Die Maschinen zur Bodenbearbeitung sind zu schwer und zu ineffizient. Das war der Antrieb für drei Landtechniker im Ruhestand, intelligente Alternativen zu erdenken.
Die Landtechnik ist ein Wunschkonzert. Vor allem die Maschinenauswahl für die Bodenbearbeitung lässt kaum Wünsche offen. Somit könnten alle zufrieden sein. Doch ein zweiter Blick auf die heutige Mechanisierung offenbart klare Defizite.
So steht in einem Beitrag der Broschüre „Miterlebte Landtechnik, Band IV“ unter anderem: „In der Bodenbearbeitung werden heute Systemgewichte von über 40 Tonnen sowie kritische Achslastbereiche an Traktor und Gerät von über acht Tonnen erreicht. Auf dem Feld und besonders am Vorgewende werden dadurch immer mehr schadhafte Bodenverdichtungen erzeugt. Außerdem liegen der Wirkungsgrad und die Energieeffizienz heutiger Technologien, die mit schwerer Zugarbeit verbunden sind, oftmals unter 60 Prozent und haben damit große Einsparpotenziale.“
Die Herren Krombholz, Köller und Anisch (Kasten „Die Autoren) haben in ihrem Berufsleben mehr oder weniger intensiv an dieser Entwicklung mitgewirkt. Mit den Möglichkeiten ihrer nachberuflichen Kreativität sind sie aber auch zu neuen Auffassungen, Blickwinkeln und ähnlichen Feststellungen gelangt, wie im vorherigen Zitat beschrieben.
Das Ergebnis ist ein dreiseitiges Papier mit dem Titel: „Überlegungen zu Entwicklungsrichtungen für die Bodenbearbeitung“. Darin haben sie das Augenmerk vor allem auf einige interessante Arbeitsrichtungen gelenkt und es nicht bei Konzeptstudien belassen. Zusätzlich wurden erste Lösungsansätze entwickelt und mit CAD in 3D-Modellierungen umgesetzt.
Der ersten Arbeitsrichtung liegt folgender Gedanke zugrunde: Bodenbearbeitungswerkzeuge, die in sich die vertikale Abstützung des Systems, die Vorwärtsbewegung und die Bodenbearbeitung vereinen, können konventionelle Fahrwerke mit ihren Nebenwirkungen erübrigen. Wie zurückliegende Untersuchungen ergeben haben, können sie gegenüber konventionellen Bodenbearbeitungswerkzeugen auch einen deutlich geringeren Energiebedarf aufweisen. Das Potenzial solcher Bodenbearbeitungssysteme und –werkzeuge wartet auf seine weitere Erschließung.
Dieser Vorschlag bezieht sich im Wesentlichen auf die Saatbettbereitung und fußt auf Forschungsarbeiten, die bereits in den 1980er Jahren an der TU Dresden durchgeführt wurden. Damals wurden angetriebene, rollende Werkzeuge entwickelt.
Dem lag die Erkenntnis zugrunde, dass ein abgesetzter Boden mit keilförmigen Werkzeugen bei geringer Belastungsgeschwindigkeit mit spitzwinkligen Keilen zunächst zerteilt wird. Dem folgen zwei weitere Werkzeuge mit einer kombinierten Druck-Schub-Beanspruchung, die den Boden am effektivsten zerkleinern können.
Eine mit solchen Werkzeugen ausgestattete Saatbettbereitungsmaschine bewegt sich nach dem Vorbild einer Straßenwalze über den Acker. Dabei verdichten und zerkleinern die Werkzeuge den Boden und erzeugen ein anforderungsgerechtes Saatbett. Mit einer Antriebsleistung für die Werkzeuge von beispielsweise 100 kW wird bei einer Arbeitsgeschwindigkeit von 7,5 km/h eine freiwerdende Zugkraft von 10 kN für zusätzliche Anhängegeräte und das Überwinden von Steigungswiderständen erzeugt.
Mit den vorn und hinten angeordneten Werkzeugen kann die Systemmasse, bestehend aus angehobenem Traktor und den Werkzeugen, problemlos abgestützt werden. Durch den Wegfall der Fahrwerksverluste des Traktors wird die bereitgestellte mechanische Energie auf diese Weise komplett zur Bodenbearbeitung genutzt.
Auch wenn diese experimentellen Untersuchungen seinerzeit durch eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten und Dissertationen untermauert wurden, fanden solche angetriebenen, rollenden Werkzeuge nach 1990 bisher keine interessierten Bearbeiter. Dabei ist vorstellbar, dass solche Werkzeuge neben der oben beschriebenen Saatbettbereitung das Potenzial auch für andere Bodenbearbeitungsaufgaben haben. Es erscheint somit an der Zeit, daran etwas zu ändern und das zweifellos vorhandene Potenzial dieser Art von Bodenbearbeitung zu erschließen.
