Giant G2200 HD vs. G2200E: Kraftstrom oder Kraftstoff?
Die Elektrifizierung schreitet nicht nur im Automobilbereich voran, auch in der Landwirtschaft kann der Akku seinen Platz finden. Wir haben verglichen.
Die Ameise (englisch: ant) ist Symbol der Lader von Giant. Giant als Ladermarke wurde vom 1996 gegründeten Unternehmen Tobroco eingeführt. Bereits seit 2019 bauen die Niederländer Elektrolader und haben baugleiche Dieselmodelle im Sortiment. Die Schweißgruppen werden im eigenen Werk in Ungarn gefertigt, die Endmontage und die Farbgebung erfolgen in den Niederlanden.
Für einen internen Vergleich haben wir zwei Modelle von Giant unter die Lupe genommen. Zum einen den dieselbetriebenen G2200 HD mit Kubota-Motor und 25 PS sowie den G2200E. Dieser Lader hat als Energiequelle einen Akkumulator. Hier bedient sich Giant bei der Industrietechnik von Jungheinrich, die aus dem E-Stapler-Bereich reichlich Erfahrungen mit dem E-Antrieb haben. Unser G2200E war mit der größten 520-Ah-Batterie versehen. Das System arbeitet mit 48 Volt und hat damit eine Kapazität von knapp 25 kWh.
Beide Lader sind exakt mit dem gleichen Vorderwagen samt gleicher Ladeschwinge versehen. Hubhöhen und -weiten unterscheiden sich nicht. Nur die Kipplasten sind aufgrund des leicht höheren Gewichts beim E-Lader etwas höher (Grafik: Hubkräfte und Kipplasten im Vergleich). Während es bei der elektrisch angetriebenen Variante mit Akku- und Antriebstechnik von Jungheinrich nur in puncto Akkukapazität Unterschiede gibt (260, 390 oder 520 Ah), muss der Käufer beim dieselbetriebenen Gegenüber genauer hinschauen: In der Grundversion des G2200 HD hat der Lader nur 6 t-Achsen. Mit der HD Plus-Version gibt es 8-t-Achsen und zudem 2 300 daN Newton Schubkraft. Wir haben bei unserem Vergleich 1400 daN beim 2200 HD, und 1200 daN beim E-Lader gemessen.
Zudem verkündete Giant zum Ende unseres Vergleichs an, dass der G2200 HD zum Herbst 2023 vom G2300 HD abgelöst wird. Größter Unterschied ist, dass der G2200 von einem 3-Zylinder Kubota-Motor mit
26 PS befeuert wird, während der zukünftige G2300 von einem 4-Zylinder Kubota mit gleicher Leistung angetrieben wird.
Damit wären wir bei den größten Unterschieden und auch bei der Kritik mit Bezug auf die dieselbetriebene Variante. Im Schnitt bei gemischten Arbeiten verbrauchte der Giant G2200 HD bis zu 5 l Diesel in der Stunde. Dagegen kam der E-Lader mit nur 6 Kilowatt pro Betriebsstunde aus. Bei harter Arbeit bzw. hoher Leistungsabnahme wie z. B. beim Boxeneinstreuen mit Stroh-Kalk-Gemisch brauchte der E-Lader dann bis zu 7 kWh — immer noch sehr wenig.
Flüsternd ohne Abgase
Im Stall fährt man ohne Abgase und vor allem ohne Lärm. Das gefällt nicht nur den Kühen, sondern einfache Dinge wie die Kommunikation zwischen Mitarbeitern sind weiterhin per Zuruf möglich — eine leise Sache. Bei voller Fahrt hingegen sind es vor allem Vibrationen der Reifen, die den Schallpegelmesser auf 74 db(A) ansteigen lassen. Das elektrisch angetriebene Lader-Modell war mit Skid Steer-Rädern mit großen Profilblöcken (31 x 15,50 — 15) ausgerüstet, während der dieselbetriebene Giant mit der AS-Bereifung der gleichen Dimension (BKT 31 x 15,50 — 15) arbeitete. Dass der Diesel lauter brummt, ist logisch: Hier haben wir bei voller Fahrt 84 db(A) gemessen. Aber der dieselbetriebene ist mit warmen Motor etwas spritziger unterwegs. Beide Lader beschleunigen schnell auf bis zu 20 km/h. Der E-Lader hat dafür drei Geschwindigkeitsgruppen, die aber nur theoretisch gruppiert sind, weil es keine zusätzliche Untersetzung gibt. Der Antriebsmotor hat eine Aufnahmeleistung von 6,5 kW.
