Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Karlheinz Köller: Gegenwind aus allen Lagern
Ein Landtechnikprofessor, der weiß, was in der Praxis läuft: Karlheinz Köller kann dies von sich behaupten. Und es ist unglaublich, wo er sich sonst noch engagiert.
Junger Mann, mit dem Zeugnis sind Sie hier nicht richtig, damit können Sie höchstens Professor werden.“ Das war 1972 die Antwort von Konrad Paetow an den frisch gebackenen Agraringenieur Karlheinz Köller auf eine Anfrage für eine Stelle als Gutsverwalter.
Geboren wurde Karlheinz Köller 1946 in Hildesheim (Niedersachsen). Später verschlug es seine Familie ins Ruhrgebiet, 1966 machte er in Duisburg sein Abitur. Bis dahin war er in den Ferien und an allen langen Wochenenden ausnahmslos auf dem Bauernhof seines Patenonkels in der Nähe von Hildesheim. Die praktische Landwirtschaft war sein Ding, und das klare Ziel war es, Diplomlandwirt zu werden.
Die Bedingung für ein Studium der Agrarwissenschaften war damals ein einjähriges Praxisjahr. Das absolvierte Karlheinz Köller auf einem großen Ackerbaubetrieb in Ostfriesland. Im Jahr 1968 begann er das Studium der Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim. In den Semesterferien 1970 machte er ein Praktikum auf einer Farm in der kanadischen Provinz Manitoba. Dort lernte er, wie ein erfolgreicher Ackerbau ohne Pflug funktioniert. Das war dann auch das Thema seiner späteren Diplomarbeit.
Nebenbei war er mehrere Semester lang Vorsitzender der Fachschaft Landwirtschaft und bis 1972 sogar Bundesvorsitzender. Nach der Diplomprüfung wurde Karlheinz Köller nicht Gutsverwalter, sondern wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Agrartechnik in Hohenheim. Ab 1973 konnte er eigene Feldversuche anlegen. Er war einer der Ersten, der es wagte, den Ackerbau ohne Pflug in unseren Breiten sowohl in die Wissenschaft als auch in die Praxis zu bringen. Dabei pfiff ihm Gegenwind aus allen Lagern entgegen.
Das Netzwerk
Im Rückblick besonders dankbar ist Karlheinz Köller seinem damaligen Chef, Professor Georg Segler. Der förderte und forderte ihn und lebte vor, wie man mit Engagement und einer schlauen Strategie auch in schwierigen Situationen ans Ziel kommt. Köller lernte von Segler vor allem, sich die richtigen Verbündeten zu suchen. Das waren in seinem Fall zum einen Landwirte, die über den Tellerrand schauten, und zum anderen waren es Vertreter der Landmaschinenindustrie und des Handels. Seit diesen Tagen hat Köller sich ein weitverzweigtes Netzwerk in der Landtechnikbranche aufgebaut, das er intensiv pflegt. Seine Zielstrebigkeit, seine Ausdauer, sein Fachwissen, seine Praxisbezogenheit und letztlich sein authentisches und ehrliches Auftreten öffneten ihm manche Tür.
Nach fast sieben Jahren in Hohenheim übernahm Karlheinz Köller 1979 die Leitung des Referates Landtechnik der Landwirtschaftskammer Rheinland. Von 1975 bis 1980 hielt er zudem in Hohenheim die Vorlesung „Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion." Parallel dazu lehrte er an der Universität Bonn und der Technischen Hochschule in Köln. Auf der Basis seiner Arbeiten in Hohenheim promovierte er 1981 zum Dr. sc. agr.
Köller und sein Kollege Alfred Seufert um 1975 mit einem Howard Sämavator.
(Bildquelle: Köller)
Prof. Köller ist Vorsitzender des Fördervereins Deutsches Landwirtschaftsmuseum.
(Bildquelle: Köller)
Auf dem Hohenheimer Feldtag mit seinem ehemaligen Studenten Friedrich Velder.
(Bildquelle: Archiv DLM)
Köller beim diesjährigen Feldtag, links Jürgen Weisser, Leiter des Museums Hohenheim.
(Bildquelle: Archiv DLM)
Direktsaat im Rheinland
Er hielt Vorträge vor Landwirten und veröffentlichte sein Wissen in vielen Beiträgen in der Fachpresse. Sein Schwerpunkt war dabei immer die Bodenbearbeitung mit einem speziellen Blick auf die Mulch- und Direktsaat. Mit einer Direktsaatmaschine des Typs 750 von John Deere ging Karlheinz Köller im Rheinland über mehrere Jahre „auf Tournee“, wie er selbst sagt. Neben der Bodenbearbeitung und der Aussaat befasste sich Köller mit allen Bereichen der Landtechnik. Unter anderem führte er mit den Kollegen der Landwirtschaftskammern, der DLG und dem Landtechnikredakteur Manfred Neunaber von der Zeitschrift top agrar Mitte der 1980er Jahre die ersten umfassenden Schleppertests durch.
