Der chemische Pflanzenschutz steht vor großen Herausforderungen: einerseits die zunehmende Resistenz-Problematik, andererseits der steigende gesellschaftliche Druck bis hin zu gesetzlichen Reglementierungen. Neben den Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz müssen die Mittel deshalb künftig noch gezielter ausgebracht werden. Dadurch können in der Summe Mittel gespart und trotzdem gesunde und vitale Pflanzenbestände erzeugt werden.
Bei künftigen Anbauverfahren wird ein großer Fokus darauf liegen, den Krankheitsdruck in der Fruchtfolge zu reduzieren. Die Übergänge zwischen Ökolandbau und konventioneller Landwirtschaft werden dabei fließend sein. Bei diesem integrierten Pflanzenbau ist der Pflanzenschutz eine Kombination vieler Maßnahmen: angefangen bei den Anbauverfahren, über die Aussaat, die Fruchtfolge, den Anbau von Zwischenfrüchten, die Nutzung von Untersaaten sowie die Sortenwahl. Auch hier wird die Züchtung zukünftig mehr Wert auf gesunde, ertrags-stabile Sorten legen müssen als auf Maximalerträge.
Was die Pflanzenschutztechnik angeht, hat es in den letzten Jahren bereits eine erhebliche Präzisionssteigerung gegeben: Automatische, GPS-gesteuerte Teilbreitenschaltungen minimieren Überlappungen. Durch die Verkleinerung der Teilbreite bis hin zur Einzeldüsenschaltung können so in Keilen, am Vorgewende und bei Überlappungen schon 8 bis 10 % an Mitteln auf der Fläche insgesamt gespart werden.
Ein weiteres wichtiges Bauteil für den Applikationserfolg ist die exakte Gestängeführung. Nur so lässt sich eine sehr gute Querverteilung des Pflanzenschutzmittels bei geringster Abdrift erzielen. Den Anfang machte hier die automatische Gestänge-Höhenführung gefolgt von aktiven Gestängeführungen samt Schwingungstilgung, die auch Zielflächenabstände von weniger als 50 cm möglich machen.
Die bereits angesprochene Einzeldüsenschaltung ermöglicht weitere Ausbaustufen: So kommt es zum Beispiel bislang bei Kurvenfahrten während der Pflanzenschutzmittelapplikation auf der Kurveninnenseite immer zu einer Überdosierung und auf der Kurvenaußenseite zu einer Unterdosierung. Je breiter die Spritzgestänge werden, desto größer wird dieses Problem.
Um die Ausbringmenge bei Kurvenfahrten über die komplette Arbeitsbreite möglichst konstant zu halten, gibt es heute Systeme wie das „AmaSelect CurveControl“, das mit Sensoren den Kurvenradius ermittelt und durch einen vollautomatischen Düsenwechsel innerhalb des Gestänges für deutlich gleichmäßigere Applikationsraten während der Kurvenfahrt sorgt.
Eine andere Variante ist das Umschalten von der ganzflächigen Applikation auf die reihenbezogene Bandspritzung. Voraussetzung dafür sind spezielle Düsen wie die „SpotFan 40-03“ mit einem Spritzwinkel von nur 40°. Die Düsen arbeiten ohne Überlappung und applizieren über die komplette Breite des Spritzkegels 100 % des Pflanzenschutzmittels.
Durch diese Bandspritzung lassen sich — im Vergleich zur ganzflächigen Applikation — bis zu 65 % der Menge an Pflanzenschutzmitteln einsparen. Anwendung findet das System zum Beispiel bei der Fungizid-Behandlung junger Kartoffeln oder auch bei der Herbizid-Bandspritzung in Mais und Rüben.
Noch weiter als die Bandspritzung geht die teilflächenspezifische Unkrautbehandlung. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Unkrautverteilung im Feld zu ermitteln. Unter „AmaSelect Spot mit DroneLink“ arbeitet Amazone hier zusammen mit der Firma DroneWerkers aus den Niederlanden zusammen. Dabei werden Flächen mit Reihenkulturen mit einer Drohne, die über eine spezielle RGB-Kamera verfügt, überflogen und fotografiert.
Eine Software wertet anschließend die Fotos aus und erstellt mit Hilfe von künstlicher Intelligenz eine Applikationskarte. Dabei werden die ermittelten Behandlungs-Spots jeweils um eine 1 m breite Sicherheitszone erweitert, um den Bekämpfungserfolg sicherzustellen. Je nach Grad der Verunkrautung sind aber in Reihenkulturen trotzdem Pflanzenschutzmitteleinsparungen von bis zu 80 % möglich.
Neben dieser „Offline“-Variante gibt es auch Sensor-Düsensysteme, die während des Spritzvorgangs Unkraut von Boden unterscheiden können und gezielt die einzelnen Unkrautpflanzen behandeln. Wäh-rend auch hierbei bislang nur grüne Pflanzen von braunem Boden unterschieden
werden konnten, ist mit dem SmartSprayer-Gemeinschaftsprojekt von Bosch, Xarvio und Amazone eine „Grün in Grün“-Erkennung gelungen. Eine aktive LED-Beleuchtung erreicht bei Tag und Nacht eine gleichbleibend gute Erkennungsrate, so dass sowohl die Dunkelheit wie auch die Schattenbildung bei Sonne keinen Einfluss haben.
Mechanischer Pflanzenschutz wird an Bedeutung gewinnen
Bei den Pflanzenschutzmaßnahmen wird es künftig je nach Anwendung und Kultur immer öfter eine Mischung aus chemischem und mechanischem Pflanzenschutz geben. Dank immer exakterer Kamera- und Steuerungstechnik sind dabei heute Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 15 km/h genauso möglich, wie bereits Reihenabstände ab 12,5 cm von den Kameras der Hackmaschinen erkannt werden. Zusammen mit dem hydraulischen Einzelreihen-Aushub ist der Einsatz selbst in Keilen und schräg zulaufenden Vorgewenden mit geringsten Beschädigungen der Nutzpflanzen möglich.
Und das Hacken bietet, neben der Möglichkeit auch resistente Unkräuter erfolgreich zu bekämpfen, weitere Vorteile: Bodenverkrustungen werden aufgebrochen, die Durchlüftung des Bodens und damit das Wurzelwachstum werden gefördert. Durch das Öffnen des Bodens wird außerdem die Wasseraufnahmefähigkeit deutlich verbessert, während auf der anderen Seite durch die Bearbeitung die Kapillarität gebrochen und somit die Verdunstung von Bodenwasser reduziert wird. Und schlussendlich erwärmt sich der bearbeitete Boden schneller und fördert so die Jugendentwicklung einer Frühjahrskultur.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich der Pflanzenschutz in Zukunft ändern wird. Der Integrierte Pflanzenbau wird wieder wichtiger, ein optimaler Pflanzenschutz beginnt schon mit der ersten Bodenbearbeitung nach der Ernte und wird maßgeblich durch das Anbauverfahren mit beeinflusst. Neben der chemischen werden die mechanische Unkrautbekämpfung und die Kombination aus beidem eine enorme Rolle spielen. Die Pflanzenschutztechnik wird sich immer mehr in Richtung Einzelpflanzenbehandlung entwickeln, wo es bereits heute erste Lösungen gibt.