Beim dieselbetriebenen Motor wird der Hydrostat in zwei Gruppen bzw. zwei Fahrbereiche untersetzt. Damit lässt sich die Schubkraft deutlich erhöhen.
Die Abmessungen sind nahezu identisch. Die Batterie im Heck des E-Laders baut etwas breiter als das Kühlerpaket. Schwingengeometrie und auch Hubkräfte sind fast identisch.
(Bildquelle: Tovornik)
(Bildquelle: Tovornik)
Mehr Komfort mit Akku
Beide Lader sind mit Sicherheitsbügeln ausgerüstet, die wie eine Tür geschlossen werden. Eine sich lösende Kunststoffdichtung sorgte bei beiden Ladern dafür, dass die Türen im Schloss vibrierten.
Ebenfalls waren beide Lader mit dem klappbaren Rops-Fops Dach ausgerüstet. Ein Appell an alle Hersteller: Das Klappen des Sicherheitsdaches wird in der Praxis nur dann gemacht, wenn es einfach ist. Zwar wird die Klappung beim Giant durch einen Gasdruckzylinder unterstützt, aber dennoch sind zwei Bolzen samt Muttern mit Splint zu lösen.
Unterschiedlich ist die Bedienung beider Hoflader. Während der Giant G2200 HD mit einer sehr einfachen Bedienarmlehne und einer einfachen, verstellbaren Lenkkonsole auskommen muss, bietet der Joystick vom E-Lader mehr Funktionen: So wird die dritte Funktion per Wippe am Joystick bedient, und es gibt sogar die Möglichkeit, den Hydraulikfluss permanent einzuschalten, und auch die Lenksäule lässt sich mehrfach verstellen.
Weiterer Unterschied: Beim dieselbetriebenen Modell kann die Werkzeugverriegelung versehentlich geöffnet werden, wenn der Dreiwegehahn vorne an der Schwinge nicht in Richtung dritter Steuerkreis geschaltet ist. Die Variante am E-Lader mit zusätzlichem Sicherheitsschalter, der mit dem Zusatzsteuergerät zeitgleich bedient werden muss, finden wir deutlich sicherer. Übrigens: Beide Lader waren mit der Euro-Normaufnahme ausgerüstet. Hier bietet Giant alle gängigen Aufnahmen an.
Das serienmäßige Klappdach reduziert die Bauhöhe auf unter 2 m.
(Bildquelle: Tovornik)
Die Sicherheitstüren sind einfach, die Beinfreiheit mit Getriebetunnel und Lenksäule ist beim Dieselmodell ein kleiner Nachteil.
(Bildquelle: Tovornik)
Der Werkzeugwechsel ist dank der Euro-Aufnahme einfach. Wahlweise gibt es neben der dritten auch eine vierte Funktion.
(Bildquelle: Tovornik)
Aufsteigen und losfahren
Das Anspringverhalten des kleinen Kubota-Motors gefällt. Der Dreizylinder ist spritzig und man ist auf dem Hof agil unterwegs. Nicht weniger langsam ist aber auch der E-Lader auf dem Hof. Nach dem Starten ist der Lader nach Öffnen der Parksperre direkt unterwegs und man summt davon. Die Beschleunigung ist klasse und vor allem: Beide Modelle sind sehr sanft und feinfühlig zu manövrieren. Egal ob Fahrantrieb oder Schwinge!
Anders als beim Verbrenner steht die volle Hydraulikleistung an der Schwinge und damit auch am Zusatzsteuergerät jederzeit direkt zur Verfügung. Dafür ist beim Giant G2200 E ein 12-KW-Motor an der Zahnradpumpe für die Hydraulik geflanscht. Beide Modelle leisten etwa 40 l/min und haben einen Betriebsdruck von 170 bar.
