei den aktuellen Traktoren der Serie 6 von Deutz-Fahr verbaut.
Zum TTV 620 passt die kugelige Hütte mit den großen Glasflächen prima: Einstieg, Übersicht und Ergonomie der Bedienelemente müssen sich auch heute nicht verstecken. Und sowohl der Teppich als auch der lederbezogene Beifahrersitz mit dem „10 Jahre TTV“-Logo haben sich bei der Maschine von Johann Bergmann gut gehalten. Die hellen Verkleidungen sorgen zwar für eine freundliche Optik, sind aber auf Dauer eine Herausforderung — auf dem Weg zum echten Klassiker ist hier eine gute Pflege unumgänglich. Beim Blick in den Dachhimmel fällt noch etwas auf: Die große, verglaste Dachluke, die sich weit ausstellen lässt und bei Frontladereinsätzen eine gute Sicht nach oben ermöglicht. Und um bei der Sicht zu bleiben: Die Anzeige der Rückfahrkamera der Jubiläumsedition auf dem iMonitor schaltet bei Rückwärtsfahrt automatisch um.
Typisch Deutz ist die bunte Bedienung — aber mit System: So ist alles mit Zapfwelle gelb; grün steht für die Hydraulik und orange für die Getriebefunktionen.
(Bildquelle: Colsman)
Eine externe Bedienung und sogar eine Rückfahrkamera zählten zur umfangreichen Jubiläums-Ausstattung.
(Bildquelle: Colsman)
Könnte klappen
Bisher haben die Agrotron-Modelle es noch nicht so recht in die Reihen der Schlepper-Klassiker geschafft — ganz im Gegensatz zu den 06er-, DX- oder Agrostar-Traktoren. Die TTV-Sonderedition hätte das Zeug dazu: Besondere Optik, gute Ausstattung, durchzugsstarker Motor und noch dazu ein kerniger Klang — wenn Sie auf der Suche nach einem gebrauchten Deutz-Fahr sind, könnte es sich lohnen, nach der Sonderedition des TTV Ausschau zu halten.