Gutes Heu für 220 Kühe
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Gut zu wissen
- Immer mehr Betriebe steigen in die Produktion von Heumilch ein.
- Heumilch wird zunehmend von Betrieben mit über 100 melkenden Tieren produziert.
- Kondensations-Trocknungsanlagen lassen sich gut mit Solaranlagen und Dachabsaugung kombinieren.
Matthias Icken, Milchviehhalter mit 220 Kühen aus Geestland bei Bremerhaven, sieht in Heumilch ebenfalls Chancen. Anfang 2019 baute er deshalb eine 60 x 20 m große Halle zum Trocknen von Heu. Ab 2020 sollen dann mit 400 000 Liter rund ein Drittel seiner Milch von einer damit beauftragten Molkerei zu Heumilchkäse verarbeitet und dann über den Hofladen und den Handel verkauft werden.
Der Betrieb
Die Weiden nutzt der 47-jährige Landwirt sehr intensiv. So sind von Ende Februar bis Ende November die Tiere ausschließlich auf der Weide. Lediglich zum Melken und Fressen von knapp 3 kg Kraftfutter am Tag kommen die Tiere in den Stall.
Um den Sommeraufwuchs optimal nutzen zu können, kalben die Kühe seit vier Jahren saisonal im Februar ab. Das spart ab Weihnachten kostbares Grundfutter, zugleich kann der von einem Lehrling und zwei 450-Euro-Kräften unterstützte Betriebsleiter dann auch mal mit der ganzen Familie in den Urlaub verreisen.
„So geht’s nicht weiter“
Einstieg in die Direktvermarktung
Relativ neu im Sortiment des Hofladens ist Käse aus hofeigener Milch. Diesen lässt Icken ebenfalls von einem Profi herstellen, der bislang mit seiner mobilen Käserei regelmäßig auf den Hof kommt. „Unser Käse kommt bei den Kunden sehr gut an, entsprechend sehen wir hier noch Potenzial“ erklärt der Landwirt weiter. Da der Betrieb aber seinen Kunden unbedingt Rohmilchkäse ohne stabilisierende Zusätze anbieten möchte, war ein Umstieg von Silage auf Heu unumgänglich.
Wärmepumpe trocknet Gras und Mais
Auf 30 ha wächst deshalb Kleegras, auf weiteren 15 ha ein Gemenge aus Weizen und Bohnen. Sowohl beim Klee als auch beim Gemenge ist an ein Trocknen auf dem Feld nicht zu denken — schließlich sollen nicht allein die Stängel, sondern die wertvollen Pflanzenbestandteile ins Lager.
Neben Heu soll die Anlage auch 30 ha Körnermais trocknen. Um einen Überblick zu bekommen, schaute sich Icken deshalb 2018 zehn Heutrocknungsanlagen in Deutschland und in Österreich an. Am Ende fiel die Entscheidung für eine Kondensations-Trocknungsanlage, fachmännisch „Luftentfeuchter-Wärmepumpe“ genannt (profi 10/2014 „Heu mit Entfeuchter trocknen“).
„Der Kondensationstrockner ist vom Energieaufwand her optimal. Denn die Technik läuft mit Strom, den bald eine Photovoltaikanlage auf dem Dach liefern wird“ erklärt der Landwirt. Und er ist sich gewiss: „Da die Trocknung neben Eiweißträgern auch den eigenen Mais trocknen kann, wird der CO2-Abdruck unserer Milchprodukte klein ausfallen. Das zählt und zieht beim Verbraucher immer mehr“ ist sich Icken sicher.
Kurze Anfahrtswege entscheidend
Weiter spielten für den Betriebsleiter die hohe Fertigungsqualität sowie die professionelle Beratung bezüglich des Baus und der Ausgestaltung der fast 900 000 Euro teuren Halle eine große Rolle. Zwar stellte Hörmann die Halle auf, doch beruht die Planung im Wesentlichen auf den Vorgaben von Christoph Bodenmüller, der bei Frigortec den Bereich Heutrocknung verantwortet.
Für Bodenmüller ist die Luftführung und die -verteilung entscheidend dafür, ob eine Heutrocknung gut funktioniert. Wie im Betrieb Icken können dann bis zu 20 ha Gras in 60 bis 70 Stunden getrocknet werden.
Bodenmüller rät immer auch zu einer Dachabsaugung. Denn diese nutzt die Energie der Sonne, indem diese die Luft unter der Dachhaut erwärmt. Bei Icken geschieht dies gar auf einer Länge von 48 m — ein langer Weg, um Wärme aufzunehmen. Selbst an bewölkten Tagen kann dabei die Einstrahlung so hoch sein, dass das Heu nur mit der Außenluft trocknet. Das spart elektrische Energie und beschleunigt den Trocknungsprozess.