„Seilzugsysteme sind eine andere Alternative, um die bodenstrukturschädigende und energetisch ungünstige Abstützung der Zugkräfte auf dem Boden zu eliminieren.“ Diesen Gedanken haben die Akteure zu ihrer zweiten Arbeitsrichtung weiterentwickelt.
Dabei handelt es sich um ein Verfahren mit gezogenen starren Werkzeugen, die sich nach dem Prinzip des Paternoster relativ zum Traktor bewegen. Die Entwickler nennen die zum Patent angemeldete Lösung: „Verfahren zur Bearbeitung von Ackerböden mit starren Werkzeugen. Dabei wird die Arbeitsbewegung der Werkzeuge durch die Überlagerung einer Fahr- mit einer Werkzeugbewegung in der Weise erzeugt, dass durch die Arbeitswiderstände eine Schubwirkung erreicht werden kann.“
Die Überlagerung von Fahr- und Werkzeugbewegung ist bei den mobilen landwirtschaftlichen Prozessen weit verbreitet. In der Bodenbearbeitung mit starren Werkzeugen und der genannten Zielrichtung hat man sich bisher offenbar noch nicht damit befasst. Auf jeden Fall bietet das vorgeschlagene Konzept, das bisher allerdings nur auf dem Reißbrett existiert, einige interessante Möglichkeiten.
Schub auf das Zugfahrzeug
Durch die Art und Weise der Werkzeugbewegung wird es möglich, dass sogar ein Schub auf das Zugfahrzeug entsteht. Damit werden die Fahrwerksverluste neutralisiert und die Antriebsenergie hochgradig für die Bodenbearbeitung wirksam.
Einzusetzen sind dabei im Prinzip alle konventionellen, starren Bodenbearbeitungswerkzeuge, gleich, ob der Arbeitswiderstand symmetrisch oder unsymmetrisch zur Arbeitsbewegung wirkt. Die Werkzeuge in den Grafiken auf der vorigen Seite mit rotationssymmetrischem Aufbau und einem von der Arbeitsrichtung unabhängigen Arbeitswiderstand bieten noch zusätzliche Möglichkeiten.
Bei diesem Verfahren lassen sich die Arbeitsgeschwindigkeit und die Richtung der Werkzeuge unabhängig von der Fahrgeschwindigkeit verändern. Dadurch ist es möglich, Einfluss auf das Arbeitsergebnis für den Fall zu nehmen, dass dieses von der Arbeitsgeschwindigkeit und dem Strichabstand zwischen den Werkzeugen abhängig ist. Das könnte auch für die Bodenbearbeitung die Möglichkeiten einer gewissen Prozessregelung schaffen und einen lang gehegten Wunsch der Fachwelt erfüllen.
Die Aussichten
Aus eigener Erfahrung wissen die gestandenen Landtechniker, wie die Fachwelt solche Erfindungen und Vorschläge aufnimmt. Ob eine Lösung brauchbar ist, das erweist sich nicht am Reißbrett, sondern erst in der Praxis.
Da sie weder eine Versuchswerkstatt noch ein Versuchsfeld zur Verfügung hatten, ist es durchaus denkbar, dass die Skeptiker fündig werden. Auch wenn diese Überlegungen nicht in vollem Umfang tragfähig sind, dann können sie vielleicht dazu beitragen, dass der eine oder andere Fachmann seinen Blickwinkel etwas erweitert und sich auf den Weg in eine neue Richtung macht.
(Jahrgang 1938) studierte Landmaschinentechnik an der TU Dresden und promovierte 1967. Danach war er bis 1999 in leitenden Positionen im Kombinat Fortschritt bzw. der Fortschritt Erntemaschinen GmbH tätig. Er schrieb historische Fachbücher und befasst sich mit dem Erhalt historischer Dokumente (profi 12/2018). In „Gedanken zur Vorgeschichte von Landwirtschaft 4.0“ im Jahrbuch Agrartechnik 2018 hat Krombholz den Begriff „Defekt“ geprägt.
(Jahrgang 1946) hat in Hohenheim Agrarwissenschaften studiert. Nach seiner Tätigkeit an dieser Einrichtung hat er ab 1979 das Referat Technik in der Außenwirtschaft der Landwirtschaftskammer Rheinland geleitet. Von 1992 bis 2014 lehrte und forschte er an der Universität Hohenheim und ist auch heute noch an dieser Einrichtung wirksam. Prof. Köller gehört zu den Pionieren und jahrzehntelangen Protagonisten für einen Ackerbau ohne Pflug in Deutschland.
(Jahrgang 1939) hat Landmaschinentechnik an der TU Dresden studiert und dort promoviert. In den 1970er und 1980er Jahren hat er sich an dieser Einrichtung vor allem mit der Bodenbearbeitungstechnik beschäftigt. Dabei arbeitete er unter anderem an der „schwebenden“ Saatbettbereitungsmaschine. Von 1991 bis 2004 war er Konstruktionsleiter bei der Eberhardt Maschinenfabrik GmbH und deren Folgeunternehmen in Waldstetten.