Eine neue Aufgabe ergab sich für Karlheinz Köller 1990 mit der Grenzöffnung. So war er etwa ein Jahr lang für das brandenburgische Landwirtschaftsministerium in Potsdam beratend tätig. Und 20 Jahre nach der womöglich nicht ganz ernst gemeinten Empfehlung von Konrad Paetow folgte Karlheinz Köller dem Ruf der Universität Hohenheim und trat eine Professur an. Bis 2004 lehrte er dort Landtechnik in den Tropen und Subtropen, von 2005 bis 2015 leitete er das gesamte Fachgebiet Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion.
Parallel dazu engagierte sich Köller im Hohenheimer Tropenzentrum und im Osteuropazentrum, das er von 2002 bis 2015 leitete. Durch sein internationales Engagement gehörten Reisen und Vorträge zu seinen Aufgaben. Dabei ging es Köller um die Weiterentwicklung der Landtechnik in Afrika, Nord- und Südamerika und Osteuropa. Als Dank für seine Arbeit erhielt er von mehreren Universitäten und Instituten die Ehrendoktorwürde.
Seit über 50 Jahren ist er in der DLG aktiv und hat dort in verschiedenen Ausschüssen viele Projekte angeschoben, organisiert und geleitet. Dazu gehören die Landmaschinenprüfungen und die DLG-Feldtage. Nicht zu vergessen ist die Neuheitenkommission der Agritechnica, deren Vorsitz er von 2005 bis 2015 innehatte.
Bereits 1987 gründete Köller gemeinsam mit Landwirten in der DLG die Arbeitsgruppe Ackerbau ohne Pflug. Die Erkenntnisse veröffentlichte er ab 1994 in der eigenen Publikation „No-Till professionell“. Diese wurde später in die DLG-Mitteilungen integriert.
Seit 1995 organisiert er jedes Jahr den Hohenheimer Feldtag. Seine Moderationen sind legendär, viele Male gemeinsam mit dem früheren Leiter des Landwirtschaftsmuseums Hohenheim, Dr. Klaus Herrmann. Auch in der Max-Eyth-Gesellschaft im VDI engagiert Köller sich seit vielen Jahren und ist Mitorganisator der VDI-Tagung Landtechnik. Seit 2018 ist er der Vorsitzende des Fachausschusses Geschichte der Landtechnik.
Als Professor beliebt
Derweil gilt in Hohenheim bei den Studenten und angehenden Doktoranden immer noch der Spruch „Geh mal zum Köller“, wenn es um die Betreuung einer Abschlussarbeit geht. Dort bekommen sie bis heute nichts geschenkt, und es ist bekannt, dass man diesem Professor immer noch nichts vormachen kann. Aber er ist unkompliziert, authentisch und verfügt neben seinem großen Fachwissen über langjährige, eigene Praxiserfahrungen.
Nicht zu vergessen ist sein weitverzweigtes internationales Netzwerk, von dem auch die Studenten und Doktoranden profitieren. Seit 1992 betreute Professor Köller über 600 Diplom-, Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten. Selbst sieben Jahre nach seiner offiziellen Pensionierung betreut er aktuell noch etwa zehn junge Wissenschaftler. Speziell für Studierende hat er erst 2019 gemeinsam mit elf Kollegen das Buch „Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion“ herausgegeben.
Bei all den selbst gestellten Aufgaben und Verpflichtungen nimmt eine Veranstaltung einen Sonderplatz ein, und das ist der bereits 1948 gegründete Landtechnikstammtisch Rheinland. Alle vier Wochen trifft sich Karlheinz Köller mit Landwirten, Gebietsvertretern der führenden Landtechnikhersteller und Beratern, um sich über landtechnische Themen auszutauschen.
Außerdem nutzt er jede Chance, um bei befreundeten Landwirten eine Runde auf dem Traktor mitzufahren, besonders wenn sie neue Maschinen einsetzen. „Die Fragen, wie es mit der Landtechnik weitergeht, findet man auf dem Acker und im Stall, aber nicht am Schreibtisch oder im Vorlesungssaal“, ist Professor Köller überzeugt.
Professor Köller organisierte viele Veranstaltungen zur reduzierten Bearbeitung.
(Bildquelle: mediatum.ub.tum.de)
Die Anfänge der zapfwellengetriebenen Bodenbearbeitung um 1972.
(Bildquelle: mediatum.ub.tum.de)
Karlheinz Köller forschte an verschiedensten Geräte- und Werkzeugkombinationen.
(Bildquelle: mediatum.ub.tum.de)
Fazit
Wenn man seine Biografie liest, kann man sich kaum vorstellen, dass ein Mann allein das in einem einzigen Leben leisten kann. „Ich habe kein anderes Hobby, und Dienst nach Vorschrift ist mir ein Graus“, ist die einfache Erklärung von Karlheinz Köller. Das erklärt auch, weshalb er noch so frisch und fit ist. Und es ist jedes Mal eine Freude, ihm zuzuhören, wenn er alte Geschichten erzählt oder überlegt, wie die Landtechnik wohl in 2030 aufgestellt sein wird.