Die Technik
Die komplette Anlage mit Kompressor und Tauscher kam anschlussfertig auf den Hof. Sie ist so platziert, dass die aus dem Heustock ankommende Luft zuerst auf die von der Wärmepumpe gekühlte Seite des Tauschers auftrifft. Wasser in der Luft kondensiert dabei auf der kalten Oberfläche, rinnt nach unten und wird über eine Leitung nach außen abgeführt. Anschließend wird die Luft auf der gegenüberliegenden Seite über den zweiten Tauscher angewärmt. Die Wärme bewirkt eine höhere Wasseraufnahmekapazität der Luft und ist das Ergebnis des vorangegangenen Kälteprozesses.
Automatische und manuelle Steuerung
Die Steuerung misst ständig die Luftfeuchte im Dachraum, so dass die Anlage ab bzw. unter einem zuvor eingestellten Wert entweder automatisch in Betrieb geht bzw. abschaltet. Bevor Icken die Anlage abschaltet, inspiziert er das getrocknete Heu in den zwei 240 m2 großen Kammern.
Angesprochen auf die Funktionalität der automatischen Steuerung gibt Matthias Icken zu, dass er die Anlage bislang fast nur im manuellen Modus betrieb. Denn ihm liegt viel daran, ein Gespür zu entwickeln, zu welchen Leistungen die Anlage in der Lage ist — und wo ihre Grenzen sind.
Dass der Automatikbetrieb Vorteile bringt, ist sich Icken indes sicher. Denn die mit einem 55-kW-Motor betriebenen Hochleistungsventilatoren sind mit einer energiesparenden Frequenzregelung ausgestattet. Dadurch können die Motordrehzahl und damit die Leistungsaufnahme beim Erreichen einer bestimmten Luftgeschwindigkeit in der Anlage reduziert werden.
Zu den Kosten
Der Vollständigkeit halber: Normalerweise hätte in Verbindung mit einer Luftklappensteuerung ein Ventilator für die gesamte Anlage genügt. Doch Icken wollte mit Blick auf das im Herbst oft parallel stattfindende Trocknen von Gras und Mais flexibel sein. Dafür nahm er denn auch einen satten Mehrpreis von 17 500 Euro in Kauf.
Bleibt am Ende die Frage, wie teuer das Trocknen von Gras ist bzw. welche Kosten einem im laufenden Betrieb der Anlage erwarten. Leider konnte uns hier Matthias Icken mangels Daten nicht wirklich weiterhelfen. Doch wusste Frigortec uns mit auf die Anlage bezogene Faustzahlen zu helfen. Demnach verlangt das Abscheiden von einem Liter Wasser aus dem Heu im Schnitt 0,2 kWh Strom.
Dazu ein kleines Beispiel: Bei Heu, das mit 63 % Trockensubstanz (TS) eingefahren und auf 87 % TS heruntergetrocknet wird, sind 24 % Wasser bzw. 240 l Wasser je Tonne Gras abzuscheiden. Macht bei einem Verbrauch von 0,2 kWh je Liter Wasser einen Gesamtverbrauch von 48 kWh je Tonne Gras. Multipliziert man den Verbrauch mit einem aktuellen Strompreis von 24 Cent/kWh, kostet das Trocknen einer Tonne Heu in diesem Beispiel gut 11 Euro ohne Mehrwertsteuer.
Landwirt Matthias Icken wollte seine landwirtschaftlichen Erzeugnisse nicht mehr zu Weltmarktpreisen abgeben. Deshalb stellte er seinen 220-ha-Betrieb mit aktuell 220 melkenden Tieren von konventioneller auf eine biologische Wirtschaftsweise um. Das Jungvieh hat der Betrieb an einen befreundeten Biobetrieb ausgelagert.
Um eine höhere Wertschöpfung aus seiner Milch zu generieren, will der Betrieb demnächst 400 000 Liter seiner Milch zu Rohmilchkäse veredeln. Dieser Schritt erforderte eine rund eine Million teure Investition in eine Heutrocknungsanlage.
Diese trocknet neben Kleegras und einem Weizen-Bohnen-Gemenge auch den hofeigenen Körnermais, so dass die Versorgung der Tiere mit hochwertigem, energie- und eiweißreichem Futter ganzjährig und fast wetterunabhängig gesichert ist.
Um eine höhere Wertschöpfung aus seiner Milch zu generieren, will der Betrieb demnächst 400 000 Liter seiner Milch zu Rohmilchkäse veredeln. Dieser Schritt erforderte eine rund eine Million teure Investition in eine Heutrocknungsanlage.
Diese trocknet neben Kleegras und einem Weizen-Bohnen-Gemenge auch den hofeigenen Körnermais, so dass die Versorgung der Tiere mit hochwertigem, energie- und eiweißreichem Futter ganzjährig und fast wetterunabhängig gesichert ist.