Klar ist, dass ein Dauerbetrieb mit harter Arbeit auf der Baustelle oder im Mist dem dieselbetriebenen Modell vorbehalten bleibt. Hier macht sich auch die höhere Schubleistung des Diesels bezahlt.
Für gemischte Arbeiten im Alltagsbetrieb, wie Futter anschieben oder Boxen einstreuen ist der E-Lader die Empfehlung. Nicht nur, weil der große Akku mit 520 Ah auch bis zu vier Stunden genutzt werden kann, sondern auch, weil die Betriebskosten unschlagbar günstig sind.
Der Akku wird per 220 Volt oder per Schnelllader geladen. Das dauert in der Regel acht Stunden und wird auf unserem Betrieb in der Nacht durchgeführt. Anders als bei einem Blei-Säure-Akku verschleißt der Lithium-Ionen-Akku bei einer nicht vollständigen Ladung weniger. Außerdem muss kein Wasser oder Ähnliches nachgefüllt werden. Der Giant G2200 E ist im Alltag nahezu wartungsfrei, sieht man von den Schmierstellen und dem Ölwechsel von Getriebe und Hydraulik ab.
Die Lithium-Ionen-Batterie stammt von Jungheinrich und kann mit 220 Volt oder per Schnelllader geladen werden.
(Bildquelle: Tovornik)
(Bildquelle: Tovornik)
Weitere Details:
Beide Modelle sind mit dem von Giant bekannten Stabilo-System lieferbar. Dabei stützen Hydraulikzylinder das Knick-Pendel-Gelenk. Ein gefährliches Aufschaukeln bei angehobener Last wird mit dem System minimiert.
Eine Straßenzulassung ist erhältlich.
Theoretisch wird die Bremsenergie des Elektromotors zur Batterieladung genutzt. Dieser Effekt ist bei der alltäglichen Arbeit als sehr gering einzustufen.
LED-Scheinwerfer gibt es beim E-Lader serienmäßig, beim Diesel auf Wunsch.
Die Batterie ist wartungsfrei. Giant gibt eine Garantie von 30 Monaten.
Giant bietet Kunden eine breite Palette möglicher Hofladermodelle. Wir haben den G2200 HD mit dem G2200E verglichen. Das Dieselmodell wird in naher Zukunft einen Nachfolger mit anderem Motor bekommen. Beide Lader sind in der Praxis absolut tauglich, insbesondere im gemischten Betrieb kann der E-Lader mit seiner Performance überzeugen. Wenn dauerhaft Schubkraft gefordert wird, ist der dieselbetriebene Lader vorzuziehen.
Praktikerurteil
Strom spart Diesel
Hendrik und Hermann Holtkamp haben beide Lader für uns auf ihrem Betrieb eingesetzt und den E-Lader behalten. „Die Leistungsdaten stimmen und die Maschine ist ideal, um auf dem Hof gemischte Arbeiten zu übernehmen.“
Bei Holtkamps übernimmt der Lader kleine Arbeiten, wie das Einstreuen der Liegeboxen oder die Futtervorlage in niedrigen Stallungen. „Die Dosierung von Fahrantrieb und Schwinge gefällt uns. Ebenso ist der Stromverbrauch mit nur 6 bis 7 kW/h im Durchschnitt zufriedenstellend.“ Für weitere Ladearbeiten auf dem Hof stehen zwei Frontlader zur Verfügung, die auch größere Überladehöhen schaffen. Hier sind Hoflader bauartbedingt limitiert.
„Wir würden uns eine automatische Schutzdachklappung wünschen. Zwar ist die Klappung einfach, aber in der Praxis geht dafür zu viel Zeit ins Land, so dass immer wieder ausdrücklich auf die Klappung bei unseren Auszubildenden hingewiesen werden muss. Holtkamps haben sich den Lader über das Bundesprogramm Energieeffizienz fördern lassen. Dort gibt es bis zu 30 % auf die Differenz zwischen Diesel- und E-Lader Einkaufspreis. „Die Mehrkosten für einen großen Akku lohnen sich in jedem Fall.
Dennoch ist der dieselbetriebene bei längeren, schweren Schubarbeiten im Vorteil“, resümieren die Praktiker.